Filmvorschau #24

Bahía blanca
Jess Franco Spanien 1984

Filmvorschau #18

Ich spüre deine Haut
Günter Schlesinger BRD 1969

Filmvorschau #17

Yaadon Ki Baaraat
Nasir Hussain Indien 1973

Filmvorschau #16

Liebe als Köder – Schrei nach Lust
Günter Schlesinger BRD 1968

Filmvorschau #12

Bestialità
Virgilio Mattei Italien 1976

Filmvorschau #11

Unruhige Töchter
Hansjörg Amon BRD/Schweiz 1967

Auch für mich war dieser Film wie eine Erfüllung…
Ein Dialog zu I lunghi capelli della morte (1964)

SANO: Was mich bei der Sichtung von I LUNGHI CAPELLI DELLA MORTE zunächst am meisten erstaunt hat, war die Tatsache, dass ich bereits nach den ersten Klängen der Vorspannmusik vom Film eingenommen war, und ich bereits nach wenigen Bildern und Einstellungen wusste, dass das ein Lieblingsfilm von mir werden würde. Normalerweise dauert sowas ja ein bisschen, irgendwann im Laufe des Films merkt man wie gut er ist, wie sehr er einem wirklich gefällt. Hier war für mich am Anfang schon alles klar, alles gelaufen, egal was da noch kommen mochte.

CHRISTOPH: Ja, schon wenn die breite Frakturschrift im Vorspanntitel im schwarzweiß flackernden Fackellicht Schatten auf eine grobsteinerne Gewölbewand wirft, zu Carlo Rustichellis düsterem Melodram auf der Tonspur – das mich übrigens trotz seines charakteristisch europäischen Stils oft an klassische amerikanische Musiken wie zum Beispiel von Max Steiner erinnert hat – dann wählt der Film vom ersten Bild an sofort Bilder und Klänge von solcher Prägnanz und assoziativen Stärke, dass man sich dem kaum entziehen kann. Man befindet sich mit einem Schlag in der Kunst- bzw. Märchenwelt des Films, akzeptiert sie augenblicklich.

S: Das dies so intensiv wahrgenommen werden kann, liegt meiner Meinung nach daran, dass es für mich hier nicht um die Handlung, ihre Motivation, oder die Charakterisierung der Figuren geht. Was zählt, ist einzig und allein die Atmosphäre des Films. Und das wird von Anfang an deutlich gemacht.

C: Bezeichnend ist in dieser Hinsicht ja schon die Exposition. Nach einer Schrifttafel* die nichts weiter besagt als das im 15. Jahrhundert Grausamkeit und Aberglaube dunkle Schatten auf die Menschheit werfen, werden wir sofort mitten ins Geschehen geworfen und befinden uns ohne vorherige Einführung oder Erklärung mitten in dem Tumult um die Verbrennung der als Hexe veruteilten Mutter von Barbara Steeles Charakter. Mehr Information brauchen wir nicht, bekommen wir nicht: Finsteres Mittelalter, Aberglaube – das muss reichen. Darin unterscheidet sich der Film auch von Mario Bavas getragenerem, dramaturgisch klassischerem DIE STUNDE, WENN DRACULA KOMMT, an dessen Erfolg sich Margheritis Film sicherlich hängen sollte, von dem er sich aber, abgesehen von einigen Plot-Elementen und Barbara Steele, in jeder Hinsicht unterscheidet. Weiterlesen…

Gesammelte Jahreslisten 2012



Ähnlich wie die traditionell erst in den Januar hinein langsam erscheinenden Double Features bei Mubi oder der „World Poll 2012“ bei Senses of Cinema, lassen wir uns gerne ein wenig Zeit mit unseren Jahreslisten, um sie dafür etwas ausufernder zu gestalten. Nachdem wir diesmal aber doch etwas stärker in zeitlichem Verzug sind, drehen wir die ET-Listen-Tradition um und präsentieren zuerst unsere Jahreslisten mit Favoriten des aktuellen Jahrgangs 2012 (maßgeblich ist dabei wie gehabt weder der viel Spannendes vermissen lassende reguläre deutsche Kinostartplan, noch beschränken wir uns streng auf die reinen weltweiten Premieren; Premieren-Überhänge aus 2011, die erst 2012 weitere Verbreitung fanden, sind nach jeweils eigenem Ermessen also auch inbegriffen), demnächst folgen dann noch 2012 erstmals gesehene Entdeckungen aus der zeitlich unbeschränkten Filmgeschichte.

Der Listenwahnsinn in unseren Jahreslisten 2011 fiel, auch durch ausführliche mitgelieferte Texte, derart extrem aus, dass der Beitrag seinerzeit tatsächlich den WordPress-Editor gesprengt hat und gar nicht mehr auf gewöhnliche Weise, sondern nur mit Umwegen und Tricks überhaupt fertiggestellt werden konnte. Eine Steigerung ist an diesem Punkt also schon technisch nicht mehr möglich, weshalb der diesjährige Beitrag zumindest im Vergleich etwas überschaubarer ausgefallen ist. Auch bedingt dadurch, dass einige bisherige Stammteilnehmer nicht mehr dabei sind. Außerdem wird Christoph seine Liste erst zu einem späteren Zeitpunkt nachliefern, und das Hofbauer-Kommando seinen Rückblick auf das aktuelle Jahr als separaten Artikel verfassen. Dafür freuen wir uns sehr, dass neben dem sich uns unabweisbar aufgedrängt habenden Hollywood-Nachwuchsreporter Steffen Hildebrandt diesmal erstmals auch Robert dabei ist, der seit 2012 fest zur ET-Autorenschaft gehört und zugleich einer der fleißigsten STBSchreiber ist. Ebenso sehr freuen wir uns, dass außerdem Jochen Werner (u.a. Perlentaucher und critic.de) quasi als Listen-Gastteilnehmer seine Top-50 beiträgt – eine spontane Idee, weil wir es schade gefunden hätten, wenn seine von uns immer sehr geschätzte Liste ansonsten nur einem kleinen Facebook-Zirkel vorbehalten geblieben wäre. So fand sich am Ende also doch wieder eine kleine Teilnehmerschar zusammen. Weiterlesen…

Requiescat in pace, manifestatore dell’anima

Cesare Canevari, regista
† 25. 10. 2012


Dovrei scrivere tutto questo nella mia madrelingue, in tedesco. Se volessi riuscire ad esprimere quello che sento, questo sarebbe il modo giusto. Ciò nonostante fare altrimenti mi sembra un dovere sentimentale in questo caso perché la mia ammirazione dei film di Cesare Canevari sarà sempre legata al desiderio di imparare la sua lingua, un desiderio che naque nel 2010. A quel tempo trovavo questi film e sognavo di fare una intervista a Canevari, ma non sapevo se viveva ancora né parlavo l’italiano o come avrei potuto contattarlo. „Scusami… perdonami… per quello che ho fatto… oggi.“ Erika Blanc dice all’inizio di IO, EMMANUELLE e il modo in cui pronuncia questa frase, especiale „oggi“, mi è rimasto nelle orecchie.

Ormai Cesare Canevari è morto da alcuni giorni. L’avevo letto stanotte, dopo aver visto un film americano che chiamerei una vera „febbre cinematografica“, FALCONHEAD PART II di Michael Zen. „Febbre cinematografica“. Una malattia eterea che Cesare Canevari mi ha dato sempre e sempre di nuovo, così intensamente, così stimolante e travolgente. Nel 2007, il mio amico Andreas mi aveva fatto vedere il trailer – e niente di più – di MATALO (1970), il quale poi non ho mai potuto dimenticare, nonché i pensieri che ci avevo in mente allora. Poi venivano davvero quei miracoli dello schermo che si chiamano UNA IENA IN CASSAFORTE (1968), DELITTO CARNALE (1983), L’ULTIMA ORGIA DEL TERZO REICH (1977), IO, EMMANUELLE (1969) e finalmente anche MATALO. Non potevo trattenermi da stupire però anche da sentirmi confuso. Nei film di Canevari, si presenzia una liberazione del cinema dalla terrena costrizione che si chiama narrazione, dallo strumento che si chiama struttura ed alla fine, dalla idea che si può recepire l’essere umano nella arte in modo psicologico. Anche se i suoi protagonisti cercano quasi sempre di liberarsi dalle forze terrene in un modo o l’altro, sono sempre condannati a soffrire in una banale avidità a cui non c’è una fine al di fuori della ironia e dell’assurdo.
In modo strano che nemmeno io capisco completamente, questo mi commuove, come la messa in scena di Canevari mi da una fame inestinguibile per il cinema stesso, una curiosità per un cinema puro che si apre massimamente al spettatore che altrettanto deve aprirsi al film senza voler tenerlo di forza sotto il suo controllo ricettivo. Frequentemente, si parlano di suoi film usando l’aggettivo „psichedelico“. La parola „Psychedelia“ deriva dal greco antico e in fondo significa „manifestare la anima“. Il cinema di Canevari per fortuna non è un cinema di psicologia. Se si potesse immaginare che la psiche si manifesterebbe in una rappresentazione artistica della anima, Canevari effetivamente ha fatto nascere un cinema „psichedelico“.
Dal mio punto di vista, Cesare Caneveri, malgrado le sue „spinose“ scelte di genere, riusciva a rivelare la caotica grandezza e la profonda malinconia della anima come pochi altri registi italiani. Io ne sarò sempre riconoscente e affascinato. Ogni volta che mi viene la vaga voglia di girare un film me stesso, so che Canevari è uno dei registi a cui devo questa voglia. Addio, Signore Canevari – le parole non mi bastano per ringraziarla. È stato un raptus straordinario.


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Das kaputte Lächeln der Schafe

Filme, an denen ich schriftlich scheitere, Teil 1: THE APPALOOSA (1966)


Wo beginnen, wie beginnen, was herausstellen, wie die Gedanken so ordnen, dass zumindest einige der weniger interessanten übrig bleiben? Rhetorische Fragen. Es bleibt übrig, was den harten, steinigen und gefährlichen Weg vom Kopf zur Hand überlebt. Ich werde nicht gefragt, was überleben soll und sehe mich gegen meinen Willen zur Naivität verdonnert, meinem letzten Asyl. Was bleibt ist der Versuch, das Strandgut so zu arrangieren, dass es gut aussieht, mit schönen Worten und schönen Bildern. Bedeutung hat es da längst keine mehr.

*****

Nach THE IPCRESS FILE, diesem erstaunlicherweise so erfolgreichen Fiebergesang aus wie erkalteter Rauch schwebenden Ellipsen, nach Hollywood importiert, arbeitet Furie hier mit unendlicher, bis zum Äußersten gespannter Ruhe an seinem eigenen Versuch einer Western-Auflösung. Wie eine Brausetablette in den letzten Zügen verdunsten hier Schemen und Texturen, lassen nur noch die letzte mögliche Form von Ambient-Existanzialismus zu. In einem einladend leeren Niemandsland an der Grenze zwischen den USA und Mexiko will sich der verlorene und ergraute Gringo-Junge Marlon Brando bei seinem mexikanischen Bruder zur Ruhe setzen.

„I’ve done a lot of killin‘. I’ve killed a lot of men and sinned with a lot of women. But the men I killed needed killin‘ and the women wanted sinnin‘ and I never was one much to argue.“

Das Gefühl der Benommenheit, die einer Rückkehr nach langer Zeit innewohnt, ist übermächtig und beschwichtigend, wie die schläfrige Lust eines Spätsommerabends. Ein zerbrochenes Lächeln huscht dem schratig zerzausten Mann über das Gesicht, als er aus der Ferne die Kinder seines Bruders beobachtet, wie sie sich über seine Ankündigung, bei ihnen zu bleiben, freuen. Er ist scheinbar gereinigt für diese Bilder. Denkt er und denken für einen Moment auch wir. Man sieht und hört und spürt, dass sich dieses Lächeln in seiner Ehrlichkeit nicht noch einmal wiederholen lassen wird.
Ein mexikanischer Viehzüchter stiehlt ihm seinen Schimmel mit dem braunen Kopf, seinen Appaloosa. Er will ihn zurückholen, notfalls mit Gewalt. Das Pferd allerdings, wie auch seine Ehre sind, glaube ich, nicht wichtig. Der Titel des Films ist, indirekt, seine Tragödie. Weiterlesen…