Atemlos (1983)

breathless01

Ein Gegenpart zu Ouroboros, der sich selbst in den Schwanz beißenden und fressenden Schlange, ist mir nicht bekannt. Wenn es diesen gibt, dann wäre dieser das perfekte Sinnbild für BREATHLESS. Statt Selbstverzehrung ist es Selbsteskalation. Ein perpetuum mobile von Selbstreferenzen und Spiegelungen. Eine Wundertüte, die sich selbst speist und die Außenstehenden mit Sinn und Irrsinn bombardiert. Nicht John Malkovich, der in seinen Kopf steigt, sondern die beiden Metropolen im Südwesten der USA. Hollywood, Los Angeles und Las Vegas durch die Augen von Hollywood, Los Angeles und Las Vegas. Wollte Jean-Paul Belmondos Michel Poiccard noch Humphrey Bogart im fremden Land sein, da hält sich Jesse Lujack (Richard Gere in der Form seines Lebens) für den Silver Surfer, Jerry Lee Lewis und jeden Pistolen schwingenden Leinwandrebellen unterhalb der Hollywood Hills. Im Zentrum von glitzernder Oberfläche, Traumfabriken und Illusionskultur ist er ihr Produkt im doppelten Sinne. Weiterlesen…

Sleeping Johnny…

Sleep

John Giorno, sleeping in SLEEP (1963)

„Schlafe, mein Johnny, schlaf ein…“ – So womöglich könnte die einzige Regieanweisung Warhols bei den Dreharbeiten zu SLEEP geheißen haben, die er 1963 seinem Darsteller John Giorno mit auf den Weg gegeben, ihm mit seiner brüchigen, dennoch sanften Stimme ins Ohr gesäuselt hat… Und wer heute (Donnerstag, 12.12.) abend Zeit hat, den GANZEN Abend Zeit hat, kann sich das Ergebnis, dieses über einen Zeitraum von mehreren Wochen (in mehreren „Sleeping Sessions“) entstandene „masterpiece of quiescence“ (Stephen Koch) im Filmmuseum Frankfurt auf der Leinwand ansehen… Weiterlesen…

Hall of Shame #2 – aus dem Gästebuch eines Deutschen Lichtspielhauses

Bild01

Weiterlesen…

How To Make A Joe D’Amato Movie

joed'amato4
Weiterlesen…

9. Todd-AO-70mm-Festival 2013 & weitere Herbst-Hinweise

230813_70mm_2013_Plakat_A1.indd

Auch dieses Jahr findet in der Schauburg Karlsruhe in angemessenem Ambiente und auf gekrümmter Cinerama-Leinwand wieder das deutschlandweit einmalige Todd-AO-70mm-Festival statt – die bereits 9. Ausgabe präsentiert erneut drei Tage lang eine Auswahl von „large format“-Filmen in hochauflösenden, jedoch lebendig-plastischen 70mm-Bildern und (von einer Ausnahme abgesehen) allesamt im 6-Kanal-Magnetton. Weiterlesen…

Zoom In: Sex Apartments (1980)

zoom 9

Das Schöne an roman pornos und pinku eigas ist ja, dass wirklich die ganze restliche Filmwelt darin aufgegangen ist … nur halt mit mehr entblößten Brüsten. Ich bin mir sicher, es gibt bestimmt auch eine Pinkfilmversion eines Spätwesterns. Bei ZOOM IN: SEX APARTMENTS finden wir uns aber in der Welt der Gialli wieder. Ein lederbehandschuhter Psychopath im Trenchcoat zündet Frauen vornehmlich an ihren private parts an und lässt sie elendig verbrennen. Ein Gemälde und die Vergangenheit bieten die Schlüssel zu dem Geheimnis des Mörders. Eine feurige Farbdramaturgie und die obsessive Ausstellung von spitzen metallenen Gegenständen tuen ihren Rest. Kurosawa Naosuke mag Dario Argento, es ist kaum zu übersehen. Weiterlesen…

Tonino Guerras Amerika – Anmerkungen zu „L’Uomo Parallelo“

LUOMOPARALLELO
Weiterlesen…

Ein paar Gedanken zu Zack Snyders neuer Superman-Verfilmung

Was habe ich mich auf den Film gefreut. Ein Actionfeuerwerk, ein rauschhaftes Schnittgewitter ohne Sinn und Verstand, einen digitalen Bilderbogen hatte ich mir vor der Sichtung versprochen. Und die zahlreichen negativen Stimmen aus meinem Bekanntenkreis schienen meine Vermutungen in dieser Hinsicht zu bestätigen. Doch dann kam alles etwas anders.

Man of Steel ist meine erste Begegnung mit Zack Snyders filmischem Universum. Damals als Dawn of the Dead und 300 erschienen sind, hat Snyder mich nicht interessiert, und sein Ruf in cinephilen Zirkeln war auch ziemlich schlecht. Ein Emporkömmling, einer dieser jungen Michael Bay-Epigonen, entsprungen der MTV Generation mit ADHS und keinem aktiven Interesse an Filmgeschichte. So in etwa hatte ich das zunächst, eher negativ konnotiert, abgespeichert. Nachdem einige meiner Freunde und Bekannten dann aber erstaunlicherweise auch ein paar positive Worte für seine Watchmen-Verfilmung übrig hatten, legte sich der einhellig negative Ton ein wenig, und der Mantel des Fanboy-Regisseurs schien von Snyder langsam abzufallen. Die Ausschnitte, die ich aus seinen Filmen danach ab und an zu sehen bekam, weckten jedenfalls meine Lust auf das visuelle Spektakel welches sie zumindest in Aussicht zu stellen schienen. Das waren natürlich alles Beobachtungen aus der Ferne, wie das so ist, wenn man über viele Filme liest und hört, weil man sie unmöglich alle sehen kann, und sich die Gedanken und Eindrücke verselbstständigen. Weiterlesen…

Das Kino des Mamoru Oshii – Teil 1: The Red Spectacles (1987)

Sano: Die ursprüngliche Idee, die wir beide zunächst hatten, war ja ausgehend von der sogenannten „Cinema Trilogy“, also den 3 Realfilmen „The Red Spectacles“ (Jigoku no banken: akai megane / 1987), „Stray Dog“ (Jigoku no banken: kerubersu / 1991), und Talking Head (1992), über sein gesamtes Werk – beziehungsweise das, was wir bisher von ihm kennen – und seine Idee von Kino, sowie unsere Faszination für seine Filme, zu schreiben. „Red Spectacles“ haben wir jetzt gemeinsam zum zweiten mal gesehen, und ich glaube, wir haben jetzt auch einen besseren Einstiegspunkt gefunden. Beim ersten Sehen war ich persönlich im Grunde noch etwas überfordert. Von dem Film, von seiner Ästhetik – von einem Filmentwurf, der für mich noch einmal anders war, als alles bis dahin von Oshii gekannte. Um mal zunächst etwas Inventur zu führen: Bei mir waren und sind das außer „Red Spectacles“ noch „Dallos“ (Darosu / 1983), „Angel’s Egg“ (Tenshi no tamago / 1985), „Patlabor: The Movie“ (Kidô keisatsu patorebâ: Gekijô-ban / 1989), „Ghost in the Shell“ (Kôkaku kidôtai / 1995), Avalon (2001), „Innocence“ (Inosensu / 2004) und „The Sky Crawlers“ (Sukai kurora / 2008).
Das sind fast nur Animes, und es wird ja allgemein auch oft vergessen, dass Oshii nicht nur Animationsfilmer ist, sondern inzwischen auch eine große Anzahl von Realfilmen inszeniert hat. Wobei bei ihm diese Klassifikation aber sowieso etwas hinfällig ist – dazu jedoch lieber später mehr. Jedenfalls hat mich „Red Spectacles“ bei der ersten Sichtung sehr überrascht, um nicht zu sagen überrumpelt, da ich trotz davor bereits gesehener Ausschnitte aus dem Film, einfach nicht mit etwas derartigem gerechnet hatte. Ein scheinbar in alle Richtungen ausbrechendes Filmmonstrum das gängige Konventionen mit Füßen tritt. Für mich war es sicherlich eines meiner verstörendsten Filmerlebnisse überhaupt, denn so wirklich fiel mir kein historisches Vorbild innerhalb der Filmgeschichte ein. Ein Unikum, ein Präzedenzfall, sozusagen eine neuartige Filmkonzeption. Das klingt angesichts der 80er und dem endgültigen Durchbruch der Postmoderne im Kino in diesem für mich ungeheuer innovativen Filmjahrzehnt vielleicht arg übertrieben, trifft meine Empfindungen während der ersten Begegnung mit „Red Spectacles“ aber ziemlich genau. Beim zweiten Sehen wurde für mich dann vieles klarer, und der ganze Film ist inzwischen nicht nur in seinen Grundzügen nachvollziehbar geworden. Dennoch schien mir auch jetzt noch ein Attribut wie absurd immer noch zu ausdruckslos um den Film zu beschreiben. Bizarr wäre vielleicht der treffendere Ausdruck.

Alex: Ja, bizarr charakterisiert die Grundstimmung des Films recht präzise. Mir ging es nach unserer ersten Sichtung vor fast einem Jahr ganz ähnlich, dass ich nämlich einfach etwas überfordert, ja geradezu geplättet von „Red Spectacles“ war, vielleicht auch weil es sich hier trotz vieler ruhiger Momente und obwohl es ja in fast allen anderen Oshii-Filmen auch schnelle Action-Szenen gibt, um Oshiis frenetischstes oder besser fiebrigstes Werk handelt. Das natürlich im Vergleich zu den anderen Werken, die ich kenne, welche da sind: „Angel’s Egg“ (Tenshi no tamago / 1985), die Patlabor–Serie (Kidô keisatsu patorebâ / 88), „Patlabor: The Movie“ (Kidô keisatsu patorebâ: Gekijô-ban / 1989), „Patlabor 2: The Movie“ (Kidô keisatsu patorebâ: The Movie 2 / 1993), „Ghost in the Shell“ (Kôkaku kidôtai / 1995), Avalon (2001), „Innocence“ (Inosensu / 2004), „Open Your Mind“ (Mezame no hakobune / 2005) und „The Sky Crawlers“ (Sukai kurora / 2008), also im Wesentlichen die gleichen Werke wie du.
Dass die „Cinema Trilogy“, von der wir ja als Basis ausgehen, so verhältnismäßig unbekannt ist, entbehrt nicht einer gewissen Ironie, da ich mich erinnere, irgendwo gelesen zu haben, dass Oshii die Kerberos-Saga als sein wichtigstes Werk betrachtet. Und diese ist den meisten euopäischen Zuschauern wahrscheinlich eher aus „Jin-Roh“ (Jin-Rô / 1998) bekannt, einem Anime zu dem Oshii ja bekanntlich das Drehbuch geschrieben, bei dem er aber nicht selbst Regie geführt hat. Aber ganz unabhängig davon, welche Stellung der Regisseur seiner „Cinema Trilogy“ nun einräumt, waren wir uns ja beide einig, dass „Red Spectacles“ sicherlich ein sehr persönlicher Film Oshiis ist. Er arbeitet ja hier mit einer ganz hermetischen, privaten Symbolsprache, wie schon in „Angel’s Egg“. Aber wo dort noch die christliche Ikonographie als Referenzfolie vorlag, löst er sich in „Red Spectacles“ fast ganz davon, nur die Fische im Pissoir erinnern dumpf an den nunmehr abgelegten Erlöser.
Vielleicht sollte man hier für Oshii-Unkundige anfügen, dass der Regisseur in „Angel’s Egg“ seinen Verlust des katholischen Glaubens, zugleich aber eine Hinwendung zu einer neuartigen Form der Spiritualiät in kryptischen Bildern von unheimlicher Schönheit umgesetzt hat. Das scheint mir als Hintergrund doch sehr hilfreich für das Verständnis von „Red Spectacles“, der im Grunde da ansetzt, wo „Angel’s Egg“ aufhört, nämlich, mal salopp gesagt, bei der Frage, was zur Hölle die Realität ist, wenn es keinen Himmel gibt. Weiterlesen…

SGE-Heft Nr. 22 und Festival-Hinweise für Mai/Juni 2013



Mit der vor wenigen Tagen erschienenen und hier beziehbaren Ausgabe Nr. 22, dem sogenannten „zweiundzwanzigsten Wurf“, erzielt das essentielle und glamouröse Filmkultur-Magazin SigiGötz-Entertainment auf einen Streich folgende von SGE vermeldete Treffer: „Christoph Huber schreibt über zwei vergessene TV-Adaptionen von Helmut Käutner (worin sein Heimatort, das „austriakische Nowheresville“ Attnang-Puchheim zur Sprache kommt); Ulrich Mannes unterhält sich mit Peter Goedel über dessen neueste Projekte und über den verstorbenen Schnitttmeister Peter Przygodda; Stefan Ertl pickt sich die 17 besten Folgen der Krimiserie DER ALTE (mit Siegfried Lowitz) heraus; Sepp Knarrengeier deutet den „Vollmond der Verachtung“ in der „Filmkritik“. Und sonst? Ein Berlinale-Glamour-Check von Viktor Rotthaler, ein Glamour-Spezial über Hansrudi Wäscher sowie ein paar brisante Medien-Tips.“ Besondere Freude beim Stöbern bereiten außerdem natürlich die traditionellen Jahres- und Entdeckungslisten für den Jahrgang 2012, bei denen erstmals auch das Hofbauer-Kommando vertreten ist. Die SGE-Top-Ten 2012 liefert dabei gewissermaßen einen exklusiven Spoiler auf die HK-Jahresliste, deren Online-Erscheinung bis zum heutigen Tage auf sich warten lässt. Die für eine ET-Veröffentlichung im Januar konzipierte Liste feiert ihre Erstveröffentlichung (wenn auch mit zwei Filmen weniger und ohne die traditionellen ausführlichen Kommentare) nun also in einem Print-Magazin im Mai, damit haben wir uns selbst übertroffen…

Einige Festivalhinweise aus dem Off-Kino-Bereich außerdem an dieser Stelle: Bereits in wenigen Stunden beginnt das diesmal nicht in Bochum, sondern im Filmhauskino Köln stattfindende 15. Besonders wertlos-Festival des deutschen psychotronischen Films mit hochgradig HK-relevanten Filmen wie TEUFELSCAMP DER VERLORENEN FRAUEN, RANDALE, DAS GESICHT IM DUNKELN, BLUTIGER FREITAG, WORÜBER MAN NICHT SPRICHT oder dem wunderbar verkommenen DIE JUNGEN AUSREISSERINNEN. Sowie Rolf Thieles VENUSBERG, der es vielleicht sogar schon bald zu einem HK-Kongress schaffen wird.
In München wiederum wird Peter Kubelka am Donnerstag, 16.5.2013, um 19 Uhr im Filmmuseum bei der „Halbzeit“ des Underdox-Festivals für Experimental- und Dokumentarfilme eine Lecture halten, den größten Teils seines filmischen Werks zeigen (eine sehr seltene Gelegenheit, denn die Filme sollen auf seinen Wunsch nur vom ursprünglichen Medienträger gezeigt werden und existieren deshalb jenseits des Kinosaals nur in äußerst dürftigen überspielten Versionen) und dabei in einem mitreißenden Plädoyer veranschaulichen, warum für ihn der photochemische Film ein lebenswichtig-elementarer Bestandteil des Kino ist, der in seiner einzigartigen Funktionsweise durch digitale Medien keinesfalls ersetzt werden kann, aber aus ökonomischen und politischen Gründen akut vom Aussterben bedroht ist.
Besonders freuen wir uns auf drei Veranstaltungen im Nürnberger KommKino – dort sind am kommenden Wochenende (10.-12.5.2013) im Rahmen des Retro-Festivals „B-Film Basterds“ (wir berichteten bereits) zahlreiche klassische „Bahnhofskino“-Filme in echten Filmkopien zu sehen und der Geheimnisvolle Filmclub Buio Omega aus Gelsenkirchen zu Gast. Eine Woche später ist von 18.-20.5. eine Wenzel-Storch-Werkschau in Anwesenheit des Regisseurs zu sehen. Und Anfang Juni bringt von 6.-9.6. das niederländische BUT-Filmfest aktuelle Produktionen aus dem „B-Movie, Underground & Trash“-Bereich in die Frankenmetropole (darunter echte Perlen wie den japanischen Coming-of-Age-Zombiefilm SCHOOLGIRL APOCALYPSE), während die deutschen Regisseure Jörg Buttgereit und Marian Dora zu Gast sind, und aus Spanien Produzent Ferran Herranz und der langjährige Franco-Hauptdarsteller Antonio Mayans eingeflogen werden, um in deutscher Premiere die letzten drei Filme des kürzlich verstorbenen HK-Säulenheiligen Jess Franco zu präsentieren (wir äußerten bereits letztes Jahr unsere Vorfreude auf diese Werke). Und Münchner dürfen sich darüber freuen, dass die Spanier am nächsten Tag ins Werkstattkino weiterreisen werden, um dort am Sonntag, 9.6., abends AL PEREIRA VS. THE ALLIGATOR LADIES vorzustellen. Ebenso wie im KommKino wird es auch dort sicherlich eine Hommage mit ausgewählten Franco-Klassikern geben. Und Ende Juni wird voraussichtlich auch Dominik Graf im Werkstattkino sein, wo eine Auswahl seiner Filme sowie eine „Carte Blanche“ geplant sind.
Viele tolle Veranstaltungen also in nächster Zeit – eine besonders schöne Reihe einer Kinemathek sollte aber noch erwähnt werden: „The Real Eighties“ im Filmmuseum Wien, eine großartige Auswahl von US-Filmen aus den 80ern, komplett auf 35mm (auch bei musealen Veranstaltungen bekanntlich keine Selbstverständlichkeit mehr, aber auf die Wiener ist hier bislang Verlass). Allzu gerne wären wir auch dort, aber man kann nicht alles haben. Wer in der Nähe weilt oder im Mai/Juni in Wien ist, sollte sich das nicht entgehen lassen.