
„Labios rojos“, der zweite Langfilm erst des notorisch arbeitswütigen Jazzmusikers wie Filmemachers Jesús Franco und auf den bemerkenswerten Gesamtkarriereumfang gerechnet nicht einmal ein Prozent der Dinge, die da noch kamen, ist dennoch – wie auch sein ein Jahr früher entstandenes Debüt „Tenemos 18 años“, wenngleich im weniger ausladenden Umfange – ein Film, der beispielhaft verdichtet, was sich über mehrere kinematografische Häutungen hinweg wieder und wieder in neu wie anders gedachter Form herausschälen sollte. Musik, konkreter – und in Abgrenzung zu mit der Wirkung dezidiert und selbst im Universum des Filmes nicht selten bereits eingefangenen Aufnahmen erzählenden Musikliebenden wie Roberta Findlay oder Eckhart Schmidt – der Akt des Musizierens an sich, die Performance, auch das Improvisieren über melodische Grundrisse. Dazu das Spiel mit der Architektur des Filmischen selbst, die Grenzüberschreitung des guten Konstruktionsgeschmackes, deren Extravaganzen die Figuren prägen und von diesen zurückgeprägt werden. Weiterlesen…

Walter E. Sear in „Lurkers“ (Roberta Findlay, 1988)
To the eternal love of Walter E. Sear and Roberta Findlay
Between the the 27th and 29th of April 2020 the footprint Walter E. Sear left in the world of music, filmmaking but more than that human interaction lingers on especially dominant before gradually retreating again to where all things now unliving and carried on by fond memories alone reside. For today is stuck precisely between what would have been his 90th birthday and what will be the 10th anniversary, the first real milestone, the harshest one for most bereaved, of his passing. Sear, a New Yorker since practically ever, his family moved to Queens when he was only one year old, and forever, was a pioneering recording engineer and tinkerer on all things emitting peculiar sounds, a musician and composer, he produced films, wrote, scored, directed and sold them as successfully as he sold instruments. And that’s only half it, a person like him can only ever be measured in half truths and thinly veiled wonder. He was a true powerhouse of creative thought. Thought that must have connected him easily and even in fleeting everyday passing to another powerhouse of imaginative ventures when they first ran past each other in the decidedly non-romantic offices their different yet closely entwined lines of work made them frequent. Walter E. Sear and Roberta Findlay met in 1976, petty circumstances, while visiting a fellow yet inconsequential for theirs connection and they grew inseparable soon after. Weiterlesen…

Gemeinhin sollte man annehmen, dass Filme, die derart huldigend von einem bekannten Schauplatz zum nächsten eilen, wie Cosmotropia de Xams jüngst im Würgegriff der Coronakrise gänzlich digital uraufgeführter „Acid Babylon“ es handhabt, unwillkürlich zur reinen Fanrevue verkommen müssten. „Build on the cosmic spirit of these places“, heißt es im Abspann über ihn selbst sowie seine durch „Lucifer Rising“ (Kenneth Anger, 1980), „Phenomena“ (Dario Argento, 1985) oder „Malpertuis“ (Harry Kümel, 1971) in nicht unbeträchtlichen Teilen des filmkulturellen Gedächtnisses abgelegten Schauplätze. Ein guter Leitfaden für diese strukturell überwältigende, narrativ oder gar didaktisch jedoch schweigsame Versuchsanordnung. Hier werden sie noch einmal ganz neu angelegt, diese Gedächtnisorte des Abseitigen. Weiterlesen…

Melancholie ist das falsche Wort
Für all das, was man nicht sagen will und kann
Man will nicht zurück
Und doch sehnt man sich dorthin
Wohin man nicht mehr gehen kann(Mutter – Böckhstr. 26)
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Populäres Liedgut, Hafenkneipen, Freddy Quinn, Wochenmärkte, Rotlichtmärkte, Fisch oder Fleisch – weder noch. Tillmann Scholls großangelegter Dekadenfilm – dessen Aufnahmewurzeln noch vor seinem Filmdebüt liegen – „Wir lassen uns das Singen nicht verbieten“ ist der seltene Dokumentarfilm ohne Wahrheitsanspruch, die Weltvermessung, die sich von ihren Objekten beständig etwas vorspielen lässt, ohne sie zwingend abschließend verstehen, durchschauen, einordnen, schlimmstenfalls katalogisieren zu müssen. Denn Scholl weiß: Man kann sie nicht begreifen, die Leut‘. Größtenteils zentriert um den kleinen – so betont er selbst gern – Hamburger Schankwirt Jürgen Henflein, der beschäftigt hinterm Tresen des „Schauermann“ Bezugspunkt für die Ausgestoßenen St. Paulis und die in deren Welt eintauchende Kamera gleichermaßen darstellt. Darstellt. Weiterlesen…