Dietrich Schubert – Die Stilistik des Erinnerns: Ein blindes Pferd darf man nicht belügen (1992)

In Gänze untypisch für den des über das Chronistische Hinausgehenden zumeist abholden Dokumentarregisseur Dietrich Schubert beginnt „Ein blindes Pferd darf man nicht belügen“ mit einem Reenactment, das vergleichbare Neubeschreitungen des vor Jahrzehnten bereits Durchschrittenen in „Kriegsjahre in der Eifel“ (1989) dadurch transzendiert, dass es sich bei der Protagonistin nicht um eine eigens Erlebtes aufrollende Zeitzeugin handelt, sondern Ehefrau Katharina in einer inszenierten und als ebensolche zu erkennenden Rolle. Schweren Schrittes stapft sie durch den dichten Eifler Schnee, zwei Pakete im Schlepptau – verstorbene Kinder, wie uns Erinnerungen der Zeitzeugin Therese Pützer versetzt verstehen lassen werden. Ein erhebender Moment, immer wieder regnet das sanfte Pulver von den unentwegt stapfenden Sohlen hernieder; erst im Tempo der Wirklichkeit, dann in Zeitlupe, am Ende des Filmes schließlich in Wiederholung – alpha und omega. Zerdehnung, räumliche Ausdehnung über die Vergänglichkeit des Miterlebten hinweg, das ist indikativ für diesen eigenartigen dokumentarischen Grenzgänger, der das Hinterfragen für die Dauer von 90 Minuten aus seinem Wortschatz streicht und durch die Magie des Staunens ersetzt, den jahrzehntealten Moment in die einstige Gegenwart hievt und nunmehr an das Überleben nicht eines einzelnen Menschen sondern des Filmmaterials koppelt. Auch ein Hinweisschild dafür, dass es hier nicht vorrangig um die Suche nach Antworten zu Fragestellungen von historischer Relevanz geht, sondern um ein richtiggehendes Einleben im reichhaltigen Geschichtenfundus des West-Eifler-Menschenschlages. Um Identifikation, jedoch auch derer Grenzen, auferlegt durch den Status des Zugezogenen, Nachgeborenen oder gänzlich Außenstehenden beispielsweise. Vielleicht ist dieser auch jener unter Dietrich Schuberts Filmen, mit dem der Görlitzer Flüchtlingsjunge, Seefahrer und später lange in Köln, dem nordrhein-westfälischen Nabel zur großen Welt, tätige Filmemacher endgültig zum Eifler wurde. Ein durch das Umgebende geprägter Transitionsfilm als Gegenstück wie letzter Teil einer vagen Trilogie zu den noch vermehrt an der Landschaft an sich oder deren Erschließung von außen interessierten „Ein trefflich rauh Land“ (1987) und „Das Dampfross kommt“ (1988), in dem die übergeordneten, weltlicheren Themen der Eifler Arbeiten am fernsten scheinen. Weiterlesen…

Die Autonomie der Bilder in Dietrich Schuberts „Köln 5 Uhr 30 / 13 Uhr 30 / 21 Uhr 30“ (2013)

Die bislang letzte Regiearbeit des Eifler Dokumentarästheten Dietrich Schubert erreichte 2013 in einer Zeit die Leinwände, die schon zu den Ausläufern der zunehmenden sinnlichen Vereinheitlichung des Dokumentarfilmes und nahezu völligen Einstellung breitenwirksamen Dokumentarkinos aus deutscher Produktion gehörte. Was einmal die dem Experimentalfilm, seinem speziellen, vermehrt strukturell geprägten Fluss, der Form um Sub- wie Objekte, womöglich am nächsten stehende Art des Bewegtbildes war und damit Filmschaffende anzog, die wie Schubert vielfältig expressiv zwischen Experiment, Dokument sowie dem gelegentlichen Spielfilm zu wechseln vermochten, wurde Spielwiese spezifisch an einer funktionalen (Fernseh-)Ästhetik ausgebildeten Nachwuchses, dessen höchste redaktionelle Aufgabe die Thematik allein ist. Die Bildebene an und für sich wird zum Sklaven des Konzeptes, nicht seinem vielstimmig kündenden, die Gedanken weiter auffächernden Botschafter; die Zuschauenden zu weitestgehend Unmündigen, denen die Einordnung eines stilistischen Überhanges über dem kleinsten ausgeschriebenen Nenner zumeist nicht obliegt. Weiterlesen…

Von der schlummernden Mauer – Freddy und die Melodie der Nacht (1960)

    So geh ich allein und frage mich:
    Gibt’s ein Herz, das mich vermisst?
    Und wo ist der Mensch, der zu mir hält
    der genau wie ich, einsam ist?

    (Freddy Quinn – Melodie der Nacht)

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Dietrich Schubert – Die Stilistik des Erinnerns: Nachforschungen über die Edelweißpiraten (1980)

„Köln-Ehrenfeld, Hüttenstraße“, proklamiert Dietrich Schubert, das künstlich verlängerte Auge auf den Tunnel unterhalb einer Bahnbrücke gewandt. Ein Auto durchfährt das Schwarz inmitten des hellen Tageslichtes – nun setzt sich auch die Kamera in Bewegung, während auf der Tonspur die ersten Takte Víctor Jaras „Cai Cai Vilú“ aufklingen, aus der Gitarre eines Toten Leben in die wohl mittägliche Ruhe der Großstadt tragen. Vorbei an stillstehenden PKWs, Werkstätten außerhalb jeder Betriebsamkeit und einer Ampel, die keinen Verkehr zu kennen scheint, folgen wir dem Verlauf dieser prägnanten baulichen Erhöhung. Der Rhythmus Lateinamerikas wird infektiöser, überbordender, bis ihn ein rascher Schnitt vorzeitig zum Erliegen bringt. Stille über einer rahmenlos eingebetteten, vermehrt ihrer eigenwilligen Textur wegen erkennbaren Fotografie. Nationalsozialistische Uniformträger hochoben hinter dem Geländer ebenjener just erkundeten Brücke, das filmische Auge vermisst auch sie betulich weiter rechtswärts wandernd – ganz als hätte es diesen jähen Bruch der Zeitebenen nie gegeben. Dann setzt sie wieder ein und wieder aus, die Musik. Menschentrauben, das berühmt gewordene und später doch als gar nicht zu derer der Ehrenfelder Gruppe gehörig erkannte Portrait einer Massenhinrichtung. Aus, an, immer schneller, einer ureigenen Taktung der Bilder folgend – bis Jaras Komposition nur mehr in Form zahlreicher, zunehmend zusammenhangloser Fragmente zwischen Bildeinheiten exsitiert, die Trommel für längst verhallte, auf dem Fotopapier jedoch auf ewig im Marsche begriffene Stiefel einspringt, ihnen so zu neuem Leben verhilft wie die ihre Schneise nachziehende Kamera. Weiterlesen…

Deutschland im Film: Der zweite Frühling (1975)

Dein Mann, das unbekannte Wesen Weiterlesen…

Deutschland im Film: Kommissar X jagt die roten Tiger (1971)

    Des hat’s bei mir net gebm, diese ganze Sex- und Gewaltscheiße!

    (Ein offenkundiger Troll, 1985)

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Deutschland im Film: Johannisnacht (1956)

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Deutschland im Film: Das gelbe Haus am Pinnasberg (1970)

Von der eingesperrten Liebe

Hamburg, Ende der 60er Jahre. Ein illustrer Haufen Männer versammelt sich auf einem Friedhof, nimmt Abschied von Jemandem, der unzweifelhaft einer der ihren war. Leicht im Abseits, ein gestrenger Herr: Werner Zibell heißt er, General a.D., Relikt des (immer wieder wird es angedeutet, aber nie ausgesprochen) Zweiten Weltkrieges. Nicht nur ein Zementwerk – das er allerdings spürbar weniger zu lieben scheint- leitet dieser mustergültige Macher des deutschen Wirtschaftswunders, sondern auch ein Bordell. Ein Bordell nicht für Männer, sondern vielmehr speziell geeicht auf die Bedürfnisse der „modernen Frau“, wie man immer wieder zum Besten zu geben weiß. Und Episoden aus diesem gelbgestrichenen Refugium abseits genormter Sexualität serviert Alfred Vohrer uns in diesem Film, moderiert von der real-existenten, beinahe gebrechlichen Amateurautorin Bengta Bischoff, deren gleichnamiger Roman als Vorlage diente. Weiterlesen…

Deutschland im Film: Vulkan der höllischen Triebe (1968)

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Deutschland im Film: Der Fälscher von London (1961)

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