Der Tod als Flucht. Die Bewegung als Flucht. Der Gedanke als Flucht.

Der Film ist gezeichnet von Fluchtbewegungen, von der geistigen Impotenz bzw. der Omnipotenz seiner geprägten Strukturen, letzten Endes von der Unmöglichkeit der Flucht vor sich selbst.
Die Verzweiflung als Zustand des Menschen in der Welt, folgt aus der Identifizierung mit der zugewiesenen oder auserwählten gesellschaftlichen Rolle innerhalb dieser, endet aber nicht in der Erkenntnis der Verflechtung mit den Menschen, sondern manifestiert sich zum dauerhaften Problem des „das ist so gewesen“. Die Macht des Tabus wirkt über Generationen, lässt sich auch rationalisieren, passt sich den jeweiligen Glaubensstrukturen an.

Sünde als Erfindung der Gesellschaft. Schuld als regressives Verhalten. Die Unfähigkeit Dinge zu sehen wie sie sind. Der Zwang nach Sinn und Struktur. Moral als Repressionsmittel der Macht. Das Tabu als Grundlage der Moral. Nicht richtiges handeln, sondern das Falsche definiert sie. „Du sollst nicht“, statt „du sollst“. Sozial legitimiertes moralisches Handeln leitet sich somit aus der Vermeidung des Unmoralischen ab.

Der Film zeigt das Ende der Utopien die mit den japanischen Studentendemonstrationen der 60er einhergingen. Der Machtlose ist an seine Machtlosigkeit gefesselt, wie das Kind an die Mutter. Nicht der Mensch stützt sich gegenseitig, sondern das Glaubenssystem in das man hineingeboren wurde bietet Halt. Gewalt als legitimer Akt der Mächtigen – Gewalt braucht Legitimation. Wo diese fehlt, fehlt die Struktur, fehlt der Halt.

Wie kann man ein Anderer werden? Bei Wakamatsu ist das kaum möglich. Die Vergangenheit lässt sich nicht abschütteln.
Das ist das wirklich schockierende an den Filmen Wakamatsus – die Darstellung einer kollektiven Psychose in der wir alle gefangen sind, ohne Lösung, ohne Ausflucht, ohne Katharsis. Durch den eigenwilligen formalen Aufbau wird diese klaustrophobische Situation noch unterstützt. Das scheinbare Aufbrechen klassischer Regeln und Strukturen, ohne jedoch selbige grundsätzlich in Frage zu stellen. Denn erzählt wird eben doch. Immer noch. Ein Zwang eben. Eine Flucht.

Die Rebellion geschieht dann auch nicht unbedingt auf der Ebene der Figuren, sondern auf der Ebene des Films. Im Nachklingen, im sich nicht vollständig erklären lassen wollen, im verweigern eines sauberen Abschlusses. Gerade durch die Erkenntnis der Zwänge und Beschränktheit menschlichen Handels und ihrer Zurschaustellung, wird es dem Zuschauer möglich Zusammenhänge zu verstehen die die Protagonisten nicht überblicken, Wahrheiten auszuhalten an denen die Figuren zerbrechen. Die Rebellion als Utopie – nach dem Film.
Kyôsô jôshi-kô – Japan 1969 – 72 Minuten – Regie, Produktion und Schnitt: Kôji Wakamatsu – Drehbuch: Masao Adachi, Izuru Deguchi – Kamera: Hideo Itoh – Musik: Takehito Yamashita – Darsteller: Ken Yoshizawa, Yoko Muto, Rokko Toura, Hatsuo Yamaya, Shigechika Sato, Masao Adachi

Vorwort:
Wer kennt das nicht: Da ist man bei einem Freund zu Besuch, oft filmbegeistert wie man selbst, und man kommt aus dem Staunen nicht mehr raus. Filme über Filme, alles will man sehen, und dann wird gebettelt: „Den muss ich uuunbedingt sehen… bitte, bitte, bitte… kriegst ihn auch bald wieder zurück…“. Die meisten Freunde sind leichtgläubig (deshalb sind sie wahrscheinlich auch Freunde), und schon ist es geschehen. Man nimmt den/die Film(e) mit nach Hause und dann? Exakt. Sie verstauben für Monate in der Ecke. Nicht dass man sie nicht sehen wollen würde. Aber man muß gerade ins Kino, dann läuft noch eben was im Fernsehen, und die ganzen anderen geliehenen Sachen müssen ja auch noch irgendwann gesichtet werden. Schließlich gibt es nicht nur Freunde, sondern auch naive Bekannte, Videotheken, Büchereien, und sonstige Modalitäten die der Filmaneignung dienlich sind. Auch wenn as mit den Videotheken oder Büchereien manchmal ganz schön teuer werden kann…
Um also mein schlechtes Gewissen zu beruhigen, und einige der Filme die bei mir rumliegen endlich wieder ihren rechtmäßigen Besitzern zuführen zu können, habe ich diese Rubrik ins Leben gerufen. Ein kleiner Anreiz vielleicht, die lange Liste abzuarbeiten und nebenbei auch noch etwas zu Papier zu bringen.
Den Anfang macht Umberto Lenzis „Großangriff der Zombies„, weil ich den gerade eben geguckt habe.
Incubo sulla città contaminata
(Umberto Lenzi / Italien, Spanien, Mexiko / 1980)

Die Verwirrung beginnt schon mit dem Titel: „Nightmare City“, „La invasión de los zombies atómicos“, „City of the Walking Dead“. Laut imdb eine italienisch-spanisch-mexikanische Koproduktion, habe ich zunächt Schwierigkeiten zu entscheiden in welcher Sprache ich den Film nun schauen will. Auf der DVD stehen mir (leider) nur 2 Optionen zur Verfügung: Deutsch oder Englisch. Da ich ein Hardcorecineast und Sparchenfetischist bin, sprich, mir immer alle Filme wenn irgend möglich im Original mit Untertiteln ansehen will, schaue ich bei besagter Internetseite nach der Orginialsprache: Italienisch und/oder Spanisch. Tja, was macht man da…? Entscheide mich schließlich für Englisch, nachdem ich in eine Dialogszene hineingeschaut habe, und mir sicher bin, dass einige Schauspieler in den Szenen definitiv Englisch sprachen oder zumindest versuchten diese Sprache zu imitieren. Außerdem hört sich die deutsche Synchro an derselben Stelle doch um einiges trashiger an, und viele italienische Filme wurden zu der Zeit bekanntlich auch für den englischsprachigen Markt gedreht. Mit einem letzten Gedanken an Mel Ferrer versuche ich die Entscheidung für die englische Tonspur zu rechtfertigen, und schon geht es los.

Vorspann ist schon mal Spitze. Tolle Musik (oh ja: Stelvio Cipriani!), und Aufnahmen von Panoramen und Straßenschluchten einer Großstadtmetropole. Atmosphärisch gelingt Lenzi hier schon die perfekte Einstimmung auf das kommende Geschehen. Ciprianis düstere Synthesizerklänge, getragen aber doch treibend, kombiniert mit anonymen Industriebauten versetzen mir ein wohliges Gruseln, und vermitteln bereits eine Ahnung von der drohenden Apokalypse. Ok, ganz neu ist das nicht. Irgendwie wirkt vieles bekannt, vor allem wohl aus George Romeros Dawn of the Dead (1978). Aber gut geklaut ist für mich trotzdem die halbe Miete. Tarantino ist schließlich nicht der Einzige der damit Kohle scheffelt. Die Handlung ist schnell erzählt: Ein Virus hat wohl von einer handvoll Menschen Besitz ergriffen, die zu Beginn des Films in einem anonymen Flugzeug in einer nicht näher benannten amerikanischen Stadt landen. Es gelingt diesen „Zombies“ (später stellt sich heraus, dass es doch „lediglich“ radioaktiv verseuchte Menschen sind) in die Stadt einzudringen, wobei sie eine blutige Spur der Gewalt hinterlassen. Sie scheinen sinnlos alles zu attackieren was sich bewegt, wobei im Verlauf des Films auch klar wird, dass sie für ihr Überleben ständig frisches Blut benötigen. Also eher eine Mischung aus Vampir und Zombie, denn laufen, prügeln, autofahren und mit Maschinengewehren um sich schießen können sie auch. Der Protagonist, der die Invasion auf dem Flughafen miterlebt hat, ist Reporter, darf aber nicht berichten. Das Militär übernimmt, jedoch soll bei den Bewohnern der Stadt keine Panik ausgelöst werden. Natürlich kommt es wie es kommen muß. Die Situation gerät mehr und mehr außer Kontrolle, da die Infizierten praktisch unverwundbar sind und sich beliebig vermehren können.

Natürlich ist das Ganze nicht vollkommen ernstzunehmen. Die Dialoge sind meist hahnebüchen, das Make-up und die Splatterszenen grotesk, von stringentem Handlungsaufbau oder gar erzählerischer Kohärenz ist nichts zu spüren. Trash vom Feinsten könnte man also meinen. So einfach ist es jedoch nicht. Umberto Lenzi ist kein Amateur, versteht zumindest in einigen Aspekten sein Handwerk ausgezeichnet, und in seinen Filmen findet sich neben aller Übertreibung auch einiges an Ambivalenz was gesellschaftliche Zustände anbelangt. So auch in „Großangriff der Zombies“. Nicht zuletzt wegen der großartigen Schlußwendung (die ich an dieser Stelle nicht verraten will) rückt der Film in die Nähe von traumähnlichem (italienischen) Genrekino à la Argento, Fulci oder Bava. Dass es Lenzi nicht um einen traditionellen Realismusbegriff geht ist schon relativ bald klar. Realitätsfern ist der Film jedoch bei weitem nicht. Das Szenario einer Invasion von Außen war während des kalten Krieges ein beliebter Topos, doch Fulci gibt dem teilweise durchaus reaktionären Gestus seines Films einen interessanten Twist, wenn er das Bodysnatcher-Motiv leicht umfunktioniert. Denn wie es an einer Stelle des Films explizit formuliert wird: Die infizierten Lebewesen sind eindeutig keine Aliens, sondern Menschen wie du und ich. Und infiziert wird jeder der mit ihnen in Berührung kommt. Der Film trägt seine Botschaft denn auch über weite Strecken der Handlung vor sich her, und Fulci lässt seinen Protagonisten und dessen Freundin, die wir den ganzen Film über auf der Flucht beobachten, in einigen Szenen tatsächlich innehalten, nur um dem Zuschauer die (vorgeschobene) Argumentation wiederholt vorzuhalten: Die Menschen an sich sind schlecht (sprich infiziert), weil sie machtgierig sind, weil sie Fortschritt mit Technologie verwechseln, und weil sie sich schon längst von ihrer wahren Natur entfremdet haben. Der Zombie als natürliche Folge der (eingeschlagenen) Evolution. Neu ist das nicht, aber es funktioniert.

In Verbindung mit zahlreichen surreal anmutenden Sequenzen, die in den gelungensten Momenten an Fulcis „The Beyond“ (der tatsächlich später entstanden ist), besagten Romero und eben auch an die Traumwelten aus Argentos Suspiria und vor allem Inferno erinnern (besonders eindrucksvoll: Der Endkampf im verlassenen Vergnügungspark auf den Achterbahnschienen!), entsteht eine doch sehr eigenwillige Horrorfabel. Wer einen traditionell ernsthaften Genrefilm erwartet, wird aber wohl eher enttäuscht. Wie gesagt, kann man das natürlich auch alles lächerlich finden, und sich an den vorgeblichen Peinlichkeiten der Inszenierung ergötzen. Persönlich finde ich die Inszenierung in letzter Konsequenz (vor allem angesichts des Endes) jedoch durchaus agemessen und im Sinne einer spezifischen Reflektion über den Zustand der Welt auch kohärent. Was mir anfangs oft übel aufstieß oder einfach nur auf die Nerven ging, macht am Ende Sinn. Für mich war „Großangriff der Zombies“ eine lohnende und eindrucksvolle Erfahrung. Vielleicht lese ich in den Film zuviel hinein, und stehe in Wirklichkeit einfach nur auf die Kombination von Authentizität vermittelnder Handkamera und phantastischem Sujet, weil sich in diesem scheinbaren Widerspruch für mich automatisch zahlreiche Reflexionsebenen ergeben die die körperliche Erfahrung zwangsweise mit der psychischen verbinden, auch weit über den Film hinaus (siehe hierbei die beiden meiner Meinung nach großartigen Kannibalenfilme von Ruggero Deodato, Cannibal Holocaust und Ultimo mondo cannibale). Man könnte das als transgressiv bezeichnen – oder einfach von „Der Zauberer von Oz meets Jack the Ripper“ sprechen (mit einer Prise Ed Wood). Gegensätzliches, und scheinbar Unvereinbares ergibt oft die interessantesten Kombinationen.

Der innere Widerspruch der sich in „Großangriff der Zombies“ aus ausgestelltem voyeuristischem Exzess und einer offensichtlichen, im Grunde vielleicht banalen Gesellschaftskritik ergibt, erzeugt einen Widerstand der reinen Oberfläche, eine Öffnung zugunsten eines möglichen Phantasmas. Das heißt im Endeffekt nichts anderes, als dass der Film für mich in der Auseinandersetzung unheimlich gewinnt. „Großangriff der Zombies“ ist ein Musterbeispiel für die in der bürgerlichen Kritik oft verleugneten Qualitäten des Genrekinos, nicht nur im Italien der 60er, 70er oder 80er Jahre (genausogut könnte man manchen „Unterhaltungsfilm“ der NS-Zeit, oder das frühe Stummfilmkino – vor der Herausbildung der künstlerischen Ambitionen der 20er Jahre – als Beispiel heranziehen). Man könnte noch einiges über Lenzis permanente Fetischisierung des Körpers schreiben, die ent/subjektivierung des Blicks, oder die Ökonomie von Objekten. Ob es für einen guten Film auch einen guten Regisseur braucht weiß ich nicht. Aber dass ich noch viel mehr von Umberto Lenzi sehen will steht für mich nun eindeutig fest.


„An age that revels in irony as the escape route out of commitment will always dismiss the lack of irony as naïve, rather than as the expression of a clarity (but not the erasure of a mystery) that it increasingly is.“
zitiert nach Gareth Evans: In Dreams Begin Responsibilities
aus der englischen Filmzeitschrift Vertigo, Vol.3 No.6 Summer 2007.
Oktober 26, 2009 | Veröffentlicht in
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Wenn ich von Bergman geredet habe, habe ich bisher eigentlich meistens von Nykvist geredet. Zumindest im Positiven. Die meiner Meinung nach negativen Aspekte in Bergmans Filmen (und für mich gab es derer meist viele, da ich nie ein Anhänger von ihm war), ließ ich gerne auf ihn zurückfallen. Deshalb geriet ich während der Sichtung von Sommaren med Monika (DT: Die Zeit mit Monika / Schweden / 1953) auch schnell wieder ins Schwärmen über „Nykvists naturalistische Kameraarbeit“. Umso verwunderter war ich, als ich nach dem Film herausfand, dass Nykvist bei diesem Film seine Finger nicht im Spiel gehabt hatte. Nun ja, völlig sicher war ich mir während des Films auch nicht gewesen (Nykvists Name war mir bei den Titeln des Vorspanns nicht ins Auge gesprungen), aber auf irgendjemanden musste ich meine Begeisterung doch projizieren – und Bergman selbst konnte diese Rolle für mich natürlich nicht ausfüllen.

Viel wurde in den letzten Jahrzehnten über die legendäre Zusammenarbeit von Bergman und Nykvist geschrieben. Doch dass Bergman auch einen anderen wichtigen Kameramann besaß, mit dem er mindestens 12 Spielfilme gedreht hat, ist weniger bekannt. Gunnar Fischer war auch für die wundervolle Kameraarbeit in „Die Zeit mit Monika“ verantwortlich, und die Bildsprache erinnert bereits vollkommen an die späteren Kollaborationen mit Nykvist. Viel von Sjöström ist hier zu sehen, vor allem bei der Arbeit mit Überblendungen und Natursymboliken (aber auch in der Montage), und Elemente des amerikanischen Film Noir werden ebenso aufgegriffen wie Charakteristika des Weimarer Kinos (in den Straßenszenen werden Erinnerungen an Pabst wach, und die Innenhöfe von Wohnblöcken könnten direkt aus Fritz Langs „M“ entnommen sein). Der Einfluß des italienischen Neorealismus der dem Film wohl aufgrund seiner zahlreichen Außenaufnahmen nachgesagt worden ist (und der im Prinzip in der gesamten europäischen Filmgeschichte nach Beendigung des 2. Weltkrieges als Ausgangspunkt unzähliger Beobachtungen dienen mußte), erschließt sich mir jedoch nicht vollständig. Vielmehr würde ich eine Analogie zum japanischen Kino der Nachkriegszeit ziehen, vor allem des psychologischen Realismus, welches mit Akira Kurosawas Rashômon (Japan / 1950) nach dem Erfolg bei den Filmfestspielen von Venedig 1951 in Europa große Anerkennung erlangte. Die kontrastreiche schwarz-weiß Photographie der Naturaufnahmen besitzt einige Eigenheiten dieser in Europa populären japanischen Filmästhetik der 50er Jahre, so z.B. in der spezifischen Integrierung von Landschaft in die Mise-en-scène, und den ausdrucksstarken Umgang mit Licht (das Rauschen der Blätter in Rashômon und die Spiegelung der Sonne auf ihrer Oberfläche schießen mir ins Bewusstsein).

Diese Sinnlichkeit ist es auch, die für mich als Erweiterung der Eingangssequenzen in der Stadt – dem Prolog wenn man so sagen will – und einer Ästhetik, die Truffaut in seinen frühen Kurzfilmen und vor allem in Les quatre cents coups (Sie küßten und sie schlugen ihn / Frankreich / 1959) wieder aufgreifen sollte (und die (dadurch?) interessanterweise für viele „Neue Wellen“ des europäischen Kinos der 60er Jahre wegweisend werden sollte), das Zentrum der Erzählung (vor einem weiteren Wendepunkt und dem dadurch eingeleiteten Epilog) dominiert. Die Visualisierung der Flucht der Protagonisten in „ihren“ Sommer ist dann auch dasjenige, was den Film für mich besonders macht. Die Natur führt in diesem Abschnitt ein Eigenleben. Beobachtet wird sie hierbei durch die personalisierte Kamera, die in diesen Sequenzen das interessanteste, da agilste Subjekt darstellt. Sie sieht alles, spürt alles, Figuren, Landschaft, Schauplätze, Gefühle – das Seelenleben der Objekte, ob Mensch oder Natur. Und doch entzieht sie sich selbst (als Apparatur) jeder Darstellbarkeit. In der Abwesenheit des Konstruktes Kamera für den Zuschauer, wird sie zum materialisierten Außen, dem unsichtbaren aber konkreten Raum. Als solches verdrängt das Kamera-Auge durch seine Präsenz alles was sich „vor“ ihr befindet, indem es sich das Davor, die Welt davor, einverleibt. Paradoxerweise erscheint aber in dieser aufgenommenen Welt das Innere der Orte und Objekte umso nachdrücklicher. Sie werden, wie die Personen selbst, zur Seelenlandschaft, eingefangen in der Kamera. Die Oberflächen sind besetzt, besessen vom Leben, von der Intensität des Lichtes und der Struktur der Schatten die sich auf sie eingeschrieben haben.

Somit führt der aufgenommene Film den Zuschauer nicht in die Welt „da draußen“, ist nicht Abbildrealismus, sondern öffnet sich vielmehr nach Innen, ins Reich der Phantasie, der Sehnsüchte und Wünsche, der Ängste. Erst durch die Projektion im Kinosaal wird wieder eine Fläche nach Außen geöffnet, wobei der Zuschauer hierbei wiederum den ursprünglichen Akt der Kamera nachvollziehen kann: Er konsumiert die Ereignisse, überführt sie in seine Sprache. Filme machen und Filme sehen als Aneignung der Welt.

Dieser Artikel ist eine Ergänzung und Erweiterung eines früheren Beitrags von mir, gepostet im November 2008: Ein Versuch
Damals wollte ich meine aktualisierte Top 100 posten, d. h. die 100 Filme die mir gerade am meisten bedeuteten. Da die Formatierung und ein paar andere ästhetische Gesichtspunkte zu diesem Zeitpukt jedoch etwas zu kompliziert zu bewerkstelligen schienen, verschob ich die vollständige Auflistung aller Filme immer weiter in die Zukunft, wobei sich verständlicherweise die Zusammenstellung und Platzierung der Filme wieder zu ändern begann.
Da meine Einstellung und mein Blick auf einzelne Filme stimmungs- und sichtungsabhängig ist, und jeder Tag die Welt verändern kann, handelt es sich bei solchen Listen meist um Momentaufnahmen. Daher habe ich mich nun entschlossen, die vollständige Auflistung, wie ich sie im November letzten Jahres notiert hatte, zu veröffentlichen. Der jetzige Zeitpunkt benötigt zwar eine neue Zusammenstellung, doch wäre diese nicht mehr oder weniger relevant als die Letzte. Somit unternehmen wir also noch einmal eine kurze Zeitreise…
21. Hakob Hovnatanyan
Sergej Paradjanov Sowjetunion 1965
22. Possession
Andrzej Zulawski Frankreich 1981
23. La Jetée
Chris Marker Frankreich 1962
24. Trys dienos Drei Tage
Sharunas Bartas Sowjetunion 1991
25. Dead Man
Jim Jarmusch USA 1995
26. Moe no Suzaku Die Ahnung Suzakus
Naomi Kawase Japan 1996
27. Elvira Madigan
Bo Widerberg Schweden 1967
28. Au-delà de la haine Beyond Hatred
Olivier Meyrou Frankreich 2005
29. Hao nan hao nu Good Men, Good Women
Hou Hsiao-hsien Taiwan 1995
30. Pola X
Léos Carax Frankreich 1999
31. Wandâfuru raifu After Life
Hirokazu Koreeda Japan 1998
32. Zabriskie Point
Michelangelo Antonioni USA 1970
33. Few of Us Wir sind wenige
Sharunas Bartas Litauen 1996
34. Nema-ye Nazdik Close Up
Abbas Kiarostami Iran 1990
35. Groundhog Day …und täglich grüßt das Murmeltier
Harold Ramis USA 1993
36. Bonnie and Clyde Bonnie und Clyde
Arthur Penn USA 1967
37. Umberto D.
Vittorio De Sica Italien 1952
38. Les quatre cent coupes Sie küßten und sie schlugen ihn
François Truffaut Frankreich 1959
39. Ben-Hur
William Wyler USA 1959
40. Midaregumo Zerrissene Wolken
Mikio Naruse Japan 1967
41. The Wizard of Oz Der Zauberer von Oz
Victor Fleming USA 1939
42. Örökbefogadás Adoption
Márta Mészáros Ungarn 1975
43. Loulou Der Loulou
Maurice Pialat Frankreich 1980
44. Eureka
Shinji Aoyama Japan 2000
45. Batalla en el cielo Battle in Heaven
Carlos Reygadas Mexiko 2005
46. Andrei Rublyov Andrei Rubljow
Andrej Tarkowskij Sowjetunion 1966
47. Heaven’s Gate Das Tor zum Himmel
Michael Cimino USA 1980
48. Novecento 1900
Bernardo Bertolucci Italien 1976
49. Der Aufenthalt
Frank Beyer DDR 1983
50. Klassenverhältnisse
Danièle Huillet, Jean-Marie Straub BRD 1984
51. La pirate Die Piratin
Jacques Doillon Frankreich 1984
52. Paris, Texas
Wim Wenders BRD 1984
53. Hotaru no haka Die letzten Glühwürmchen
Isao Takahata Japan 1988
54. Marseille
Angela Schanelec Deutschland 2004
55. Topâzu Tokio Dekadenz
Ryu Murakami Japan 1992
56. Meikyu-tan
Shuji Terayama Japan 1975
57. Suna no onna Die Frau in den Dünen
Hiroshi Teshigahara Japan 1964
58. Sans soleil
Chris Marker Frankreich 1982
59. Ying chun ge zhi Fengbo Der Letzte Kampf des Lee Khan
King Hu Taiwan, Hong Kong 1973
60. Dzieje grzechu Geschichte einer Sünde
Walerian Borowczyk Polen 1975
61. The Thief of Bagdad Der Dieb von Bagdad
Ludwig Berger, Michael Powell, Tim Whelan UK, USA 1940
62. Zina
Ken McMullen UK 1985
63. Conan the Barbarian Conan, der Barbar
John Milius USA 1982
64. Mia aioniotita kai mia mera Die Ewigkeit und ein Tag
Theo Angelopoulos Griechenland 1998
65. Tarzan, the Ape Man Tarzan, Herr der Affen
John Derek USA 1981
66. Tenshi no tamago Angel’s Egg
Mamoru Oshii Japan 1985
67. Offret Das Opfer
Andrej Tarkowskij Schweden 1986
68. Moonlighting Schwarzarbeit
Jerzy Skolimowski UK 1982
69. Majo no takkyûbin Kikis kleiner Lieferservice
Hayao Miyazaki Japan 1989
70. The Night of the Hunter Die Nacht des Jägers
Charles Laughton USA 1955
71. Forrest Gump
Robert Zemeckis USA 1994
72. The New World
Terrence Malick USA 2005
73. Koridorius Korridor
Sharunas Bartas Litauen 1994
74. Joshuu sasori: Kemono-beya Sasori: Den of the Beast
Shunya Ito Japan 1973
75. Bad ma ra khahad bord Der Wind wird uns tragen
Abbas Kiarostami Iran 1999
76. Notorious Berüchtigt
Alfred Hitchcock USA 1946
77. Ran
Akira Kurosawa Japan 1985
78. Saikaku ichidai onna Das Leben der Frau Oharu
Kenji Mizoguchi Japan 1952
79. Monsieur Hire Die Verlobung des Monsieur Hire
Patrice Leconte Frankreich 1989
80. Idioterne Idioten
Lars von Trier Dänemark 1998
81. The Reflecting Skin Schrei in der Stille
Philip Ridley UK, Canada 1990
82. Trilogia I: To Livadi pou dakryzei Trilogie: Die Erde weint
Theo Angelopoulos Griechenland 2004
83. Kôfuku no kane Blessing Bell
Sabu Japan 2002
84. Tokyo senso sengo hiw The Man Who Left His Will on Film
Nagisa Oshima Japan 1970
85. Wong gok ka moon As Tears Go By
Wong Kar Wai Hong Kong 1988
86. Sud pralad Tropical Malady
Apichatpong Weerasethakul Thailand 2004
87. To vlemma tou Odyssea Der Blick des Odysseus
Theo Angelopoulos Griechenland 1995
88. Xiao cheng zhi chun Frühling in einer kleinen Stadt
Mu Fei China 1948
89. Zwischen zwei Kriegen
Harun Farocki BRD 1977
90. Suspiria
Dario Argento Italien 1977
91. Gertrud
Carl Theodor Dreyer Dänemark 1964
92. Le chiavi di casa Die Hausschlüssel
Gianni Amelio Italien 2004
93. Demanty noci Diamanten der Nacht
Jan Nemec Tschechoslowakei 1964
94. Bu jian The Missing
Lee Kang-sheng Taiwan 2003
95. Dai-bosatsu toge The Sword of Doom
Kihachi Okamoto Japan 1965
96. The Wind Der Wind
Victor Sjöström USA 1928
97. Invisible Waves
Pen-Ek Ratanaruang Thailand 2005
98. Magnificent Obsession Die wunderbare Macht
Douglas Sirk USA 1954
99. Sanma no aji Ein Herbstnachmittag
Yasujiro Ozu Japan 1962
100. Die Erben
Walter Bannert Österreich 1982
März 14, 2009 | Veröffentlicht in
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Sano |
8 CommentsKino in Afrika – an was denke ich da zuerst? Meist an ausländische Darstellungen afrikanischer Lebenswelten durch französische, englische oder internationale Koproduktionen, oft mit Starbesetzung, einem wichtigen Thema, und guten Absichten. An Klassiker des afrikanischen Films, inszeniert von Djibril Diop Mambéty oder Ousmane Sembene und junge afrikanische Filmemacher, die heutzutage immer noch oft aus dem Ausland heraus operieren, wie z.B. der Kameruner Jean-Marie Téno. Und natürlich an Nollywood. Der Boom des nigerianischen Films, auf DV gedreht und zunächst auf Video vermarktet, ein ganz eigenes afrikanisches Phänomen, das Nigeria als Nation inzwischen neben den USA und Indien an die Spitze der globalen quantitativen Filmproduktion katapultiert hat.
Somit erwarte ich mir auch nicht viel Neues, als ich mich am gestrigen Freitag um 15.30 Uhr in Ermangelung eines Radios vor meinen PC setze, um mir auf Bayern 2 die Sendung Kino in Afrika: Die Wüste lebt anzuhören. Doch ich werde überrascht. Der angenehme, konzentrierte und informative Kommentar zeigt ein aufrichtiges Interesse an den Sorgen und Nöten afrikanischer Filmemacher, und ermöglicht durch die Verflechtung von Interviews und Hintergrundinformationen einen kompakten Einblick in Afrikas rege Kinoszene. Denn dass es hier, jenseits von Nollywood, primär um Kino geht, wird an den Schwerpunkten deutlich. Zwar werden auch Hoffnungen und Probleme der neuen digitalen Medien angesprochen, doch bleibt der Fokus auf 35mm gerichtet. Anhand der Länder Burkina Faso, Senegal und Marokko werden die Kernthemen Filmfestival, Filmhochschule, Filmproduktion und Kinosterben in 25 Minuten gekonnt herausgearbeitet.
Bei mir persönlich kam während des Beitrags nicht nur keine Langeweile auf, sondern auch das Gefühl alles schon mal so oder ähnlich gehört und gelesen zu haben stellte sich nur selten ein. Gebannt lauschte ich dem Livestream, und hätte nach der knappen halben Stunde gerne noch mehr gehört. Wunderbar unaufgeregt gestaltet, fühlte ich mich durch den Hörgenuß animiert mir nach der Sendung auch noch selbst Gedanken über das Thema zu machen – auch jenseits von Afrikas Zukunft. Der Beitrag ist definitv keine publizistische Eintagsfliege, sondern im traditionellen Sinne ein bereicherndes Erlebnis zum wieder-hören.
Wer ihn verpasst hat, muss sich jetzt aber nicht ärgern und mit meinem kurzen Umriss begnügen. Bayern 2 bieten auf ihrer Homepage nicht nur die komplette Sendung als Podcast zum anhören und herunterladen an, sondern für alle hörunwilligen Leseratten auch noch ein Manuskript. Was will man mehr?
PS: Die beiden Links zum direkten anhören bzw. download funktionierten bei mir zwar nicht, aber mit dem Realplayer (mit dem man auch fast alle Youtubeclips und ähnliches auf seinen Rechner bannen kann), hatte ich das Teil trotzdem in einer(!) Sekunde auf meinem Laptop. Habe aber gerade entdeckt, das das alte „Ziel speichern unter…“ doch noch funktioniert. War wohl zu naheliegend, um es sofort zu versuchen…

Wer kennt sie nicht, die Tschechoslowakei. Ein weiterer Vielvölkerstaat unserer östlichen Nachbarn, mit zahlreichen kulturellen und politischen Ursprüngen. Doch halt – dast stimmt ja nicht mehr wirklich. Nach 1945 eher ein Staat der Tschechen und Slowaken, wurde die ČSR ab 1960 zur ČSSR, genauer gesagt zur Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik. Und heute kann sich wohl auch keiner mehr daran erinnern. Das Millenium ist vorbei, die europäischen Staaten haben sich immer weiter spezialisiert (das Schlagwort der 80er war Unabhängigkeit), doch vom Kapital im Mantel der EU scheinen sie heute bereits wieder eingeholt. Was in 20 Jahren nicht alles passieren kann…
Ich gebe es zu – ich bin nie in der Tschechoslowakei gewesen. Und als es mit ihr 1990 zu Ende ging, war ich gerade einmal 6 Jahre alt. Dennoch konnte ich mich in der Folgezeit nicht wirklich damit zufrieden geben nun zwei Staaten statt des Einen vor mir zu sehen. Ob das etwas mit meiner Ablehnung der Multiplikation unter dem Deckmantel des Schulmathematik-Traumas zu tun hat, oder doch eher mit meinem persönlicheren Erlebnis des Zerfalls von Jugoslawien zusammenhängt, möchte ich an dieser Stelle nicht erörtern. Klar ist für mich vor allem eins. Wie auch immer die nun getrennte Tschechische und Slowakische Filmproduktion diese letzten 20 Jahre rigoroser Umwälzungen filmisch registriert hat, zu mir ist davon wenig durchgedrungen. Ich möchte nicht sagen, dass ich die Erzeugnisse dieser beiden jungen Staaten in dieser Zeit ignoriert hätte, und dass mich bei meinen cinephilen Reisen durch die Filmgeschichte die Gegenwart nicht interessiert. Aber ich habe das Gefühl, dass die Tschechen und Slowaken entweder nur wenig zur Lage und Entwicklung der neuen Nationen zu sagen hatten, oder es die Verleiher und Festivals außerhalb der beiden Staaten einfach nicht interessiert hat. Fakt ist, dass die tschechischen und slowakischen Filme seit dem Zusammenbruch der ČSSR nur sporadisch ihren Weg auf westliche Leinwände gefunden haben, und in der politischen wie sozialen Kultur des heutigen Europas (von der ästhetischen gar nicht zu sprechen) scheinbar so gut wie keine Rolle mehr spielen. Das war nicht immer so. Wir erinnern uns – tschechoslowakische Filme vor und nach dem Prager Frühling, Neue Welle, politisches Bewusstsein. Vielleicht verweist diese vermeintliche (internationale) Abwesenheit von politischen und ästhetischen Merkmalen ja lediglich auf die gesamteuropäische Krise des individuellen Ausdrucks, der „Globalisierung“, wenn man es denn so nennen will. Oder es ist nur eine filmpolitische Neuorientierung, der wiederholte Versuch eines paneuropäischen Koproduktionsfilms, diesmal jedoch unter verschärften wirtschaftlichen Bedingungen.
Dass in Europa heutzutage meist weniger Filme produziert werden als noch vor 30 Jahren dürfte bekannt sein. Ob es deshalb auch weniger brisante, gewagte, ausdrucksstarke und verspielte Werke geworden sind, ist schwer zu sagen. Durch den kapitalistischen Geldwall dringt jedenfalls weit weniger spektakuläres auf (deutsche?) Leinwände als durch den eisernen Vorhang je zurückgehalten wurde. Und Kultur – wer interessiert sich im globalisierten Sumpf der Verweise noch für Kultur?
Doch will ich an dieser Stelle keinen politischen Essay verfassen, denn meine assoziativ-fragmentarische Zustandsbeschreibung ist mehr eine Hinführung an das eigentliche Thema. Denn was immer man auch von filmhistorischen Veränderungen halten mag. Tatsache bleibt, dass ich seit dem Zusammenbruch der Tschechoslowakei keinen wirklich interessanten Film aus dieser Region mehr zu Gesicht bekommen habe. Und dass mir die Filme der 60er und 70er Jahre aus heutiger Sicht noch um einiges radikaler und visionärer erscheinen als es früher bereits der Fall war. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass sich inzwischen so vieles, damals jedoch so wenig geändert hat. Das Gefühl der Stagnation, des Stillstandes und des Gefangenseins, muss in den 70ern wohl ausgeprägter vorhanden gewesen sein als heute. Jedenfalls wurde es bewusster wahrgenommen. Und zu entdecken gilt es diese beiden Jahrzehnte tschechoslowakischer Filmkunst (und natürlich auch die vorangegangenen 50er, sowie die nachfolgenden 80er) heutzutage, aufgrund mangelnder Möglichkeiten, nicht mehr so sehr im Kino, sondern vor allem auf DVD. Damit möchte ich nicht andeuten dass diese Werke auf der großen Leinwand nichts mehr zu suchen hätten. Ganz im Gegenteil. Doch zu Zeiten der Informationsflut, des Geschichtsüberflusses wie Überdrusses, stirbt die Kinolandschaft aus, und die Vielfalt entflieht ins Digitale. Wenn uns die letzten Zehn Jahre schon keine großartigen tschecho-slowakischen Neuentdeckungen auf die Leinwände gebracht haben, so wurde doch für die Digital Versatile Disc einiges an Schätzen wieder ausgegraben. Und was sich in den Archiven nicht alles findet! Untertiteln und dem Internet sei Dank, kann sich der interessierte Filmliebhaber ungeahnte Schmuckstücke ins Heimische Wohnzimmer holen (und ich spreche hier nicht von Torrents und Subs die auch zahlreich durchs Netz schwirren). Der geneigte (anglophile) Filmfreund kann inzwischen aus über 200 untertitelten Original DVDs wählen, die den Einfallsreichtum und die Originalität der Filmproduktion der Tschechoslowakei in einem neuen Licht erstrahlen lassen. Und darunter fallen zum Glück nicht nur die allseits beliebten Märchenfilmen sowie die viel gerühmten Autorenwerke, die in geringerer Anzahl (und meist mittelmäßiger Qualität) auch außerhalb der beiden Staaten ab und zu erschienen sind. Nein, mit Kreditkarte, Paypal oder meist schon einer funktionierenden Bankverbindung, kann man direkt auf das Gebiet der ehemaligen ČSSR und ihrer Produkte zugreifen, und wer auf Untertitel verzichten kann oder gleich die (beiden) Sprache(n) lernen möchte, sieht sich vom Angebot inzwischen schier erschlagen.
Für alle Uneingeweihten und Neuankömmlinge (und auf Wunsch unserer Leser 😉 ) möchte ich daher an dieser Stelle einige Links und Tipps aufzählen um der Vielfalt einen überschaubaren Zugang an die Seite zu stellen.
Zunächst einmal gibt es eine inzwischen zwar schon wieder etwas veraltete, doch immer noch sehr hilfreiche Auflistung von englisch untertitelten DVDs, auf dem sehr informativen aber leider nicht mehr aktualisierten Blog Closely Watched DVDs.
Außerdem habe ich zwei Tschechische/Slowakische Internetshops ausfindig gemacht, von denen einer teilweise mit einem englischen Navigationsmenü ausgestattet ist und definitv auch Produkte ins Ausland importiert: www.dvdr.cz sowie www.dvdedice.cz
Für diejenigen denen das navigieren auf diesen beiden Websites zu kompliziert sein sollte, gibt es aber auch die bewährten Leute von Xploited Cinema (hier von mir auf 2 Filme von Václav Vorlícek verlinkt). Die Auswahl ist jedoch weit geringer, und die Discs auch nicht ganz billig…
Wer der Sprache etwas mächtiger ist, oder auch nur gewillt sich im Tschechischen oder Slowakischen zu versuchen, dem sei auch die einheimische Vaiante der Imdb unter www.csfd.cz ans Herz gelegt. Zumindest die Kenntnis einer slawischen Sprache sollte man aber schon mitbringen um sich auf der Seite einen Überblick verschaffen zu können.
Und für alle die sich von meinem Post etwas anderes erwartet hatten, habe ich als Entschädigung ein paar Links auf Youtube ausgegraben. Der User paatyia hat auf seinem Kanal einige Klassiker in teils hochauflösender Qualität hochgeladen, die man sich komplett ansehen kann – manche sogar mit englischen Untertiteln!
Mit den Links zu zwei meiner Lieblingsfilme möchte ich daher dieses Poting abschließen. Genießt sie solange sie zugänglich sind, oder bestellt sie euch per DVD! Es lohnt sich. 😎
Pane, vy jste vdova! (Václav Vorlícek / 1970)
Sedmikrásky (Very Chytilová / 1966)
Angesichts der Tatsache, dass mein Festival dieses Jahr überraschend gut angefangen hat, und ich bisher noch keinen(!) Film gesehen habe den ich nicht mochte, hatte ich die Motivation diesen Thread aufzumachen, um allen Interessierten ein kurzes Feedback über bisherige Sichtungen zu ermöglichen.
Ich mache gleich mal den Anfang und werde nach dem Vorbild von Lukas die Filme mal grob in drei Kategorien einordnen.
EDIT: Das mit den drei Kategorien, und somit mit bewertenden Einordnungen, klappt leider doch nicht. Bin halt meist nicht mehr für Bewertungen zu haben, und kann langsam nichts mehr damit anfangen. Damit das hier aber aus Zeitgründen nicht nur eine Auflistung aller gesehen Filme wird (was ich aber auf Anfrage gerne auch noch machen kann), gibts jetzt zumindest zwei Kategorien von mir: „Herausragend“ und „Ich rate ab“. Wobei letztere für manchen vielleicht durchaus wie die berühmten Filmdienstkritiken funktionieren könnte – ein Spaß der besonderen Art. 😉
Az Grafinyata „Ich, die Gräfin“ (Petar Popzlatev / Bulgarien / 1989)
Igla „Die Nadel“ (Rashid Nugmanov / UdSSR / 1988)
Optimistitscheskaja tragedija „Optimistische Tragödie“ (Samson Samsonow / UdSSR / 1963)
Kutya éji dala „Nachtlied des Hundes“ (Gábor Bódy / Ungarn / 1983)
Schwitzkasten „Clinch“ (John Cook / Österreich / 1978)
The Exploding Girl (Bradley Rust Gray / USA / 2009)
Bisher immer noch keinen Zelluloidmüll zu Gesicht bekommen, und obwohl Ivy Hos „Claustrophobia“ für mich einer Folter schon sehr nahe kam, ist er für Fans von Hong Sang-soo uneingeschränkt zu empfehlen.
Konnte mal wieder nicht einschlafen. Gestern ist mir schon das gleiche passiert, und ich habe mir endlich einmal das Berlinale Programm näher angeschaut. Sah ziemlich gut aus, was wohl primär mit meiner guten Laune angesichts der Tatsache, dass ich mich – zwei Tage vor Beginn – endlich aufgerafft hatte mich mit dem Programm zu beschäftigen, zusammenhing. Heute ging mir dann auf, dass meine Schlaflosigkeit wohl mit der lauernden Kunstgeschichtsklausur am kommenden Freitag zusammenhängt. Und was macht man um die miese Stimmung zu vertreiben?
Genau. Noch ein guter Vorsatz. Nun aber nicht zu Neujahr, sondern gleich fürs ganze Jahr: wieso hab ich eigentlich so einen riesenhaufen Filme bei mir rumliegen? Und wieso hab ich die wenigsten davon überhaupt gesehen? Wie viele Audiokommentare hab ich in meinem Leben eigentlich angehört? 2, 3? Fragen über Fragen, und mir ging abermals auf dass ich wohl was unternehmen sollte. Schlafen konnte ich ja nicht. Also weiteren Vorsatz für 2009 gefasst. Ich habe definitiv über 1000 Filme in meinem kleinen Zimmer (wahrscheinlich eher um die 1300, aber so genau weiß ich das nicht), und da ich schon seit ein paar Wochen dabei bin die Filme zu zählen und zu katalogisieren, könnte ich vielleicht auch anfangen sie mir anzuschauen. Zum Beispiel systematisch.
Gesagt – getan. Schwupps stand ich am Regal, und die Idee gefiel mir. Wer kennt das nicht: im Supermarkt oder im Kaufhaus – zu Hause passiert sowas wohl nur Verrückten wie mir – kann man sich nicht entscheiden was man denn nun kaufen soll. Was will ich essen, was anziehen; überall ein Überangebot. Früher ging mir das nur mit Büchern so, zuerst in der Bücherei oder Buchhandlung, später dann auch mehr und mehr zu Hause. Dass es mit Filmen mal soweit kommen sollte. Als ich vor Jahren meine ca. 900 Filme umfassende VHS Sammlung größtenteils der Gelben Tonne im Hof überließ, deutete sich so was wohl schon an. Da hatte ich um die 100 Filme noch nicht gesichtet, als ich den Bandsalat ins Nirvana verschwinden ließ. Damals wars mir egal, später fand ich das schade; heute kann ich darüber nur lachen. Stand der Dinge ist: Hab von meinem momentanen Filmwulst höchstens ein Drittel gesehen, und das Meiste auch nicht vom angeschafften und sich stapelndem Bildmedium in der Wohnung, sondern entweder schon früher, oder im Kino. Dass ich das Zeug noch nicht mal mehr zählen kann, sagt wohl alles.
Aber genug der Abschweifungen, hier war der Plan: Ich würde einfach der Reihe nach alle meine Filme Stück für Stück abklappern. Mit allem Bonusmaterial und zusätzlichen Brimborium das sich darauf Befand. Ausgeschlossen die DVDs (oder VHS, SUPER-VCDs, Laserdiscs und was es sonst noch gibt – ihr werdet es nicht glauben, aber ich besitze sogar Filme die per Videokamera auf High 8 Digitalkasseten von mir vor dem Fernseher sitzend abgefilmt worden sind. Da hatte ich noch nicht mal nen Videorekorder, und das meiste sind auch alte Episoden der Simpsons, die ich mit 10 für mich entdeckt hatte…), welche ich bereits gesichtet habe (was sich aber definitiv im zweistelligen Bereich bewegen dürfte). Natürlich bin ich dieser Aufgabe im Jahr 2009 allein nicht gewachsen, und ich werde wahrscheinlich bis Dezember nicht mehr als Hundert Bildträger abklappern können – man muss ja schließlich noch ins Kino und auf Festivals – aber ein Anfang wäre gemacht. Und was für einer. Nie mehr die leidige Frage: „Was schaue ich mir heute nur verdammt noch mal an?“. Nie mehr die Qual der Wahl, kein verschwendeter Gedanke, kein Bereuen oder Ärger über den Film mehr möglich.
Schließlich hab ich mir die ganzen Filme ja gekauft, weil ich sie sowieso sehen will. Also warum nicht so? Die Bildträger sind zwar alle nach Medium sortiert, aber innerhalb der Kategorien herrscht ein bewusst gehaltenes fröhliches Durcheinander. Hat nicht jeder schon mal versucht seine Sachen zu ordnen? Früher saß ich oft stundenlang vor meinen hunderten von Büchern, und ordnete sie ein Jahr mal nach Größe, das andere nach Autor, das dritte nach Kategorien, und so weiter, bis ich irgendwann langsam aber sicher aus der Pubertät herauskam und entdeckte, dass man Bücher am besten einfach ins Regal stellt. Und Filme natürlich auch. Ungeordnet – zufällig – wie auch immer. Kategorien funktionieren vielleicht bei Leuten ohne Sammelbedürfnis. Aber sobald die vierstelligen Bereiche überschritten sind, erweist sich eine Kategoriezwang meist als kontraproduktiv und äußerst zeitraubend. Aber ich schweife schon wieder ab.
Mit den DVDs würde ich anfangen. Von denen gabs am meisten. Und am einfachsten wäre es natürlich mit einer der Wandreihen anzufangen, auf denen die Filme zumindest schon einmal fein säuberlich nebeneinander geschichtet sind. Und mit was wird die unterste Reihe agbestützt. Mit der Bette Davis Collection natürlich. Also, raus damit und reingeschaut. Erster Film ist „Günstling einer Königin“ (1939), den ich schon letztes Jahr im Rahmen einer kleinen privaten Michael Curtiz Werkschau herausgekramt hatte. Nicht schlecht; bin ich doch glatt schon beim zweiten Film angekommen. „Der versteinerte Wald“, 1936 (oder 35? Im Booklet steht etwas von Notice, aber da kann ich jetzt nicht genaueres zu sagen), mit Leslie Howard und Humphrey Bogart, anscheinend in seiner ersten Hauptrolle. Ich mochte Bogart in seinen Schurkenrollen der 30er Jahre schon immer sehr, weil er darin für mich nie etwas Bogie-typisches hatte, sondern meist nur eine kleine fiese Ratte war, die im Laufe des Films auch zur Strecke gebracht wurde. (Man denke nur an Curtiz‘ „Angels with Dirty Faces“ von 1938, oder an Raoul Walshs ein Jahr später entstandenen „The Roaring Twenties“. Um einen Imdb User zu zitieren: „Cagney ALWAYS kills Bogart in the 1930s“.) Regie führte Archie L. Mayo, der mir in meiner bisherigen Cineastenkarriere soviel ich weiß noch nicht wirklich über den Weg gelaufen ist, dessen Name aber durch diesen frühen Vertreter/Vorläufer des Film Noir durchaus bekannt ist (und der außerdem den letzten Film der Marx Brothers, „A Night in Casablanca“ von 1946, inszeniert hat). Mal schauen wann er mir das nächste Mal über den Weg läuft. Viel gedreht hat er auf jeden Fall. In 4 Jahrzehnten über 80 Filme. Damals nicht unüblich, aber dennoch beachtlich.
Auf der DVD befinden sich zusätzlich noch ein Kurzfilm, ein Cartoon, ein Ausschnitt aus einer damaligen Wochenschau (ich hasse! es, dass Warner Brothers uns wohl zu träge halten uns die kompletten 10 Minuten einer damaligen Wochenschau zu präsentieren. Aber was beklag ich mich; wenigstens gibt’s ein bisschen Wochenschau, was immer noch besser als gar nichts ist, und mehr als die meisten anderen Labels zu bieten haben), und natürlich – es darf auf diesen WB Kompilationen nicht fehlen – das meist langweilige Gelaber von Dauergrinser Leonard Maltin. Aber ich werds mir natürlich trotzdem ansehen, und eigentlich hab ich auch nichts (oder nicht zu viel) gegen Maltin. Nur scheint er für manche Sachen irgendwie dauergebucht zu sein, und vor allem seine Disney-Auftritte gehen einem nach einiger Zeit ziemlich auf die Nerven (bei Disney kann man die ja – wie so vieles: ich sage nur Trailer!!! – meist nicht überspringen). Aber erfreulicherweise befindet sich auch ein Audiokommentar auf der Disc – und nicht von Maltin, sondern von Bogart-Biograf Eric Lax! Na das wird dann wohl mein dritter Audiokommentar. 😉
Die obligatorische „Original“-Dokumentation darf bei solch einer Zusammenstellung natürlich auch nicht fehlen. Aber da weiß man ja meist, was davon zu erwarten ist…
Habe über Thomas Grohs Blog und Ekkehard Knörer in Cargo (oder umgekehrt und wie auch immer) 2 aufschlussreiche Beiträge zu den verschiedenen Filmversionen in Wong Kar Wais Werk gefunden. Kein geringerer als David Bordwell outet sich auf seiner Homepage als totaler Wong Kar Wai Fanboy, und erweist sich – wieder einmal – als ähnlich versierter (Analyse-)DJ wie sein Idol.
Wer dem Hongkonger Elegiker ebenso verfallen ist wie Bordwell (wozu – ich muss es gestehen – meine Wenigkeit natürlich definitiv dazugehört), wird sich sicher über diese beiden Aufsätze freuen.
Einmal zum großartigen Days of Being Wild

Das andere Mal zu dem von mir verschmähten (von Bordwell aber scheinbar hochgeachteten) Ashes of Time (Redux)