Im Russland des 19 Jahrhunderts kämpft der kaukasische Rebellenführer Hadschi Murat (Steve Reeves) gegen die Besatzer von Zar Nikolas I (Milivoje Zivanovic). Bislang hat Murat sich den Angriffen des sadistischen Prinzen Sergej (Gérard Herter) erfolgreich erwehrt. Um der Krise im fernen Kaukasus doch noch Herr zu werden, schickt der Zar Prinzessin Maria Vorontsova (Scilla Gabel), die Gattin von Sergej, an die Front mit dem Vorschlag, Hadschi Murat zum Seitenwechsel zu überreden und notfalls zu erpressen. Dem Prinzen ist dafür jedes Mittel Recht; er macht auch vor Murats Sohn Yusuf und seiner geheimen Liebe, der schönen Sultanat (Giorgia Moll) nicht halt. Dass der verschlagene Achmet Khan (Renato Baldini) schon lange auf eine Gelegenheit wartet, die Macht über das Gebiet an sich zu reißen, kommt ihm wie gerufen… Weiterlesen…
Vor etwas mehr als einem Monat hatten ich und Andreas die Möglichkeit, Riccardo Fredas seltenen DER TOD ZÄHLT KEINE DOLLAR (1967) im Kino zu erleben. Überwältigt von diesem surreal anmutenden Anti-Italowestern und in Erinnerung an die Tatsache, dass Fredas DAS GESICHT IM DUNKELN (1969) schon seit Jahren eines meiner persönlichen cineastischen Heiligtümer darstellt, beschloss ich, dass es nun an der Zeit war, mich endlich einmal näher mit Riccardo Freda, dem heute nahezu vergessenen frühen Meister des italienischen Kostüm-, Sandalen- und Horrorfilms zu beschäftigen. Über Mario Bava ist bereits ein Jahrhundert-Buch geschrieben worden, Vittorio Cottafavi von den „Cahier du cinema“ einst mit Lob überhäuft worden, über Dario Argento und Lucio Fulci schreiben deren zahlreiche Fans immerhin ausführlich, wenn schon nicht adäquat – doch über Freda schreibt man außerhalb Italiens und vielleicht noch Frankreich heutzutage kaum noch. Ein Skandal, der mich nun bereits zu vier Texten, denen hoffentlich noch viele weitere folgen werden, angeregt hat. Warum „Directed by Robert Hampton“? Das von Freda besonders häufig gebrauchte englische Pseudonym karikiert seine Fremdheit in der (italienischen Genre-)Filmgeschichtsschreibung sehr treffend.
Hier geht es zu den bisher veröffentlichten Texten:
Obwohl ich darauf vorbeitet war, Schwerverdauliches in mich aufzunehmen, war die Sichtung von ENTER THE VOID in erster Linie eines: unheimlich anstrengend. Das ständige Geflirre und Geblinke in allen Farben und Nichtfarben und vor allem am Anfang die torkelnde Handkamera, später dann die dauernd über dem Geschehen kreisenden und in diesen oder jenen Hundenapf eintauchenden Kranfahrten verursachten mir geradezu physischen Schwindel und sogar leichte Übelkeit, so dass ich während der immerhin 162 Minuten mehrmals die Augen schließen und langsam bis 10 zählen musste, um den Film überhaupt weitersehen zu können, ohne meinen Mageninhalt über der zum Glück leeren Sitzreihe vor mir zu vergießen. Doch manche Filme dürfen eben anstrengend sein, für das große Kino nimmt eine echter Cineast jederzeit auch körperliches Unwohlsein in Kauf, Kunst ist in dieser Hinsicht wie Liebe: sie darf auch mal weh tun.
Ob Gaspar Noés dritter Langspielfilm, jedoch Kunst genug ist, um das visuell erzeugte Schleudertrauma zu rechtfertigen, muss sich jeder selbst beantworten – ich zumindest kann auch nachdem ich einmal drüber geschlafen habe, zu keiner abschließenden Bewertung kommen. Aber gerade das ist wohl symptomatisch für diesen Film, wie überhaupt für Noés Kino und macht es trotz aller zwiespältigen Gefühle, die es bei mir weckt, letztlich doch zu einem Faszinosum. Ich gebe es hiermit unumwunden zu: irgendwo tief in mir hegte ich ja die Hoffnung, ENTER THE VOID könnte Noés erstes richtiges Meisterwerk sein, schon die lange Schaffenspause – zwischen IRRÈVERSIBLE (2002) und ENTER THE VOID liegen 7 Jahre, in denen Noé nur zwei Kurzfilme gedreht hat – aber durchaus auch die Presse und der Trailer ließen mich insgeheim auf wahrhaft Großes hoffen.
Tatsächlich gehört die Grundidee des Films, die dem Regisseur angeblich schon vor Jahren beim Anschauen des berühmten First-Person-Perspective-Noir LADY IN THE LAKE (1947) unter Einfluss von Psychedelika gekommen ist, zu den interessantesten und originellsten seit langem: konsequent zeigt uns der Film die Welt aus der Innenperspektive eines jungen Eurpäers namens Oscar, der mit seiner Schwester Linda in Tokyo lebt, jedoch – Achtung Spoiler! – nach den ersten 20 Minuten des Films erschossen wird, nur um dann als körperlose Seele abwechselnd durch wabernde Lichtmassen zu reisen, durchs nächtliche Tokyo zu flirren und aus der Vogelperspektive die Schicksale seiner Schwester, sowie seiner früheren Freunde und Feinde zu beobachten, unterbrochen von assoziativ montierten Erinnerungsflashbacks, welche dem Zuschauer praktischerweise gleich die Lebensgeschichte der beiden Geschwister nachliefern, die sich nach dem Verlust ihrer Eltern in einem tragischen Unfall, herzzerreißenderweise geschworen haben, immer bei einander zu bleiben, selbst nach dem Tod.
Als kulturell-mystischen Hintergrund für Noés hochambitionierten Versuch, das Sterben und die Reise durchs Jenseits als „ultimativen Trip“ (Zitat aus dem Film) zu inszenieren hat dieser sich offensichtlich das mehrfach im Film vorkommende Tibetische Totenbuch ausgewählt, das schon in den 60ern von begeisterten LSD-Konsumenten und Freizeitpropheten wie John Lennon und Timothy Leary zu dem Kultbuch aller Bewusstseinserweiterungsjünger erhoben wurde. Die psychedelische Prämisse des Films gab Noés CGI-Team immerhin den Anlass, einige der sicherlich schönsten Bildschirmschoner aller Zeiten zu kreieren. So kann man sich denn ganz legal und ohne Drogen im Kinosessel dem reizvollen Licht- und Farbenrausch ergeben, für den das neonblinkende nächtliche Tokyo die schmucke Kulisse abgibt.
Natürlich bemüht sich der Film nebenbei auch um emotionale Tiefe, doch wie bei Noé üblich versucht er diese vor allem dadurch herzustellen, dass er alles so schockierend und drastisch wie nur möglich inszeniert. Daher dürfen wir sozusagen hautnah an Oscars inzestuösen Phantasien teilhaben, gleich mehrmals den traumatisierenden Unfall der Eltern rekapitulieren, in einen abgetriebenen Fötus eintauchen und einem Geschlechtsverkehr zur Abwechslung mal aus der Perspektive der Vagina beiwohnen. Noé wirkt dadurch leider ein bißchen, wie ein leicht überspanntes Hundeherrchen, das sein Haustier, den Zuschauer, ununterbrochen mit der Schnauze in die Scheiße drückt, um ihm mal zu zeigen, wie krass und vor allem wie mies die Welt doch eigentlich ist. „Le temps detruit tous“ – „Die Zeit zerstört alles“ wurde schon in IRRÈVERSIBLE immer mal wieder zwischendurch eingeblendet, offensichtlich Noés tiefsinnige Lebensweisheit, die er auch in ENTER THE VOID mit wiedermal durchaus virtuoser Handhabung der Kamera und betont unkonventionellen Erzählweisen in Szene setzt.
Nur wird dieser Grundpessimismus hier eben ins Buddhistische gewendet. In einem Interview erklärt Gaspar Noé allerdings, dass er die Beschreibungen der Seelenreise im Jenseits aus dem Tibetischen Totenbuch nur im Sinne eines reizvollen Gedankenspiels adaptiert hat, selbst aber keine Bohne daran glaubt. Das ist dann irgendwie doch etwas beruhigend, zumal der Film manchmal hart an der Grenze zum New-Age-Trash vorbeischrammt, und vor allem gegen Ende stellenweise ins unfreiwillig Komische abdriftet, etwa wenn in einer schwebenden Kamerafahrt durch ein Bordell die Genitalien der auf mannigfache Weise Kopulierenden eine Art leuchtenden Nebel zu verstömen scheinen. Allerdings stellt sich damit auch die Frage wie ernst man den Film überhaupt nehmen kann. Vielleicht sollte man an ENTER THE VOID aber gar nicht den Anspruch stellen, tiefgründige philosophische Reflexionen über den Tod in Gang zu setzen, sondern ihn einfach von vornherein als schicken Transgressionreigen im Neongewand rezipieren, als agnostische Spititualität, dargereicht in zeitgerechter Form von Leuchtreklame. ENTER THE VOID wäre somit als Manifestation eines neuen, zugleich ins digitale wie ins post-religiöse Zeitalter eingetretenen Cinéma du Look zu betrachten. Möglicherweise ist dies sogar die adäquaste Art die religiösen Bedürfnisse unserer Generation darzustellen: es geht hier nämlich längst nicht mehr um die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod, sondern wenn überhaupt um die Hoffnung darauf, dass dieses, falls es denn tatsächlich eines gibt, möglichst stilvoll aussieht und interessante Features wie Umherfliegen und In-Menschen-Eintauchen bietet.
Enter the Void – F/BRD/I 2009 – 162 Minuten – Regie: Gaspar Noé – Buch: Lucile Hadzihalilovic, Gaspar Noé – Produktion: Pierre Buffin, Olivier Delbosc, Vincent Maravl, Marc Missonier, Gaspar Noé – Kamera: Benoît Debie – Schnitt: Marc Boucrot, Gaspar Noé – Musik: Thomas Bangalter – Darsteller: Nathaniel Brown, Paz de la Huerta, Cyril Roy, Olly Alexander, Masato Tanno u.a.
Pretty average spectacle of the crank ‚em out kind that showed up every weekend when I was about six or seven.
Mickey Hargitay musta been busy greasin‘ up his biceps or frolicking around with Jayne and Reeves wanted good money so they opted for Roland Carey who despite a decent chest is very colorless and blah.
The plot is as thin as pizza but serves well for the usual blend of fight, flounder and flex.
To it’s credit there is some good fantasy music, a hilarious one eyed gorilla, a wacky witch and the requisite harem dance.
If you got some pals that are good with the MST3K style of back talk you’ll have plenty of fodder here. Fans of South Park will hardly resist a remark or two about Big Gay Al’s Big Gay Boat Ride.
If your a fan, check it out otherwise forget it unless you want something to clear the kids out of the room.
Der wohlhabende schottische Arzt Hichcock ist seit Jahren halb gelähmt an seinen Rollstuhl gefessel, umhegt von seiner Frau Margaret (Barbara Steele) und seiner Magd Catherine (Harriet White). In der Hoffnung, seinen schlaffen Gliedern wieder Leben einzuhauchen lässt er sich täglich von seinem jungen Kollegen Charles Livingstone (Peter Baldwin) Strychnin injezieren, mit anschließendem Gegenmittel. Doch obwohl diese Methode gewisse Erfolge zeigt, ist er verbittert und stillt mit spiritistischen Séancen seine Todessehnsucht. Margaret ist in heimlicher Liebe Charles zugetan und leidet zunehmend unter der lethargischen Bitterkeit ihres Gatten. So fasst das Paar schließlich den Plan, den Doktor aus dem Weg zu räumen, indem Charles diesem nach seiner abendlichen Injektion das Gegenmittel vorenthält… Weiterlesen…
Ähnlich wie bereits beim Fazit zum Filmfest München, gibt es nun auch zum Fantasy Filmfest wieder eine Wertungstabelle, die während des Nürnberger Festivals laufend aktualisiert wird. Leider fehlen ausgerechnet unsere beiden einzigen regelmäßigen Filmbewerter Christoph und Alex S. diesmal beim FFF. Trotzdem sind immerhin vier regelmäßige Teilnehmer dabei (darunter auch unser zukünftiger Gastautor Marian), wobei die Filmausbeute allerdings nicht mit dem Filmfest München vergleichbar sein wird, nachdem niemand von uns eine Dauerkarte besitzt. Viel wird daher wohl von spontaner Lust und Stimmung abhängen…
Abkürzungen wie gehabt: () = unter Vorbehalt (wegen Sichtungsumständen, Müdigkeit o.ä.) * = vorher abseits des FFF gesehen ** = wiederholt gesehen sowie: B/C/AS/S = Benjamin/Christoph/Alexander S./Scott
Filmtitel
Alexander P.
Andreas
B/C/AS/S
Marian
Sano
AMER (Hélène Cattet, Bruno Forzani)
6.5 *
8 **
9 * (C) 8 (AS)
8
5
EVIL – IN THE TIME OF HEROES (Yorgos Noussias)
* (B)
THE PACK (Franck Richard)
6 (B)
5
OUTRAGE (Takeshi Kitano)
8
7 (B)
8
6
FROZEN (Adam Green)
2.5
4
5
4
THE APE (Jesper Ganslandt)
6
7
6
DER DOPPELGÄNGER (Christopher Lenke, Philip Nauck)
4
2
4
KABOOM (Gregg Araki)
8.5
5
7.5
THE LOVED ONES (Sean Byrne)
8
7
8
THE KILLER INSIDE ME (Michael Winterbottom)
4
3
7
METROPIA (Tarik Saleh)
6 (S)
SOLOMON KANE (Michael J. Bassett)
3
MONSTERS (Gareth Edwards)
6
7
7 (S)
7
THE HUMAN CENTIPEDE (Tom Six)
9
3.5
2
CENTURION (Neil Marshall)
1
1
6
GALLANTS (Derek Kwok, Clement Cheng)
8.5
BLACK DEATH (Christopher Smith)
5.5
14 BLADES (Daniel Lee)
4
LOVE CRIME (Alain Corneau)
8.5
1.5
RED HILL (Patrick Hughes)
4
WE ARE WHAT WE ARE (Jorge Michel Grau)
6
6
8
IP MAN 2 (Wilson Yip)
6
7
RUBBER (Quentin Dupieux)
7
REYKJAVIK WHALE WATCHING MASSACRE (Julius Kemp)
4.5
5
FOUR LIONS (Chris Morris)
3
3
SYMBOL (Hitoshi Matsumoto)
6.5
8
HARRY BROWN (Daniel Barber)
5
Das Fazit in bewährter Listenform:
***
Alexander P.
Top 5:
1. THE HUMAN CENTIPEDE (Tom Six) 2. CRIME D’AMOUR (Alain Corneau) 3. KABOOM (Gregg Araki) 4. THE LOVED ONES (Sean Byrne) 5. BLACK DEATH (Christopher Smith)
***
Andreas
Top 5 (den zuvor schon in München gesehenen AMER ausgeklammert):
1. CENTURION (Neil Marshall) 2. LOVE CRIME (Alain Corneau) 3. FOUR LIONS (Chris Morris)
Wobei FROZEN und REYKJAVIK WHALE WATCHING MASSACRE nüchtern betrachtet noch weitaus lausiger als FOUR LIONS waren, sich aber durch ihre spaßigen ersten Hälften einen deutlichen Trash-Bonus verdient haben.
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Marian
Top 5 (alphabetisch):
AMER (Hélène Cattet, Bruno Forzani) THE LOVED ONES (Sean Byrne) OUTRAGE (Takeshi Kitano) SYMBOL (Hitoshi Matsumoto) WE ARE WHAT WE ARE (Jorge Michel Grau)
Flop 3:
1. CENTURION (Neil Marshall) 2. THE HUMAN CENTIPEDE (Tom Six) 3. FOUR LIONS (Chris Morris)
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Sano
Top 3:
1. KABOOM (Gregg Araki) 2. THE KILLER INSIDE ME (Michael Winterbottom) 3. IP MAN 2 (Wilson Yip)
Flop-Liste gibt’s keine, weil ich zum ersten Mal auf dem FFF keinen schlechten Film gesehen habe. Enttäuschend waren höchstens einzelne Aspekte bestimmer Filme, insgesamt war es aber ein überraschend tolles FFF.
Mit zwei Filmen, die während des Nationalsozialismus gedreht worden sind, hat Sano zwei weitere Einträge für den ewigen Kanon der 100 besten deutschen Filmerzeugnisse verfasst. Jeweils genauer zu begutachten sind sie hier und hier.
es ist leider Gottes Teil unserer elenden conditio humana, daß wir alle mehr oder weniger tiefgreifende Probleme haben, uns tag ein tag aus damit herumschlagen, Gesundheit, Beziehung, Karriere, gesellschaftliches und politisches Leben. Sie alle zwicken uns und drücken uns, nur weil wir eine, erschreckend simple Wahrheit einfach nicht wahr haben wollen, weil wir uns habituell selbst belügen und in unserem anerzogenen Masochismus einfach nicht gücklich sein wollen oder können. Daher haben uns wir, liebe Gemeinde, heute entschieden, mit diesem elenden Zustand bei uns allen ein für allemal ein Ende zu machen, einfach allen und jeden, der es hören will, auf einen Schlag darüber zu informieren, wie er mit einem Schlag all diese Läuschen ein für allemal aus seinem Pelz bekommt und fürderhin ein vor Glück, Zufriedenheit und noch viel wichtiger Geld, Schmuck und Autos nicht nur erfülltes, sondern geradezu überbordendes Leben führen wird. Darum, liebe Blog-Gemeinde, reichen wir einander die Hände, stimmen wir ein in den Chor der vier Prozent glücklicher, zufriedener über das alles umspannende und doch gar so simple Geheimnis aufgeklärter Menschen, mit der alten fränkischen Volksweisheit: Lieber reich und gesund als arm und krank!
In einem Fantasiestaat tritt ein Tenor die Nachfolge als Herrscher an, während die bisherige Thronfolgerin abgesetzt wird, weil sie eine Frau ist. Es folgen ein paar kleinere Verstrickungen und Geschlechterrangeleien, bis schlussendlich das erwartete Happy-End eintritt. Bei so einem Thema kommen mir unverzüglich Vergleiche zu Lubitschs musikalischen Komödien der frühen 30er. Aber im Gegensatz zu Lubitch, bleibt bei Georg Zoch alles Skizze. Dem Präzisen tritt das Fahrige gegenüber, dem ausgeklügelten Humor kleine kabarettistische Späße. Und die Handlung wird mit einer Beiläufigkeit abgespult, dass jedem Drehbuchautor die Haare zu Berge stünden. Genau das macht aber den enormen Reiz dieses Kleinods aus. Viele Szenen scheinen improvisiert, oft wurde wohl auf eine wiederholte Aufnahme einer nicht vollständig gelungenen Szene verzichtet, und man hat das Gefühl den Schauspielern noch im Probenprozess zuzusehen. Insgesamt erweist sich die Zusammenführung von vier völlig unterschiedlichen Charakteren und deren unausweichliche Auflösung in zwei Liebespaare als Glücksgriff. Nichts passt so richtig zusammen in diesem Film, aber es spielt einfach keine Rolle. Neben der teilweise experimentierfreudigen Kameraführung und dem mäandernden Plot, sind es vor allem die Schauspieler die sich nach belieben austoben dürfen.
Ursprünglich war Ein Walzer für Dich – wie es auch der Titel bereits nahelegt – wohl um den damals erfolgreichen Sänger Louis Graveure konzipiert, der im Film immer wieder auf amüsante Weise schauspielerisch überfordert wirkt, sich aber vor allem durch seine zahlreichen Gesangseinlagen dennoch überzeugend über die Runden zu retten weiß. Heinz Rühmann und Theo Lingen sind heutzutage wahrscheinlich noch die bekannten Namen aus diesem Film. Wer mir jedoch mehr imponiert hat als diese zwei Herren, waren die beiden Hauptdarstellerinnen Camilla Horn und Maria Sazarina. Horn besitzt genuine schauspielerische Qualitäten, die sich in manchen Szenen tatsächlich entfalten können, während Sazarina durch ihre Unbekümmertheit und zwei großartige Tanzeinlagen zu überzeugen weiß, und durch ihre nonchalante Präsenz (so widersprüchlich es auf den ersten Blick auch erscheinen mag) so etwas wie den nötigen Ruhepol im ungezwungenen Durcheinander der filmischen Konstruktion bildet.
Im Grunde kann man Ein Walzer für Dich als Vorgänger der späteren Schlagerfilme die in Westdeutschland in den 60ern und 70ern so populär wurden betrachten. Was ihn jedoch von diesen unterscheidet, ist seine genuine Verspieltheit und das scheinbar damals noch vorhandene Interesse an der Musik, welches wohl mit der Neuheit des Tonfilms zusammenhing. Vieles erinnert auch einerseits an die ausgestellte Künstlichkeit mancher amerikanischer Musicals der frühen 30er (siehe z.B. Ray Enrights Dames), andererseits an die beginnende Screwball-Comedy gekoppelt mit den freizügigen Geschlechterdarstellungen vor der Durchsetzung des Hays-Codes. Das eine so „undeutsche“ und beiläufig anarchische Aufeinanderfolge von Sketchen und Musiknummern als Film verpackt noch 1934 die Zensurstellen der Nazis passieren konnte, spricht für die ganz eigenen Gesetzmäßigkeiten der Filmkunst.
Die Fassung die ich sehen konnte, war leider nur 78 Minuten lang, und entsprach wohl der 1954 wiederaufgeführten Version mit dem Titel Hilfe, ich bin Minister. Was genau fehlt, konnte ich nicht herausfinden, jedoch vermute ich, dass es sich vor allem um Filmrisse und schlecht erhaltenes Material handeln könnte, da die für die DVD abgetastete Kopie erhebliche Qualitätsschwankungen aufzuweisen hat. Eine zusätzliche Möglichkeit wäre das Fehlen der vollständigen Tonspur, bzw. ihre zu starke Beschädigung, da deren Restaurierung Anfang der 50er für einen Kinoneustart zu aufwendig gewesen sein muss.
Ein Walzer für Dich – Deutschland 1934 – 94 Minuten – Regie: Georg Zoch – Drehbuch: Hans H. Zerlett, Georg Zoch – Produktion: Vahayn Badal – Kamera: Willy Winterstein – Musik: Will Meisel – Liedtexte: Hans H. Zerlett – Schnitt: Alwin Elling – Bauten: Erich Czerwonsky – Darsteller: Louis Graveure, Heinz Rühmann, Camilla Horn, Maria Sazarina, Theo Lingen, Fritz Odemar, Adele Sandrock
Endlich ist das neue Buch über Rudolf Thome und seine Filme erschienen. Bisher gab es meines Wissens nach nur ein zwar sehr schönes, aber inzwischen doch schon arg überholtes Heft der Freunde der Deutschen Kinemathek (Nr. 66 – Rudolf Thome) aus dem Jahr 1983 (bestellt werden kann es im Internet z.B. noch hier). Seitdem hat Thome, der mit zunehmendem Alter scheinbar immer fleißiger wird, bereits 18 weitere Filme abgedreht. Bei seinem neuesten Werk Das Rote Zimmer, das voraussichtlich nächstes Jahr in die Kinos kommt, hat er vor wenigen Tagen die Dreharbeiten abgeschlossen und sitzt gerade an der Montage. Thome dokumentiert seine Arbeit schon seit mehreren Jahren im Internet, wo man Einblicke in seine Drehbücher bekommt, und z.B. den täglich aktualisierten Bericht über die Dreh- und Schneidearbeiten auf seiner Website mitverfolgen kann.