An einem Herbstabend vor drei Jahren saß ich [Christoph] mit Freunden aus dem Umfeld des geschätzten Online-Filmmagazins „Hard Sensations“ im „Leerzeichen“ zusammen, einer winzigen Kultur-Oase in einer Aachener Seitenstraße. Bei Speis und Trank unterhielt man sich über Pornos und Klaus Kinski (worüber auch sonst?). Viele der herausragenden Pornographen Amerikas, so stellte man fest, seien ja eher zufällig zu ihrem feuchtfröhlichen Gewerbe gekommen und hatten Film lange Jahre ihres Lebens nie für sich in Erwägung gezogen. Ja, so sei das auch bei seinem Vater gewesen, seufzte Robert, der Besitzer und Betreiber des „Leerzeichens“. Entgeistert starrte ich ihn an, in ungläubiger Erwartung delikater Enthüllungen des von Scham gebeugten Sohnes eines Mannes, der in der Blüte seines Lebens die Bali-Kinos und Videotheken der 80er Jahre mit expliziten Erregungsbewegtbildern beliefert hatte. „Ich meine – er macht keine Pornos“, schickte Robert sich eilig an, die Entgeisterung aus meinen Zügen zu wischen. Weiterlesen “14. Hofbauer-Kongress, Aufriss #18” »
Was habe ich mich auf den Film gefreut. Ein Actionfeuerwerk, ein rauschhaftes Schnittgewitter ohne Sinn und Verstand, einen digitalen Bilderbogen hatte ich mir vor der Sichtung versprochen. Und die zahlreichen negativen Stimmen aus meinem Bekanntenkreis schienen meine Vermutungen in dieser Hinsicht zu bestätigen. Doch dann kam alles etwas anders.
Man of Steel ist meine erste Begegnung mit Zack Snyders filmischem Universum. Damals als Dawn of the Dead und 300 erschienen sind, hat Snyder mich nicht interessiert, und sein Ruf in cinephilen Zirkeln war auch ziemlich schlecht. Ein Emporkömmling, einer dieser jungen Michael Bay-Epigonen, entsprungen der MTV Generation mit ADHS und keinem aktiven Interesse an Filmgeschichte. So in etwa hatte ich das zunächst, eher negativ konnotiert, abgespeichert. Nachdem einige meiner Freunde und Bekannten dann aber erstaunlicherweise auch ein paar positive Worte für seine Watchmen-Verfilmung übrig hatten, legte sich der einhellig negative Ton ein wenig, und der Mantel des Fanboy-Regisseurs schien von Snyder langsam abzufallen. Die Ausschnitte, die ich aus seinen Filmen danach ab und an zu sehen bekam, weckten jedenfalls meine Lust auf das visuelle Spektakel welches sie zumindest in Aussicht zu stellen schienen. Das waren natürlich alles Beobachtungen aus der Ferne, wie das so ist, wenn man über viele Filme liest und hört, weil man sie unmöglich alle sehen kann, und sich die Gedanken und Eindrücke verselbstständigen. Weiterlesen “Ein paar Gedanken zu Zack Snyders neuer Superman-Verfilmung” »
Es geht um Sex. Soviel steht fest. Und irgendwie auch um Liebe, Verlangen, Gefühle. Irgendwie. Denn das Interesse an Sex ist zwar da, aber die Abwesenheit von Sex auch, das Interesse an Nähe bei gleichzeitiger Abwesenheit von Nähe, das Erzeugen von Gefühlen bei Abwesenheit von Gefühlen, das Reden über Liebe bei Abwesenheit von Liebe. Es soll hervorgebracht, es soll hergestellt werden, da es herbeigewünscht wird. Das Mittel dazu ist ein Film. Nina ist die Hauptfigur, die diesen Film drehen will. Dazu hat sie Hans und Marie für Probeaufnahmen engagiert. Das Problem ist nur: Nina weiß nicht was sie will. Da hilft auch kein Sex. Denn Nina ist ein gebranntes Kind. Und nicht nur Nina. In Bedways sind alle Figuren unsicher, distanziert, verschlossen, haben sich eine Schutzhülle aufgebaut und tragen ihre Posen vor sich her, da sie Angst vor Verletzungen haben. Keine Jugendlichen mehr, aber auch noch nicht im eigenen Leben angekommen. Zumindest wenn man damit Dinge wie Verantwortung, Bewusstsein, Bestätigung im eigenen Ich und ähnliches assoziiert. Verlorene, ohne ein Bild von sich, ohne Vertrauen, und daher im Außen suchend, mit der Kamera tatsächlich nach diesem Bild suchend, in dem man erblicken könnte, was es ist, das fehlt. Die Kunst hat schließlich schon oft als Weg zur Erkenntnis gedient, als beliebtes Mittel um Selbstreflexion zu befördern. In Bedways geht es dabei aber gar nicht so sehr um Verlust oder Schmerz. Bedways ist keine melodramatische Nabelschau versehrter Persönlichkeiten: Denn die Figuren haben im Grunde ja noch nichts verloren, sondern sind Suchende. Suchende nach sich selbst. Wer sich noch nicht gefunden hat, kann sich schließlich kaum verlieren. Was aber auch ein Problem sein kann. Ein Dilemma. Weiterlesen “Bedways (2010)” »
Vor etwas mehr als einem Monat sonderte HK-Gründungsmitglied Christoph bereits einige reißerische Spekulationen ab über das Schaffen des italienischen Schauspielers und Filmemachers Michele Placido und dessen neuen Film ENGEL DES BÖSEN. Das mit Spannung erwartete Gangster-Biopic läuft seit nunmehr zwei Wochen erfolglos in den deutschen Kinos. Wir wir meinen, ein betrüblicher Zustand, besteht in diesen zarten Tagen doch nur noch selten die Möglichkeit, italienisches Genrekino auf deutschen Kinoleinwänden zu erleben. Die Qualitäten, die uns zu dieser Empfehlung veranlassen, liegen allerdings weniger in der Herkunft des Films begründet und wir möchten im Folgenden in die Tiefen, in denen diese Qualitäten zu finden sind, hinabstechen. Weiterlesen “Aktuell im Kino – Das Hofbauer-Kommando empfiehlt:” »
Wenige Minuten nach Filmbeginn offenbart sich BerlinerSchule-Surrealismus: Eine Tanzszene. In einer Disco, in der getanzt wird wie vermutlich in keiner deutschen Disco getanzt wird zu Musik, wie sie vermutlich in keiner deutschen Disco läuft. Weitere, wenige Minuten später offenbart sich der Ultra-BerlinerSchule-”Gross-out”-Naturalismus: Sabine (Annika Kuhl) betritt ihre überzeugend unordentliche Wohnung, lässt geistesabwesend Sonnenblumenöl in eine ungewaschene Pfanne gluckern und lässt nach dem Auspacken der Einkäufe ein Steak ins siedende Öl plumpsen. Es brutzelt drastisch. Sabine stürzt ins Bad, um zu kotzen. Natürlich bleibt die Kamera draußen. Das Würgen und das Brutzeln vermengen sich zu einem Geräusch, das mindestens genauso unangenehm ist wie Zugbremsen oder ein Stück Kreide, das auf einer Tafel kreischt.
Danach scheint sich zunächst etwas Unfassbares seinen Weg durch die langsam fließenden Kamerafahrten und die statischen Cinemascope-Einstellungen in Bauchhöhe zu bahnen: Ein BerlinerSchule-Liebesfilm! Der erwartungsvolle Rezipient möchte sein Glück kaum fassen ob der Berliner Schule-typischen Wortkargheit der spröden Anti-Romantik beim psychotischen Krankenhauskantinen-Rendezvous. Weiterlesen “Glückliche Fügung (2010)” »