Es war einmal… Evil Dead Rise (2023)

So fangen keine wohligen Träume an: Eine junge Frau tritt an die Waldhütte heran, die ihre Schwester für ein beschwingtes Geburtstagswochenende gemietet hat. Hält einen Moment inne im bildgewordenen Unwohlsein. Um das spitz zulaufende Hüttendreieck liegen in einer Ultraweitwinkelaufnahme kleine Erhöhungen des umgebenden Waldes, die unter ihm und von Seite zu Seite bogenförmig zulaufen. Eine unnatürliche Geometrisierung der Materialität unserer Wirklichkeit, ätherisch, entrückt, märchenhaft – welches durch die Gebrüder Grimm sozialisierte Kind würde dieses Hexenhäuschen betreten wollen? Natürlich ist es ein Fehler – die Schwester hat sich einen Dämonen einverleibt, skalpiert ihr Anhängsel bei lebendigem Leibe und schon spart ein „Was zuvor geschah“ den wohl schlechten Ausgang dieses Märchens aus. Märchen? Ja, richtig gelesen. Diese Talsohle eines gekurvten Bildes, das ist der Bogen zwischen Märchen und Soziorealismus, welchen Lee Cronins den Wald und das Ländliche der Reihe erstmals zu Gunsten der großen Stadt verlassende „Evil Dead“-Fortdenkung spannt. Weiterlesen…

Schwenken ins Herz der Finsternis – The Fabelmans (2022)

Am Ende von „The Fabelmans“ lässt Steven Spielberg seinen Kameramann Janusz Kamiński bewusst einen Moment zu auffällig den Blick anheben und setzt den unmotiviert mittig herumdümpelnden Horizont damit ins rechte Licht. Zuvor hatten sich zwei andere Regisseure, nämlich David Lynch in der abgetragenen Haut John Fords, zu einer einzigen Weisheit über das Filmemachen hinreißen lassen: Befindet sich die Horizontlinie innerhalb des oberen oder unteren Drittels der Komposition, so ist ein Bild interessant. Unmissverständlich – das ist es also, jenes Happy End, welches wir uns zweieinhalb Stunden lang sehnlichst für Sammy Fabelman herbeigewünscht haben. Eine echte beiderseitige Traumerfüllung Hollywoodschen Zuschnitts. Rags to riches für den ewigen Underdog; sie kommen noch, doch der Pfad ist bereits geebnet. Wir wissen darum. Denn man kann diese Geschichte nicht vom Lebensweg ihres Schöpfers separieren. Kein veränderter Name, kein verschobenes biografisches Detail vermag diesen Bruch zu erzeugen. Er ist auch nicht vorgesehen, allein aus dieser personellen wie narrativen Glätte kann eine verschleiert-unverschleierte Autobiografie in all ihren Implikationen frei atmen, universell werden und einen sensorischen Bruch erzeugen, der ungleich tiefer verläuft. Weiterlesen…

Round ’n‘ round the boogeyman goes – Halloween Kills (2021)

„Halloween Kills“, der immerhin schon zwölfte Teil der langlebigen Reihe um den lahmbeinigen Bürgerschreck Michael Myers, zweite Fortsatz eines zweiten Reboots und Mittelteil einer neuen Trilogie beginnt, wie in Zukunft idealerweise jedes Franchise seine bloß vordergründig endenden Bahnen ziehen sollte. Als Fußreise, als Fahrt aufnehmende Geisterbahnfahrt durch den Ort, an dem alles anfing und zahllose Male wiederbegann, kommentiert von Figuren, die ursprünglich nie dort waren. Als Remix. Zwei weitere Verkettungen nach wie neben dem Rückblick und schon befindet man sich mittendrin in zweifacher, dreifacher, mannigfacher Hinsicht – ungefragt tief ins filmische Universum, seinen Kanon, die irrelevanteren Teile seiner Hintergründe verfrachtet, als Fremde, als Reihennerds direkt neben der von einem anderen Werk her ausblutenden Jamie Lee Curtis auf der Ladefläche eines rasenden Pick-ups in Richtung bloß weg in die Nacht; kurz: im strammen Tempo der Inszenierung, die keine Fragen aufwirft, jedoch alle beantwortet. Das Alte und die Gegenwart eben auch des Franchisekinos so unmittelbar nebeneinander zu schachteln, ist ein simpler Trick mit großer kinetischer Freude. Weiterlesen…

Fugen aus verbogenen Pfeifen – Marquis de Sade’s Justine (1969)

    Wir sind nichts anderes als im Zustand des virtuellen Furzes. Der Begriff der Realität wird uns gegeben durch einen bestimmten Zustand der Unterleibskonzentration des Windes, der noch nicht losgelassen wurde. [1]

Unter Konvertierten hin zum Glauben an Jesús Franco, den wohl ausschweifendsten Esoteriker des internationalen Kinos, hat sich längst ein Blick kultiviert, der die größte auteuristische Eigenheit zuverlässig und nicht zu Unrecht in den randständigsten Produktionen ausmacht. Vermehrte Auftrags- wie Prestigearbeiten, die Franco besonders in den ausgehenden 60er Jahren für den umtriebigen Briten Harry Alan Towers inszenierte, hingegen genießen eher bei klassizistisch Herüberlugenden einen guten Ruf. Wohlbudgetiert, etablierten Regeln seriöser Filmkunst folgend, die Franco anderwärts bereits ausgeschlichen hatte, massenkompatibel, Literaturverfilmungen gar. Einer unter diesen Filmen eint dabei nicht wenige Adepten beider Fraktionen in relativer Abneigung. Dabei gehört er zu den atypischsten in einer an Vor-den-Kopf-Inszenierungen fürwahr nicht armen Regielaufbahn. Nominell sollte „Marquis de Sade’s Justine“ über Jahrzehnte hinweg das budgettechnische Prunktstück dieser Laufbahn bleiben, eine reichhaltige Anrichte verdichteter, parallelisierter Handlungsstränge aus den beiden großen „Erziehungsromanen“ „Justine ou les Malheurs de la vertu“ (1791) und „Histoire de Juliette, ou les Prospérités du vice“ (1797) des Marquis de Sade, seines Zeichens Radikaltriebphilosoph der aufziehenden wie blühenden französischen Revolutionsjahre. Weiterlesen…

Contortions of a mind in perpetual decline – Portraits of Andrea Palmer (2018)

„Portraits of Andrea Palmer“, the first feature film for both and directed in conjunction by a certain „C. Huston“ and film preservationist collective Vinegar Syndrome’s Joe Rubin (billed under his film board nom de guerre „J[ohn]. Lyons“), is in many ways an unusual venture – when measured against its date of production, even a deeply anachronistic one. For it is not merely a superficial hommage to the long-gone Golden Age of Porn that raged in American cinemas for some approximately 15 years from the very late 60’s to the mid-80’s, elicits it’s filmic (as in analogue filmmaking, granularity and a color cast unique to employed – 16mm here – stock) as well as organisitional (as in centered around, not working with unsimulated renditions of intercourse) structure, shares it’s curious interest in gloomy subject matter coupled with precise gaugings of female suffering, but actually possesses a profound understanding of it’s highly specific employment of filmed sex like few, if any, modern efforts. Weiterlesen…

The First Time (1978) or: How to separate sex from sex with Anthony Spinelli

Have you ever pondered about the question of how a film centered around authentic, thus outwardly far more equable renditions of intercourse can manage to tell encounter from encounter, to dinstinguish the metaphysical weight being thrown around so freely? Anthony Spinelli’s „The First Time“, the prolific director’s final offering in a longstanding streak of outré, highly avantgarde films preceding his second coming as careful constructor of more narratively inclined fare, seems to have been constructed entirely around this very idea and adds the further challenge of answering without ever sacrificing its carelessly understated tone. Weiterlesen…

Self-destructing renditions of life and death on video: The Devil’s Bloody Playthings (2005)

    Well, I saw a man walking on the water, walkin‘
    Coming right at me from the other side
    Calling out my name
    And, „Do not be afraid, now!“
    Feet begin to run, run, run
    Pounding in my brain

    (Richard Hell & the Voidoids – Walking on the Water)

Weiterlesen…

Leben, Lachen, Laufen und Kohle – The Molly Maguires (1970)

    O what can you give me?
    Say the sad bells of Rhymney.

    Is there hope for the future?
    Cry the brown bells of Merthyr.

    Who made the mineowner?
    Say the black bells of Rhondda.

    And who robbed the miner?
    Cry the grim bells of Blaina.

    (Idris Davies – Gwalia Deserta XV)

Weiterlesen…

Midnight Confessions #05: The Pink Ladies (1979)

    You’re a kid Casanova, you’re no Joseph
    It’s a labor of love fucking yourself to death
    Orgasm addict, you’re an orgasm addict

    (Buzzcocks – Orgasm Addict)

Weiterlesen…

100 deutsche Lieblingsfilme #72: Phantasmagoria (2017)

    Und die Möwen, froh und heiter,
    kleckern öfter was auf’s Deck,
    doch der Moses nimmt den Schrubber
    und fegt alles wieder weg.
    Holahi, holaho, holahia, hia, hia, holaho!

    (Eine Seefahrt, die ist lustig – deutsches Volkslied)

Weiterlesen…