STB Robert 2023 II
„[…] if magic is defined as the employment of ineffective techniques to allay anxiety when effective ones are not available, then we must recognize that no society will ever be free from it.“ (Religion & the Decline of Magic)
Wertung: Ich kann nichts mit Zahlen zur Bewertung anfangen. Deshalb gibt es hier ein prosaisches System. Eine Skala ist mit der Qual verbunden, Filme in eine lineare Ordnung zu quetschen. Deshalb hat die Wertung zumindest eine Y-Struktur für freieres Atmen. Die Einstufungen radioaktiv und verstrahlt reflektieren, dass ein Film in seiner eigenwilligen Qualität es einem nicht einfach macht, ihn einfach zu genießen. Wertungen in Klammern verweisen auf das ein oder andere Nickerchen beim Schauen.
Legende: Ist im Grunde selbsterklärend. Wenn hinter der eckigen Klammer eine Zahl steht, dann gibt sie die Anzahl der Sichtungen wieder. Je höher die Zahl, desto mehr ist sie geschätzt. Da ich mit Fernsehen und Kino aufgewachsen bin, wo nur gekennzeichnet wurde, wenn ein Film nicht in deutscher Sprache lief, tue ich das schändlicherweise auch. (OmU=Originalfassung mit Untertiteln, OmeU=Originalfassung mit englischen Untertiteln, OF=Originalfassung, EF= englischsynchronisierte Fassung, OZmeU=Originalzwischentitel mit englischen Untertitel) Hinzu kommen die Zeichen ł, wenn der Film gekürzt war, und ≠, wenn ich mitbekommen haben sollte, dass das Format nicht hinhaute. Ein kleines K hinter einem Titel bezeichnet einen Kurzfilm (bis 15 Minuten), während ein kleines M einen mittellangen Film (16 bis 60 Minuten) kennzeichnet.
Vorangegangene Sehtagebücher:
2012/II | 2013/I | 2013/II | 2014/I | 2014/II | 2015/I | 2015/II | 2016/I | 2016/II | 2017/I | 2017/II | 2018/I | 2018/II | 2019/I | 2019/II | 2020/I | 2020/II | 2021/I | 2021/II | 2022/I | 2022/II | 2023/I
to be continued … und zwar hier
Dezember
Sonntag 31.12.
uff
Der- oder diejenige, der/die damals die Idee gepitcht hat, dass CARS ein Film über einen überheblichen Rennfahrer werden soll, der in einem Kaff erst einmal etwas Demut und Entschleunigung lernen muss, ein Film, der alles völlig generisch und erwartbar macht, außer dass es keine Menschen gibt, sondern nur anthropomorphe Autos, war mindestens ein Genie, weil er/sie nicht aus dem Raum gelacht wurde. Der Erfolg gibt ihm/ihr ja, wie gesagt wird, Recht.
großartig +
Lotti Z. (7 Jahre) überlegte beim Schauen laut, ob dies nun ihr liebster Film von Studio Ghibli sei oder vielleicht sogar ihr aller liebster überhaupt. Eine gute Wahl, wie ich finde. Schließlich fragte sie mich aber auch, was mein Lieblingsfilm sei … und ich hatte keine Antwort. Nicht weil die Auswahl zu groß ist – was sie aber natürlich ist –, sondern weil ich darüber gar nicht mehr nachdenke. Weil es den einen Film irgendwie nicht gibt oder braucht.
Sonnabend 30.12.
großartig
Was ich 2020 im ersten Teil des Sehtagebuchs geschrieben hatte, würde ich immer noch unterschreiben, nur eines scheine ich damals nicht bemerkt zu haben: Wie witzig nämlich dieser Film ist und wie amüsiert er Leuten, die nicht daran gewöhnt sind, Entscheidungen zu treffen, dabei zuschaut, wenn sie Entscheidungen treffen müssen. Dazu noch die Bewältigung des belasteten Verhältnisses zwischen Japan und der USA in der dritten halben Stunde als ohnmächtiger, selbstvertrashter Witz. Was im Endeffekt heißt, dass er besser ist, als ich damals wahrnahm.
nichtssagend
Gehemmt, schlecht getimt, sich mit Dialogen dagegen windend, auch etwas anderes als Dialoge zu zeigen, Robert Taylor spielt nur den Teil des unangenehmen Unsympathen eindringlich, überhaupt sind die Schauspieler durchgehend hölzern und selbst das Comic relief-Faktotum ist zum Abgewöhnen; kurz: Sirk und Co. trafen zwanzig Jahre später mit jeder Änderungsentscheidung ins Schwarze.
Freitag 29.12.
gut –
Die Musik von Neil Hannon wächst durchaus beim zweiten Durchgang (aber nicht der Gesang und dessen Melodien). Beim Wiedersehen erinnerte ich mich auch daran, dass die erste Hälfte beschwingter war als der Rest des Films (aber der ist es dann eben viel weniger). Alles in allem hat er mir nun mit Lotti Z. (7 Jahre) etwas besser gefallen, aber eben auch nur etwas.
großartig –
Noch mehr Apokalypse und noch mehr Offenbarungen, nur um doch immer wieder am gleichen Punkt anzugelangen. Auch diese Iteration von EVANGELION endet mit einer Kommunion, mit der Hoffnung, sich endlich den Herausforderungen zu stellen, vor denen am liebsten weggerannt wird. Nur schlägt 3.0+1.0 in der ersten Stunde einen Hacken und lässt den Druck ab. Shinji und Co. leben nicht im Krieg und am Rande der nächsten Katastrophe, sondern in einer beschaulichen, ländlichen Postapokalypse und haben Zeit, über sich nachzudenken und einen Platz zu finden. Nach vielen, vielen Stunden Streß mit NEON GENESIS EVANGELION bekommen wir eine Insel der Ruhe. Es ist eines der Highlights der Reihe. Was den Wechsel zurück zu Engeln, Monstern und dialogschweren Auseinandersetzungen umso heftiger macht. Nur das Anno nun wirklich alles klären und aussprechen möchte. Schlussendlich bekommt NEON GENESIS EVANGELION den Erklärbären, der alles kontextualisiert und aufklärt. Was verdient, aber auch irgendwie schade ist.
Donnerstag 28.12.
fantastisch
Brumm! Brumm! Glotz! Glotz! Fertig ist der schöne Film.
*****
Übrigens wurde am 22. November die mitgelieferte DCP nach dem Durchlauf der 35mm-Kopie für zehn Minuten gestartet. Ich hatte mich auf einen interessanten Vergleich gefreut, aber die DCP sah aus, als ob es sich um ein Blow-up einer VHS handelte. Ich floh nach wenigen Minuten. Jetzt doch nochmal die 35mm gesehen zu haben, lässt mich den damaligen Schock besser verarbeiten.
fantastisch –
Für die einen ist es Schwelgen in unaufdringlichen Bildern und einem fragmentierten Geschehen; oder ein Essay darüber, was eine Geschichte ist und wieviel bzw. wie wenig Information ausreicht, um doch noch eine Geschichte zu erzählen; oder ein gehobenes Rätselraten darüber, was hier überhaupt los ist; oder eine Variation von Ödipus, mit der die existentielle Geworfenheit und der Schmerz des Seins kontempliert wird; oder eine absurde, trockene Komödie über die Albernheit der Menschen; oder eine Meditation über Schuld und wie wir mit ihr leben können (oder auch nicht); und für die anderen ist es einfach ein Film, dessen Wechsel vom ruralen Griechenland ins urbane Berlin den brutalen Auffahrunfall spürbar macht, der es ist, aus dem Urlaub nach Hause zurückzukehren, wenn der Zauber der Fremde durch die Tristesse des Bekannten abgelöst wird.
Mittwoch 27.12.
fantastisch –
Verschwörungsthriller, Paranoialabyrinthkomödie und Slackerfilm – nicht im Sinne eines Films über Slacker, sondern eines, der es selbst ist – … und zentraler Film meiner filmischen Sozialisation, den ich mit neunzehn Jahren sah und dessen Ver-rücktheit mich immer noch nicht losgelassen hat.
Dienstag 26.12.
großartig –
YOU CAN (NOT) REDO weicht grundlegend von der Serie ab. Nicht nur weil die Handlung inzwischen eine gänzlich andere Bahn eingeschlagen hat, sondern auch weil dieser Eintrag der Filmreihe klar und konzentriert ist. Baka-Shinji erwacht nach 14 Jahren. 14 Jahre, nachdem er einen Kataklysmus auslöste und eine noch verbitterte Welt voller verhärteter Menschen schuf. Er findet aber jemanden, der ihm erklärt, dass es Hoffnung gibt, dass er sich reinwaschen kann. Aber dieses Verständnis ist genauso fatal, wie das völlige Fehlen von Einfühlvermögen davor … denn das Versprechen einer Welt ohne Probleme führt wieder Richtung Kataklysmus. Oder anders: Einfach wieder ein Film, der einen überforderten, traumatisierten jungen Mann optisch beeindruckend quält und damit verhandelt, wie beschissen das Leben nun wirklich ist.
Montag 25.12.
großartig +
Von Bob Merricks (Rock Hudson) erstem Auftritt, wie er im Motorboot einen See entlangrast, lachend dem Tod entgegen, bis hin zur christgefälligen Wandlung des Lebemanns zur Gehirnchirurgiekoryphäe, der allen Schaden beseitig, denn er zuvor angerichtet hatte: ein irrsinniger Ritt der Schmalzwalküren.
Sonntag 24.12.
gut
Wie sich Mike, ganz Ehrgeiz, und Sully, ganz Talent, zusammenraufen müssen, um etwas zu erreichen, ist schon ganz nett. Am ehesten ist DIE MONSTER UNI aber der Film seiner Nebenfiguren, die Schrecken, meist aber den sozialen Schrecken (vor sich selbst) zelebrieren.
gut
Den RUNNING MAN-Vorläufer der Exposition mochte ich in seinem konzentrierten, leicht benebelten Schlendern deutlich mehr als den folgenden postapokalyptischen Western, in dessen Weiten sowas wie blinde, übernatürliche Zombiemönche fröhlich herumscharwenzeln, in denen sich aber vor allem die in Pose werfenden Protagonisten verlieren.
Sonnabend 23.12.
fantastisch –
Marderhunde narren mit ihren Verwandlungskünsten und magischen Hoden die Menschen, die ihnen ihren Lebensraum rauben. Die absurde Chronik einer langsamen, fantastischen wie bitteren Niederlage, die ihren Höhepunkt findet, wenn die Marderhunde eine so schöne Illusion schaffen, dass sie sich selbst täuschen und in ihr Traumbild rennen, nur um daraufhin in der absoluten Ernüchterung zu stehen. Fünf von fünf gezückten Taschentüchern.
gut
Der erste Film, in dem mir Jared Sandler überhaupt nicht wie Vetternwirtschaftsballast erschien, sondern in dem er gleich das Beste ist: ein Hotelangestellter, der keine Lust auf seinen Job und das Leben hat, und der deshalb bar jeder Anstrengung seine Zeit einfach (seine Umwelt latent trollend) absitzt. Und der damit Kevin James, welcher sich anstrengt, die Rolle ernsthaft zu füllen, in seine Schranken weist.
verstrahlt –
Ein kleines Mädchen wurde tot im Wald gefunden, nachdem sie zwei Tage vermisst war. Ihr Großvater reist entsetzt aus Spanien an und hat die Hölle im Kopf. Derrick hält ihn aber nicht von den Ermittlungen fern, obwohl all seine Handlungen und Aussagen überdeutlich machen, dass er die Mörder/Vergewaltiger sucht, um Selbstjustiz zu verüben. Der Täter, na klar, stellt sich als Sohn einer militanten Pornoproduzentin heraus, der schon des Kindesmissbrauchs und -mords verdächtigt war, aber im Gegensatz zu seinem Bruder nicht überführt werden könnte. Herbert Reinecker am Limit, gefangen in seinem eigenen Kopf mit seiner eigenen Welt. Eine Echokammer der mit Bildschlagzeilen gespeisten Verzweiflung an der Moderne.
Freitag 22.12.
gut
Ein innerer Widerspruch: Der TURTLES-Film für unsere Zeit, mit diversem Cast und postpostmodernem Witz, der witzig ist, weil er nicht so ganz witzig ist. Meme-barer Spaß ist es dazu und große Spannungs- und Witzaufbaubögen besitzt das alles auch nicht. Also irgendwie der TURTLES-FILM, für den ich mich einen Tick zu alt fühle. Aber eben auch der TURTLES-Film, der sich gleichzeitig mit seinem De La Soul- und A TRIBE CALLED QUEST-Soundtrack völlig retro anfühlt.
gut +
Ein KRIEG DER STERNE-Clone, dessen Storyline schamlos eine alte Sau in neuen Schläuchen ist. Mehr aber ein Clone, der von einem Fetisch-Regisseur inszeniert und mit THE SEVEN SAMURAI gekreuzt wurde. Ersteres hebt die Kopie angenehm vom Original ab, während Zweiteres diesen eigentlich tollen, tollen Film doch ziemlich hemmt, weil alles voller Nebendarsteller steht, für die sich der Film nicht interessiert. Nach dem sehr verständigen Text von Lukas F. im Perlentaucher sehen wir es aber nicht so eng.
Donnerstag 21.12.
großartig –
Schon witzig, dass ich seit Tagen nach einem guten Buch über den Symbolismus suche und dann in einem Film lande, der quasi eine Aneinanderreihung von symbolistischen Gemälden darstellt. Mehr dazu im neuen Jahr bei critic.de.
Mittwoch 20.12.
großartig
Was als Krimi beginnt, wird schnell zum weitschweifigen Familiendramapoem darüber, was Liebe, Treue, Verlassen, Erbe, Verwandtschaft alles bedeuten kann, was Graf mit Maden und Gebeinen bebildert, mit dokumentierenden bis heimsuchenden Fotos, mittels von Gravitation befreienden Flugaufnahmen, mit dem Ausmisten eines Geheges, dem Schmieren von Stullen und dem Gewirr von Innenstädten, Vororten, Campusse und Wiesen.
verstrahlt
Die antreibende Kraft der meisten Shaw-Produktionen ist die Rache. Klar also, dass es auch einen Rape & Revenge-Film im Katalog gibt. INTIMATE CONFESSIONS OF A CHINESE COURTESAN – übrigens: Geständnisse wird es nicht geben, da dies bei aller Fantasie doch wenig intime Genrederbheit bleibt – zerfällt sehr klar in seine zwei Teile. Die erste Hälfte erzählt davon, wie Ai Nu (Lily Ho) entführt in einem Bordell aufschlägt, gefoltert wird und nach einer Versteigerung aufeinanderfolgend von vier hohen Beamten in ihre Zukunft eingeführt wird. Wobei jeder der Beamten einen anderen Fetisch hat – Betäubung, Fesseln, Peitschen – und einen eigenen Cocktail aus Sadismus, kindischer Freude und hohem Alter darstellt. Vor allem ist diese Hälfte aber eine schwarze Komödie, die pointiert, kunstfertig und mit jenseitiger Unbekümmertheit den Schrecken Ai Nus zum Cartoon macht. Absurd und überzogen werden einem die Klöße in den Hals gesteckt. Die Hälfte des Films, die sich der Rache widmet, ist dann zwar auch eine Komödie, aber ein ganz anderes Tier. Romantisch und bitter wird hier mit Liebe und Hass gespielt, Ai Nu verführt und straft ihre Peiniger, und ein Comic-relief-Polizisten wird aufgefahren, der an den Tatorten die Täterschaft Ai Nus sofort erkennt, aber absurderweise nichts gegen sie unternehmen kann, weil sie das korrupte System nun für sich zu nutzen weiß und bei den Vorwürfen, etwas Falsches zu tun, herzlich lacht. Ein mit Lachern, Blüten und Blicken ausstaffierter Abgrund.
Dienstag 19.12.
großartig –
Die Liebesgeschichte zwischen Musiker Ned (Vincent Lindon) und Literaturstudentin/-lehrerin Valentine (Sophie Marceau). Mitunter gibt es Verweise dahingehend, dass es die ROMEO & JULIA-Liebe im Grabenkampf von Ernst und Unterhaltung ist, viel basaler ist es jedoch die Liebe zwischen jemanden ohne Struktur, der sich zu einer solchen aufraffen müsste, und einer komplett Durchstrukturierten, die sich etwas Chaos gönnt. Und noch etwas basaler ist es der Kampf zwischen einer Frau, die umso mehr ihre Liebe fühlt, wenn Ned rücksichtslos in ihr Leben eingreift und wenn das ganz große Drama herrscht – ihr mündliches Abschlussexamen, in dem sie über Molière spricht und darüber, dass Liebende sich akzeptieren müssten, wie sie sind, wird zur theatralischen Aufführung der Gefühle –, und einem Mann, der dem verbissenen Blick einer jugendlich-erwachsenen, bitteren Marceau das Lächeln des Teenagers aus LA BOUM entlocken muss. Und vll. am basalsten: L’ÉTUDIANTE ist ein Film des Lippenbalsams, der die Lippen schützen soll und manche dabei zu albernen Figuren macht, der oft bedröppelten Lippen Lindons, die kraftlos alle Aggressivität von sich weißen, und den sinnlichen Lippen Marceaus, die nach Sex schreien und die sich manchmal für ein entwaffnendes Lächeln öffnen.
Montag 18.12.
großartig –
Ein Stresstest. Was als Komödie über eine junge Erwachsene beginnt, die ihren fordernden Verwandten nicht gestehen möchte, dass sie ziellos dahinlebt, und deshalb mit fadenscheinige Lügen um sich wirft, entwickelt sich fortlaufend zum Horrorfilm sozialer Beklemmungen auf einer – im weitesten Sinne – Familienfeier. Das Drehbuch orchestriert die gleichbleibend anziehende Eskalation wohltemperiert und Seligman inszeniert im Gegensatz zu BOTTOMS fast durchgängig mit Schnitt und Gegenschnitt, weshalb SHIVA BABY eine einzige Konfrontation ist. Dazu noch eine schöne Farbdramaturgie und fertig ist der Film, nachdem wir uns nur noch mehr darauf freuen, die unseren bald mal wieder in einem großen Kreis zu treffen.
Sonntag 17.12.
gut
Die Synchronstimme Richard Burtons ist die eines zarten Jungen. Es irritierte mich den ganzen Film. Dafür ist schön, dass Koster und Leon Shamroy (Kamera) sofort das neue Cinemascope-Format als Medium liegender Personen erkennen … und auch Jay Robinson als Caligula, dem sein Lorbeerkranz so aufgesetzt ist, dass es aussieht als habe er Hörner, und der seine Rolle als die eines teuflischen Kaspers spielt.
großartig –
Statt zu kehren putzt der Zen-Buddhismus bei Wim Wenders das Klo, was einen erstaunlich schönen Film ergibt. Mehr dazu beim Perlentaucher.
Leider habe ich dort meinen Lieblingsmoment nicht unterbringen können, als im Bad einer der anderen Badegäste von einem dieser Hocker aufsteht, dieser im ersten Moment an seinem Po kleben bleibt und nach ein paar Zentimeter auf den Boden zurückfällt. Ein zutiefst menschlicher Moment.
Außerdem wäre ein Double Feature mit Finchers THE KILLER imho bereichernd, gerade mit Perspektive darauf, wo und wie die Profis des Films an sich scheitern und wo und wie sie mit sich im Reinen sind.
Sonnabend 16.12.
großartig +
In einem Haus ist ein Schlüssel versteckt, Frauen üben für ein Theaterstück, Männer sind Eindringlinge, am Ende befanden wir uns mitten in einem politischen Skandal, vll. aber auch nicht, vll. ging es um Geister, Leute reden, versuchen klar zu kommen, zu lieben, sie existieren, scheitern, ein Film von Jacques Rivette.
fantastisch
ALL THAT HEAVEN ALLOWS war der erste Film, den ich jemals von Douglas Sirk gesehen hatte. Natürlich wegen ANGST ESSEN SEELE geschaut … passenderweise im Fernsehen … und ich war sehr enttäuscht. Öde erschien er mir und schwerfällig … nicht nur im Vergleich zu Fassbinders Film. Als ich etwas tiefer in der Materie stack und ihn mit Originalton anschaute, gefiel er mir schon besser. Jetzt, für mich völlig überraschend, haben mich die feurigen Herbstfarben, das schmierige Drama über Klassenzugehörigkeit, Rock Hudsons Stimme, William Reynolds Darstellung als Arschlochkind, die Verkitschung der Beatniks – Jane Wyman möchte quasi Teil eines Jack Kerouac-Figurenensembles werden – und die bitterböse, intensive Zuspitzung des Melodramas völlig weggeblasen. ALL THAT HEAVEN ALLOWS, ein Geschenk des Himmels.
gut +
Bestes Detail: Wenn bei den Kämpfen in der Schule Leute gegen die Wände fliegen, dann brechen sie durch eine dünne Pappwand und prallen erst nach mehreren Zentimetern gegen die nun sichtbar werdenden unverputzten Mauer.
Freitag 15.12.
großartig
Ein Prinz der Manchu-Dynastie möchte nichts mit der verkommenen Politik des Kaiserhauses zu tun haben, weshalb er flieht, um sich mit Kunst und so zu beschäftigen. Dabei liest er einen Dieb auf, treibt Spiele mit ihm, bildet ihn aus und beide versuchen, den Anschlägen auf das Leben des Prinzen zu entkommen. Eine dünne Geschichte mit einem Törichten, der Törichtes tut, und einem Edlen, der Edles tut. Sie ist aber auch nur da, um von Set Piece zu Set Piece zu führen. Und was für Set Pieces das sind. Bewegung als hohe Kunst. Martial Arts als Musical, dessen Musik die Geräusche aufeinandertreffender Körper sind. Das Kino Lau Kar-Leungs auf seine Essenz heruntergekocht.
großartig –
Die Geschichte weicht zunehmend von der Serie ab, wird begradigt und dramaturgisch zugespitzt. Bibelreferenzen – eigentlich nur Begriffe wie die Rollen vom Toten Meer, Apokryphen, Nebukadnezar – werden arbiträr reingeworfen. NERV, die willfährigen Auslöser der Apokalypse, werden so zu Phrasen dreschenden Ignoranten gemacht. Und optisch wird es gerade im Finale bunter, prächtiger und surrealer. Es bleibt ein Erlebnis.
Donnerstag 14.12.
fantastisch –
Lange Zeit hatte ich mich kaum noch für die Filme Jacques Rivettes interessiert. NOROÎT und LE PONT DU NORD dürften in den letzten 15 Jahren die einzigen seiner Werke gewesen sein, die ich erstmals gesehen habe. Während NOROÎT mir im März 2018 sehr gefallen hatte, folgte diesen Herbst eine eher ernüchternde Sichtung. Bei LE PONT DU NORD war es umgekehrt. Im März 2016 hatte mir dieser paranoide Schlangen-&-Leiter-Thriller schon gefallen, aber eher weil er nachwirkte. Direkt beim Sehen war ich ratlos geblieben. Dem damaligen Eintrag im Sehtagebuch ist es zu entnehmen, denn fast alles, was da steht, ist falsch und gibt nur mein Unverständnis wieder. Denn selbstredend besitzt LE PONT DU NORD eine klare Strategie mit seinen Handlungsorten und ist mitnichten opaker Quatsch, der nicht verstanden werden möchte, wie dort nahegelegt wird.
Unsere Protagonisten wandern durch Paris. Es sind mal wieder zwei Frauen … was wahrscheinlich einer der Gründe ist, warum ich Rivettes Kino (nun doch) sehr mag und warum ich etwas mit LA BELLE NOISEUSE hadere. Seine Filme sind schlicht sehr unpimmelig. Kaum gibt es Machos, kaum Attitüden, keine Coolness, oft sind Frauen die Protagonisten. Ihre Verspieltheit ist kindisch, peinlich und ohne große Gesten. Ein wenig ist Rivettes Kino deshalb wie das Jodorowskys, nur ohne die permanent ausgestellten dicken Eier. Was sich vll. anhört, als würde da nichts übrigbleiben, ergibt aber eine ganz hervorragende Filmographie.
Aber zurück zu unseren Frauen und dem Paris, durch das sie sich bewegen. Die Stadt der Liebe ist hier nur Stadt. Rückzugsmöglichkeiten werden den beiden vorenthalten. Keine Wohnungen. Keine Hotelzimmer. Keine Innenräume. Selbst der Bäcker muss die Croissants an die Tür bringen. Sie laufen folglich durch Straßen, gehen Treppen hoch, schlafen auf Bänken, durchsuchen Baustellen oder sitzen in Fabrikruinen. Ihre Existenz wird damit über drei Ebenen bestimmt. In der Weite der Plätze, Straßen und Dächer sind sie ausgeliefert … für Blicke und Verfolgung. Die Treppen sind dezidiert von Mauern umgeben und führen nicht aus der Enge der Straßenzüge hinaus. Die beiden sind durchgehend Insassen eines dezenten Gefängnisses, eines Labyrinths. Und den Ruinen und Baustellen ist der Wandel eingeschrieben, die Unsicherheit, die Chance, aber eben auch die Geworfenheit in eine Welt, die sich herzlich wenig für Einzelschicksale interessiert, sondern die ihren Weg geht.
Marie (Bulle Ogier) wurde gerade aus dem Gefängnis entlassen. Sie möchte sich nicht mit der Vergangenheit befassen, sie hofft auf die Zukunft … und auf Ruhe, wenn sie sich raushält. Sie hofft auf einen Mann, mit dem sie sich zuweilen trifft, wobei es stets mehr nach einer Übergabe aussieht und nicht wie romantisches Tête-à-Tête. Der Mann wirkt auch zunehmend wie ein Charakter aus einem Hard Boiled-Noir – durch seine Kleider, durch sein Verhalten. Baptiste (Pascale Ogier, die Tochter von Bulle) ist ganz Gegenwart, nichts wird an ihre Vergangenheit gewahren oder auf eine Zukunft weisen. Blicken – von Statuen, Reklamen, Männern – stellt sie sich mit aus Filmen erlerntem Kung-Fu oder einem Messer entgegen. Wie eine moderne Donna Quijote kämpft sie gegen die Drachen ihrer Welt. Vor allem ist sie aber paranoid und behauptet, dass alle Ort, alle Menschen überwacht werden.
Baptiste erkennt, dass Marie bzw. ihr Freund verfolgt wird. Dass verschiedene Parteien – Gangster? Terroristen? Staatsgewalt? Geheimgesellschaften? – eine Aktentasche jagen, die mit einem roten Bindfaden umschnürt ist. Und alles hängt mit einem Spielplan des Gänsespiels zusammenhängt, der über die Karte von Paris gehalten wird. An bestimmten Stellen der Stadt könnte es Hinweise geben, Stationen, die überwunden werden müssen, Leitern, die einen weiterbringen … wenn es nicht einfach nur paranoide Gespinste sein sollten.
Rivette verwehrt sich dabei – wie immer – einem Suspense-Thriller, aber auch einem bedeutungsschwangeren Kunstfilm, dessen Motive zu einer klaren Botschaft führen. Seinem Symbolismus fehlen zudem Pracht und Ernst, weshalb es hier um feuerspeiende Rutschen geht, um Spinnennetze, die mittels eines Schleifgeräts Leute fangen und in einen ewigen Schlag versetzen, zuvorderst aber um zwei Frauen, die sich in einer Stadt voller Hinweise befinden, die kein klares Bild mehr ergeben. Es ist Pynchon, nur deutlich mehr Lo-Fi. Zwei Frauen, die in einer kalten Stadt, deren Schönheit abweisend und flüchtig bleibt, nach Halt suchen. Weshalb dieser aus der Welt und Zeit gefallene Film, doch persönlich von Europa im Jahre 1981 erzählt, von der Zeit des Punks und New Waves, des abebbenden linken Terrorismus und den Nachwehen eines gescheiterten Kampfes für eine bessere Welt. Und von der Grazie im Moment zu verweilen und einfach nur Bilder und Töne hinzunehmen.
Mittwoch 13.12.
großartig
Rob Schneider, der zu Marvin Gayes LET’S GET IT ON mit seinem Verlangen kämpft, eine läufige Ziege zu begatten, wobei der Arsch des Tiers entsprechend pornös eingefangen wird, mehr braucht es nicht, um mich zu beglücken. Die Story ist zwar schlampig zusammengeschustert, die Gags um einen Außenseiter, der nach einer Operation halb Tier, halb Mensch ist, sind aber durchgängig ultra.
Dienstag 12.12.
ok +
Gerade kurz nach THE PARTY ist doch erschreckend, wie wenig hier die Klopapierrolle rollt. Heißt: der Slapstick um Inspektor Clouseau (Peter Sellers) wird ohne größere (optische) Ideen betrieben und fast schon lustlos runtergespult. Und im Gegensatz zu THE PINK PANTHER gibt es auch keinen Starcast, der alles trägt, was außerhalb Clouseaus liegt. George Sanders beispielsweise wird von der Billardszene abgesehen gar nicht genutzt. Was für ein toller Straight Man er hätte sein können. Wo THE PARTY beim nun wiederholten Versuch die Erleuchtung brachte, taste ich mich hier bei der Suche nach Attraktionen weiterhin durchs Dunkel.
Montag 11.12.
ok
Opa (Robert De Niro) und Enkel befinden sich im Krieg um ein Zimmer im Haus, der nach und nach alles zerstört, was ihnen lieb ist. Schön ist einerseits, wie der Film es schafft, zwei Ebenen aufzubauen, die des Kriegs und die der Zuneigung. Denn obwohl die Auseinandersetzung bis aufs Blut geführt wird, bleibt doch die Liebe zwischen Opa und Enkel erhalten. In jeweils anderen Zusammenhängen handeln die beiden eben jeweils anders. Und dieser Wechsel ist durchaus spannend. Andererseits ist genau dieser Umstand der Hemmschuh, der einer richtigen Eskalation im Weg steht und die Stimmung nie zu einem hemmungslosen Spaß umkippen lässt. Gleichzeitig lässt dies das Wohlfühlelement schal erscheinen, weil nie die Gefahr besteht, dass die Liebe verschüttgehen könnte. Und überhaupt ist sehr viel sehr lauwarm. Nur Christopher Walken ist wie immer eine Bank.
Sonntag 10.12.
nichtssagend
Ich mochte die Songs nicht. Die wenigstens süß aussehenden Tier- und Stern-Sidekicks der Hauptfigur waren verschenkt. Die doch ansehnliche Optik der Hintergründe und der Oberflächen wurde von einer Billo-Animation zunichtegemacht, deren Problem vor allem war, dass die Gesichter der Nebenfiguren Emotionen so gut wie nach einer Botoxbehandlung kommunizieren konnten. Und die Geschichte war zwar angenehm schnickschnacklos, aber auch eher auf der trüben Seite. Nichts gewagt, nichts gewonnen.
gut +
Zuweilen ist es schon sehr nah an DINNER FOR ONE. Die Unfälle und Missverständnisse sind sehr gewollt herbeigeführt. Um die Lacher wird Witz komm raus gerungen. Aber einige Einfälle wie die sich abrollende Klopapierrolle und der immer sich ans andere Ende der Villa gerettet habende Chaosstifter Peter Sellers sind schon Kino für die Ewigkeit. Je mehr die Party im Chaos untergeht, desto gelöster agiert der Film zudem. Blake Edwards völlig entspannt beobachtende Inszenierung ist sehr angenehm. Und überhaupt ist dies ein Monument des Gefühls, nicht zugehörig zu sein, und gerade darin ein brutaler Spaß. Während ich dies vor vielen Jahren abbrach, weil ich es nicht ertragen habe, konnte ich dieses Mal seine Vorzüge doch erkennen.
großartig –
In einer Folge von CONAN O’BRIEN NEEDS A FRIEND spricht Conan mit jemanden darüber, dass Costello mehr verdient hat als Abbott, was ein völlig falsches Konzept wäre, weil die Leute ja nicht da sind, weil sie den Straight Man sehen wollen. Tatsächlich hat mir THE PARTY beim zweiten Durchlauf nun noch besser gefallen, weil die oft etwas hölzern aufgebauten Slapstickeinlagen in den Hintergrund rückten und ich viel mehr genießen konnte, wie Stephen Liss als Hausherr Geoffrey Clutterbuck stoisch dasitzt und gerade so noch erträgt. Oder wie Peter Sellers nach dem Slapstick um Contenance ringt und gerne der Straight Man wäre, der nicht weiter auffällt.
Sonnabend 09.12.
großartig
Weil ich Lotti Z. (7 Jahre) immer mal vom eiskalten Händchen und Vetter It erzähle, wollte ich ihr die Addams Family zeigen. Sie hatte zuweilen viel Spaß. Das Problem wurde aber deutlich als Wednesday und ihr Verehrer im Ferienlager, in dem es um Kuscheln und gute Laune geht, in eine Hütte voller Kuscheltiere gesperrt werden, wo sie Disney-Filme schauen müssen. Für Lotti war schwer zu verstehen, dass alles was ihr Spaß macht, plötzlich eine Qual sein soll.
(großartig)
Nach zwei Stunden und fünf Minuten hielt das Bild an. Mehrere Versuche auf zwei Playern ergaben, dass die DVD defekt war, womit ich nun für ein paar Wochen auf dem Trockenen sitze und nicht weiß, wie die letzten zwanzig Minuten aussehen werden. Damals zum Kinostart 2003 hatte ich DIE GESCHICHTE VON MARIE UND JULIEN schon gesehen und auch bei der ersten TV-Ausstrahlung. Nun stellte sich meine Erinnerung aber als trügerisch heraus, weshalb ich nicht mehr an das hochromantische Ende glauben kann, das mir vorschwebente, als ich den Film einlegte. Über die Jahre hatte DIE GESCHICHTE VON MARIE UND JULIEN in meinem Kopf irgendwie ein Amalgam mit A CHINESE GHOST STORY gebildet. Nun war der Film aber viel spröder. Viel mehr ein klassischer Rivette-Film, der nur soweit an seine Entstehungszeit angepasst ist, dass er nicht noch mehr aus der Zeit gefallen wirkt, als es seine Werke eh schon immer waren. (Außer vll. PARIS GEHÖRT UNS.)
Es gibt Treffen, die auf einen Noir-Krimi weisen, Echos aus der Zeit, die sich in Häusern materialisieren, Geister und seltsame Regel(haftigkeite)n. Alles ist wie gehabt. Nur das die Geschichte eigentlich schon in den 1970ern produziert hätte werden sollen, finde ich überraschend. Es geht um Uhren und deren Mechanik sowie Liebesbeziehungen, die sich zuvor nicht ergaben, sich nach der verpassten Chance nun aber doch noch vollziehen, und die damit einhergehende Reue über eingeschlagene Lebenswege. Dies ist das Werk von Leuten, die das Ende spüren und Bilanz ziehen, die aber nicht stillstehen, sondern einfach nur noch ein Abenteuer erleben. Dies ist ein Spätwerk und nichts aus der Mitte einer Karriere.
Freitag 08.12.
großartig –
Natürlich, wenn schon damit begonnen wurde, das Ende der Serie nochmal in Filmen alternativ zu gestalten, müssen irgendwann auch noch die Filme entstehen, in denen alles nochmal neu aufgeworfen wird. Und weil die alten Zeichnungen der Serien nicht mehr brauchbar waren, blieb es nicht beim Umschneiden. Stattdessen musste alles neu gemacht werden. NEON GENESIS EVANGELION ist die ultimative Versinnbildlichung von Work in Progress, von etwas, das einen nicht loslässt. Optisch ist EVANGTELION nun etwas glatter als zuvor, erzählerisch aufgeräumter. Unklarheiten werden versucht zu beseitigen und es soll alles eindeutiger werden, ohne klar und eindeutig zu sein. Es ist schon ein wenig traurig zuzusehen, wie die Kanten abgeschliffen werden und wie entrümpelt wird, aber es ist eben auch faszinierend sich das schon wieder anzutun und dabei zuzusehen wie vll. etwas Kohärentes entsteht.
gut –
Edward Furlong durch Nick Stahl in der Rolle des John Connor auszutauschen, sagt eigentlich alles über diesen Film. Eine Kopie von T2, in der alles irgendwie kleiner, unbeholfener, berechnender, trüber wirkt … und leider nie drüber. Ein paar nette Sprich zu der Hand-Witze, eine tolle Autoverfolgungsjagd und das allgemeine Leiden daran, im Schatten einer großen Verheißung und zweier Meisterwerke zu stehen, … und das war es irgendwie auch schon.
Donnerstag 07.12.
ok +
Der Film eines Regisseurs, der mal was etwas anderes machen möchte, sich aber einfach nicht von seinen bisherigen Erfolgen lösen kann. Mehr dazu bei critic.de.
Mittwoch 06.12.
ok +
Ein Film, in dem ein Mann getötet werden soll, in dem er dergestalt an einen penisförmigen, gut gefetteten Pfahl gebunden wird, dass seine Arme und Beine diesen umschließen und dass er ohne Chance auf festen Halt langsam mit seinem Damm Richtung eines in den Boden gerammten Speers rutscht, kann eigentlich nicht schlecht sein. Aber aus Gründen fokussiert sich SORCERESS auf die Geschichte von weiblichen Barbarenzwillingen (Leigh & Lynette Harris), deren einziger Witz darin liegt, dass sie nicht wissen, was der Unterschied zwischen Mann und Frau ist, und dass sie es selbstredend völlig schmierig lernen müssen. Ein heruntergekommenes Epos von Arschlöchern und Haudegen wissen sie aber nicht zu tragen. Bzw. wissen Regie wie Drehbuch (Jim Wynorski) kaum etwas mit ihnen anzufangen, weshalb sich die Highlights des Films wie kurze, sich schnell verflüchtigende Gäste in trostlosem Terrain anfühlen.
Dienstag 05.12.
großartig +
Regen, Pfützen, Schlamm, Müll, Überreste, abgetrennte linke Hände, ein Serienmörder, der Frauenleiber (eben ohne linke Hand) an den Lebenslinien der Stadt (der S-Bahn) entsorgt, Karrieren, die zu Ende gegangen sind und die zu scheitern drohen, Ehen, die nebenher kaputt gehen, Leben in Sackgassen, Schuld, die ohne Hoffnung auf Ablass den Schuldner wie den Schuldigen zerfrisst und körperlich zerstört: Hongkong (unter chinesischer Herrschaft) als stählern-schwarzweißes Fegefeuer, dass nicht reinigt, sondern zersetzt und konsumiert. Ein trostloser Klotz von einem Film.
Montag 04.12.
verstrahlt –
Eine junge Frau (Katja Woywood als Anja) wird regelmäßig von ihrem Vater (Franjo Marincic) missbraucht. Und jeder im Wohnhaus und den Kneipen weiß, was los ist, sobald jener betrunken ist. Aber niemand unternimmt etwas. Und da die Serie in ihrer späten Phase sowas schon gar nicht mehr nicht komplett seltsam und außerirdisch zu erzählen weiß, wird Anja nicht nur zwischen eine passive Mutter (Irene Clarin), deren Handlungsstrategie bestenfalls darin besteht, sich und ihre Kinder (vergeblich) unsichtbar machen zu wollen, und einem Vater ohne sichtbare innere soziale Schranken (Marinic als aggressives Torkeln durch sein Umfeld) zu stecken. Stattdessen wird sie auch noch gefunden … von einem Snob (Daniel Friedrich), der es sich zum Hobby macht, ihr einen Unterschlupf zu bieten und etwas zu machen, dass zwischen anthropologischer Studie und sanfter Übergriffigkeit steht. Regierückkehrer Haugk muss so gar nicht mehr stilistisch eskalieren, damit wir eine jenseitige Folge erhalten.
Sonntag 03.12.
ok
In einem Kinosaal mit Kindern und guter Laune wiegt der ab und zu garstige Pups- und Kackahumor dann doch die Optik und das übermäßig Nette auf – etwas. Vll. war das aber auch nur die erste Sichtung, nachdem ich die Teile drei bis fünf gesehen habe und nun weiß, wie schlimm es werden kann.
großartig –
Ein Film über lesbische Liebe und den zarten Biss in die Brüste der Frauen, während den Männern die Kehle brutal zerrissen wird. Bzw. lesbische Liebe, die wie eine Epidemie das Frauenvolk befällt und von durchtriebenen Hintermännern gestreut wird. Oder ein Film, in dem ein Doktor einer toten jungen Frau voller Selbstverständnis und schamlos vor Vater und dem Verlobten die Brust freilegt, um zu prüfen, ob sie noch lebt. Tatsächlich grenzt THE VAMPIRE LOVERS an eine Geschichte von Edgar Allen Poe, bei der dieser ausnahmsweise sehr viel Wert auf die Busen der Welt legen würde.
Sonnabend 02.12.
gut
Fish out of water-Komödie, die im Grunde da ist, um ikonische Monster zu demütigen. Und als solche ist sie – vor allem nach der Unterraschung des vorherigen Teils – erstaunlich spritzig.
ok
Der Film zu einer Disneyland-Geisterbahn entspricht dann eben auch einer solchen. Jedenfalls bin ich noch keiner Geisterbahn begegnet, die gruselig wäre oder stimmungsvoll oder so. Stattdessen sind es mal mehr, mal weniger sympathisch zusammengeschusterte Rumpelkammern, die weniger an ihrer Qualität interessiert wären, sondern am schnellen Geld. Und im Gegensatz zu Minkoffs vorherigen Version ist dies zwar einen Tick hässlicher, dafür habe ich dem bemühten Ensemble, wenigstens ganz gern zuschaute.
nichtssagend
Das Design des Hauses ist wirklich sehr schön. Tausend Dinge, an denen das Augen hängen bleiben könnte. Die Frage ist nur, ob mich der Rest nicht so interessiert hat, weil die Räume so toll waren, oder war es vielmehr so, dass ich so oft auf die Räume geschaut habe, weil mich der Rest nicht interessierte.
Freitag 01.12.
großartig +
Wie bei NEON GENESIS EVANGELION geht es hier um einen Helden, der Skrupel hat, weil er sich beim Tun des Guten die Hände sehr, sehr blutig macht. Und moralische Diskussionen in etwas einzubringen, das so realitätsnah wie ein LOONY TUNES-Cartoon ist, ist selbstredend super und bestenfalls das Brainchild von Bugs Bunny. Anders als bei EVANGELION driftet das Ganze aber nicht in seelische, ästhetische oder symbolisch-überhöhte Klaustrophobie ab. Stattdessen reiht der Schnitt Pose an Pose, weshalb dies zum belebten Pop-Art-Panini-Sammelband wird, der aus einer niedlichen Filmreihe etwas seltsam Monumentales herausholt.
November
Donnerstag 30.11.
gut –
Dies ist ein ganz guter Film, der viel besser hätte sein können, wenn er etwas neugieriger den Blick hätte streifen lassen dürfen und nicht nur das gefunden hätte, was er finden sollte. Mehr dazu bei critic.de.
Mittwoch 29.11.
fantastisch +
Ein Film über kindischen Egoismus und die zerstörende Kraft, die es ist, das Richtige zu tun … bei dem Sirk die Herzlichkeit seiner Komödien wie HAS ANYBODY SEEN MY GAL? in ihr bitterböses Gegenteil wendet und mit dem Herzschmerz seiner Melodramen kreuzt. Das Ergebnis ist, dass ich ständig über die garstig inszenierte Bitterkeit lachte, während mir gleichzeitig das Herz brach.
Dienstag 28.11.
radioaktiv –
Eine vernachlässigte Hausfrau (Shannon Whirry) verlässt nur äußerst selten ihr Haus … beziehungsweise ihr Schlafzimmer. Dort träumt sie von Sex mit wechselnden Männern … bis sie ihren Traum für ihren Mann (Maxwell Caulfield) wahrmacht, den es erregt, wenn er nebenan sitzt und das Treiben im Schlafzimmer per Videokamera im Fernseher beobachtet. Aber von Erregung ist auch nicht viel zu sehen, da er – wie er nach dem Techtelmechtel mit seiner Frau gelangweilt sofort den Fernseher an- und eine Dose Bier aufmacht – auch hier zuschaut, wie jemand, der von einem anstrengenden Arbeitstag nach Hause kommt und sich vom Fernseher berieseln lässt. Am Rande gibt es noch einen Thriller um korrupte Politiker (Jan-Michael Vincent) und gefährliche Stripbarbesitzer (David Carradine) – No confusion about priorities here: 90 % softcore 10% thriller, schreibt Lukas F. auf letterboxd –, aber im Zentrum steht ein äußerst heruntergekommenes, delirantes Amalgam aus Fleischbeschau, schwülstiger Softsexfantasy und dessen zweifelnder, räudiger Infragestellung durch allumfassende Lustlosigkeit.
Montag 27.11.
ok +
Im Kern ein schöner Film über reiche Europäer, die sich nach Namibia zurückgezogen haben, um sich dort als Herrenmenschen sexuell zu befreien und sich in Dekadenz selbst zugrunde zurichten und zu quälen. Laura Gemsers Emanuelle betritt den Schauplatz, um die Herren ihre Machtlosigkeit spüren zu lassen. Sie versichert Gianni (Angelo Infanti), dass sie ihn wirklich liebe … nur um gleich darauf festzuhalten, dass sie nun wieder in den bereitstehenden Zug steigen muss, in dem sie wieder mit einer kompletten multinationalen Hockey-Mannschaft schlafen wird … weshalb Gianni nur ein trauriger Blick bleibt. In der Hand eines Regisseurs, der etwas mehr Sinn für die Gemeinheit der Geschichte gehabt hätte, wäre dies vll. verdienter Maßen der Klassiker, der er ist. Albertini geht aber lieber auf öde Safari und zeigt gelangweilt Tieraufnahmen aus dem Archiv oder wärmt lustlos etwas EMMANUELLE auf. Oder lässt die spaßigste Figur – einen Pseudo-Dalí – recht bald wieder verschwinden.
Sonntag 26.11.
ok
Ein sehr schnuckeliger Film, der uns anhält, die Mitteilungen von alten Männe… Reptilien wertzuschätzen, weil sie (in diesem Fall) sehr weise sind. Zuckersüß, aber die Witze waren so lahm wie der alte Leguan. Und schön war es auch nicht unbedingt anzusehen.
großartig
Während meiner Twens habe ich immer mal Serien wie DRAKE & JOSH oder iCARLY geschaut. Vor allem, weil ich mir keinen Reim darauf machen konnte. Sie waren weder witzig, kreativ, packend oder schön … und trotzdem nicht langweilig. Auf faszinierende Weise waren sie total egal. Und überhaupt wirkten sie auf mich, wie die ohne großen Aufwand nebenher gedrehten fiktiven Serien, die Leute in einer richtigen Serie schauen könnten. Wie die Karikaturen einer Serie. Vll. liegt in meiner Perplexität zu ihnen der Keim dazu, dass ich diese Post-Post-Moderne von BOTTOMS nun so wertschätzen kann.
Sonnabend 25.11.
gut +
Edouard Frenhofer (Michel Piccoli) ist Maler und anerkanntes Genie. Seit Jahren hat er aber kein Bild mehr gemalt. Woran das liegt, ist nicht schwer zu erraten, wenn er proklamiert, dass ein Bild (von ihm) ein Meisterwerk sein muss, ansonsten kann er es gleich lassen. Dass er verbraucht und ausgelaugt wirkt, liegt folglich weniger an seinem Alter als am Druck, dem er sich aussetzt und der Kreativität und Leichtigkeit ausgemergelt hat. Wenn ihm die Studien seiner neuen Muse (Emmanuelle Béart) nicht gefallen, verfällt er dann auch in esoterische Deklamationen. Er werde sie auseinandernehmen und neu zusammensetzen, die Wahrheit über sie werde er auf die Leinwand bannen, denn nur so würde Kunst lebendig sein. So oder so ähnlich schwadroniert er. Frenhofer und sein Umfeld ergehen sich in diesem abgehobenen Geniegestus.
Ausgangspunkt für Rivette und Fluchtpunkt seiner Erzählung ist ein dermaßen intensives Gemälde, das die, die es sehen, wie von einem Vorschlaghammer getroffen sind, und das der Künstler einmauert, um sich und seine Mitmenschen davor zu schützen. Ob es seine Wirkung hat, weil es so gut ist, so wahr, so ungeschönt, so lebendig oder weil es im Gegenteil so schlecht ist, bleibt der Phantasie des Zuschauers überlassen, der es nie zu sehen bekommt.
Je länger LA BELLE NOISEUSE dauert, desto mehr watet der Film durch das Leiden eines Künstlers, der kämpft … gegen die Angst vorm Gewöhnlichen, die Angst zu versagen. Er schleift und schleift an seinen Skizzen, Entwürfen und Ideen, um etwas Bedeutendes daraus zu machen. Der Film füllt sich mit Frust an, mit Leuten, die sich ihr dysfunktionales Zusammensein mit dem Kampf um ein Meisterwerk schönreden. Mit einem allgegenwärtigen Krampf, weil ein alter Mann auflebt, wenn er seinem Modell ungestört zwischen die Beine gucken kann, aber seine Obsession für nackte Frauenkörper erst gerechtfertigt sieht, wenn er in seinen Zeichnungen nackter Körper eine höhere Wahrheit erkennt.
Vll. schaffe ich es nicht den meist sehr schönen LA BELLE NOISEUSE vollkommen zu umarmen, weil er ganz anders, locker beginnt. Mit ausgedehnten Aufnahmen einer Hand, die mit Federhalter und Tusche gegen die widerspenstige Struktur des Papiers ankratzt – was vor allem die Tonspur intensiv dominiert. Und wenn es nicht kratzt, zirpt es laut aus dem nahen Hain. An Verdichtung herrscht jedenfalls kein Interesse, und dieses Verweilen in der Zeit finde ich nicht nur angenehmer, sondern es liegt Rivette auch mehr, dessen Kunst gerade im Prinzip des Trial and Errors liegt, in einer gewissen Lockerheit, der der Zwang zum Meisterwerk fremd scheint.
Oder anders: Rivette lässt Frenhofer drei (mehr oder weniger fertige) Bilder malen. Ein Hingerotztes, das er malt, damit er dem Kunsthändler etwas geben kann und mit dem er sich mit seinem Umfeld versöhnt, weil es egal ist. Dann eben das eine, das für uns verhangen bleibt und entweder die Schimäre eines lebensverändernden Meisterwerks darstellt oder das schlicht so Scheiße ist, dass es alle vom Glauben abfallen lässt.
Zuerst übermalte Frenhofer aber ein unvollendetes Gemälde seiner Lebensgefährtin (Jane Birkin) mit dem nackten Rücken und Hinterteil Béarts. Weil das Gesicht aber weiterhin an der Seite durchschien, stand deutlich in dem Bild, wie er seine Geliebte mit einem neuen, jungen Körper überschreiben wollte. Ihm gefiel es nicht, weshalb er dicke, rote Pinselstriche drüber schmierte und nichts mehr damit zu tun haben wollte. Dieses Bild ist keine hohe Wahrheit, lediglich der Künstler trifft sich damit – während das mögliche Meisterwerk sich aber nach außen richtet, gegen das Modell Beart, die er auseinandernehmen wollte.
Und vll. liegt darin mein Hadern mit LA BELLE NOISEUSE. Dass sich die Figuren des Films sich esoterischen Wahrheiten verschreiben, dass Rivette sie nicht einfängt, sondern ihren Wahn voll ausleben lässt, während die Wahrheit so klar vor ihnen stand … in Form eines unvollendeten, derben Kunstwerks, mit dem niemand etwas zu tun haben wollte. Weil niemand der Wahrheit ins Gesicht blicken wollte und stattdessen nach Universellem strebt. Weshalb der Film vll. viel düsterer war, als ich gern wahrhaben wollte, indem er das Leid dieser Figuren unausgesprochen vorführt.
uff
Vll. handelt es sich um eine Metadoku über einen Hobbyschrauber, dem es nicht darum geht, das beste Auto zu bauen, sondern der einfach Spaß am Werkeln hat. Weshalb der Film eben auch ein bisschen hingewerkelt ist und nicht versucht uns mit dem Schönen, Wahren und Guten zu behelligen. Oder halt doch beliebige 10 Minuten irgendwas.
großartig +
Ein warmer, sphärischer Soundtrack liegt über einer Familiengeschichte aus den 80er Jahren. Bilder aus dem Paris der Zeit nehmen als gemütliche Flächen zwischen der Erzählung Platz. Hers Film ist Nostalgie pur. Seine Erzählung ist dabei elliptisch und sanft. Die Konflikte der Figuren brechen nie aus, sondern ziehen im Hintergrund des Alltags dahin. Die Mutter (Charlotte Gainsbourg) muss mit einem Job Fuß fassen, nach dem ihr Mann sie sitzen gelassen hat. Ihre (zu Beginn fast) erwachsenen Kinder kämpfen mit der Selbstständigkeit, der Liebe oder einer Drogenabhängigkeit. Zu diesen Kindern gehört eine Obdachlose, die sie aufnimmt. Der Tenor ist aber Mitgefühl und Hilfsbereitschaft, ohne ein großes Thema daraus zu machen. Weshalb LES PASSAGERS DE LA NUIT einerseits Leute zeigt, die gerade so mit sich zurechtkommen, und andererseits, dass überstandene Depressionen im Rückspiegel mittels etwas Nostalgie doch wieder ganz warm erscheinen können.
*****
Ein interessanter Zufall ist, dass ich nach LA BELLE NOUSEUSE einen Film schaute, in dem Rivette in einer der Bilder der Vergangenheit zu sehen ist, seine vorherige Hauptdarstellerin hier eine Nebenrolle spielt und die Tochter einer zentralen Nebendarstellerin nun die Hauptfigur darstellt.
uff –
Filme machen, die zeigen sollen, dass man auf der richtigen Seite steht, sind nie eine gute Idee. Wenn dabei auch noch eine minikleine Idee unendlich totgeritten wird, dann grenzt es, wie hier, am Unaushaltbaren.
Freitag 24.11.
ok
Vieles aus OLD DADS kennen wir aus Bill Burrs Stand-Up-Material und es wirkt mehr schlecht als recht aufgewärmt. Faszinierenderweise sind es seine Rants, die eins zu eins übernommen sind und doch völlig blutleer bleiben. Burr fehlt zuweilen die wirkliche Wut, da er mit dem Versuch zu kämpfen hat, als Schauspieler eine gute Figur zu machen. Als satirische Dystopie einer Gesellschaft in der die Angst davor, kritisiert zu werden, gesiegt hat, und der Wille, verletzungsfrei zu leben, ein schriller Käfig geworden ist, ist OLD DADS zuweilen ziemlich gut. Am besten ist er aber, wenn Bill Burr nicht die Guten und die Bösen porträtiert, sondern zum Kern seiner Witze vordringt, der darin liegt, dass er um seine Psychotik weiß und mit sich selbst sichtlich epische Kämpfe austragen muss.
großartig
Für critic.de habe ich einen Text geschrieben, in dem ich mich, glaube ich, als Gen-Z-Versteher aufspiele. Ich hoffe, es ist nicht allzu schlimm.
Donnerstag 23.11.
verstrahlt +
Bei critic.de habe ich ziemlich viel geschrieben, aber eigentlich lässt es sich auf einen kleinen Nenner zusammenfassen: Vollkommen überlebte Dekadenz. Toll.
Mittwoch 22.11.
fantastisch
Manchmal braucht es nicht eine Frau und eine Pistole, um einen Film zu machen, sondern ein kantiges Gesicht, dass seine Trauer schluckt, einen Aufschneider, der gegen die innere Leere anplappert und das Röhren von Motoren.
Dienstag 21.11.
großartig
Hauptdarstellerin Tomite Ami erzählt im Interview auf der blu-ray, dass sie nur einmal einen Roman Porno gesehen hat und das auch nur, weil sie nicht wusste, dass es sich um einen handelt. In Vorbereitung auf den Film habe sie sich auch nicht weitere angeschaut, weil sich ANTIPORNO absetzen und sich gegen die Roman Pornos wenden wollte. Und das war auch das Erste, was ich zu Sonos Film hörte. Dass er die Drehbedingungen und das Wesen der Roman Pornos in Frage stellen würde.
Tatsächlich haben wir sehr offenabr mit einem Teil des Reboot-Projekts zu tun, und die Handschrift Sonos ist auch zu erkennen. Spirch: sichtlich ist dies kein klassischer Roman Porno. Und doch, inerhalb der weiten Grenzen des Genres handelt es sich doch um ein gängiges Exemplar. Alle 5-10 Minuten gibt es Sex oder nackte Tatsachen. Darüberhinaus hat der Regisseur freie Hand, die er hier durchaus kreativ nutzt. Aber aus dem Rahmen fällt es sowenig, wie es sich auch nicht als Anti-Porno offenbart.
Mit seinen erzählerischen Haken, seiner grellen Pop-Art-Optik und seiner unübersehbaren Konzepthaftigkeit funktioniert ANTIPORNO nur bedingt – bis gar nicht – als Meta-Film bzgl. moralischer, sozialer oder ästhetischer Fragen zu Erotik- und Sexfilmen. Stattdessen: ein konzentriertes Testament des Nervenzusammenbruchs einer Frau, die zwischen den ihr angebotenen Rollen als Bitch, Hure, unschuldiges Mädchens uswusf., zwischen all den widersprüchlichen Internalisierungen zerrieben wird. Weshalb die Haken – Tomites Figur wechselt minütlich ihre Persönlichkeit; mal wird offenbart, dass wir einem Filmdreh beiwohnen, dann scheint es nur Einbildung gewesen zu sein – nicht Teil eines thematischen Meta-Konzepts sind, sondern Ausdruck eines zutiefst gespaltenen Persönlichkeitsentwurfs. Und als solches ist ANTIPORNO eben zutiefst berührend.
Montag 20.11.
großartig +
DIE LIEBE AM BODEN müsste der deutsche Titel eigentlich lauten. Erzählt wird ein Liebesdrama, in dem sich diverse Paarbeziehungen ergeben, von denen aber keine ins Glück führt, da menschliche Nähe hier stets Schiffbruch erleidet. Das ist aber zu keiner Zeit ein Grund den Kopf hängen zu lassen. Aufstehen, abputzen, weitermachen. Weiter mit dem Spiel über das Wiederholen der gleichen Fehler, dem Spiel mit Identitäten und den (Un-)Möglichkeiten eines Ausbruchs aus den eigenen Mustern.
Wieder verschlägt es zwei Frauen (Geraldine Chaplin & Jane Birkin) in ein Haunted House. Anders als in CÉLINE ET JULIE VONT EN BATEAU gibt es aber so gut wie kein Außen. Stattdessen offenbaren sich in dem Haus Echos der Vergangenheit und der Zukunft, in denen Chaplin und Birkin sich jeweils wiedererkennen. Es gibt herein und heraus schwingende Klangteppiche, durchs Schlüsselloch beobachte Ein-Mann-Seancen kompletter Weltvergessenheit sowie etwas Klassenfahrtfeeling. Kino und Theater sind dabei keine Orte mehr, zu denen gegangen wird, sondern etwas, dass sich in einem einnistet hat und überhaupt nur Ausdruck dessen ist, dass wir uns selbst anders vorstellen können, diese Vorstellungen aber in der Realität nicht zwangsläufig umsetzen können, wenn und wie wir es wollen.
Jacques Rivette zeigt hier einmal mehr, dass er der uncoolste Supernerd der Nouvelle Vague war und ist. Der aber auch – anders als Godard – nie sichtlich vom Kino enttäuscht war und der sich seine Verspieltheit auch in den 80ern bewahrt hat. Der trotz dem Umstand, dass seine Filme lang und langweilig sind, nie Strenge hat walten lassen. Der hier bunte Bilder präsentiert, bunte Charaktere und jede Verkopfung locker aus der Hüfte schießt. Der Tristesse und Lust verbindet. Der vll. doch die Krone der Nouvelle Vague ist.
Sonntag 19.11.
gut –
Die guten Monster sehen knuffig aus und die bösen schrecklich … in einem Film, der uns erzählt, dass wir nicht nach den Oberflächen urteilen sollen. Was nicht für oder gegen den Film spricht, aber einer gewissen Ironie nicht entbehrt.
uff
Bei Wikipedia steht geschrieben: Humor ist die Begabung eines Menschen, der Unzulänglichkeit der Welt und der Menschen, den alltäglichen Schwierigkeiten und Missgeschicken mit heiterer Gelassenheit zu begegnen. Diese engere Auffassung ist in der sprichwörtlichen Wendung Humor ist, wenn man trotzdem lacht ausgedrückt, die dem Schriftsteller Otto Julius Bierbaum (1865–1910) zugeschrieben wird. Ich möchte deshalb nachdrücklich zu Ausdruck bringen: Haha.
gut –
Farang ist der thailändische Begriff für westliche Ausländer, der sich vom persischen Wort für Franken ableitet, da persische Händler beim ersten Auftauchen westlicher Schiffe schon vor Ort waren und ob Portugiesen, Spanier oder Engländer, es war eh alles eins. Etwas Weltgeschichte steckt im Namen, im Film aber nicht. Mehr dazu bei critic.de.
Sonnabend 18.11.
nichtssagend
So schön es ist, dass hier zwei männliche Protagonisten ein Paar sind und dass dies nicht verklausuliert ist, sondern das Kuscheln und Küssen einfach passiert, so nervt es doch, wie sehr der ganze Film um diesen Fakt aufgebaut ist. Die Handlung, die Symbolik, die lässig-coole Inszenierung, alles ist genau auf diesen Umstand und seine unzweideutige Unterstreichung ausgerichtet. NIMONA, so beklemmend gerade die Wiederstände aus der Mitte der Gesellschaft dargestellt werden, kommuniziert vor allem, wie geil sich die Macher finden, weil sie schwule Liebe in einem Mainstreamfilm packen. Mehr Virtue Signaling, das ein ganzes Repertoire von süßen Manga-Augen besitzt, als eine spannende Geschichte oder ein toller Film.
nichtssagend
Wahllose Formen vor einem schwarzen Hintergrund, die schweben und sich umkreisen. Dazu Fetzen von Statements eines Musikensembles, die den Konflikt zwischen Individualität und Zusammenspiel umkreisen. Zumindest die freudsche Dimension, als die Banane durch die Acht glitt, war sehr erhellend.
ok
Bermbach, der 1959 wegen seines Schwulseins zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, ist ein spannendes Sujet. Das Problem ist, dass diese kurze Doku, wenn sie beispielsweise kein Bildmaterial hat, irgendwas zeigt. Irgendwelche Postautos und Briefkästen in englischen Straßen, wenn es um Briefe aus London geht. Irgendein über München startendes Flugzeug, wenn es um ein damals in München startendes Flugzeug geht. Es wirkt zuweilen einfach etwas lustlos.
nichtssagend
Ein ernster Aufbau arbeitet auf einen herzensguten, wie albernen Twist hin. Nichtsdestotrotz ist dies im Endeffekt ein Werbespot, der einem etwas menschliche Wärme andrehen möchte.
Freitag 17.11.
ok
Ein schöner Film über das Leben in einer Großfamilie, aus Sicht der einen Person, auf der jeder seinen Müll ablädt – dargestellt innerhalb des Milieus einer Theaterproduktion, dargestellt als sanfter audiovisueller Stresstest. Leider aber auch ein Film, dem mehr Reduktion guttun würde, mehr Vertrauen in die eigene stumme Eskalation, in seine Bilder und Darsteller. Ein Film, der zu viel Plot und überdeutlichen Off-Kommentar ansammelt. Die Social Media-Lehrstunde ist witzig, wie das Ende ungelenk ist.
verstrahlt
Diese Episode umkreist die Themen Nachdenken und Dummheit und lässt sich gerade die Leute an diesen Begrifflichkeiten verbrennen, die sie mantraartig von sich geben. Immer wieder breitet die Folge esoterisches Geschwurbel aus und gibt verlorenen Blicken Platz – wie die vom Hauptdarsteller, der ganz offensichtlich in einen betrügerischen Puff gelockt wurde, aber bis zum Ende der Folge Liebe und Freundschaft darin erkennt, weil ihm, wie er mehr oder weniger selbst sagt, Denken wehtut. Er, ein Millionenerbe, verfängt sich in GESANG DER NACHTVÖGEL im Griff einer Sekte der Gier, die nur weiterführt, was der Vater vorlebte, wenn er kaum anwesend war, weil es Geld zu scheffeln galt. Es beginnt in einer Disco mit pornösen Animationen auf den Röhrenbildschirmen und wird zusehends eine hochromantische, schwammige Angelegenheit, in der Ahnungslose sich ein Bild von ihrer Welt zu machen versuchen. Die Figuren als auch das Drehbuch von Reinecker, das DERRICK-Regiedebütant Wigbert Wicker in eine so verlorene, trist-romantische Form packt, dass dies keine Folge über seine Akteure wird, sondern eine, die ihnen entspricht. Jenseitig.
großartig –
Die erste Stunde ist eine eruptive Komödie, die keine Gefangenen nimmt. Einmal als ZAZ-artige Agentenkomödie, die sich in den Nahostkonflikt stürzt, als wäre es eine Hüpfburg – wobei trotzdem wie nebenher das ziemlich treffende Argument angebracht wird, dass Israel nur auf Bomben verzichten könne, wenn es den Zohan (Adam Sandler) in der Hinterhand hätte –, einmal als delirante Hillbilly-Farce, in der ein Hinterwäldler älteren Damen gibt, was sie verlangen: ehemals hippe Frisuren und das Gefühl begehrt zu sein, beides auf die pornöseste mögliche Weise dargebracht. Wenn ZOHAN nach etwa einer Stunde langsam umbricht und plötzlich ernsthafte Ziele zu verfolgen beginnt – eine Romeo-und-Julia-Liebe sowie die Versöhnung mit Terroristen, die just noch nach der Auslöschung Israels trachteten – dann findet der Film noch jeweils eine Pointe dafür – Zohan wird durch die Liebe für alle anderen Frauen impotent, und Juden und Palästinenser vereinen sich gegen den äußeren Feind, die US-amerikanischen Rednecks. Darüber hinaus verliert er aber seinen Drive und Mojo.
Donnerstag 16.11.
ok
Ich hatte durchaus die Erwartung, dass der Film zum Trailer hätte folgen können, was sich als völlig irreal herausstellte. Außerdem war die Synchro – leider lief nicht die OV – bestenfalls bemüht. Alles hat eigentlich gegen THANKSGIVING gearbeitet. Nichtsdestotrotz ganz schön. Sage ich bei critic.de.
nichtssagend
Eine nette Idee über das, was abgefallene Knöpfe in unserer Abwesenheit treiben, nett im Stop Motion umgesetzt. Eine Fingerübung.
Mittwoch 15.11.
fantastisch –
Barbara Stanwyck kickt eine Streichholzpackung von der Wand, die in Brusthöhe hängt, und im Schnelldurchlauf werden alle Beteiligten in ein Happy End geschickt, das einer kataklystischen Zeitbombe gleicht. Das ist Kino … selbst mit mittelmäßiger Bildqualität zu Hause.
Dienstag 14.11.
fantastisch –
Früher haben meine beiden Jungs beim Filmschauen Als ob! gesagt, wenn ihnen etwas unglaubwürdig erschien. Immer wieder fiel diese Formulierung, Film auf Film. Selbst bei ZAZ-Komödien gab es den Moment, wo ihnen etwas nicht glaubhaft erschien, während der irre Rest akzeptiert wurde. Wenn sich Sabrina Z. jetzt ab und zu darüber aufregt, dass etwas Dargestelltes nicht möglich sei, muss ich gestehen, lege ich nahe, dass sie wie eine 8-Jährige argumentieren würde, die zeigen möchte, dass sie weiß, was real ist und was nicht, und antworte ihr mit einem sarkastischen Als ob!
Sabrina hat an diesem Abend nicht mitgeschaut. Stattdessen rollten sich bei mir die Zehennägel hoch, als sich hier beispielsweise vier Bankräuber und ein ungarischer Gelegenheitsbekannter wie ein Wirbelsturm durch einen Pariser Bahnhof rasen, jubeln, schreien und hüpfen, in Zeitungskioske einfallen und alles durcheinanderbringen, sich völlig hemmungslos benehmen und dabei niemand eine Form von Irritation zeigt. Wie sie miteinander umgehen, wie sie sich verhalten, wie niemand auf sie reagiert, widersetzte sich allem, was ich kenne und über die Welt weiß. Nie würde sich jemand so verhalten, dachte ich bei mir … worauf reflexartig ein Als ob! durch meinen Kopf geisterte.
Żuławskis sehr freie Adaption von DER IDIOT ist einer dieser Filme, die gerne mit drogeninduzierten Weltwahrnehmungen verglichen werden. Als Dostojewskij auf Speed oder auch auf Amphetaminen könnt es beschrieben werden. U.a. weil Dostojewskij sehr vorsichtig zu seinen Wendepunkten hinarbeitet und wiederholt die Hoffnung aufbaut, dass die Leute doch rational entsprechend ihrer Glücks handeln würden und nicht ins Melodrameninferno springen, während sich bei Żuławski jeder Moment am emotionalen Anschlag befindet. Und weil der Film pumpt, pumpt und pumpt, sich im Zustand einer stillstehenden Raserei befindet. Diese Welt sieht zwar wie unsere aus und mitnichten surreal, wie sich die Leute benehmen, ist aber mit Drogen am ehesten rational erklärbar.
Aber nichts an L’AMOUR BRAQUE ist realistisch und rational. Vielmehr schreit und kämpft Żuławskis Film dagegen an, so zu sein. Die Liebe und der Verrat, die Feigheit und die Brutalität werden nicht durchdacht. Sie treffen auf keine psychischen Grenzen, sondern jagen unmittelbar aus den Leuten heraus. Der Moment der Befreiung – ein Moment der Reinheit –, der in allen Filmen Żuławskis zu finden ist, ist hier in seiner exzessivsten Form vorhanden. Wie aus Eitelbeulen platzen die Gefühle und die Energie aus den Leuten heraus. Weshalb dies einerseits wie ein Looney-Tune-Abenteuer erscheint – von der Realität vollkommen enthobene Wiesel und eine Femme fatale stellen Leute dar, die von widersprüchlichen Leidenschaften zerrissen werden und diesen trotzdem uneingeschränkt folgen. Andererseits auch wie eine Sitzung beim Psychologen, wo mal alles richtig rausgelassen wird. Das hat dann eben nichts mehr mit Realität zu tun. Und ob!
Montag 13.11.
großartig +
Ein Essay über Bilder, die zunehmende Auswertbarmachung der Welt, blinde Flecken in diesem auf Nutzen ausgerichteten Blick, Anwendung der Erkenntnis, um sich gegen das Erkennen zu wehren, die Verflechtung des Militärs darin und allgemein im wissenschaftlichen Fortschritt. Dabei wird an einer Stelle einer in Auschwitz fotografierten Frau offensiv und poetisch Gedanken und Gefühle unterstellt, um auch unbedingt spürbar zu machen, wie übergriffig Erkenntnis und Aufklärung – bei allen Vorteilen – sein können. Von einem Wellenkanal über Vermessungsgeschichte bis hin zur Shoa wird alles verknüpft, was in einem bestimmten Rahmen Platz hat. Auch dieses Essay Farockis entspricht also einem wunderschönen, gedanklichen Teppich.
Sonntag 12.11.
fantastisch +
Nach dem ersten Mal war ich der Meinung einen eher untergeordneten Film Miyazakis gesehen zu haben. Inzwischen muss ich überlegen, welcher denn besser sein soll.
gut
Der Beginn im Altenheim ist vielversprechend trist, und wenn der Film sich nach ca. einer Stunde erhebt und zum Rausch der Bilder, der religiös-familiären Gewalt und der Unannehmlichkeit wird, dann löst er diese Versprechen eines Aufplatzens der Tristesse durchaus ein. Dazwischen lauert ein Hinterwäldlerhorroreinmaleins zum ausgezuzelt werden.
Sonnabend 11.11.
ok –
Kleinigkeiten, wie der Good-Vibration-Dance-Off mit dem Riesenkraken, sind sehr schön, aber das Meiste dieser gender- und generationsumgedrehten Version des ersten Teils ist eher bemüht als inspiriert.
großartig +
Seit der 2017 wartete ich sehnsüchtig darauf, diesen Film zu sehen. Vor allem wegen dieses Textes hier, in dem Lukas F. den Film beschreibt und ich mich danach blind und stumm fühle und gleichzeitig von der Hoffnung erfüllt war, dass ich mich so angeregt fühlen würde, wenn ich den Film dann sehe, wie ich es mir phantasietrunken beim Lesen vorstellte. Aber tatsächlich bekam ich nur einen Film zu sehen und keine quasi religiöse Erfahrung. Bestimmt aber nur, weil der Kampf gegen den Schlaf mich von der Verzückung abhielt.
Freitag 10.11.
gut
Der Film verrennt sich ein wenig in seiner politischen Dimension, die gerade gegen Ende sehr umständlich und aufdringlich in den Actioner eingefügt wird. Was bei mir aber am meisten hängen bleiben wird, ist Elias Koteas, der schon gestern einer der wenigen Lichtblicke war. Er ist hier der Bluthund des Antagonisten, der Kate Mara entführt, um ein Druckmittel gegenüber Mark Wahlbergs Figur zu haben. Doch sein Sadismus geht weit über das Nötige (für einen solchen Film) hinaus. Allein, wie er an ihr riecht, wie er sich ihr mit seinem Aggroschmier nähert, legt nahe, dass er sie missbraucht und vergewaltigt, wenn der Film die beiden gerade nicht zeigt. Mit unlauteren, unappetitlichen Mitteln kämpft er sich in das Zentrum eines Films, in dem er eigentlich nur eine Nebenrolle spielt, und bleibt – for better or worse – in Erinnerung.
Donnerstag 09.11.
gut
In CODE OF SILENCE fällt Chuck Norris in einen Fluss, entsteigt diesem und unterhält sich anschließend am Ufer mit Molly Hagan, wobei er die ganze Zeit so triefig ist, wie jemand der gerade aus einem Fluss gestiegen ist. Diese eine Szene macht für mich bis heute das Kino Andrew Davis‘ aus. Authentisch ist dafür das falsche Wort, es geht mehr um physische Realitäten, die nicht weggedrängt werden. Um den Staub der Straße, pathetisch gesprochen. In COLLATERAL DAMAGE flieht Arnold Schwarzenegger vor einer kolumbianischen Rebellen-Miliz, fällt in einen Fluss und wird einen Wasserfall heruntergespült. Der Sturz ist dabei sichtlich am Computer entstanden und es fühlt sich nach nichts an. Nicht mal nach einer Puppe, die statt unserem Hauptdarsteller herunterfällt, da auch das Wasser durch die Tricktechnik seine Haptik verliert. Kurzzeitig wirkt dies wie ein Meta-Geisterfilm.
COLLATERAL DAMAGE handelt von einem Feuerwehrmann (Arnie), der bei einem Terroranschlag Frau und Kind verliert. Es folgt das magische Abenteuer eines Mannes, der am Grund seiner Depression und seines Willens nach Rache, Hass und (Selbst-)Zerstörung sein gutes Herz wiederentdeckt … worauf er mit einem neuen (kolumbianischen) Kind beschenkt wird. Zu Beginn duscht er mit seinem Sohn – es sind zutiefst verstrahlte Harmoniebilder –, die darauf entstehenden Camp-Hoffnungen werden aber nie eingelöst. Stattdessen eben ein gritty Werk von Davis mit doppeltem Boden in Politik und Geschlechterverhältnissen, in dem das effektivste Bild eine Axt ist, die Arnold immer wieder in den Boden haut, um sich daran festzuhalten und nicht in den Schlund seiner Zweifel abzustürzen. Ein Werk, das hätte richtig toll sein können, wenn sich die Schauspieler, die Explosionen und das Wasser nicht Fehl am Platz anfühlen würden.
Selbstverständlich ist es müßig, über schlechte Spezialeffekte zu jammern. Nur ist es hier so, dass sich ein Regisseur einer seiner zentralen Qualitäten beraubt und wir dabei zuschauen können, wie er sich selbst obsolet macht.
Mittwoch 08.11.
großartig +
Dies ist also die Alternative für die letzten beiden abschließenden Folgen von NEON GENESIS EVANGELION, die sich zuvorderst, aber nicht ausschließlich an diejenige richtet, die das Finale der Serie oll fanden und ihrer Wut ob einer ausgebliebenen Befriedigung in lautem und wohl auch unlauterem Protest Luft machten. Ein Werk, dass schon als Serie dazwischen oszillierte, es dem Zuschauer recht zu machen (sexy Bilder hier, Action da, Anspruch überall) und dem Zuschauer doch jeden möglichen Stein in den Weg einer einfachen Konsumierung zu legen, wird auch hier nicht zum steifen Erklärbären. Die Geschichte um die Piloten von Cyborgriesen wird nun wirklich zu Ende erzählt und endet nicht mehr im Hasenbau einer psychologischen Abtrennung eines überlasteten, terrorisierten Geistes von der Welt. Bezahlen darf es der Zuschauer jedoch damit, dass es stumpfe, drastische, allgegenwärtige Morde in einer absolut gesetzten kriegerischen Auseinandersetzung hagelt, Morde, die nur von Shinjis ewigen, markerschütternden Entsetzensschreien an Unannehmlichkeit überboten werden, dass der Frust eines Jungen zum Kern einer ganzen Welt wird, der Sex haben möchte, es aber nicht schafft, bei Frauen zu landen oder aus sich herauszukommen, weshalb dies teilweise an der intensiven Biographie eines Serienmörders grenzt, dessen Innenleben wir nachfühlen dürfen, und vor allem bezahlt es der Zuschauer mit einem Ende, dass symbolisch – christlich und psychologisch – nochmal noch mehr überladen und kryptisch ist, weshalb sich dies eben auch wieder wie ein Mittelfinger gegenüber einem Publikum anfühlt, das alles erklärt haben möchte. Emotional, intellektuell und sinnlich ist auch dies eine grenzwertige Erfahrung.
Dienstag 07.11.
gut +
Dass Conan O’Briens öffentliche Persona ein Produkt von inneren Zwängen, Unsicherheiten und Neurosen ist, kommuniziert er sehr offen. In seinem Podcast noch deutlicher als in seinen Late Night Shows. CONAN O’BRIEN CAN’T STOP reiht sich da ein und ist ein melancholisches Dokument eines Getriebenen, der 24/7 eine Show abziehen muss, damit er sich beachtet und geliebt fühlt. Es ist ein ziemlich zärtlicher Film. Anders als den anderen Formaten ist hier aber auch nachzuspüren, wie hart es für seine Mitmenschen zuweilen sein muss, da es keine Pause- und Stopp-Tasten für ihn gibt.
gut –
Die ist ein wunderschöner Film. Die Farben! Das Setting! Wo die beiden direkten Vorgänger aber von Leuten erzählten, die im Bann des Kinos und einer Fiktion stehen – Filmen, die dies auch filmisch einfangen –, scheint es hier um ein paar Leute zu gehen, die aus der Moderne geflohen sind und abgeschottet auf einer Insel einen Abenteuerfilm nachspielen. Da diese Geschichte einer Rache und Infiltration aber (fast) gänzlich auf Paranoia und doppelte Böden verzichtet, ist das Ergebnis ziemlich karg und eindimensional. So schön die Bilder, so kümmerlich die Geschichte. Ein wenig ist dies der Film, der darstellt, was in den Köpfen von Tom Sawyer, Huckleberry Finn und Joe Harper geschieht, wenn sie abhauen und auf einer Insel Piraten spielen, nur ohne Betonung ihrer Fantasie, sondern der Unnachgiebigkeit der Zeit und der bitteren Tristesse der Realität. Vll. hatte ich bei der Wiedersichtung aber auch zu sehr eine Art Rollin-Film erwartet…
Montag 06.11.
großartig –
Der einstündige Was-bisher-geschah-Zusammenschnitt von NEON GENESIS EVANGELION, der als Vorbereitung auf THE END OF EVANGELION dienen soll. Also auf den Kinofilm, der eine alternative Version der letzten beiden Folgen der Serie bietet, die so eigenwillig waren und sich jeder Aufklärung der Handlung verwehrten, dass es zu erbitterten Protesten kam. Und tatsächlich versucht DEATH (TRUE)² etwas Ordnung in den Wust zu schaffen.* Doch statt chronologisch aufzuarbeiten, wird hier die seelische, psychologische und soziale Disposition der vier Piloten und der Befehlshaberin nacheinander dargestellt … und zwar höchst assoziativ und poetisch. Der Unordnung der Serie wird etwas Herr geworden, sie wird nochmal verdichtet, und trotzdem ist dies immer noch ein kruder Experimen-talfilm, der dionysische und thanatoische Erfahrung apollinischer Klarheit vorzieht … und der für jeden Zuschauer ziemlich unverständlich bleiben dürfte, der die Serie nicht gesehen hat.
*****
* Wobei er an sich schon Teil einer hehren Unordnung ist. Denn eigentlich ging nicht DEATH (TRUE)2 dem Folgefilm voran, sondern NEON GENESIS EVANGELION: DEATH AND REBIRTH. Da der REBIRTH-Teil aber eben in THE END OF EVANGELION aufgenommen wurde, wurde DEATH nochmals zum vorliegenden Film umgearbeitet wurde und REBIRTH wieder gestrichen. Wodurch nun wieder NEON GENESIS EVANGELION: DEATH AND REBIRTH obsolet geworden ist und einfach nur noch existiert, um das Chaos perfekt zu machen.
Sonntag 05.11.
gut –
Drei knappe Gedanken:
1. In einem Film für die ganze Familie stürmt Arnie, jede Gegenwehr niederballernd, einen Junkie-Hide-Out, nachdem er auf dem Weg dahin noch freudig durch den Straßenstrich spazierte. Im Disney Club wurde Anfang der 1990er eine Reise in die USA verlost und ich verstand damals nicht ganz, wer so einen Preis haben möchte. Dass hier auf ein ganz normales Einkaufszentrum eben dieses Straßensetting einer gesellschaftlichen Apokalypse folgte, war bestimmt einer der vielen damaligen filmischen Darstellungen der USA, die bei mir hängen blieben. Viel zu gefährlich für Leben und körperliches Wohlbefinden schien mir dieser angebotene Gewinn. Meine Wahrnehmung war total verzerrt, aber wenn in Filmen für die ganze Familie inzwischen alles eitelsonnenschein ist, ist es vll. ebenso, wenn nicht noch mehr.
2. Arnie spielt einen Vater, der von seiner Frau verlassen wurde und der keinen Kontakt mehr zu seinem Sohn bekommt. Die Leere füllt er mit einer fanatischen Gangsterjagd, die ihn in unterschiedliche Erziehungssituationen bringt. Der jungen, abgeglittenen Junkiedame versucht er mit Einschüchterung zum Wahrnehmung einer Rolle in der Gesellschaft zu zwingen. Den Kindern im Kindergarten versucht er mit militärischen Methoden Herr zu werden. Wo er auf der einen Front gnadenlos scheitert, schafft er es sich auf der anderen Seite zu öffnen und Macht und Drill als spielerischen Austausch zu verstehen, sich und seine Stählung also aufzuweichen, ohne sich zu verleugnen.
3. Die Pointe des Films ist ja, dass Verantwortung für und Auseinandersetzung mit Kindergartenkindern für den einen oder anderen das schlimmere Los sind, als sich lustvoll und ohne Gedanken für Konsequenzen mit der Schrottflinte durch den Sumpf der Großstadt zu kämpfen. Und das Problem von KINDERGARTEN COP ist, dass die Actionbestandteile sichtlich mehr Lust vermitteln und der Kindergartenteil viel, viel pflichtschuldiger wirkt. Arnies Figur schafft damit eine Öffnung, die der Film nur sporadisch bewerkstelligt.
großartig
Mein Router macht langsam den Abgang. Zum Beispiel war nervig, dass der zur Verfügung gestellte Stream zeitweise in ein nerviges Stop-and-Go überging. Aber eigentlich hat es auch zum Film gepasst und zum Leben. Immer steckt man fest, immer geht es irgendwie weiter. Normal. Mehr dazu bei critic.de.
Freitag 27.10. – Sonnabend 04.11.
fantastisch –
Zuerst ist die Serie ein Mischmasch aus Action (Kaijū-/Power-Rangers-artige Kämpfe von Cyborg-Riesen), Komödie (mit Sex, Alkohol und High School), einem hysterischen Drama von jungen Menschen, die von ihrem Leben und ihrer Umwelt – vom Fakt, dass sie diese Cyborgs, die ihnen als Roboter verkauft werden, steuern müssen – komplett überfordert sind, und aus einer kryptisch-philosophisch Dystopie, die nur zu gerne Informationen zurückhält, damit wir zu einem gewissen Grad dem Ganzen ebenso hilflos wie die Protagonisten ausgeliefert sind, und die uns lieber repetitiv gefangen hält, als uns Katharsis, Erfolge und Auflösungen zu gönnen. All das wird zudem mitnichten zu einem runden Ganzen vermischt, sondern ist wild durcheinandergeworfen, teilweise ohne Anschlusspunkt ineinander gekeilt und zuvor-derst ein Actionpainting aus ca. 666-Einzelserien.
Das betrifft aber auch nur die erste Hälfte, nach der es zunehmend kryptischer, eigenwilliger und schwerer nachvollziehbar wird, nachdem Anno Hideaki Mitten in der Produktion und der bereits begonnenen Ausstrahlung das Konzept umwirft, es radikalisiert, noch stärker religiös-apokalyptisch-freudianisch auflädt, (notgedrungen) immer experimenteller macht, damit die Folgen bis zum Ausstrahlungstermin noch rechtzeitig fertig werden, und lässt etwas, das mit Tittenwitzen und Monsterkämpfen anfing, in einem wahnwitzigen und wahnsinnigen Manifest von Teenage Angst und psychologischem Terror enden. Ich habe viel erwartet, aber nicht das.
*****
Mehrmals hatte ich ausreichend Zeit, um größere Teile der 26 Folgen zu bingen. Aber spätestens während der vierten Epsiode wurde ich jedes Mal sehr, sehr müde und habe kaum noch gegen den Schlaf standhalten können. Einerseits lag es sicherlich daran, dass ich zurzeit sehr schlecht schlafe. Andererseits hatte ich bei vielen aktuell gesehenen Filmen nicht solche Probleme, weshalb ich denke, dass es durchaus auch an der Serie liegt. Immer wieder die gleichen Konflikte in minimal anderen Gewändern, immer wieder Siege, die keine sind und sichtlich nichts am Bestehen der Konflikte ändern. NEON GENESIS EVANGELION schauen fühlt sich ein wenig an, als stecken man im Hamsterrad fest. Was für mich nicht frustrierend, sondern ermüdend war. Es ist ein Umstand, der meiner Meinung nach nicht gegen, sondern für die Serie spricht.
Sonnabend 04.11.
großartig –
Monster in der Midlife-Crisis und ein Film, der es schafft, eine Kinderfigur für den Plot zu benötigen, diese aber nicht zu benutzen und lediglich als eindimensionales Plotdevice mitzuschleppen.
Freitag 03.11.
gut –
Wie in THE WRONG MISSY konzentriert sich Spindel auf eine Performance, der er mit der Ausgangssituation – kurz vor der Hochzeit muss ein Bräutigam feststellen, dass seine zukünftigen, supercoolen Schwiegereltern in spe (Pierce Brosnan & Ellen Barkin) Amerikas meistgesuchte Bankräuber sind – Material zum Agieren zuführt. Nur ist Adam Devines verklemmter Spießer in einer Ausnahmesituation zu sehr davon abhängig, was ihm von links und rechts geboten wird … im krassen Gegensatz zu Lauren Lapkus‘ Jahrhunderteskalation als THE WRONG MISSY. Weshalb dies schon Spaß macht, aber zuweilen etwas durchhängt. Dementsprechend wäre ein Spin-off zu Poorna Jagannathans Gangsterboss, die jenseits aller sozialen Grenzen und Regeln agiert, schön.
gut –
Das ständige, hyperaktive Reden macht dieses Mal mehr Sinn in dieser Dahl-Wes-Anderson-Verfilmung, da die Anspannung der Situation sich darin spiegelt. Und doch habe ich vor allem mitgenommen, dass ich mal wieder die Version Alfred Hitchcocks sehen möchte.
Donnerstag 02.11.
fantastisch –
Die Tochter der Sonne (Bulle Ogier) kämpft gegen die Tochter des Mondes (Juliet Berto). Beide jagen dabei einem Amulett hinterher, das sich in den Händen wechselnder Menschen befindet, und versuchen gleichzeitig ihren Kontrahenten bei den beteiligten Sterblichen (u.a. Hermine Karagheuz) zu diskreditieren. Teilweise treffen sich die Protagonisten dabei in einem Gewächshaus, als ginge es darum General Sternwood aus THE BIG SLEEP zu treffen, oder es ist das Amulette, dass Brandspuren an Körpern hinterlässt, als sei es dem Koffer aus KISS ME DEADLY entsprungen. Sichtlich befinden wir uns in einem Noir-Krimi, der nicht mehr in einem abgegrenzten Haus stattfindet wie das Melodrama in CÉLINE ET JULIE VONT EN BATEAU, sondern die Realität gekapert hat.
Die Welt von DUELLE ist so grundlegend spielerisch. Auch durch die improvisierten – aber nichtsdestotrotz sehr schönen – Kostüme der beiden Göttinnen, die sie tragen, wenn sie sich als nichtmenschlich offenbaren, sowie ihre wechselnden Krimi-Outfits. Als ob sich mit bescheidenen Mitteln in Schale geworfen wird, um das nachzustellen, was so verführerisch von einer Leinwand strahlte. Etwas naiv Kindisches steckt datin und damit auch etwas Euphorisches, dass die eigene Realität durch etwas Schöneres überschreiben möchte.
Dem steht eine nachdrückliche Desillusionierung entgegen. Keine der beiden Göttinnen erweist sich nämlich als vertrauenswürdig. Sinnzusammenhänge, die über Machtausübung hinausgehen, zerbröseln im Laufe der nachgespieltenNoir-Einzelteile. Es ist ein wenig wie bei einem von Philip K. Dicks besten Romanen, DER GALAKTISCHE TOPFHEILER. Dort reist ein, sagen wir mal, Töpfer auf den Planeten Sirius Fünf, wo ihn zwei übernatürlichen Wesen in ihre Auseinandersetzung über die Deutungshoheit ziehen, wer von beiden der Gott und wer der Teufel sei. Was bei Dick aber dezidiert ein religiöser Kampf mit Offenbarungen und Mystik ist, an dessen Ende völlige Resignation des Sterblichen steht, der zu keinem endgültigen Urteil gelangen kann, ist bei Rivette etwas universeller. Bei ihm zeigen sich Sinn und Moral als fragile Gebilde voll Eitelkeit und (tödlichen) Sackgassen, die Ratende zurücklassen, die sich durch ihr Leben schlawinern müssen.
Auch optisch steht es beständig in den Bildern. Mittels Spiegeln, die uns nicht einfach nur daran gewahren, dass wir den Kampf zwischen zwei Gegensätzen sehen, sondern die in einem der schönsten Momente des Films etwas zeigen, dass sich als falsch offenbart. Als Zusammensetzung aus Wirklichkeit und Abbild, die wir missinterpretierten. Oder mittels Achsensprüngen, die den Fluss der Bilder irritieren und uns Perspektivverschiebungen spürbar machen. Wir sehen und irren … und bekommen mit nicht die nötigen Informationen zum Lösen eines Rätselns, sondern nur (sich widersprechende) Fragmente.
Vor allem zeigt sich aber, dass Rivette mit CÉLINE ET JULIE VONT EN BATEAU wohl den logischen Endpunkt seiner bisherigen Entwicklung erreicht hatte. DUELLE und ihre Bilder sind viel expressiver, ausgearbeiteter, hübscher. Die Aufmerksamkeit des Zuschauers wird beispielsweise so gesteuert, dass wir im richtigen Moment sehen, wer sich hinter dem Paar befindet, das im Vordergrund tanzt … statt einfach nur eine gegebene Realität zu dokumentieren. Auch handelt es sich bei DUELLE um seinen kürzesten Film, seinen konzentriertesten. Es wirkt als ob Rivette offensiv gegen die Sackgasse eines erreichten eigenen Stils ankämpfen möchte, ohne sich und das erreichte Maß von Offenheit dabei zu verlieren.
Bisher fand ich das Ergebnis immer etwas willkürlicher als den direkten Vorgänger. Inzwischen mag ich ihn gerade für seine Experimentierfreudigkeit und den Willen nun auch etwas Camp zu integrieren … und nicht zuletzt für seine Handlungsorte, das Aquarium, das Treibhaus, das Tanzlokal aus einer anderen Zeit, die Hotelgänge und –zimmer, die Spiegel. Denn mit ihnen, mit einfachsten Mitteln, schafft es Rivette eine Atmosphäre zu schaffen, in der die Realität weich, fragil, irritierend, trist und voller Narretei ist.
Mittwoch 01.11.
großartig +
Eine nackte Frau umkreist auf einem Motorrad Kowalski (Barry Newman) und fährt schließlich zu ihm heran. Er ist auf Speed, wird von der Polizei verfolgt, verschnauft nun kurz in der Wüste und sie schlägt ihm vor, miteinander zu schlafen. Es folgt eine kleine amüsante Verzichtsminiatur. Nachdem der Absage geht sie kurz in ihren behelfsmäßigen Bungalow und kommt mit einer Collage wieder. Darauf befindet sich u.a. ein Zeitungsausschnitt mit Kowalski, der sie schon vor Jahren beeindruckt hatte – bei etwas, dass der Film nur am Rande mitführt. Sarafin wendet so einen kleinen Witz in etwas Melancholisches, Berührendes. Es ist bezeichnend für einen Film, der im Grunde nur eine große Verfolgungsjagd ist, aber auch die Fahrt durch das Herz eines rassistischen, kruden, verirrten Landes zeigt. Und ob es letzten Endes deprimierend wahrgenommen wird oder hoffnungsvoll, liegt einzig allein daran, wie wir die Klammer des Films lesen, die zweimal das Gleiche mit unterschiedlichen Ausgängen zeigt.
gut +
Lelouch bringt eine Kamera vorn an seinem Auto an und heizt wie ein Henker acht Minuten durch das morgendliche Paris … und über so viele rote Ampeln. Tauben schrecken auf, Leute rennen von der Straße, der Motor brüllt, die Reifen quietschen ohrenbetäubend. Der Film macht also durchaus deutlich, wie viel Adrenalin es in einem auslöst, wenn es zu einem Rendezvous geht … oder, wenn wir verspätet sind und deshalb das Gaspedal durchtreten.
Oktober
Dienstag 31.10.
verstrahlt +
Sichtlich ist dies im Fahrtwasser des Erfolgs von KRIEG DER STERNE entstanden. Sichtlich tragen die Druiden hier große, niedliche Comicaugen, weil Disney seinen R2D2 wohl mehr Richtung Spielzeug und damit kindgerechter konzipiert haben wollte. Sichtlich ist dies der Versuch KRIEG DER STERNE knuffiger zu machen und möglichst viele Leute anzusprechen. Sichtlich ist es deshalb auch von STAR TREK inspiriert – THE BLACK HOLE gleicht dem fast zeitgleich starteten ersten Kinoabenteuer der Enterprise mitunter erstaunlich. Manche Szenen referenzieren damals aktuelle Videospiele oder 2001. Bei diesem Willen, möglichst jeden anzusprechen, ist aber ebenso sichtlich, dass THE BLACK HOLE auch etwas wie EVENT HORIZON vorwegnimmt und ein zuweilen psychedelischer Trip ins Herz der Finsternis voll Wahnsinn, Manie und Lagerkoller ist. Kino ohne Grenzen.
*****
Ich schaute zuerst in Englisch, bis ein Kind vom Waffelbacken kam und sich neben mich setze. Weshalb ich die zweite Hälfte in Deutsch sah.
ok +
Ausstattung und Production Design bekommen eine glatte Eins. Die Kameraarbeit ist auch äußerst sehenswert. Die Barbarenliebe, der die kämpferische Unterwerfung des Gegenübers vorrausgeht, ist ein ziemlich zuckersüßes Element toxischer Beziehungen. Ansonsten ein etwas ungelenker und highlightloser Film über eine Frau (Brigitte Nielsen – noch viel zarter als in späteren Filmauftritten), die nach einer Vergewaltigung erst wieder lernen muss, Vertrauen zu Männern zu fassen. Der Film macht es ihr aber auch leicht, weil ihr ein treuer Diener, ein liebenswert-arroganter Junge und ein Liebespartner (Arnie) ohne eigene Identität, als für die Geliebte bedingungslos da zu sein, an die Seite gestellt wird.
Montag 30.10.
großartig –
Vor dem Drama von LES 400 COUPS inszenierte Truffaut einen luftigen Sommer, in dem eine junge Frau radfahrend eine Gruppe präpubertärer Jungs um den Verstand bringt, weil diese noch kein Ventil für ihre Geilheit haben und die deshalb beginnen die Beziehung der jungen Frau milde zu terrorisieren. Während es in seinem Debüt eben um klare Konflikte zwischen Eltern/Lehrer und Kind geht, zeigt sich hier um etwas viel Vageres, aber umso Nachvollziehbareres: Um das Auftauchen der ungeheuren Gefühle, die noch nicht einordenbar sind. Wodurch dies einerseits eine Nostalgiebombe ist und andererseits ein etwas schmerzhaftes Dokument dessen, wie schwierig es ist, diesen Ausgangspunkt jemals gänzlich loszuwerden.
großartig –
Erst schaut ein Wald irritiert dabei zu, wie ein Musikvideo und Soup Operas/Melodramen in ihm gedreht werden. Dann wird vor Bildern von Landschaften der Appeal von Brad Pitt mit dem Keanu Reeves‘ verglichen. Die Moderne.
Sonntag 29.10.
großartig –
Im Vergleich zu seinen Arbeiten bei Serien (POWER PUFF GIRLS und DEXTER’S LABORATORY) fehlt Genndy Tartakovsky erfolgreichstem Kinofilm der Hauch des Genialen und Übermütigen. Als Adam-Sandler-Vehikel, der hier lernen muss, seine Tochter loszulassen, ist es aber nicht einfach nur witzig, sondern voller unter Idiosynkrasie verstecktem Schmerz und hervorpreschender Hoffnung. Vor allem schenkt Tartakovsky Sandler Momente, in denen Angst und Wut aus ihm herausplatzen, die der reale Sandler nie so intensiv zulässt.
nichtssagend
Ein Mann sucht die Erleuchtung, um mehr Gewinne zu scheffeln und wird stattdessen erleuchtet. Eine verlaberte dreiviertel Stunde, die jedes Potential auffrisst.
Sonnabend 28.10.
uff
Ich war irgendwann so fertig, dass ich kontemplierte, Stricken zu lernen. Meine Vorstellung war, dass ich zwar weiter in die Ödnis blicken könne, aber dabei nur zwei links, zwei rechts denken müsse und zudem noch etwas Produktives machen würde. Mehr dazu beim Perlentaucher.
gut –
Fast kurz und eine schöne Performance von Ralph Fiennes als rattiger Rattenfänger. Vll. der beste Beitrag der Netflix-W-Anderson-Dahl-Verfilmungen.
Donnerstag 26.10.
großartig +
The Smiths waren eine der wichtigsten Bands während meiner Twens. Und nichts ist an den letzten zehn Jahren so frustrierend wie der Umstand, dass ich sie nicht mehr richtig hören kann, da ich mir jetzt bei Morrisseys Depressionismustexten albern vorkomme, weil ich so weit von einer Depression weg bin, wie seit meiner Kindheit nicht mehr. Vll. unterstelle ich deshalb jedem, der exzessiv die Smiths hört, dass er innerlich leidet. Es könnte aus dem Text für critic.de herauszulesen sein.
Mittwoch 25.10.
großartig +
Karin (Eleonore Weisgerber) und Sophie (Nadeshda Brennicke) fahren durchs Land und verkaufen Kosmetika. Fluchtpunkt ihrer Arbeit, ihres Reisens ist eine eigene Wohnung (in Paris). Gerade leben sie entweder in den firmenbezahlten Hotels oder eben im Auto (Erstere) bzw. in der Wohnung des Freundes (Zweitere). Einen eigenen, privaten Rückzugsort gibt es nicht. Die Gegenwart ihrer Arbeit liegt kurz vor der Prostitution, die am Horizont ihres prekären Lebens lauert. Und während traurige Musik im Radio läuft, fliegen Industriegebiete oder Düsseldorf vorbei. Frankophilie und Kriminalität als herzzerreißender Ausbruch aus einem kalten, einsamen, aber schrecklich vertrauten Deutschland.
Dienstag 24.10.
gut +
Chabrolsche schwarze Komödie einer verrotteten bourgeoisen Ehe, in der Rosamund Pike den eiskalt manipulierenden Alptraum einer nörgelnden Frau darstellt, die im Mann nur das zu Optimierende sieht, während Ben Affleck den Bro spielt, der sich mit einem Bier in der Bar zufriedengibt und frustriert ist, weil Frauen etwas von ihm wollen und nicht einfach nur Sex geben. Mit eingeschoben ist eine launische Farce darüber, dass Frauen von (männlichen) Ermittlern deutlich weniger Zweifel erwarten dürften, als Männer von Ermittlern beiden Geschlechts. Nur leider orientiert sich die Form des twistreichen und super gecasteten Krimis an den Persönlichkeiten seiner Hauptfiguren, und ist etwas zu eiskalt kalkuliert und selten so inspiriert, wie in dem Moment, wo Pike Afflecks Arm berührt und er den Bruchteil einer Sekunde zusammenzuckt, bevor er sich wieder im Griff hat.
Montag 23.10.
großartig –
Schriftstellerei als mühevolles Schlagen gegen die Kupferplatte, die nicht in die vorgesehene Form gezwungen wird, sondern die gelockt und überlistet wird. Ein erfülltes Leben im Handwerk. No fancy stuff. Nur eines nervt. Der rote Faden der Doku ist eine kleine Kupferplatte, die von Glaser langwierig zu einer Schüssel geklopft wird. Und immer wieder sehen wir Glaser beim Hämmern … nur stellt Farocki ihm dabei beständig Fragen. Glaser hört daraufhin auf zu hämmern, damit er die Frage versteht und sich auf die Antwort konzentrieren kann. Immer wieder sehen wir ihn werkeln und es ist total befriedigend, wie er in minimalen Schritten vorankommt, und immer wieder wird er von Farocki unterbrochen, der noch eine Frage stellt und den Vorgang zum Erliegen bringt. Es fehlte ihm einfach Glasers Geduld.
Sonntag 22.10.
nichtssagend
Wir lernen: Hass und Missgunst führen zu Lichtverhältnissen, in denen für einen Zuschauer kaum etwas zu erkennen ist. Zudem hätte ich gern mehr von der völlig durchgeknallten (queeren) Figur der Handlangerin von Michelle Pfeiffer gesehen, die eine genozidale Orgel spielt, als sei sie das übertriebene Klischee vom Phantom der Oper … weil sonst kaum was Interessantes rumkommt.
großartig +
Die Rechnung ist einfach: DER START ist gleich ZUR SACHE, SCHÄTZCHEN minus Werner Enke plus eine Hauptfigur (Jean-Pierre Léaud), die nicht lakonisch, sondern überdreht nach Ausdrücken seiner eigenwilligen Persönlichkeit sucht, plus Autos, die im Adrenalinrausch durch die Straßen jagen. Vor allem aber eine knapp 80-minütige, teilweise hysterische Behauptung eines Frisörlehrlings/Rennfahrers in spe, zu wissen, wer er ist. Und was er ist, steht grundsätzlich im Widerstand gegen eine bornierte bourgeoise Welt. Nur mit einer nackten Frau hat er nicht gerechnet.
Freitag 20.10.
ok
Der Corona-Lock-Down als Versuchsanordnung, die diverse unterschiedliche Temperamente in einem Wohnhaus zusammenschließt und solange den Schlüssel wegwirft, bis sich alle vertragen und besser kennengelernt haben. Corona als Chance also. Oder als Möglichkeit die aufkeimende Liebe zweier Kinder darzustellen, die andere Leute nicht mehr wahrnimmt … wenn sie alleine und glücklich durch die leeren Straßen rennen. Vor allem nutzt Dany Boon diesen Film aber als quasi Fortsetzung zu SUPERCONDRIAQUE, der der Ausbruch in eine weniger zivile Postsowjetrepublik fehlt und deshalb die wenigen Witze zu seinen festsitzenden Figuren mehr oder weniger totreitet.
Donnerstag 19.10.
großartig –
In meinem Kopf hat sich der Titel zwischenzeitlich etwas verdreht und nun warte ich auf einen Film, der FLOWERS OF THE MOON KILLER heißen wird. Zu Scorseses Film findet sich Brauchbareres bei critic.de.
Mittwoch 18.10.
fantastisch +
Wie die Flaming Lips vll. erst die Maßlosigkeit von ZAIREEKA brauchten, um dann all die gesammelten Ideen zu THE SOFT BULLETIN zusammenzuziehen, brauchte Rivette vll. erst OUT 1, um dann aus den erlangten Ansätzen CÉLINE ET JULIE VONT EN BATEAU zu formen. Céline (Juliet Berto) und Julie (Dominique Labourier) sind mehr oder weniger eine Zufallsbekanntschaft. Sie treffen und verfolgen sich, ziehenzusammen und folgen ausschließlich der Logik eines Films, der keinen Wert auf ausgearbeitete Charaktermotivationen legt. Vor allem gegen sie wiederholt in ein Haus, in dem sich jeden Tag das gleiche Melodrama abspielt und in dem sie nach Eintritt ein Kindermädchen darstellen – ohne sich daran zu erinnern, wer sie eigentlich sind. Und wenn das Haus sie wieder ausspuckt, können sie sich wiederum nur bruchstückhaft an das eben Geschehene erinnern … und an diese Brösel auch nur, wenn sie auf einem Bonbon lutschen, das sich beim Verlassen in ihrem Mund befindet.
Gewissermaßen ist Rivettes Film eine Meditation über Kino und Theater, über Rollen, die wir im Leben einnehmen und die nicht zwangsläufig uns wiederspiegeln und die uns fremd bleiben, und darüber wie unzuverlässig Erinnerungen sind und wie wir uns im Nachhinein ein Gesamtbild erschaffen. Sicherlich ist es ein reichhaltiger Film. Warum David Thomson in seinem THE NEW BIOGRAPHICAL DICTIONARY OF FILM zu dem Urteil kommt, dass dies der bedeutendste Film seit CITIZEN KANE sei, war mir bisher aber eher unklar.
Wenn ich Thomson richtig verstehe, bildet der Rivettes Film das Gegenteil zum Überklassiker und gibt dem Kino etwas wieder, was ihm in der Zeitspanne zwischen 1915 und 1941 schleichend verloren ging. Während Welles ein technisch und erzählerisch ausgefeiltes, virtuoses Meisterwerk bot, da ist dies hier amateurhaft, direkt, improvisiert und unbefangen. Wo CITIZEN KANE Realität aufarbeitet und uns Ausgearbeitetes präsentiert, setzt uns CÉLINE ET JULIE VONT EN BATEAU einer völlig arbiträren Realität aus und lässt uns mit unmotivierter, widerständiger Zeit allein – womit er sich auch von einem Film wie WAVELENGTH unterscheidet, in dem uns die Realität unnach- und -ergiebig entgegensteht, die aber durch ein strenges formales Konzept geformt wurde. Statt um Meisterschaft besorgt zu sein, scheint Rivette zu einem Zustand aus den Anfangstagen des Kinos zurückkehren zu wollen, wo der Umstand, dass Bilder sich bewegen, schon erstaunlich ist. Und schließlich, wo KANE mittels eines Gegenstandes Handlung und Inhalt final fest verschnürt, da ist BOATING deutlich offener und gar nicht an Schließung interessiert.
So oder so, ob dies nun ein entscheidender Film der Filmgeschichte ist oder nicht, mag ich Rivette vor allem als einen Filmemacher, der von der Novelle Vague ausgehend bei etwas ankommt, dass dem Kino Jean Rollins nicht unähnlich ist. Nur wo Rollin durch die Brille einer Welt der Vampire aus einer vorpubertären Perspektive auf Sex zu gucken scheint und dabei perplex durch eine Wunderwelt taumelt, da ist Rivettes ebenso gemächliches Kino paranoid und dekonstruktiv, aber auf die verspielteste denkbare Weise. Hier geht es um Geister, Zombies, Zauberer, sexuelle Gier, die in einem Zustand der Wegsperrung muffig geworden ist, erschlaffte Hysterie, Jump-Scares und eine zerbröselnde Realität, die in Schleifen gefangen ist … und Rivette macht, hier in seinem Meisterwerk, etwas daraus, das eine Unterscheidung zwischen U und E, zwischen Hoch- und Populärkultur überhaupt nicht denken kann.
großartig –
Das Spezialeffektkino von Méliès, das Walter R. Booth hier so formvollendet kopiert, dass Méliès durchaus neidisch werden könnte, war sicherlich eine Sackgasse, ein Gimmick, dass aus guten Gründen bald von erzähl-zentrierten Formen abgelöst wurde. Und trotzdem, retrospektiv und für die kurze Spielzeit sind diese Filme unglaublich charmant.
ok +
Ein paar schöne Tableaus familiärer Angst, Neurosen und Kälte sowie eine erschreckend unbehagliche Christiane Hörbiger als dazugehörige Matrone, die stets für ihren (Ex-)Mann und die Kinder das Wort übernimmt und sie damit mundtot macht. Und dann wieder und wieder die Reinecker-Dialoge, die auf ihren Themen kauen wie auf einer kompletten Packung Hubba Bubba im Mund.
Dienstag 17.10.
großartig +
Die Tanznummern und Songs sind von einer einlullenden Virtuosität. Vor allem die synchronen Bewegungen von Fred Astaire und Ginger Rogers haben die hypnotische Schönheit einer Lavalampe. Ich verlor mich jedenfalls jedes Mal darin. Der Humor muss deshalb vll. auch so plumpe Schenkelklopfer bringen, um uns wieder ins Diesseits zurückzuholen. Und auch darin ist der Film virtuos. Etwa 13 Jahre wird es her sein, dass ich TOP HAT erstmals sah. Trotz der langen Zeit hatte ich umgehend mit Filmstart die Betonung im Kopf, in der Erik Rhodes den Namen seiner Figur ausspricht. Da er in der dritten Person von sich spricht, macht er es auch nicht selten. Beddini! schallte es mir schon durch den Kopf, bevor er überhaupt auftauchte, es endlich sagte und mich unsagbar beglückte.
Montag 16.10.
großartig +
Eine Essay-Landkarte bzgl. Verkehr, Knotenpunkten und wie sich die Wahrnehmung unserer Welt unter der Vorherrschaft des Kapitalismus verändert bzw. wie sich ein modernes, rationalistisches, logisches, deshalb aber bei Weitem nicht makelloses Verständnis der Dinge in unsere Realität eingewoben hat, die nicht ausradiert werden, sondern nur Ausgangspunkt weiterer Entwicklungen sein kann. Deprimierend ist dabei höchstens, wie WIE MAN SIEHT sich auf eine praktische Kritik der Technologie als Lösung einschießt und ein paar Erfindungen vorführt, deren Verkäufer gebetsmühlenartig wiederholt, dass die vorgestellten Hobbyerfindungen wie Autos, die auch auf Schienen fahren können, usw. höchstens für die Dritte Welt von Nutzen wären. Statt einen Ausblick und einer Utopie wird also nur ein kleines, nettes Pflaster gefunden, dass völlig ineffektiv an der Vormacht der diagnostizierten Welt scheitern wird.
Sonntag 15.10.
gut
Dieser Melodramaporno ohne Sex, in dem William Shatner the sex machine to all the chicks ist, aber von einem Sci-Fi-Ökothriller gecockblocked wird, ist extrem faszinierend und eigentlich auch der passende Film für einen entspannten Sonntagabend. Die unzähligen totgetreten, überfahren und verbrannen Taranteln sind aber durchaus harter Tobak.
Sonnabend 14.10.
gut +
Die erste Stunde von NOLI ME TANGERE ist in der ca. 8,5 Stunden kürzeren Version nach ca. 5 Minuten abgefrühstückt. Was kaum verwunderlich ist, da in dieser auch kaum etwas geschah … außer dass Theaterschauspieler seltsamen Übungen nachgingen. Die eine Theatergruppe turnte und suchte nach Körperkontrolle, die anderen Schauspieler rieben sich mit Matsch ein und versuchten in einem Happening loszulassen. Dass die ganzen Übungen und Proben der Schere zum Opfer fallen würde, war so schlicht zu erwarten, bieten sie doch keinen erzählerischen Kontext. Der Effekt ist dadurch, dass Lang- und Kurzversion eine entgegengesetzte Spannungskurve haben. Während die fast 13 Stunden von OUT 1 sich langsam zusammenziehen und vor unseren Augen aus einem Nichts eine Geschichte entstehen lassen – es wird zwar nie wirklich schnell, aber doch schneller –, da fühlen sich die 4,5 Stunden von SPECTRE zu Beginn rasant an, weil das, was vorher Stunden dauerte nun an einem vorbeifliegt. Je mehr wir uns dem Ende nähern, desto mehr gleicht sich die Geschwindigkeit der beiden Versionen aber an, was heißt, dass SPECTRE eben langsamer wird.
Sichtlich wird bei den Kürzungen nicht einfach nur herausgenommen, sondern nach einem eigenen Konzept gesucht. Waren die Szenen vorher nämlich mehr oder weniger Brocken, die meist schlicht nacheinander abliefen, werden hier nun Interaktionen und Dialoge mitten im Wort abgeschnitten und sind sichtlich nur Teil von etwas Größerem. Zudem gibt es nun vermehrt schleichende Parallelmontagen sowie regelmäßige Inserts von Schwarzweißfotografien, die hineinblitzen. Das Problem ist aber, dass so lediglich unterstrichen wird, was bei NOLI ME TANGERE auch schon überdeutlich ist. Dass wir nämlich nur Ausschnitte und Fragmente sehen. Einen kleinen Bestandteil der Realität, der keine vollständige Aufklärung, keinen festen Sinn liefert.
Die entstehende Dominanz der Handlung bei Wegfallen der andauernden Gegenwart von Unbestimmtem und Sinnlosem verengt den Film nicht nur, sondern raubt ihm neben den besten Szenen – wenn Sarah (Bernadette Lafont) gegen Ende plötzlich wie eine dämonische/geisterhafte Entität wirkt – auch seinem ganzen Nachhall. Ich mag das Nichtende von SPECTRE tatsächlich etwas mehr als die Drama- und Gangsterminiaturen der Langversion, die trotz ihrer Endpunkte trist weiterlaufen – wobei ich Juliet Bertos Maske wirklich sehr vermisste. Aber im Großen und Ganzen fand ich SPECTRE so kurz nach NOLI ME TANGERE zu rationell und fad im Vergleich zu seinem elephantiasischen Ursprung.
großartig +
Lady Gagas Zeigefinger ist zwar weiterhin der MVP des Films, wie Jeremy Irons als Rodolfo Gucci aber vor dem ersten Besuch seines Bruders (Al Pacino) auf seiner Veranda sitzt, mit Sonnenbrille, breitem Schal und in ausgeblichenen Farben – wie der Statue gewordene, todessehnsüchtige, krankhafte Überdruss von Stil an dieser geschmacklosen Soup-Opera-Welt, womit der erste absolute Höhepunkt dieser voller Stolz geschmacklosen Soup-Opera erreicht ist, dann träume ich weiterhin davon, dass so meine Rente aussehen wird.
Freitag 13.10.
verstrahlt –
Während Milius wirklich überhauptkeinen Zweifel daran aufkommen lassen möchte, wie ernst er Conan nimmt, und schlicht eine Art biblischen Epos erzählt, da lässt Richard Fleischer keine Minute vergehen, bis er klarmacht, dass dies bunter Sword-and-Sorcery-Quatsch ist … was ich dem Film beim Erstkontakt sehr übel nahm. Als ich ihn erstmals in voller Länge sah, war ich noch verstimmter. Mit etwas Distanz und ohne die Erwartung eine Fortsetzung zu CONAN DER BARBAR zu bekommen, ist dies eine verspielter, glossy statt spröde fotografierter (Kamera: Jack Cardiff) Kindergeburtstag mit Luftschlangen, Luftballons, Zauberern, Spiegelschangel und mythischen Zwitterwesen, denen ihr Penishorn oberhalb ihres Vaginamunds herausgerissen werden muss.
ok
SCREAM II im Meta-Remix, der behauptet, dass es nun um ein Franchise gehen würde. Aber vll. soll so eine Filmreihe nachgestellt werden, die ihren Höhepunkt schon lange hinter sich hat, weshalb mit maximaler Mühe vorgetäuscht wird, dass hier etwas kreativ und frisch sei. Was schade ist, weil ich die neuen Hauptfiguren doch spannend finde.
Donnerstag 12.10.
verstrahlt
In meiner Jugend war die TV Spielfilm mein Hauptinstrument, um mich durch die Unmengen des damaligen Filmangebots im Fernsehen zu navigieren – damals schien es mir so, heute erinnere ich mich an eher übersichtliche Zeiten. RAW DEAL war stets gut beleumundet und einmal sogar der Tipp des Tages, aber ich traute dem Braten nicht. Es sah mir zu sehr nach nachrangigem Rumpelfilm aus, der nur wegen des Ruhms seines Hauptdarstellers noch gezeigt wird. Ich schaute dann doch lieber wieder zum sonstvievielten Mal RUNNING MAN oder TERMINATOR.
Meine damalige ignorante Einschätzung stimmt irgendwie aber auch. Gerade die Bilder sind seltsam distanziert und, von einzelnen Aufnahmen abgesehen, wie der Schuss durch den Kopf, der dem Spiegelbild des Getroffenen das Auge ausschießt, waren sie kaum affektgeladen. Auch die Geschichte streckt den Film schamlos eindeutig wie unkonzentriert bis zur Abrechnungsschießerei … wenn wir es nicht so sehen wollen, dass uns von den Manövern eines Actionhelden erzählt wird, der unbeholfen wie großmäulig nach raffinierten Wegen außerhalb von roher Gewalt sucht und der zwar vorankommt, aber nicht so schnell wie er will oder soll und dabei eine rumplige gute Figur macht, weshalb es dann eben in einer Hauruckaktion endet.
Der Charme von RAW DEAL liegt aber auch schlicht darin, wie roh der Deal der bald geölter daherkommenden Schwarzenegger-Vehikel hier noch ist. Zum Beispiel seine Ehefrau: Sie taucht mittels eines sensationellen Seifenoper-Ehestreits-mit-nach-dem-Ehemann-geworfener-Torte im Film auf, kurz darauf täuscht Arnie seinen Tod vor, weshalb sie als tatsächliche Präsenz aus dem Film fällt, aber Arnie schiebt sie bei einer sich anbahnenden Affäre, die den Film zusehends bestimmt, aus Moral und Angst vorm Sex(?) vor, nur um am Ende wieder Erwähnung zu finden, wo wir erfahren, dass sie inzwischen schon schwanger (vom Tod geglaubten Arnie?) ist. Es ist schlicht alles seltsam, wie faszinierend, wie undefiniert hier noch alles ist.
Mittwoch 11.10.
gut –
Es ist bei weitem noch nicht Truffauts letzter Film. Es waren zu diesem Zeitpunkt noch fünf Jahre bis zu seinem Tod. Ein letzter Film ist es nichtsdestotrotz. So handelt LIEBE AUF DER FLUCHT – die flüchtige Liebe, klar – davon, dass wir das Puzzle sind, dass sich aus unsere Erfahrungen ergibt. Wie die Wahrnehmung der Leute in unserem Leben die Puzzles der Eindrücke sind, die wir uns von ihnen machen. Das Ergebnis ist ein Puzzle aus den bisherigen vier Filmen des Doinel-Zyklus, die die zahlreichen Rückblenden der filmischen Gegenwart bilden. Was nichts anderes heißt, als dass Antoine Doinel (Jean-Pierre Léaud) – der im Film inzwischen einen autobiographischen Roman geschrieben hat – Bilanz zieht. Und Truffaut eben auch.
Dabei bekommen die Frauen etwas mehr Platz und die Szenen werden zuweilen so geschnitten, dass sie neue Pointierungen gewinnen. Das Bizarre ist aber, dass der Film am besten in der Gegenwart wirkt. Wenn es um die neue Liebe geht, um das Winden mit den Zweifeln, ob die Bahn alter Lieben für Doinel/uns abgefahren ist, oder ob er/wir uns doch dem Jetzt verschreiben, ist LIEBE AUF DER FLUCHT am besten, frischsten und gefühlvollsten. Die Filmausschnitte hingegen bringen keine Nostalgie, sondern Schwerfälligkeit. Schon weil sie nicht knapp eingeschnitten werden, sondern ungemein viel Platz bekommen und das Bekannte nochmal zur Schau tragen. Aber auch, weil sich das Leben Doinels damit auf die Schlaglichter der Filme beschränkt … als ob wir mit Scheuklappen in die Vergangenheit blickten. Vll. empfand es Truffaut ebenso, weshalb er wenigstens ein paar neue Rückblenden aus der jüngeren Vergangenheit drehte. Und doch fühlt sich das Ergebnis damit wie eine dieser Folgen einer Sitcom an, in der die letzte Staffel Revue geschehen darf (oder die ganze Serie). Wie ein bisschen Best of und Zweitverwertung.
Dienstag 10.10.
gut +
Völlig unnützer Einwurf: Während des Films erwähnte ich gegenüber Sabrina Z., dass es in der Nähe des Handlungsorts einen französischen Fußballverein gibt, der in der ersten Liga spielt (oft auch noch relativ erfolgreich) und dessen Stadion mehr Zuschauer fasst, als es Leute in der Stadt gibt. Unmittelbar darauf standen die Hauptfiguren mit Schals und Trikots des RC Lens im Stadion und ich hatte erfolgreich kluggeschissen. Naja.
Montag 09.10.
fantastisch –
Das Verbindungsglied zwischen dem Naturalismus Gerhart Hauptmanns und der Melodramhysterie von Rainer Werner Fassbinder. Mehr dazu bei critic.de.
Sonntag 08.10.
nichtssagend
Die Drehorte sind mal wieder äußerst eindrucksvoll und ebenso in Szene gesetzt … nur muss Tobber Checki dieses Mal nicht nur beständig überzogen verbalisieren, wie toll und eindrucksvoll das alles ist, sondern bekommt einen ausgedehnten Plot über Freundschaft mitgegeben, weshalb der halbe Film aus der aufgesetzten Performance von gemeinsamer Freude besteht. Dies könnte also auch DIE UNERTRÄGLICHE UNENDLICHKEIT DES EIER-SCHAUKELNS heißen. Oder anders: Wenn ich sehe, wie Lotti Z. (7 Jahre) sich über den Film freut, wird mir eindrücklich bewusst, wie zynisch ich bin und wie unheimlich mir diese Welt (leider?) ist, in der alle nett zueinander sind und in der alle Protagonisten Rücksicht aufeinander nehmen.
großartig
Bert (James Cagney) und Anne (Joan Blondell) sind ständig in Bewegung, weshalb BLONDE CRAZY in Hotels, in Zügen, auf der Straße und an der Rennbahn spielt. Erst im Gefängnis kommt es zum (auch nur zwischenzeitlichen) Stillstand. Weshalb BLONDE CRAZY ständig seine Erscheinung ändert, vom frivolen Film von Hotelangestellten zur schon anständigeren Trickbetrügerkomödie hin zum bitteren (Melo-)Drama. Weshalb dieser Film, in dem ein Anschein grundsätzlich trügt und James Cagneys fiebriges Spiel rasant zwischen stiller Verletzung und aufgeblasenem Übermut, zwischen Introspektion und Expressivität wechselt, eine schwungvolle Meditation darüber ist, dass das Leben erst im Tod zum Stillstand kommt. Oder wir lesen es als eine traurige Geschichte einer jeden Liebe, die nichts anderes als das langsame Verglühen der Leidenschaft ist, wenn selbst die Ausdrücke der Romantik zwischen Bert und Anne – die Ohrfeigen – zusehends routinierter und seltener werden … und BLONDE CRAZY überhaupt immer gesetzter wird. Oder wir sehen den Film von Trickbetrügern, die, wenn es um Geld geht, alles haargenau planen können, in ihren Charaden und Komplotten bzgl. der gegenseitigen Gefühle jedoch gnadenlos scheitern.
Sonnabend 07.10.
nichtssagend
Ein Mädchen aus Feuer kann Sand zu Glas schmelzen und so ziemlich alles daraus formen, von lebensrettenden Wänden bis zu kleinen, kunstvollen Blumen. Außerdem gibt es einen Garten unterwasser, in dem sich unzählige Blüten öffnen, wenn sich ihnen genährt wird. Der Phantasie und der Schönheit stehen also alle Wege offen, aber stattdessen interessiert sich ELEMENTAL eigentlich nur gewinnbringend für eine Wasserfamilie, die wegen allem zu weinen beginnt, und für die erst Berührung zwischen dem Feuermädchen mit einem Wasserjungen, die einem Wunder gleichkommt, da der Film davor nachdrücklich etabliert hat, wie zerstörerisch das eine für das andere ist. Meistens ist dies aber eine etwas phantasielose Liebegeschichte, die sich uninspiriert an die dramaturgische Blaupause von inspirierenden Lieben zwischen Gegenteilen und separierten Bevölkerungsgruppen hält.
gut –
THE CANNONBALL RUN als konzentrierter Film über ein Autorennen von der Ostküste zur Westküste der USA, und damit ein Film über schnell dahinrasende Autos, deren Unfälle und wehende Haare im Caprio. Also die Version des Films, die sich wirklich für seinen Kern interessiert … die aber dafür in Sachen Witz und Figuren eher abstinkt. Vll. fehlen ja aber auch nur Rainer Brandt und Jack Elam.
Freitag 06.10.
ok +
Das Konzept, die Wissensvermittlung in eindrückliche Naturaufnahmen einzulassen und das Leben als komplexen Zusammenhang zu zeigen, der einen um den ganzen Planeten jagt, finde ich erstaunlich gelungen umgesetzt. Und: Bärtierchen for the win. Nur Tobi und die Tendenz, Erstaunliches mit Overacting verkaufen zu müssen – dass eben ein Schwarm Delphine nicht einfach nur schön sein darf, sondern so getan wird, als wäre sie zu sehen eine lebensverändernde Erfahrung – nerven ungemein.
gut
So schön es ist, dass es diesen Film gibt, so sehr ist er meist weniger gut als gutgemeint. Das Problem ist wahrscheinlich, dass hier und da einige tolle Ansätze in Richtung Comedywahnsinn – Jennifer Lawrence prügelt sich nackt am Strand – und großer Gefühle – Andrew Barth Feldman spielt eine gefühlvolle Klavierversion von MANEATER und hält J-Laws Figur einen Spiegel vor, wie er ihr auch seine Liebe erklärt – herumliegen, aber es nie zustande gebracht wird, mehr daraus zu machen. Oder wie es Lukas F. bei letterboxd sagt: Does anyone even fuck anymore? Who knows, really?
Donnerstag 05.10.
großartig –
Das luftige Ehedrama, das mittels einer Affäre und einer folgenden Trennung die gegenseitige Liebe eines Paars deutlicher hervortreten lässt und das zwischen absurden Routinen und Melancholie hin und her schwingt, ist schon ganz schön. Aber erst die Jobs der Figur Jean-Pierre Léauds veredeln es. Seine wunderschönen Blumenfärbexperimente und die Steuerung von fernbedienten Modelbooten für hydraulische Tests in einem großindustriellen Betrieb, der hier mehr Wiese und Wasser-becken ist als Fabrik, ein Traumarbeitsplatz.
Mittwoch 04.10.
großartig
Bruno (Rüdiger Vogler) und Robert (Hanns Zischler) steigen aus der Gesellschaft aus, fahren mit einem Transporter durchs Land, reparieren Filmprojektoren in Provinzkinos und lesen kleine lokale Zeitungen … womit sie der Zeit, aus der sie stammen, beim Sterben zusehen. Ein bisschen scheiternd-erfolgreiche Aussprache mit dem Vater hier und der Besuch des leerstehenden Elternhauses da, füllen die mäandernde, betäubte Zeit.
Dass IM LAUFE DER ZEIT dieses Treibenlassen gegen Ende einer herkömmlichen Dramaturgie zuführt und sich zum Drama von Leuten entwickelt, die wohl gar keine entspannten Slacker-Don Quichoten waren, sondern ihre Probleme die ganze Zeit verdrängt haben sollen, ist nicht zwangsläufig schlecht. Wie sehr Wenders dies aber in Selbsthass untergehen lässt, ist zumindest irritierend. Gerade weil er nicht nur Bruno und Robert aufeinander losgehen und mit ihrem Leben brechen lässt (das sie sicherlich nicht langfristig hätten aufrecht halten können). Wenders lässt Robert kurz vor Schluss aber auch in den Raum stellen, dass die BRD von den USA (kulturell) kolonialisiert wäre. Wenders, dessen Filme stilistisch – mit seinen Roadmovies – und akustisch – mit seinen Country- und von John Fahey-inspirierte Soundtracks – immer wieder die Weiten der USA evoziert. IM LAUFE DER ZEIT, in dem wir sehen, wie Vogler die Wurscht aus dem Arsch kommt und wie ein Filmvorführer seinen erigierten Schwanz reibt, lässt er zudem damit enden, dass eine Kinobesitzerin ihr Kino in Stand hält, aber nicht mehr für den Schund öffnet, der gerade veröffentlicht wird.
Das Ende an der innerdeutschen Grenze scheint so nicht einfach nur die innere Wunde der Protagonisten zu sein, sondern auch Wenders eigene. Die Frage ist nur, ob er hier blind dafür war, dass er sich selbst trifft, wenn er gegen die Anderen, die Sex- und Exploitationsfilme, die in den besagten Kinos durchgängig laufen, austeilt. Oder ob er solidarisch das Ende des Kinos zeigt, wenn solche (inneren) Snobs das Sagen haben. So oder so ist IM LAUFE DER ZEIT lange Zeit ein Traum des lakonischen Treibens, das am Ende in seinen Alptraum kippt.
Dienstag 03.10.
großartig –
Als Sabrina Z. nach dem Film las, dass der dt. Titel DIE FARBE LILA lautet, meinte sie, dass der Titel dann ja seinen Sinn verliert. Ich, der den Film vor allem unter seinem deutschen Titel und nur ferner unter dem Originaltitel kannte, verstand nicht, was sie meinte. Als sie dann erklärte, dass es halt um The Colored People ging, fielen mir die Schuppen von den Augen und ich schämte mich, ob meiner Blindheit.
Des Weiteren hatte ich in Unkenntnis des Films überlegt, ob ich ihn mit Lotti Z. (7 Jahre) schauen könnte … die FSK setzt ja oft etwas hoch an. THE COLOR PURPLE startet aber gleich mit einer halben Stunde voll Vergewaltigung und diabolisch grinsenden Kindern, in denen sich Spielberg wieder als Horrorregisseur erster Güte offenbart, der noch im sentimentalsten Film biestische Dinge unterbringt. So auch zwei Männer, die sich lachend darüber unterhalten, wie sie es ein und derselben Frau besorgt haben … und dabei zu Whoopi Goldberg geschnitten wird, die eine Stange apathisch und unsanft in die niederen Regionen eines Truthahns stößt, um ihn zu stopfen. Ich warte doch noch damit, ihn mit ihr zu schauen.
gut +
Was mich wirklich verwirrt hat, war, dass es in diesem Katastrophenfilm nur drei Stars gab und nicht eine Handvoll, die größtenteils lustvoll in den Tod geschickt werden. Dafür gibt es Feuer, Dreck und Matsch, die sich als Patina des Kapitalismus auf alle legen.
gut
Ein Melodrama im Westerngewand, das vom friedlichen Zusammenleben zwischen Apachen und den Bürgern der USA träumt, wobei alles in völlig jenseitiger Harmonie endet … trotz des Umstands, dass fast alle Weißen in den Apachen nur widerwärtige Wilde sehen und sich ihrem Hass blindwütig hingeben. Es bleibt auch zuvorderst harmonisch, obwohl das Blut durch den Tod der Apachin, die Stewart heiratete, hochkochen müsste. Der Traum von Ruhigblut, der die Apachen zu edlen Menschen macht. Ein Traum, der einem ob der Realität der Geschichte staunen macht. Ein Traum, der von einem schlechten Gewissen kündet, das sich auf einen kleinen Ausschnitt konzentriert, um den Rest wegblocken zu können.
Montag 02.10.
gut
Nach jedem Einbruch wird Egon umgehend gefangen gesetzt und Benny und Kjeld müssen ihn retten, woraufhin Egon wieder einen Plan hat, um die Beute erneut zu erbeuten … woraufhin es wieder von vorne losgeht. Die Pläne mit dem Stinkekäse und dem traurigen Hund sind ganz schön, ebenso wie die Säure- und Giftstofffabrik mit ihrer giftgrünen alles zersetzenden Soße. Aber dieses Hin und Her ist sichtlich vor allem deshalb da, um Zeit zu schinden und den Film zu einem Zweiteiler zu machen. Weshalb dies im Grunde den abstrakten Bauplan eines Olsenbandenfilms bietet, der nur als ein solcher nicht so ganz glänzen will. Trotz alledem sind die gesellschaftlichen Gegebenheiten der Pläne und die dazugehörigen Erklärungen von Kommissar Jensen (Axel Strøbye) in den letzten Teilen so wertvoll wie ein wirtschaftspolitisches Seminar. Ich werde sie vermissen.
ok +
Zum Abschluss der Filmreihe geht es nach Paris, und von einem gelungenen Witz mit den öffentlichen Pissoirs und mit der dortigen weltberühmten Prostitution abgesehen, ist dies erstaunlich uninspiriert.
großartig +
Ansa (Alma Pöysti) und Holappa (Jussi Vatanen) gehen für ihr erstes Date ins Kino. Dort, wo sonst vor allem Klassiker zu laufen scheinen, schauen sie THE DEAD DON’T DIE. Sie befinden sich in einem Umfeld, dass mehr denn je überlebt scheint – Stichwort: das Sterben der Kinolandschaft –, schauen sich den Film eines Filmemachers an, der sich nicht mehr in den Heydays seiner Karriere befindet und der einen Film in einem Genre gemacht hat, das auch schon vitalere Zeiten erlebte. Im Umfeld des Todes bewegen sie sich … während die Kriegsnachrichten im Radio von einem viel zu Nahen realem Sterben künden. Die Liebe zwischen den beiden blüht zaghaft, wie sie vll. nur bei Kaurismäki aus Schweigen und Trennung blühen kann, also in einem untoten Umfeld. Die beiden Protagonisten sind zwar nicht so alt wie ihr Regisseur, aber doch erzählt FALLENDE BLÄTTER vom Herbst des Lebens, vom Ende der Dinge und vom Trotz und Unwillen den eigenen Tod und den der eigenen Lebenswelt anzuerkennen. Es ist der beste Kaurismäki seit langem. (Vll. waren die letzten Jahrzehnte ja einfach zu angenehm, weshalb seine Lakonie nicht mehr so ganz funktionierte.)
großartig –
Eine Herzensangelegenheit, bei der alle Mittel in einen Aspekt gesteckt wurden … ähnlich wie Mitch Browns SHOT, nur noch konzentrierter und eindimensionaler. Weshalb GONE IN 60 SECONDS aus einer 50-minütigen Ouvertüre besteht, die einen Gangsterfilm darzustellen versucht, und aus einer 40-minütigen Autoverfolgungsjagd, die reinstes, schönstes, atemberaubendstes, völlig bescheuertes Kino bereithält.
Sonntag 01.10.
fantastisch –
Jean-Pierre Léaud steht vor einer Tafel und sucht nach geheimen Botschaften in einem Gedicht, dass ihm zugesteckt wurde. (Es wird als Teil der Ballade THE HUNTING OF THE SNARK von Lewis Carroll identifziert, ist aber reine Fiktion, da es diesen Abschnitt in dieser gar nicht gibt.) Er versucht in den Anfangsbuchstaben der (geraden/ungeraden) Zeilen Sinn zu finden, sieht Verweise zu der Geschichte der Dreizehn von Honoré de Balzac, zählt jedes dreizehnte Wort ab. Er schreibt dazu, unterstreicht, umkreist und wischt weg. Weil ihm kein Schlüssel mitgegeben ist – falls es denn überhaupt einen gibt –, sucht sein paranoid gewordener Geist, bis er einen Sinn gefunden hat.
OUT 1 ist lange unbestimmtes Geschehen. Nur beiläufig erhalten wir vage Schlüssel für das Geschehen und ob es irgendwann Sinn ergeben wird, bleibt lange offen. Stattdessen halten die 12 Stunden und 45 Minuten Laufzeit vor allem Zeit für den Zuschauer bereit. Zeit, die Leuten durchzuzählen, Theorien aufzustellen und zu verwerfen. Uns assoziativ dem opaken Geschehen zu nähern und zu rätseln, was das soll.
Den einen eindeutig vorhandenen rote Faden bildet die Paranoia. Nach (möglicherweise existierenden) Geheimgesellschaften wird nämlich gesucht. Leute versuchen andere zu enttarnen oder hinter ihre Geheimnisse zu kommen, während andere lieber Geheimniskrämerei betreiben … oder sie sagen so leichtfertig die Wahrheit, dass einen doch die Ahnung beschleichen kann, dass sie lügen. Den beiden Theatertruppen, die Stücke von Aischylos zur aufführen wollen und die lange den Gravitationspunkt des Geschehens bilden, werden zwei Individuen entgegenstellt, die es nicht schaffen Teil von etwas zu sein und ausgeschlossen vom Sinn bleiben, der in Gruppen gestiftet wird und doch immer präker bleibt.* Von Spiegeln ist OUT 1 durchzogen und von sich doppelnden Bedeutungen. Hier die Rollen, die ständig gespielt werden, da die Authentizität, die ein Rätsel bleibt. OUT 1 ist ein Lob der Paranoia und hat einen pynchonesken Spaß daran, dass sich Bedeutungen nicht festsetzen lassen und dass Wissen nicht zu Sicherheit führt, weil in irgendeiner Ecke doch immer noch die Zweifel lauern.
Irgendwann fällt einem dann vll. auf, dass die ersten Hauptdarsteller 13 an der Zahl sind, dass der Film fast 13 Stunden geht und dass darin nach einer Gruppe von 13 gesucht wird. Dass dies aber keine Konstanten sind, dass sich der Personenkreis nämlich ausweitet und verschiebt. Dass nie vollständig klar wird, wer der Figuren Teil der Geheimgruppe der 13 ist und ob es nicht vll. schon eine neue gibt. Dass der Film in acht Teile unterteilt ist und mit 25 Bildern in der Sekunde gedreht wurde, weshalb es schon zu Vorführungen kam, wo der Film ein Bild in der Sekunde zu langsam, also nicht in der normalen Geschwindigkeit abgespielt wurde, und der Durchschnitt der einzelnen Episoden verdächtig lange ist … kurz: ich zweifelte auch noch, ob ich nicht vll. etwas Verfälschtes schaute.
Aber auch ohne diesen Kram um die 13 stehen unterschiedliche Zugänge zur Realität im Raum. Die eine Theatertruppe strebt nach Präzision ihrer Mittel und nach Entfremdung. Sie üben und üben, dass alles genau den richtigen Ausdruck findet. Ihnen gegenüber steht eine Gruppe, die Happenings feiert, improvisiert und nach inneren Wahrheiten sucht. Nach der Freiheit von den eigenen Verklemmungen und Ängsten. Von Schöpfung erzählt der Film und führt sie uns vor, lässt uns Teil dieser sein, wenn nach ca. drei Stunden die ersten zaghaften Angebote einer Handlung gemacht sind, woraufhin sich das Geschehen langsam, ganz langsam zusammenzieht und konzentriert, bis sich aus der ausgedehnten Gegenwart der Theaterproben mit seltsamen Leuten und seltsamem Verhalten doch ein Plot entfaltet. Weil wir und der Film doch einen Sinn fanden.
Aber all das sind nur die Spielereien, mit denen ein OUT 1 beglücken kann. Das Tollste ist aber, wie wenig er von einem verlangt, wieviel Freiheit er uns (zum Spielen) lässt – da wir uns in einem Film von Jacques Rivette befinden, wird selbstredend auch ein Stadtplan, zu einer Art Spielbrett. Wo andere Filme langweilen, wenn sie uns mit einer Handlung bedrängen, es aber nicht schaffen, dass wir uns dafür interessieren, findet sich hier ein unerwartetes Glück. Weil zwar nichts geschieht, aber auch nichts soll. Weil wir bei einem 13-stündigen Film vll. auch nicht erwarten, dass hier Schnelle und Zug herrscht. Von mir fiel jedenfalls alle Ungeduld ab und ich konnte einfach hinnehmen, dass es dauert. Es ist schlicht erstaunlich wie kurzweilig die Langeweile von OUT 1 ist.
Ein Sinnzusammenhang, der sich bei mir einstellte, hing übrigens mit einem Interview mit Rivette zusammen, das ich vor Jahren gelesen habe. Darin stellte er fest, dass er ausnahmslos negative politische Filme als gelungen empfindet und dass diese einseitige Wertschätzung fast schon universell. Resnais‘ DER KRIEG IST VORBEI, in dem der (terroristische) Widerstand gegen das Franco-Regime scheitert, ist beispielsweise toll, während Filme mit positiven Resultaten leider wie Agitprop oder naiv wirken. Und irgendwo steckt in der Dekonstruktion von und in der Meditation über Wahrheit, Wissen und Bedeutung, die OUT 1 ist, auch ein politischer Film, der eine Gruppe von Verschwörern einführt, die um ihren Zusammenhalt ringen, die zwischen jugendlichem Enthusiasmus und erwachsener Resignation schlingern, die nach Wegen suchen, relevant zu sein und Änderungen zu bewerkstelligen. Und auf indirekten Wege kirkegaardschen Spiegelfechtereien schafft es der Film zu etwas Positiven zu kommen, auch wenn dieses nur in Hoffnung liegt, in einer zaghaften Wendung der Paranoia in zweifelnde Zuversicht.
Um diese lange Geschichte aber kurz zu machen: Auch wenn OUT 1 zuweilen nerven und irritieren kann, ist er vor allem ein Vergnügen und eine erfreuliche Wandelung der eigenen Wahrnehmung von Zeit.
*****
* Eine der schönsten Momente bzgl. Gruppendynamiken und dem Außenvorbleiben des Individuums ist die Szene, in der Michael Lonsdales Figur einen Abend mit seiner aktuellen Freundin (Edwine Moatti) und einer Freundin (Bernadette Lafont) verbringt und einen Dreier zu initiieren versucht. Er nimmt die Hand der einen und beginnt damit die andere zu streicheln uswusf. Sein Vorhaben kommuniziert er aber nicht offen, während die beiden Frauen ihn – eher mitleidig wie es scheint – gewähren lassen, solange er nicht zu zudringlich wird. Über mehrere Minuten sehen wir, wie Lonsdale sich abmüht Lust und Gruppensex zu entfachen, aber nur eine traurig streichelnde Figur macht, während die Frauen zwar nicht offen nein sagen, ihn aber im Endeffekt immerdar auflaufen lassen. Ein Tristmonument der Sonderklasse.
*****
Im Film spielt das Spiel der Dreizehn eine Rolle. Darin wird ein halbes Romméblatt ohne Joker gemischt und eine Karte nach der anderen aus dem Stapel umgedreht und jede Karte wird gezählt … bis bei der 13 angekommen ist, worauf wieder bei eins begonnen wird. Wenn der Kartenwert aber der gezählten Zahl entspricht, ist das Spiel vorbei und es ist verloren. Wenn beispielsweise die zweite Karte umgedreht wird und diese eine zwei ist. Im Film wird gesagt, dass die Chancen einmal durch den Stapel zu kommen und vier Mal bis zur Dreizehn anzugelangen, sehr gering seien. Also habe ich mir Karten genommen und es probiert und bin der suchterzeugenden Frustration erlegen, da es wahrhaftig immer wieder scheitert. Gerade deshalb konnte ich aber nicht aufhören, es zu probieren … weil es doch mal Funktionieren muss, weil der Spielergeist nicht zwangsläufig mit seiner Chance rechnet, sondern auf das Wunder wartet. Sabrina Z. und vor allem Lotti Z. (7 Jahre) habe ich schnell damit angesteckt.
Nach ca. 100 Versuchen bin ich einmal durchgekommen. Nun weiß ich, dass ich es bitterer finde, wenn ich gleich als erstes ein Ass bekomme und sofort gescheitert bin – Ass zählt als eins, Bube als Elf, Dame als Zwölf und König als Dreizehn – während es ärgerlich, aber auch erstaunlich ist, wenn die letzte Karte dann doch der König ist, der einem in letzter Sekunde doch noch den Erfolg raubt. Oder anders: Dies ist einfach auch das passende Patiencespiel zum Film.
gut –
Dem Schmerz einer traumatischen Erfahrung entspringt ein Wunder … und/oder der Zusammenbruch der Realität, und Anderson versucht erst gar nicht uns eine Realität zu zeigen. Stattdessen gibt es eine fein geölte Theaterbühne, die Terror und Nötigung zu verspielten Requisiten einer Geschichte machen, die sich dem Grauen nicht zu nähern mag, weil diese zu grausam ist, in ihrer gesamten Realität unaussprechlich und unzeigbar. Es funktioniert ganz gut, nur wirken der Schmerz und das aus ihm erwachsende Wunder schon wie Ornamente einer zu routinierten Erzählung. Wahrscheinlich passen Dahls Erzählung, die nach mehr Gift verlangt, und Wes Anderson-Stil, dessen verspielte Überspielung des Schmerzes zu Aseptik neigt, nicht so ganz zueinander.
September
Sonnabend 30.09.
gut
Das Spiel mit dem skandinavischen Schmier hält wieder Einzug. Ein belgischer, katholischer Bankwärter wird mit einem Sexmagazin und einem Seemannsballon, sprich einer Sexpuppe, abgelenkt. Und weil er sowas aus seinen verklemmten Niederrungen nicht kennt, ist er ganz hin und weg. Süß.
großartig
Bisher war ich der Meinung, dass THEY LIVE als tolle Studie über das Wegschmelzen der Mittelschicht unter Ronald Reagan beginnt, dann eben diese eine sensationelle Idee etabliert und nichts damit macht, außer sich relativ schnell Richtung Happy End zu bewegen … mit einem Abstecher in eine ausgedehnte Wrestling-Szene. Dieses Mal erschien mir alles rund und gelungen. Zwei Typen – all muscle, no brain – retten die Welt und habe gar keine anderen Mittel, als mit Onelinern um sich zu schmeißen, weil sie von allem um sich herum überfordert sind. Dazu noch die irrealen Augen von Meg Foster und die diabolische Verwendung ihrer Figur, fertig ist der grandiose Film.
ok +
Völlig von der Hoffnung geblendet ging ich in den Film und glaubte, dass Gareth Evans (THE RAID) hier Regie geführt hätte. Aber als in THE CREATOR Leute aus einem Flugzeug sprangen und dazu EVERYTHING IN ITS RIGHT PLACE zu hören war, es aber so gar nicht passen mochte – ich erwischte mich dabei, nur noch auf Radiohead zu hören und gar nicht mehr zu verfolgen, was passierte –, wurde mir klar, dass es nun wirklich nicht Evans sein konnte, sondern dass hier Edwards seinen GODZILLA-Ligeti-Moment aufwärmen wollte und ordentlich scheiterte. Trotz eines Regisseurs, der hin und wieder mit seinem guten Musikgeschmack prahlt, ist THE CREATOR aber gerade hinten raus, wenn die Tränendrüsen animiert werden, doch ein ganz schöner Film.
Freitag 29.09.
gut
In diesem Hillbillys-machen-Jagd-auf-ein-Mittelstandspaar-in-dem-sie-nur-Snobs-sehen-Thriller wird ein Mann durch die Hölle geschickt, weil er sich mehr Sorgen um sein Auto machte als um seine Frau. Eine sehr ansehnliche Hölle, voller Autoverfolgungsjagden, alptraumhafter Zusammenhalt der Eingeboren und Wasseraction.
fantastisch –
Die lateinamerikanisch angehauchte Musik deutet stetig daraufhin, dass dies ein Film über den Sommer in der Stadt ist. Über Hitze und Druck, die es erschweren einen klaren Gedanken zu fassen. Ganz nett wäre dieser korrupte Polizisten behandelnde Thriller. INTERNAL AFFAIRS fasziniert sich aber – ganz dem Titel entsprechend – innere Angelegenheiten und ist dabei ein Film über Spiele. Ein Ehepaar (Andy Garcia als Polizist & Nancy Travis als Galeristin), das lieber mittels passivaggressiven Spielchen miteinander kommuniziert, um sich seinen Beziehungsproblemen nicht zustellen, spiegelt sich in Verhältnis von Garcia mit einem Polizisten (Richard Gere), der die Genuss für Spiele voll Rivalität, Doppeldeutigkeit und Hinterlist – wobei nichts wirklich angesprochen wird, sondern zu einem brodelnden Hin und Her gemacht wird – für Garcia auch auf die Arbeit ausweitet. Ein Ehepaar, bei dem jeder für sich Karriere macht und deshalb den Kinderwunsch (unausgesprochen, klar) hintenanstellt, während beide von einem hyperpotenten, sexbesessen Alptraumpolizisten (immer noch Gere) mit mindestens neun Kindern verfolgt werden. Als megaschmieriger, artifizieller und eben total verspielter Thriller, bei dem ein und dieselbe Konstellation Lust und Alptraum ausdrückt, ist dies aber sensationell.
verstrahlt +
Ein italienischer Offizier (Al Cliver), für den der Begriff mansplaining erfunden wurde und der in einer Tour den Frauen um sich tiefsinnig die Welt erklärt, bringt aus dem Abessinienkrieg eine Sklavin (Laura Gemser) mit nach Hause, als Spielzeug und um sich in seinem verständnisvollen Tierbändigungskönnen zu sonnen. Doch in der Villa, in der Eifersucht, Lust und Verschwendung herrschen, werden bald alle von der kalten Beobachterin unterworfen … die alle einen Film drehen lässt, in dem weiße Frauen vergewaltigt werden, um der Welt das Leid zu zeigen, was die Weißen in ihre Heimat brachten. Und das alles in D’Amatos dampfigen Erotikhochglanz. Pasolini, dem ein Hustler durchs Herz gebohrt wurde.
Donnerstag 28.09.
uff
High Concept-Quark über Hacker, eine Schauspielerin (Sasha Grey) und deren twistreiche Entführung, der sich großenteils auf einem Computerbildschirm abspielt und kaum etwas rüberbringt außer das Gefühl, wie toll Vigalondo sein Konzept und sich anscheinend findet.
Mittwoch 27.09.
ok
Dass BARBARIAN QUEEN von Beginn weg deutlich schmieriger ist als HAWK THE SLAYER, ist ein Pluspunkt, nur ist der Umstand, dass sich der Schmier oft in einer Vergewaltigungsobsession ausdrückt, gleich wieder enttäuschend. Eine Obsession, die auch den zweiten Teil eintrübt, wenn die Saga von umherziehenden Kriegerinnen in einer Festung ankommt, wo sie Teil einer breiten Rebellion werden. Denn die Festung heißt für unsere Protagonistinnen sofortigen Freiheitsentzug. Sie landen im Kerker, in der Folterkammer und im Harem. Aus den Weiten einer phantastischen Welt voller pulpiger Abenteuer wird ein Kampf von Frauen, denen ulkige, böse und eklige Vergewaltiger Macht über sie gegeben wird, aber die Filmemacher außer ihrer Obsession nichts mehr beizutragen wissen.
Dienstag 26.09.
großartig +
Antoine Doinel (Jean-Pierre Léaud) wird Angestellter einer Privatdetektei und beobachtet als außerirdische Entität in der Welt der Normalen den seltsamen Eiertanz der Erwachsenen zwischen Begierden und Respektabilität … wobei seine Traumfrau in seinem Bett landet und er es schafft eine Beziehung aufzunehmen. Leichtfüßig, leicht torkelnd (gerade im Schnitt), diffus und amüsant: BAISERS VOLÉS könnte der Keim sein, der mich von meiner tendenziellen Indifferenz/Abneigung gegenüber Truffaut heilt.
Montag 25.09.
ok +
Buck (Edward G. Robinson) kann seine große Liebe nur heiraten, wenn er sich einen Job sucht und das unstete Leben des professionellen Gamblers aufgibt. Er versucht es und scheitert … und versucht es erneut und scheitert weiter. Rags to ritches und zurück, ein ewiger Kreislauf. Statt aber das große Drama mit moralischer Katharsis herauszuarbeiten, fliegt die Handlung nur so vorbei und gibt sich mit trotziger Selbstakzeptanz und dem Twist zufrieden, dass nirgends das Paradies auf einen wartet … außer vll., wenn Edward G. Robinson mit einem Windhund knuddelt und uns mit einem der bizarrsten Bildern weltvergessenen Glücks aufdrängt, dass nicht die Entwicklungen im Leben zählen, sondern die von allen Selbstzweifeln gesäuberte Gönnung zwischendrin.
Sonntag 24.09.
nichtssagend –
Nicht ganz unerträglich. Und das ist vll. das größte Kompliment, das einem PAW PATROL-Film gemacht werden kann.
gut
Die Heists sind weiterhin wunderbar und der Running Gag um Kjelds Diät eine kreativ eingesetzte neue Note. Ansonsten handelt es sich um einen zumindest soliden Film der Olsenbande.
großartig –
Immer wieder schön ist, wie sich der neue Staatsanwalt nicht hinterfragt und sich nicht einzuleben gedenkt, sondern dass er immer wieder die Granden einer archaischen Gesellschaft auf Verdacht polizeilich in Gewahrsam nehmen lässt und damit nur scheitern kann. Oder wie er von allen nur Staatsanwalt genannt wird, bis ihn irgendwann keine institutionelle Macht mehr schützt und er dann nur noch Emre ist. Mehr zu BURNING DAYS im Perlentaucher.
Sonnabend 23.09.
großartig
Zwei Energien treiben INTERVIEW MIT EINEM VAMPIR an. Auf der einen Seite: Lestat (Tom Cruise), der sein Vampir-Sein als Möglichkeit umarmt, Lautréamonts DIE GESÄNGE DES MALDOROR auszuleben. Solange er Louis (Brad Pitt) unter seinem Einfluss hat, ist der Film kinky, lustvoll und pervers. Selbst die Adoption einer Tochter (Kirsten Dunst) in die dysfunktionale Ehe der beiden, die als Kind zum Vampir gemacht wird und ewig Kind bleiben muss, obwohl sie eine Frau sein und sexuell erwachen möchte, so aber nur in kindlicher Amoral vor sich hinmordet, steckt in der verwesenden Geilheit fest, die Lestats Seite des Films ausmacht.
Auf der anderen Seite eben Louis, der existentiell Leidende, der Vampir wird, weil er lebensmüde ist, und dann feststellt, dass er keine Lust auf Sex hat bzw. halt darauf, Frauen und Männer in ihre pulsierenden, heißblütigen Adern zu beißen, die sich ihm durchgängig anbieten. Sobald er sich von Lestat löst, folgt ein trocken dahinstolzierender Leidporno, in dem jede Form von Lust wie eine Clownsmaske von überdrüssigen Unsterblichen wirkt. Es folgen Winkelzüge und traurig hingenommener Verrat. In einer post-protestantischen Leichenstarre schreitet die Handlung nun dahin. Bis Lestat zum Glück kurz vor Schluss wiederkommt und die 1980er für sich beansprucht, die die zweihundert Jahre umspannende Filmhandlung inzwischen erreicht haben.
Womit INTERVIEW MIT EINEM VAMPIER im Grunde eine korrupte katholische Lust einem melancholischen, protestantischen Ernst entgegen- und beide aus der Perspektive des jeweils anderen darstellt … als eklige bzw. lebensfeindliche Verkommenheit.
Freitag 22.09.
ok
THE WILD BUNCH kam nur zwei Jahre später in die Kinos und teilt sich viel mit Siodmaks vorletzter Regiearbeit. Nicht nur Robert Ryan als Nebendarsteller, sondern auch die Diagnose, dass der Westen vorort auf sein Ende zusteuert, dass für die alten Haudegen kein Platz mehr sein wird und es für sie nur in einer letzten, alles vernichtenden Schlacht enden kann. Bei allen Gemeinsamkeiten sind beide aber doch grundverschieden. Mit seiner rohen, nihilstischen Energie gleicht THE WILD BUNCH dem Punkrock, der ein Jahrzehnt später der überproduzierten Rockmusik den Kampf ansagen wird … und CUSTER OF THE WEST ist eben das Glatte, Orientierungslose und Müde gegen das THE WILD BUNCH gerichtet erscheint.
George A. Custers Biographie wird hier jedenfalls aufgearbeitet und geglättet. Sie mäandert durch seine Zeit und will überall einen Kämpfer zeigen, für den es keine Kämpfe mit dem Degen in der Hand mehr gibt. Er ist dabei weder Rassist, noch leidenschaftlicher Injun-Töter, sondern eine tragische Figur, die kein Ventil für seine männliche Kraft findet … überall finder er nur Politik, Intrigen und Korruption. Und da er lediglich Action erfahren möchte, landet er nach dem Bürgerkrieg da, wo es sie noch gibt: in den Indianerkriegen, wo er gegen seinen Willen die Befehle aus Washington ausführt.
Dieses epische Portrait eines Haudegens ist in seinen besten Momenten krude – beispielsweise beim Dauerlauf, mit dem Custer (Robert Shaw) seinem weibischen, befehlsverweigernden Regiment zeigen möchte, dass er der Hahn im Korb ist, und nur Zweiter wird (ein tolles Portrait über die komplexe Logik von Männlichkeit scheint immer wieder durch). Meist zieht sich CUSTER OF THE WEST aber in wohlfeinen erzählerischen Winkelzügen dahin, die das Gleiche noch und nocheinmal mit anderen, sich immer mehr überlebt habenden Mitteln erzählt. Der Western dieser Zeit soll von Hauptdarstellern geprägt worden sein, die kaum noch alleine aus dem Sattel kamen. Dies ist vll. ein Film, der nicht mehr aus dem Sattel kommt und folglich – trotz aller erzählerischen Entwicklungen – vom Pferd in einem ausgetretenen Kreis geführt wird.
Aber natürlich ist das alles auch sinnlose Kritelei, da ich diesen 70mm-Film nur auf einer rumpligen DVD gesehen habe und nicht seiner vollen Pracht.
verstrahlt –
Die Magie des Kinos Hal Needhams. Tausende Stars und Sternchen werden versammelt und am Ende kommt nicht ansatzweise ein seriöser Film heraus, sondern etwas, das wirkt, als hätten ein paar Freunde abgehangen und dabei die Kamera laufen lassen … wie sie Scherzchen machen und wie Stuntleute ihr Leben riskieren. Das ist natürlich mehr als unrund, aber höchst sympathisch. Vor allem wenn beispielsweise zelebriert wird, wie fast jeder an den Start fährt und seine Stempelkarte einstecken darf, statt überhaupt zu versuchen eine Geschichte zu erzählen. Und Jack Elam liefert als Proktologe darüber hinaus die Leistung seines Lebens.
Einiges davon ist selbstredend cringy und kaum etwas so sehr wie die Rainer Brandt-Synchro, die weiterhin zwischen einer gewitzten Sensibilität liegt, die den Schauspielern Sätze in den Mund legt, die viel besser zu den Szenen passen als das tatsächlich Gesagte, und zwanghaften Scherzen auf Kosten von Hautfarben. So wird über Sammy Davis Jr. gesagt, dass er ja zum Glück nicht abfärbe uswusf. Und als seine Figur, die im Priesterkostüm reüssiert, des Weiteren von Burt Reynolds als Schokomönch bezeichnet wird, leistet sich Brandt ein Art Offenbarungseid. Mister Show Business, einem der schlagfertigsten Entertainer seiner Zeit, lässt er nur antworten, dass Reynolds Figur plemplem (o.ä.) sei. So schön diese Synchros sind, haben sie doch die Tendenz sich etwas bequem gegen die Anderen, die Unnormalen zu richten und die strahlenden Helden unberührt zu lassen. Und dass sie dabei gerade nur generische Witzchen aufgreifen. Was schade ist.
*****
Im Gesichtsbuch gab es vom Außenseiter eine entschiedene Anmerkung: Zu Rainer Brandt und den Sprüchen über bestimmte Gruppen möchte ich anmerken, dass er in SIE NANNTEN IHN MÜCKE einem Schwarzen, der beim Armdrücken zwischen Bud Spencer und Raimund Harmstorff letzteren anfeuert, die Worte in den Mund legt „Nun mach doch endlich, du weiße Mistsau!“, wir in DER BOMBER ähnliches zu hören kriegen von einem schwarzen Seargent, der seinen im Boxring kämpfenden Vorgesetzten als „schlappes Weißbrot“ oder so ähnlich bezeichnet und er bei der Synchronisation von DAS KROKODIL UND SEIN NILPFERD bei der Besetzung der Sprecher für die schwarzen Schauspieler diese so zu wählen und sprechen zu lassen, dass sie in der deutschen Fassung mit wesentlich mehr Überzeugungskraft und in mit ihren Figuren gewichtiger erscheinen als im Original und den weißen, rassistischen Südafrikanern fast gänzlich sprachliche Eigenheiten oder Fehlleistungen in den Mund legt, wie Stottern, träges, debiles Sprechen u.ä.
Donnerstag 21.09.
verstrahlt –
Viele, viele bunte Farben, Jack Palance, der sich im William-Shatner-rezitiert-Shakespeare-Modus befindet, Anleihen an DIE GLORREICHEN SIEBEN, die in eine schanglige Fantasy-Welt versetzt werden: Eigentlich ist HAWK THE SLAYER wunderbar … aber doch hat mich gestört, dass hier alle Leute so zugeknöpft herumlaufen und der Film so anständig bleibt. Wo waren nur die Wahrzeichen von Sword & Scorery, die Brüste beiden Geschlechts?
Mittwoch 20.09.
gut
Die von der Welt zerstörten Außenseiter des Films – Mittens, eine verbitterte Straßenkatze, und vor allem Rhino, ein fernsehsüchtiger, völlig irrsinniger Hamster – sind ziemlich toll.
großartig
Was an diesem Existential Comic nicht ganz stimmig auf mich wirkt, auch wenn ich den etwas anders gelagerten Punkt verstehe, ist, dass die Selbstzerfleischungen der Linken nie erst nach einer Machtergreifung begann, sondern immer schon lange vorher einsetzte. 1960 liegt in Japan Revolution in der Luft – im Zuge der Demonstrationen gegen ANPO, den militärischen Unterstützungsvertrag zwischen den USA und Japan, der später dazu führt, dass Okinawa zur US-amerikanischen Basis im Vietnamkrieg wird. Doch der Vertrag wurde gegen alle Widerstände ratifiziert und die Gegenbewegung, die zu ihrem Höhepunkt brutale Aueinandertreffen mit der Staatsgewalt erlebte, ebbt in Folge sichtlich ab. Frust und Misstrauen entstand zwischen denen, die sich mit dem Staat arrangierten, denen, die sich Richtung Terror radikalisierten, zwischen den Theoretikern, Aktivisten, den Zweiflern und Mitläufern.
Eine Hochzeit ist für Ôshima die Ausgangslage, um dies alles zu verhandeln. Doch das, was eine Vermählung sein soll, wird zum Ausbruch schwelender Konflikte, die den Saale in viele kleine Haufen zerteilt. NACHT UND NEBEL ÜBER JAPAN gleicht einer einzigen Anklagebank. Hier diejenigen, die bedröppelt dastehen und/oder sich rechtfertigen. Dort die Ankläger, die zwei, drei Momente aus zehn Jahren revolutionärer-studentischer Bewegung aufgreifen und nun endlich die Wahrheit wissen wollen, ob alles an zu viel Radikalität und schon inhärenter bourgeoiser Tendenzen zu scheitern droht. Immer wieder das Gleiche, aus immer wieder neuen Blickwinkeln, Ankläger und Angeklagte im ständigen Wechsel. RASHŌMON ohne Richter und mit sich ankeifenden Beteiligten. Fischen im Nebel, der Erinnerungen.
Wo die Infights in Godards Startpunkt ins rein politische Kino – LA CHINOISE (1967) – schon so absurd wirken, als würden sie LIFE OF BRIAN vorwegnehmen, da herrscht hier blanker Frust und böses Blut. Es wird zwar unendlich viel geredet, aber nachdrücklicher ist die Atmosphäre der gegenseitigen Anklagen, der Ratlosigkeit, der Schuldsuche, des Maulens und der Desillusionierung. Denn dieser Film zeigt nachdrücklich, dass dies nicht einfach eine Debatte, sondern eine (Selbst-)Zerfleischung ist. Lange Plansequenzen, die das Gegeneinander und das Ineinandergekeiltsein zeigen; ein hypnotischer Soundtrack, der dem Aufgewühltsein der Figuren etwas Entrücktes entgegenstellt: Ôshimas Film ist im Text schon reichhaltig und punktgenau, aber viel reicher ist er als Film, der mit Bildern, Tönen, Stimmen, Körpern und Gesichtern kommuniziert.
… und was für ein Film. Auch Shōchiku hatte Anfang der Sechziger versucht, mit Sex und Gewalt Geld zu verdienen. Eigentlich unfassbar für dieses konservative Studio. Davon abgesehen ist NACHT UND NEBEL ÜBER JAPAN wahrscheinlich der sperrigste, eigenwilligste und vor allem unwahrscheinlichste Film im Programm des altehrwürdigen Studios. Weshalb es nicht verwunderlich sein kann, dass Shōchiku sich nach dem Film von Ôshima trennte. Viel eher ist verwunderlich, dass sie es nicht schon vor der Fertigstellung des Films taten.
Dienstag 19.09.
gut +
Bei der ersten Hälfte handelt es sich gewissermaßen um das Blow-Up eines Anfang-Neunziger-DTV-Horrorfilms, der seine Defizite in Sachen Budget und Talent mit Überkandidelung – inspiriert vom italienischen Kino – wettzumachen versucht. Zeitweise ist wundervoll zuzusehen, wie optische und erzählerische Dezenz über Bord geworfen werden und sich stilvoll stillos gehengelassen wird. Leider fällt der zweiten Hälfte auf die Füße, dass die Figuren weitestgehend uninteressant sind. Jeder wird einmal von Hercule Poirot (Kenneth Branagh) vernommen, darf etwas von seinen Problemen erzählen, vll. sogar schnippisch sein, aber – alleingelassen vom Drehbuch – können sie schauspielerisch nichts beitragen. Verhöre mit den Schaufensterpuppen eines Dramas sind die Folge. Es ist die Krux dieser Filme: Poirot soll mit Originstories und/oder charakterliche Entwicklungen Tiefe bekommen, dabei ist er eben als snobistische Abziehfigur kaum von Bedeutung, während die Figuren, die sich mit ihm delikat zanken dürfen, völlig unterentwickelt und frei von Charisma bleiben. Da kann das branaghsche Feuerwerk der schrägen Einstellungen und der quatschigen Horror-Papageien-Zwischenschnitte brennen wie es will, am Ende fehlt ihnen ein wenig Herz.
ok +
Ganz sympathisches Einmaleins der Archäologen treffen auf blutrünstige Monster, die vor Katzen Angst haben-Filme.
Montag 18.09.
gut +
Shah Rukh Khan ist an dem Punkt seiner Karriere angekommen, wo er nur noch die Dreifaltigkeit spielen kann: den Sohn, den Vater und den heiligen Geist. Und als diese schickt er ihre Version von CHARLIE’S ANGELS aus ihrem HOGAN’S HEROS Frauengefängnis los, um gegen Gangsterbosse, korrupte Politiker und die allgemeine Politikverdrossenheit zu kämpfen. Und während dieser Superheldenerlöserfilm mal mehr, mal weniger eindrucksvoll macht, was er so macht, kommt es immer wieder zu Bildern von kollektiver Rache. Unschuldig Angeklagte werden von einem Mob mit Schuhen ins Gesicht geschlagen. Der Oberbösewicht, der keinen guten Knochen im Leib trägt, geht in einer Horde von Frauen unter, sobald er geschlagen auf dem Boden liegt. Als würde er von einer Horde Zombies zerrissen. Und während ich mit diesen faschistischen Phantasien in Filmen wie THE EQUALIZER ganz gut leben kann, irgendwie, weil Denzel dort nur einer ist, der seine irreale Rache durchführt, um das Böse von der Erde zu entfernen, da bin ich hier beunruhigt. Denn hier haben wir es mit einer rasenden Menge zu tun und damit quasi mit einer atavistischen Vergesellschaftung der Rache, die nicht mehr geordnet von statten geht, sondern nur noch Raserei ist. Es spricht nicht für oder gegen den Film, finde ich, aber es irritiert mich … und gleichzeitig bin ich fasziniert, weil ich nicht ganz sicher bin, was Klaus Theweleit dazu zu sagen hätte … zu dieser positiv besetzten Welle weibischen Schlamms … denn, klar, es sind selbstredend Frauen in diesem Mob.
Sonntag 17.09.
großartig –
Die Bräsigkeit des Romans Michael Endes scheint immer wieder durch: die böse Moderne, die einem nur die Phantasie raubt, sowie die symbolhafte Rettungsgeschichte. Aber als Erzählung von Trauerarbeit, in der sich durch den Sumpf der Traurigkeit gekämpft werden muss, als epischen Kampf gegen uns ist dies schon sensationell bebildert und betont.
gut
So hatte ich mir den Roman früher immer vorgestellt, denke ich. Als eine tragische Liebesgeschichte mit bitteren Wendungen, die auf ein entrückt-melancholisches Ende zusteuern. Ein zartes Melodrama eben. Darin ist Wylers Verfilmung auch ganz gut … wobei die Dialoge, in denen die Redenden ihre seelische Verfasstheit prosaisch aufsagen und klar definieren dürfen, das Drama schon sichtlich entkräften. Auch die blassen Nebenfiguren – nur Hugh Williams Hindley bildet eine Ausnahme –, und das derb-kunstvolle Schauspiel Laurence Oliviers fühlen sich wie verschleppende Anker an. Zumindest weiß Wyler, der kein Interessen für die Moorlandschaft besitzt, wie er Türen, Fenster und Mauern wiederholt zu Einschreibungen der Trennung und der Zerrissenheit machen kann. Mein größtes Problem ist aber, dass ich jetzt den seelischen Wundbrand von Emily Brontés Roman kenne, die dortige emotionale Brutalität und die völlig jenseitigen Formen von Hassliebe, von landschaftlicher wie seelischer Versumpfung. Und gegen diese Geschichte – deren Potentiale sich in Wylers JEZEBEL ein Jahr zuvor noch bravurös zeigten (vll. fehlt hier einfach nur eine Bette Davies) – sieht dieser Film dann doch ganzschön alt aus.
Sonnabend 16.09.
fantastisch –
Ein Noir-Plot: ein Liebhaber (Joe Dallesandro) und eine Schwester (Maria Schneider) suchen gemeinsam nach einer Frau sowie den vier Millionen Dollar ihres kriminellen Vaters, der seinen Tod wohl nur vorgetäuscht hat. Sie treffen während ihrer Schnitzeljagd auf zwielichtige Gestalten und wenig vertrauenswürdige Vertraute. Sie bekommen Hinweise und Anhaltspunkte, mit denen sie sich der Auflösung des Rätsels nähern …
Jedes gelöste Zwischenrätsel zieht aber wieder neue Rätsel nach sich und jede Auflösung bleibt zweifelhaft. Denn diese Mischung aus Spielbrett und Verschwörungsthriller ist ein Film der Paranoia. Nichts und niemanden kann getraut werden. Jeder andere ist nur eine Maske, hinter die nur unzureichend geschaut werden kann. Die Vorwärtsbewegung ist ein ewiges Drehen im Kreis – womit der Filmtitel geklärt wäre. Deshalb die wiederkehrenden Alptraumintermezzi, in denen die Protagonisten – oder auch gleich nur welche, die ihnen lediglich ähnlichsehen – durch einen Wald gejagt werden, nicht von der Stelle kommen, in eine Schlangengrube herabrutschen. Deshalb die widerkehrenden Aufnahmen des Kontrabassisten und des Bassklarinettisten, die nicht nur den Soundtrack einspielen, sondern einen melancholisch-poetischen Chor zum Geschehen des handelnden Duos bilden. Dies ist ein Film der Sackgassen, Kreisel und der Vereinzelung des Individuums. Dies ist kein Horrorfilm, aber doch handelt er vom Grauen keinen Halt mehr zu finden.
Durch anonyme Hotels, verlassene Häuser, zugewachsene Bahnhöfe und monumentale Luxusvillen führt die Jagd, durch Alter und Fremde. Nirgendwo eine eigene Wohnung, nirgendwo Geborgenheit … abgesehen von der Inseln einer improvisierten Klassenfahrt, deren täuschende Wärme direkt zu dem Ort wird, wo sich der Bruch zwischen unseren Helden vollzieht. Kälte und Verwahrlosung also allenthalben … nur packt Rivette (Kamera: William Lubtchansky) dies in warme, weniger kunstvolle als anschmiegsame Bilder. Der Schnitt lädt auch mehr zum Schweifen und Kontemplieren ein, als dass er uns von Station zu Station jagen würde. Weshalb dies irgendwie das Behagen in einer unbehaglichen Moderne, in Markern von Endlichkeit und Leere darzustellen scheint.
Weshalb Gogol in DIE TOTEN SEELEN den ästhetischen Ansatz von MERRY-GO-ROUND vll. ganz passend beschreibt: Kurz, alles war schön, wie es weder die Natur noch die Kunst aussinnen kann, sondern wie es nur dann zustande kommt, wenn sie sich beide vereinigen, wenn die Natur über das, was der Mensch oft ohne Vernunft geschaffen hat, zum Abschluss mit ihrem Meißel dahingeht, die schweren Massen leicht erscheinen läßt, die grobwirkende Regelmäßigkeit aufhebt, die bettlermäßigen Löcher schließt, durch die die unverhohlene, nackte Absichtlichkeit hindurchsieht, und allem, was in der Kälte erklügelter Reinlichkeit und Sauberkeit entstanden war, eine wundervolle Wärme verleiht.
ok +
Ein Chefredakteur (Paul Muni) muss erst mit seiner femininen Seite ins Reine kommen und sich beweisen, dass er auch als undeutender Dr. Sommer mit Liebesratschlägen erfolgreich und bedeutend sein kann, um dann endlich in einem richtigen Fall die Mafia zu Fall bringen zu dürfen. Ein netter kleiner B-Film, der sich von einer Screwball-Komödie zum Krimi wandelt, der aber auch nur mit seinem News Room glänzen kann, der in seinen besten Momenten einem adrenalingeschwängerten Kriegsfeld ähnelt.
*****
Ein Zufall: ein zentraler Handlungsort ist das Mafia-Restaurant Merry-Go-Round.
gut +
Drehbuch (Frank Partos & Millen Brand) und Regie (Anatole Litvak) spielen Good Cop & Bad Cop mit der geistig instabilen Virginia Cunningham (Olivia de Havilland). Die einen wollen uns Psychologie näherbringen und die komplexe Entwicklung einer Persönlichkeit(sstörung) in einer möglichst simplen Auflösung des Falls der Virginia Cunningham. Ihr Agent ist Dr. Kik (Leo Genn), der sich ohne Fehl und Tadel um Virginia kümmert, der alles versteht und es (uns) ständig erklären kann. Es sind aber auch die neurotischen Schwestern der Anstalt, die auf blinden Gehorsam pochen und jeden Versuch einer Aushandlung – ob es nun vll. borniert ist, niemanden auf den neuen Teppich zu lassen, nur damit er weiter neu aussieht – als Widerspruch und Geisteskrankheit wahrnehmen … womit eben kommuniziert ist, dass nicht Macht, sondern Verständnis der Weg zur Heilung sein muss.
Die Inszenierung (Litvaks Helfer sind beispielsweise Leo Tover an der Kamera sowie Ernest Lansing & Thomas Little beim Set Design) hat für solche Didaktik aber nur hämische Freudportraits an der Wand des Doktors übrig. In ihren Händen wird die Anstalt zum Gefängnis, zum Zoo, zum Sumpf des Wahnsinns und der Paranoia, aus dem es kein Entrinnen gibt. In Virginias Innerstes trauen sie sich vor, um die Stürme und Taifune ihrer Gefühle zu bebildern. Und Olivia de Havilland glänzt mit einer schauspielerischen Leistung, die den dicken Schweißperlen auf ihrer Stirn entspricht. Ihre Augen und ihr Gesicht winden sich in einem Fort, und die Kamera zeigt uns nachdrücklich diese Übermacht der Angst, dieses Monument des Zerfließens.
Der einfachen, gutmütigen Erklärung wird so nicht einfach nur eine Geisterbahn böser Anstalten entgegengestellt, sondern die Gefangenschaft in einem Labyrinth der eigenen Paranoia, in dem schlicht nicht klar ist, wie Virginia Besserung erreichen kann, wenn sie ihrer Wahrnehmung nicht mehr vertrauen kann. THE SNAKE PIT sieht in diesen Momenten reißerischer aus, ist hier aber doch komplexer als im Good Cop-Modus des Drehbuchs … der leider, leider allzu oft die freundschaftliche Oberhand behält.
Freitag 15.09.
ok +
Der Superheldenfilm ist dieses Mal kein Totalausfall und überhaupt sind Blockbuster mit einer Laufzeit von 90 Minuten heutzutage aller Ehren wert. Little Simz hat auch einen kleinen Auftritt. Let there be a quite netter film.
Donnerstag 14.09.
großartig –
Weil es mit den Eltern nicht geklappt hat (LES QUATRE CENT COUPS), lebt der nun 17-jährige Antoine Doinel (Jean-Pierre Léaud) alleine und für sich. Mit Musik, dem Kino und Büchern. Doch die Liebe stellt ihn erneut vor das Problem, das schon den vorangegangenen Film antrieb: Wie soll er mit der Welt in Kontakt treten? Wobei er weiterhin verspielt, eigenwillig und Tragik beschwörend auf den Wunsch reagiert, geliebt zu werden, und im Anpacken des Lebens. Doch während über LES QUATRE CENT COUPS ein wenig die Dunkle Wolke der Schuld hängt – Truffaut versucht niemandem den Schwarzen Peter am Scheitern aneinander zu geben, dafür dass er/Doinel auf der Straße und im Heim landet, was seinen Film, der von einer verzerrten Sicht eines Kinds auf die Welt handelt, das anders als DER KLEINE NICK Eltern hat, die das Problem, das sie in ihm sehen, verstoßen wollen, etwas lauwarm werden lässt, weil sich eben Leute schuldig machen, aber im Film nicht schuldig erscheinen sollen –, da ist diese Kurzgeschichte gelöster. Und das Ende von ANTOINE ET COLETTE mit seinem bitteren Fernsehabend ist imho auch viel niederschmetternder und witziger und damit packender als das ikonische Ende von Truffauts Debüt.
gut –
Über die Filme Dany Boons schrieb Kamil M. beim Perlentaucher anlässlich des just ins Kino kommenden LA VIE POUR DE VRAI: Seine Hauptfiguren sind oftmals Selbstbetrüger, denen es mehr Mühe bereitet, sich ihren Täuschungen zu stellen, als ihr Umfeld in groteske Spinnereien zu verstricken: ein geiziger Krediteintreiber, den eine heimliche Investition in den Ruin treibt, ein hypochondrischer Fotograf einer medizinischen Onlineenzyklopädie, der zum eingebildeten Revolutionsführer wird – und am publikumswirksamsten im ersten „Sch’tis“-Film: ein in den Norden Frankreichs strafversetzter Postbeamter, der für seine Frau buchstäblich ein Potemkinsches Dorf voller besoffener Waffennarren errichtet, um ihre Vorbehalte gegen die Gegend nicht entkräften zu müssen.
In SUPERCONDRIAQUE gibt es gleich drei Figuren von dieser Sorte. Dany Boon spielt seinen Romain Faubert, den titelgebenden Hypochonder, bewusst als Witzfigur. Jede sich bietende Ekelsituationen nimmt er mit einem hochgepitchten, entmännlichenden Quietschlaut nur zu gerne mit. Anna Zvenka ist ebenso eine Witzfigur, aber eine, die mit grenzenloser Hilfe für die Dritte Welt, ihr elitäres Leben in der Ersten Welt reinwaschen möchte. Alice Pol spielt sie komplett straight. Keine Ahnung ist Anna mitgegeben, dass sie ihrem Umfeld vor den Kopf stoßen könnte, wenn sie Wagenladungen von illegalen Immigranten in der brüderlichen Wohnung einlagert. So straight spielt sie es, dass ich mich mehrmals dabei ertappte, dass ich das Drehbuch ausscheltete, weil sie ja nur eine Witzfigur sei. Kad Merad zu guter Letzt spielt seinen Dr. Dimitri Zvenka genüsslich als Straight Man für die beiden egomanen Selbstbetrüger. Er ist aber selbst auch einer, wenn er seine Ehe mit der Hilfe für Romain gefährdet, der, ohne Grenzen zu kennen, Dimitris Privatleben in Chaos versetzt.
Drei Eskalationswege stehen dem Film damit offen. Einmal der der Qual des Hypochonders. Romain darf deshalb speckigen, halbrohen, vollgeschnäutzen Kebab essen oder Wasser aus einer keimigen Pfütze trinken. Oder es ist der Straight Man, der die Qual zu spüren bekommt. Und Kad Merad brilliert als dieser. Ich habe nun Lust mehr Filme mit ihm zu sehen … gerade wenn sein Dimitri gegenüber einem Grenzsoldaten so überzogen lächelt, als wolle er zweierlei zum Ausdruck bringen: Bitte glaube dem Unfug, der dir erzählt wird, und töte mich nicht. Ich bin ganz harmlos und nur ein Opfer meiner hirnverbrannten Mitmenschen. als auch: Bitte töte mich, weil ich die Ignoranz meiner Mitmenschen keinen Moment länger aushalte. Gerade wenn es die Daumenschrauben in diese beiden Richtungen angezogen werden, dann entwickelt SUPERCONDRIAQUE seine besten Momente.
Der dritte Weg läge in den beiden Selbstbetrügern, die sich gegenseitig hochschaukeln. Anna Zvenka nimmt Romain Faubert auf, weil sie ihn für einen osteuropäischen oder westasiatischen(?) Widerstandskämpfer hält. Beide könnten sich in ihren verengten Selbstentwürfen gegenseitig hochschaukeln und sich und ihre blinden Flecke endlos herausfordern. Aber zwischen ihnen herrscht oft nur die laue Liebesgeschichte zweier Witzfiguren. In ihnen findet sich am ehesten das Problem eines teilweise völlig jenseitigen Films, der ohne mit der Wimper zu zucken, einfach auch im Bürgerkrieg eines ehemaligen Ostblocklandes aufschlägt. Seine sichtliche Herzlichkeit gegenüber mit sich Kämpfenden verfällt aber auch oft in der Bloßstellung seiner Figuren, die etwas erbarmungslos am Nasenring durch die Arena geführt werden. Sprich: etwas weniger Haha, ein erwachsener Mann benimmt sich wie ein verängstigtes Weib hätte dem Film gutgetan.
*****
* In einer besseren Welt wäre der deutsche Verleihtitel SYPOCHONDER gewesen.
Mittwoch 13.09.
ok +
Zuweilen ist AMAZONS sehr phantasievoll geschnitten und das Produktionsdesign mit seinen nebligen Wäldern mit Geistern und schmucken Höhlenwohnungen ist auch schön. Ansonsten überzeugt er aber nur sehr punktuell. Wenn Dyala (Ty Randolph) in den Rambo-Waldpräperationsmodus wechselt. Oder wenn sie und Tashi (Penelope Reed) sich mit blauen Augen anschauen, und beide feststellen, dass Frauen zusammenhalten müssen. Oder wenn der Halbglatzenassibösewicht mit dem Zahnpastalächeln (Joseph Whipp) Leute zum Schweigen bringt. Davon aber abgesehen, dass dies von Beginn weg eher austrübt, als loszulegen, verstehe ich das Konzept von manchen Filmen nicht. Wenn ich beispielsweise einen Amazonenfilm gucke, möchte ich doch Frauen sehen, die Männer dominieren, und nicht Frauen, die sich wie hier mühsam durch eine Männerwelt quälen.
Dienstag 12.09.
ok +
Als ich mich freiwillig meldete, Murnaus Film für critic.de zu besprechen – der Text findet sich hier –, hatte ich ihn mit Pabsts GEHEIMNISSE EINER SEELE verwechselt. Es könnte deshalb sein, dass mich PHANTOM dieses Mal eher kalt gelassen hat, da ich auf den Ausbruch der Träume wartete und diesen nicht bekam. Aber es ist auch völlig naheliegend, dass mir der Leid- und Passivitätsfetisch dieses Films einfach nichts gibt.
Montag 11.09.
großartig +
Die Aussicht auf die Rückgabe Hongkongs an China im Jahr 1997, die über ein Jahrzehnt wie ein Damoklesschwert über der Region hing, wird hier zum Körperfresserhorror übersetzt … und dieser Körperfresserfilm wiederrum zu einem Polizeithriller. Polizist Heung Ming (Yuen Biao) sucht die Mörderin (Pat Ha) seiner Frau. Als er aber aufzudecken droht, dass das korrupte Morddezernat die Strippen bei der Ermordung zog, wird er kurzerhand zum Mörder erklärt. Nirgends ist er mehr sicher, da überall Denunzianten auf ihn warten … und Leute, die noch schnell in der Freiheit Geld scheffeln wollen und dafür den Einzelnen, der ihnen im Weg stehen könnte, gnadenlos jagen.
Wobei ON THE RUN nicht einfach nur ein klaustrophobischer Neonthriller ist, sondern ein Film mit Auge für Paranoia und den Horror von verschworenen Gemeinschaften … und eben ein Film, der den ganz normalen Wahnsinn der Hongkongfilmproduktionen ganz eigen einfängt. Dies ist zwar durchweg düsterer als das Wechselbad der Gefühle und der Albernheiten, die sonst herrscht, und doch schwingen immer wieder extreme Stimmungswechsel mit. Vor allem mittels eines kleinen, süßen Kindes und Charlie Chins. Letzterer ist vor allem als Schönling aus den MY LUCKY STARS-Filmen bekannt, und doch schafft er es hier wie kein Zweiter in konzentrierter Kontemplation, Schmierenkomödie und Wahnsinn zu brillieren und diese nahtlos aufeinander folgen zu lassen.
Sonntag 10.09.
nichtssagend
Tom & Jerry brechen in eine moderne, politisch korrekte Welt ein und bringen durch fehlende Beherrschung von Temperament und Maß sowie durch Cartoongewalt Chaos in eine durchoptimierte Welt. So könnte es sein. Stattdessen müssen sie sehr schnell lernen, nett zueinander zu sein und abzuwägen, ob ihr Handeln nicht kontraproduktiv für die Allgemeinheit sein könnte. Das Aufleben alter TOM & JERRY-Cartoons ist schon ganz nett, aber im Verlauf wird das alles einem sagenhaften Horror preisgegeben.
gut –
Einiges wird versucht, die inzwischen eingespielte Formel der Serie mit Neuem anzureichern – vor allem mit einem Konflikt zwischen verkalktem Alt und unerfahrenem Jung sowie zwischen analoger und digitaler Technik, wobei beides wunderbar aufzeigt, dass nichts, was zwischen Babyboomern und Millenials auftritt, irgendwie neu wäre –, aber auch wenn der Butterberg auf einem Kopenhagener Bahnhof vor sich hinschmilzt und Egon kurzzeitig Charlie Chaplin in MODERN TIMES spielen darf, dabei aber nur seine Beherrschung aller Tresore darstellt, ist dies sichtlich nicht ganz so inspiriert wie die Vorgänger.
gut –
Die eigentliche Produktion mit Franco als Regisseur war 1983 mitten im Dreh steckengeblieben. Payet hat dann ein paar Jahre später das vorhandene Material ergänzt und zu einem Film verwursten dürfen, der immer wieder ansetzt etwas zu sein, aber nichts ist: Amazonenabenteuer, gendergewechselter Tarzanfilm, exotischer Roughie, esoterischer Hypnosethriller, Missionierungsabrechnung, Nimmerlandsphantasie völlig irrealer Erdteile. Weshalb sich der Film trotz allgemeinem Leerlauf nicht entspannt anfühlt, sondern wie das Drücken auf ein Gaspedal, ohne dass ein Gang eingelegt wäre.
Freitag 08.09.
ok
Ein Mann und sein innerer Schweinehund müssen lernen, sich den Körper zu teilen. Die Body-Switch-Komödie VENOM ist eigentlich fast schon sensationell … müsste sie sich nicht den Körper, d.i. den Film mit einem grauenhaften Superheldenadventure teilen, das nicht einmal versucht, seine Potentiale an Horror, Action und Drama abzurufen und trotzdem den größten Teil der Spielzeit einnimmt.
ok
Dass ein Film in vielerlei Hinsicht fürchterlich ist – die Farben, der träge Schnitt, die Struktur der Erzählung –, der von Kriegsheimkehrern handelt, deren Erscheinungsbild (vor allem ihre Gesichter) zerstört wurde und die die Anständigen darstellen – im Gegensatz zu den unversehrten, heimgebliebenen Kriegsgewinnlern –, ist nicht nur passend, sondern einfach sympathisch. Auch ist das schauspielerische wie maskenbildnerische Kasperltheater ziemlich amüsant. Und überhaupt sind die dadaistischen, surrealistischen und/oder kubistischen Kunstwerke schön, die zum Ausdruck eines freien Lebens werden. Trotzdem fällt sich AMERSTDAM ziemlich bleiern an. Einerseits, weil dieser Film, der merklich darauf aus ist, Lebensfreude (der Unangepassten) zu beschwören, völlig trist bleibt. Andererseits, weil seine Unordnung sauber wirkt, ungeschickt erzwungen und wie die dünne Patina eines ansonsten völlig aseptischen Films.
Donnerstag 07.09.
gut +
Die Wohnung des Freundes mit dem ausgestopften Pferd ist schon sehr toll. Und Jean-Pierre Léaud ist ebenso mega. Im Endeffekt erwischt mich LES 400 COUPS aber weiterhin nicht ganz, auch wenn ich noch nicht so ganz den Finger darauflegen kann, warum dies so ist.
Mittwoch 06.09.
fantastisch
Das Einzige, was ich vll. bemängeln würde, ist, dass Tarantino Jungle Julia (Sydney Poitier) behaupten lässt, dass Pete Townshend besser dran gewesen wäre, wenn er The Who verlassen hätte und Teil von Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick & Tich geworden wäre. Und diese Revision ist sichtlich Tarantinos eigene Einschätzung. DEATH PROOF gleicht nämlich deutlicher als seine anderen Filme der Szene aus BEING JOHN MALKOVICH, in der Malkovich in seinen Kopf geht und in einer Welt landet, in der alle Leute – Frauen und Männer, Alt und Jung, Groß und Klein – John Malkovich sind. Nur dass hier eben Quentin Tarantino in seinen Kopf springt und uns eine Welt zeigt, in der alle Figuren Quentin Tarantino sind, – Frauen und Männer, Alt und Jung, Groß und Klein. Seine Einschätzung also, dass Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick & Tich die bessere Band seien, finde ich – bei allem Respekt vor Hits wie HOLD TIGHT! – abenteuerlich.
Diese seltsame Bewertung ist aber eben auch sprechend für Tarantino, seine Vorlieben und seinen Film. HOLD TIGHT! beginnt mit einem stampfenden Beat und wird bald von einem Killergitarrenriff begleitet. Aber ehe es zu heavy werden könnte, wird die Instrumentierung umschmeichelnder, und der harmonische, mehrstimmige Gesang lässt auch nicht lange auf sich warten. Was The Who aus einem solchen Riff gemacht hätten, ist dahingegen schwerer innerhalb eines Tarantino Films vorstellbar.
Oder BEND IT. Diese Version des Sirtaki zieht ständig an und da, wo Keith Moon erst richtig zu sich kommen würde und John Entwistle und Peter Townshend ihm nur noch in den heißblütigen Rausch hätten folgen müssen, da brechen Dave Dee & Co. immer wieder ab und setzen neu mit Harmonie und lustvoller Verspieltheit an. Please don’t tease me. Try to please me.
Ebenso verhält es sich mit Tarantinos Kino. In diesem findet sich kein Hemmungsverlust, keine atavistische Wildheit, keine ungezügelte Energie wie bei The Who, sondern Kontrolle, perverse Spiele mit Fesseln, Peitschen, anderem Spielzeug und einem Vorspiel, dass immer wieder anzieht und neu beginnt. Inszenatorisch wohlgemerkt, nicht unbedingt inhaltlich – auch wenn es sicherlich auch dort nicht zu wenig vorkommt.
In diesem Sinne ist DEATH PROOF Tarantinos perversester Film, in dem er voll und ganz zu sich kommt und in dem es schlicht auch ständig um Sex geht. Vom Schmier eines genüsslich gemampften Nachotellers geht es über angeleckten Zehen bis hin zur kleinen idyllische, ihr Umfeld erklärenden Pause in einer Verfolgungsjagd, in der plötzlich ein Ölbohrturm – klar, das universelle Symbol für Geschlechtsverkehr – ruhig und beständig vor sich hin pumpt. Während einer Verfolgungsjagd zwischen Frauen, die Rache an einem Triebtäter nehmen und dafür mit ihrem Auto Arschficken wollen, und einem fliehenden Serienmörder, der sich an der Macht über seine Opfer aufgeilt und für den Autounfälle mit Todesfolge für Frauen Sex sind. Text, Subtext, Form: Alles ist Sex. Vor allem wenn Stuntman Mike (Kurt Russell) die Zehen der schlafenden Abernathy (Rosario Dawson) auf einem Parkplatz anleckt – etwas das in GRINDHOUSE noch fehlte – lässt sich Tarantino hier völlig von der Leine.
Das Spiel mit der Dualität des Rape’n’Revenge-Genre – das Auskosten dessen, was den Vergewaltiger anmacht, bei gleichzeitiger Feier der Ermächtigung der Opfer in der Rache –, die Dialoge, die sichtlich Tarantinos Traumvorstellung frivoler Frauen wiedergeben: DEATH PROOF ist voller cringe. Aber es ist sichtlich Teil des Spiels. So kreativ, verquer und bewusst ist es, dass es beispielsweise auch die Möglichkeiten ausweitet, wie Frauen in einem Film dargestellt werden. Vor allem aber teased und pleased er ohne Unterlass. Hier, in seinem besten Film, ist er wirklich nur an seiner und der Lust des Zuschauers interessiert. Weshalb DEATH PROOF formvollendet, konzentriert und so unfassbar kreativ verspielt schmiert, dass es eine wahre Freude ist.
Dienstag 05.09.
ok
Ein wenig ist dies ein Meisterwerk. Mehr noch handelt es sich aber um die Erfahrung, Farbe beim Trocken zuzusehen. Mehr dazu bei critic.de.
Montag 04.09.
nichtssagend
Für die Fortsetzung von DEATHSTALKER zeichnet Jim Wynorski verantwortlich, das Mastermind hinter VIER ENGEL AUF DER TODESINSEL. Es ist also durchaus erwartbar, dass der Ultraschmier des ersten Teils noch übertroffen wird. Dass zudem Rick Hill nicht mehr die titelgebende Figur spielt, sieht auf den ersten Blick auch nach einem Vorteil aus. Jemand mit etwas mehr Leben könnte die Rolle nun ausfüllen. Doch weit gefehlt. Unter Wynorski wird der Sleaze zu Gunsten von Selbstironie zurückgefahren. Und der neue Deathstalker John Terlesky ist auch noch derjenige, der nach den Schenkelklopfern darüber, dass dies ein alberner Film mit albernen Figuren ist, selbstverliebt grinsen darf. Dass sich dies wie eine viel zu weit ausgedehnte Traumsequenz aus EINE SCHRECKLICH NETTE FAMILIE anfühlt, hört sich dann eigentlich schon viel zu schmeichelhaft an.
Sonntag 03.09.
großartig –
Ein launiger Teil. Aber der Hauptheist im Opernhaus, bei dem diverse Wände passend zur Ouvertüre von Friedrich Kuhlaus ELVERHØJ eingeschlagen, zersägt, pressluftgehämmert und gesprengt werden, wodurch aus gelangweilten Musikern durch die scheinbare Intensität ihres Spiels euphorisch werden, ist nicht weniger als Ultrakunst.
gut
Benno Führmanns rasanter Wechsel zwischen armem Tropf/blauäugigem Sympathen und schreiendem Psychopathen ist eines der Hauptmittel, überlebt sich aber auch bald. Manchmal ist ANATOMIE zudem etwas albern … wie in der Einstellung, in der Franka Potente auf der zweiten Reihe zweier Buchregale in der Bibliothek steht und der Slasher auf ihren Fersen im selben Bild zwei Reihen weiter auf den Knien kraucht, um unter den Buchregalen nach Füßen Ausschau zu halten. Und überhaupt ist die Coda, die nochmal unterstreicht, dass es hier um Kontinuität zwischen NS-Staat und Bundesrepublik ging, unnötig plump … und ist damit nicht allein. Aber doch ist ANATOMIE als Film über Körper und das Unbehagen, wenn in ihre Grenzen eingedrungen wird, sprich über Aufschlitzen und Häuten gerade optisch und atmosphärisch sehr schön. Oder als Film über Machtverhältnisse beim Sex … wobei hier neben den Körpern in Seelen eingedrungen wird. Oder als Zeitkapsel über das Ende der Neunziger, die unfassbar konzentriert aus Kleidung und Musik sprechen. Und auch die Schmetterlinge im Wintergarten des Anatomie-Professors sind sehr toll, auch wenn es letztlich nur ein kleines Motiv bleiben. Kurz: Es ist alles ein wenig Hit and Miss, aber schon auf der guten Seite.
Sonnabend 02.09.
verstrahlt –
Im Sehtagebuch letzten Jahres am 31. März findet sich bei FIRE AND ICE der Link zu einem lesenswerten Text über das Sword and Sorcery-Genre. Darin wird u.a. dargelegt, dass es in dem Genre um Brüste geht – männliche wie weibliche. DEATHSTALKER wirkt zuweilen wie ein experimentales Essay, das genau dies unter Beweis stellen möchte. Irgendwo gibt es eine Geschichte, die ENTER THE DRAGON in eine Fantasywelt versetzt und auf sein Minimum runterkocht, nämlich einen internationalen Kampfsportwettkampf, bei dem ein Überschurke zu Fall gebracht werden muss. Aber es auch völlig egal. James Sbardellati und Co. scheinen einzig darauf aus, barbusige Frauen (und Männer) zu präsentieren … oder auch mal deren Ärsche. Hier und da wird sich auch um Figuren wie einem menschlichen Körper mit Schweinekopf und anderen Schauwerten bemüht, aber es bleibt alles nur Nebenwerk. Kostümdesign und Drehbuch überschlagen sich in ihrer Kreativität, um das Gleiche – Brüste – in immer neuem Licht erstrahlen zu lassen. Weshalb wir einen amüsanten, um sich kreisenden Metafilm erhalten.
Freitag 01.09.
ok
Running Gag und Raison d’Être des Films ist der Umstand, dass Jan Josef Liefers in dieser Faust-Variation unter Sexklamottenvorzeichen mehrmals mit einer Frau Sex hat, bei der sich herausstellt, dass diese Frau ein Mann war, der seinen Körper mittels teuflischer Kräfte verwandelt hatte. Dies könnte durch das Drumherum aus entstehenden Zuneigungen und unterstrichenen Abneigungen so gelesen werden, dass sowieso alle Männer schwul sind bis schwule Tendenzen haben. Sie müssen nur mal von einem Mann rangenommen werden. Die ständige angewendete homophobe Sprache des Films würde deshalb nur eine Abwehrreaktion darstellen. Oder: Körper sollten für die Liebe egal sein, da es auf die Seele des Gegenübers ankommen sollte und nicht darauf, was in dessen Schritt baumelt oder nicht. Oder es bleibt dabei, dass Homosexualität hier nur wieder ein Jux zur Belustigung der Normalen ist, die über diese unnatürliche Seltsamkeit lachen dürfen. Als Steinbruch bundesdeutscher Befindlichkeit und Hysterie in Bezug auf Sex ist 666 schon sehr reichhaltig, und als Schenkelklopferkomödie mit Kotz- und Pipi-Witzen, die amüsant sind, weil sie so gar nicht funktionieren wollen, zumindest zu Beginn ganz amüsant. In seiner Gesamtheit ist es aber vor allem ganz schön trist und unerfreulich. Ein wenig ist es wie DER VORNAME mit anderen Mitteln fortgesetzt.
großartig
Ator wird als prophezeiter Heiland geboren. Ein Spinnenpriester, dessen Herrschaft durch ihn bedroht scheint, lässt vorsichtshalber alle Neugeborenen umbringen, weshalb Ator in einem fernen Land bei Zieheltern aufwächst. Ein wenig Moses und ein wenig Jesus steckt also in ihm und seiner Geschichte … was nicht weiter verwundert, könnte die Bibel doch auch gerne als Urtext des Sword and Sorcery-Genre gesehen werden. Statt froher Kunde gibt es hier aber sagenhafte Frisuren (Miles O’Keeffe als Ator), riesige Spinnenmonster, Liebesbeziehungen, die blind für ihr inzestuöses Potential bleiben, verträumt-schöne Bilder (Kamera: Aristide Massacessi höchstselbst), Schwertkämpfe mit einem Schatten und anderer von D’Amato gewohnt entspannt dargebotener exotischer Klimbim, der zwar auch an unserem Seelenheil interessiert ist, aber dafür nichts von uns fordert.
August
Donnerstag 31.08.
fantastisch –
Robert McCall wird zu dem John Wick, der John Wick nicht sein darf. Und ich muss zugeben, dass ich völlig verzückt aus dem Kino kam … weshalb der Text bei critic.de auch etwas länger geworden ist.
Mittwoch 30.08.
großartig
Der ganz normale Hongkong-Wahnsinn: Auf eine völlig arbiträre Hochhausstürmung durch ein Polizeieinsatzkommando folgt der gängige Hollywoodraubbau. Ein übermütiger Wissenschaftler (Chin Siu-ho) landet in Thailand bei einem Kult. Dort wird er verflucht und nach einem Jahr beginnen seine Venen an unterschiedlichen Punkten zu platzen, wobei Lam Nai-Choi aus ALIENS und INDIANA JONES AND THE TEMPLE OF DOOM eine wilde Achterbahnfahrt der Unfassbarkeiten macht, die den Subtext des Aliens noch mehr an die Oberfläche kitzelt. Denn das Monster, dass einem Priester hier aus seinem Exhibitionistenumhang fliegt, sieht wie eine Kreuzung aus Xenomorph, Muppetfigur und einem Penis aus … womit ALIENS einmal durchinterpretiert wurde Chow Yun-Fat mäandert dazu noch unregelmäßig durch den Film, raucht wissend Pfeife oder schießt mit Panzerfäusten herum. Ein Meisterwerk eben.
Dienstag 29.08.
großartig +
Sehr betrüblich ist, dass dieser sehr schön fotografierte Film auf meiner DVD mehr noch von seiner Schönheit verliert, als bei einer DVD nötig wäre. Sprich: die Yume Pictures-Veröffentlichung des Films ist subpar.
Montag 28.08.
ok –
Christoph Maria Herbst und Florian David Fitz sind schon sensationell in dieser kleinbürgerlichen Hölle, in die sich der Film mit seinem gefallsüchtigen Kunsthandwerk breitbeinig niederlässt, mit seinem fehlenden Interesse an seinen weiblichen Figuren – was er den Männer des Films großkotzig vorwirft –, mit seiner überraschungsarmen Twiststruktur und seinen abgesicherten Provokationen. Eine plötzlich einbrechende Rückblende legt in ihrer Billo-Schangel-Optik nahe, dass sich nicht nur die Leute des Films, sondern dieser selbst keine schöne Welt mehr vorstellen kann. Ob dies nun das Beste ist oder ein grusliger Offenbarungseid, kann kaum entschieden werden, da beides untrennbar scheint.
Sonntag 27.08.
verstrahlt –
Wir bekommen das Vom-Pferd-springen-und-aus-dem-Saloonfenster-geworfen-werden-Kino, das Bad Segeberg, so wie ich es mir zumindest vorstelle, auf die Leinwand bringt. Allein der dauergrinsende Götz George und sein artistisches Schauspiel unterstreichen durchweg, dass dies auf einen staunenden Zuschauer ausgelegt ist. Toller Nebeneffekt: die Frauen dürfen mitmachen und schlagen die übergriffigen Männer durchweg zusammen. Der Western wird damit zur feuchtfröhlichen Barschlägereinachstellung.
Aber das ist auch nur die halbe Wahrheit. Gerade der Beginn – der dem Heimatfilm entlehnte Kampf mit dem Adler, das Vogelschießen Apanatchis und das sofortige Einsetzen der freundschaftsbeendenden Goldgier – als auch das Finale – die unaufhaltsam den Gangster einholende Bahn, der auf die Kamera und damit uns zuläuft, der lieber mit Gold stirbt als ohne es zu leben – sind ikonisches Kino, dass nur noch von den beiden musikalischen Hauptthemen übertroffen wird … auch wenn diese Leitmotive vll. etwas zu häufig eingesetzt werden. Vor allem ist da aber die allgemeine Schäbigkeit, die in diesem Westen herrscht. Das Saufen, Schlagen und Terroressieren ist zwar durch die Bad Segeberg-Show begründet, aber das Ergebnis ist erstaunlich derb.
fantastisch –
Anti-APOCALYPSE NOW. Der Capt. Willard des Films (Richard Webb als Lt. Tufts) zieht mit seinem Col. Kurtz (Gary Cooper als Capt. Wyatt) in den Sumpf, wo sie nicht das Herz der Finsternis, sondern die Einfachheit der Dinge finden. Mit der Klarsicht von Kurtz stellen sich die beiden einem Camp von Schmugglern und blutrünstigen Semiolen und müssen einfach nur ihren Auftrag erfüllen und überleben. Widersprüche und Ambivalenzen lösen sich unter der simplen männlichen Glorie Wyatts auf. Sein Pragmatismus hebelt rassistische Ideologien und eitlen, überzivilisierten Humanismus aus.
DISTANT DRUMS ist so ein buntes Stück Abenteuerkino mit sensationellen Naturaufnahmen und Szenen für die Ewigkeit. Wie wenn eine in der Wildnis geführte Diskussion über die Qualität des Ei-Benedikts im Country-Club sowie das liebste Gedicht von Shelley immer wieder durch die Kratzgeräusche des sich mit einem Messer das Gesicht schabenden, i.e. des sich rasierenden Wyatts ins Stocken gerät.
Aber auch Anti-FITZCARRALDO, da ein Boot über Land transportiert wird, um es vom Meer in einen See zu bringen und es ist kein Problem.
Sonnabend 26.08.
ok
Was ich gut fand: die Chemie zwischen Ethan Hawke und Lee Byung-hun; Peter Sarsgaards Bösewicht, der wie jemand wirkt, der als Kind gehänselt wurde und sich nun Macht suchte, um andere leiden zu lassen; als auch die Schießereien.
Was ich nicht mochte: das sonstige Casting und deren Schauspiel – vor allem Chris Pratt –; die Farbgestaltung eines ewig staubigen Sonnenuntergangs; die Oneliner; die Handlung; den Schnitt.
Dem stand ich indifferent entgegen: die ständigen Zitate aus diversen Western.
Freitag 25.08.
fantastisch –
Was wir hier erleben ist hoffentlich nicht weniger als THE RISE OF THE SANDLERS. Mehr dazu bei critic.de
nichtssagend
Christopher Walkens Kammerjäger hätte ich gern bei seinem Kampf gegen eine Maus begleitet, die Menschen in Kammern sperrt und ihnen dabei deren Verstand in fast schon lovecraftsche Dimensionen raubt. Diesen simplen Cartoon hätte ich gerne gesehen, aber nicht die pseudo-burtonsche Version eines THE HUDSUCKER PROXY mit so qualvollen Hauptdarstellern wie Lee Evans und Nathan Lane.
Donnerstag 24.08.
gut +
Ein klein wenig war mir rätselhaft, warum mich PASSAGES nicht mehr berührt hat. Beim Perlentaucher gibt es deshalb eine leicht skeptische Annäherung an einen guten Film.
Mittwoch 23.08.
verstrahlt
Im Gegensatz zu SECRET RITES werden die Riten kontextualisiert. Die Beteiligten wirken zwar weiterhin verloren in beliebigen Handlungen, nur wissen wir nun nicht nur, was das alles soll, sondern es wird auch versucht zu vermitteln, dass es hier um mythische Handlungen geht. Was heißt, dass LEGEND OF THE WITCHES mit Gore und Sex arbeitet und bei aller Sachlichkeit doch bei einer Kolportage voll Zwielicht und Schangel landet, die immer wieder das Gefühl von Hypnose beschwört und Sicherheiten ankratzen möchte. Kurz: dies ist kein anthropologisch fundierter, wissenschaftlicher Blick auf ein Phänomen, sondern ein erster naiver, lustvoller Blick, der auch noch die selbsternannten Geisterjäger mit ihren kruden Instrumenten ernst nimmt und gar nicht erst hinterfragt. Stattdessen ist hier alles wahrlich seltsam und mitreißend. (Malcolm Leighs Film ist zudem schwarzweiß und nicht farbig, weshalb die Riten dieses Mal stilvoller aussehen, mysteriös … und nicht wie ein rumpliger Maskenball.)
Dienstag 22.08.
verstrahlt +
Vor 10 Jahren habe ich hier einen euphorischen, naiven bis dummen und trotz meines damaligen Alters doch jugendlichen, wie ich finde, Nachruf auf den just verstorbenen Ôshima Nagisa geschrieben. Der Text dreht sich vor allem darum, dass ich seine Filme damals nicht verstand und dass sie mich gerade deshalb faszinierten. Heute fühlt es sich an, als hätte ich ausdrücken wollen, dass ich vor ihnen die Waffen streckte. Als wollte ich gar nicht verstehen. Dabei war das Schöne gerade, dass ich sie nicht verstand, obwohl ich es versuchte. (Und das, was den Text für mich so jugendlich macht, liegt auch darin, dass ich an ihm erkenne, wie viel bornierter und eingeschränkter mein Verständnis von Film damals war. Dass ich einiges schlicht übersah. Noch mehr noch als es heute.)
Inzwischen habe ich aber das Gefühl, dass ich seine Filme verstehe. Immer besser. Zu gut im Grunde. Die Filme, die ich in den letzten zehn Jahren das erste Mal oder zum wiederholten Mal gesehen habe, faszinieren mich nicht mehr sosehr. Weil mir ihre Absichten klar erschienen, und ich benennen zu können vermeine, was darin geschieht. Halbwegs. Sie sind weiterhin ziemlich schön, aber nicht mehr so aufregend und rätselhaft.
Aber vll. findet sich in diesem Urteil lediglich die Überheblichkeit des Alters. Vll. reagiere ich inzwischen mit Abgeklärtheit und nehme viel weniger wahr, was meinen Horizont übersteigt. Zu dieser Einschränkung brachte mich jedenfalls VIOLENCE AT HIGH NOON.
Auch den fand ich ziemlich einfach gestrickt. Er handelt von einer Vierecks-beziehung, in der niemand von dem zurückgeliebt wird, in den er oder sie selbst verliebt ist … falls hier irgendjemand überhaupt richtig liebt und sich nicht nur seine Vorstellungen aufzwängt, dass Liebe sein muss und was sie sei. Männer sind dabei jedenfalls Leben zerstörende Egoisten, und Frauen fühlen sich gerade dadurch zu ihnen getrieben. Zwangsläufig führt dies zu Vergewaltigungen. Schnitt und Bilder waren fragmentierend und wunderschön … und entsprachen dem, was von einem Film der sogenannten japanischen Neuen Welle zu erwarten ist. Ausgetretene Pfade allenthalben, die sich öde an ihrer bekannten Agenda abarbeiten.
Aber dann war da dieser Moment gegen Ende, als die beiden Frauen (Kawaguchi Saeda als Shino & Koyama Akiko als Matsuko) überlegen, wer nun den Serienmörderehemann Matsukos bei der Polizei anzeigt und wie. Die Ehefrau ist eine Lehrerin und gerade mit ihren Schülern auf Klassenfahrt unterwegs ist. Sie hat Verantwortung für andere. Schon allein deshalb scheint es das Einfachste und Verständlichste, dass sie etwas gegen ihren Mann unternimmt – der sie noch dazu mehr oder weniger verstoßen hat und nur noch selten vom Morden und Vergewaltigen nach Hause kommt.
Die Bilder und der Schnitt werden in diesem Moment noch erratischer und fragmentieren Raum und Gesichter mehr als eh schon. Nichts ergibt mehr Sinn. Nur noch kleine Details sind zu erkennen, die einen Überblick verwehren. Es ist an dieser Stelle auch nicht einfach nur eine Amour fou, sondern das blanke Unverständnis für sich, seine Begierden, Handlungsmotive und Handlungen. Liebe erwartet keine Gegenleistung deklarierte Matsuko bis zur Mitte des Films mantraartig. Aber welche Liebe ist zu dem Zeitpunkt noch übrig? Warum also nicht das Naheliegende tun? Warum nicht leidenschaftlich oder rational handeln? Warum in sich zusammenfallen? Wer sind diese Leute? Wer sind wir?
Zu Beginn trägt Eisuke (Satō Kei), der Phantom Killer, Shino in die erste Etage eines Hauses, und die beiden, Täter und potentielles Opfer, kommen an einem Spiegel vorbei. Die erste und letzte gemeinsame Reflektion sei es, sagt Eisuke. VIOLENCE AT HIGH NOON ist aber nicht weniger als ein einziger ausgedehnter Spiegel für einen zum Verbrechen neigenden Rebellen, der seinen Begierden nur allzu gern nachgibt und zunehmend von ihnen beherrscht wird, ein Spiegel für eine sachliche, tugendhafte Führungspersönlichkeit, die vor sich selbst flieht (Toura Rokkō als Genji), eine idealistische Frau, die für ihre Weltanschauung alles verbiegt und erträgt, und eine pragmatische Frau, die lieber folgt, als selbst tätig zu werden. Es ist ein Film voller Phrasen und absurder, grimmiger Witze über gescheiterte und erfolgreiche Selbstmorde. Ein Film, in dem Männer mit Schweißtropfen auf der Stirn vom Geruch des ersten Opfers schwärmen.
Wunderschön ist VIOLENCE AT HIGH NOON anzusehen. Nur schleicht er ohne Bedürfnis nach Kinetik dahin … und schaut und schaut … auf einzelne Momente, den Rest aus den Blick verlierend …. bis aus den Klischees und einfachen Zusammenhängen nur noch Leere und Ratlosigkeit geworden ist. Während RASHŌMON seinem Beziehungsviereck den Wahrheitsgehalt ihrer Wahrnehmungen und Erzählungen raubt, raubt VIOLENCE AT HIGH NOON seinem Quartett alles, was sie wissen.
Montag 21.08.
gut +
Einem Regisseur, der erzählt, dass er mit der Kamera seinen Schauspielern ganz genau ins Gesicht schaute, auf der Suche nach dem, was dort zu finden sein könnte, wird mit der Kamera ganz tief ins Gesicht geschaut, um zu finden, was sich hinter der Sonnenbrille und den zurechtgelegten Anekdoten und Erklärungen zu seiner Karriere finden könnte. Es endet mit fünf Minuten lynchesken Aufnahmen des Hollywood Boulevard, als solle nun auch hier geschaut werden, was an den Straßenzügen des Ortes, der von Sirk mitgeprägt wurde und der anscheinend Seelen frisst, zu erkennen ist.
Sonntag 20.08.
gut
Ich kann es mir nicht erklären. Bei MENSCHEN AM SONNTAG war Billy Wilder mit für das Drehbuch verantwortlich, bei ABSCHIED aber Emeric Pressburger. Trotzdem ist der andere der bessere? Mehr dazu bei critic.de.
Sonnabend 19.08.
gut
Ein Jahr nach THE STING überholt die Olsenbande den Hollywoodklassiker ohne einzuholen. Denn: Wie ungemein ikonischer wäre George Roy Hills Film, wenn auch Paul Newman mehrmals unter dem Druck zusammengebrochen wäre und, verrückt geworden, Pullermann! rufen würde?
großartig –
Da kann der Rest des Filmes eigentlich machen, was er will. Sobald er wieder im Kontrollturm der dänischen Bahn ankommt, wo zwei Beamte in beschaulicher Sicherheit dahinleben, dass wieder ein Tag ohne Probleme und Komplikationen ansteht und sie durch die Olsenbande Schock auf Schock erleben, der sie jedes Mal bis ins Mark erschüttert, weil geschieht, was nie geschieht, dass sich eine oder gleich mehrere Bahnen verspäten, wenn der Film auf dem Papier also ziemlich sarkastisch wird, es aber wirkt, als ob wir ein wirkliches mitfühlendes Drama zerplatzender Träume erleben, dann ist dieser Film einfach nur sensationell.
großartig –
Eine Prügelkomödienwesternodyssee über Außenseiter, die den amerikanischen Traum hochhalten. Also ein Film ganz im Geist von John Ford.
Freitag 18.08.
gut
Im Persönlichkeitstest, der der blu-ray als Extra beigefügt ist, kommt es meist zum Ergebnis, dass ich unter den Disney-Prinzessinnen Belle bin. Weil ich gerne lese und nicht, weil der Test irgendwie wissen würde, wie ich aussehe. So am Rande gesprochen.
nichtssagend
In seinen besten Momenten wirkt dies wie ein Experiment, bei dem geschaut wird, wie die MUPPET SHOW ohne Puppen funktionieren könnte. Meistens geht es aber noch weiter und wirkt wie der Versuch einer High Concept Komödie zum Thema Boys Will Be Boys von Regisseur und Autor Fozzie Bear.
Donnerstag 17.08.
großartig –
Die Fortsetzung ist kaum noch der stoischen Präzision einer geradlinigen Bewegung des ersten Teils verpflichtet. Stattdessen mäandert der Plot, und Robert McCalls bekommt mehr Platz, seine Überlegenheit gegen hilflose Gegner auszubreiten, d.h. dies ist mehr Actionfilm als der Vorgänger. Ich ziehe in diesem Fall aber doch die kalte Klarheit des ersten Teils vor.
Mittwoch 16.08.
fantastisch –
Cop Steve Burns (Al Pacino) geht Undercover, um einen Serienmörder dingfest zu machen, der in der schwulen S&M-Szene agiert. Pacinos Figur legt für diesen Job aber nicht einfach nur die eigene Identität ab und nimmt eine fiktive an. Vielmehr handelt CRUISING von unzähligen performativen Identitäten – in der besagten Fetischszene, bei der Polizeiarbeit, in freundschaftlichen und amourösen Beziehungen –, die zerbröseln. Wenn Burns zum Beispiel mit seiner Freundin (Karen Allen) schläft, sie völlig ignoriert, und sein begieriges Stoßen durch die Musik aus den Schwulenclubs, die auf der Tonspur zu laufen beginnt, angetrieben scheint. Zu diesem Zeitpunkt ist es nicht nur für den Zuschauer schwer zu sagen, mit wem er es zu tun hat, sondern Burns selbst dürfte es kaum noch mit Sicherheit sagen können.
Die Auflösung der Identitäten drückt sich dabei in Sex und Gewalt aus und führt dazu, dass der Film wiederholt in geradezu surreale Momente umschlägt – wenn beispielsweise ein gewaltiger Afroamerikaner, der nur eine Polizeimütze und ein Suspensorium trägt, in ein Verhörraum hineinspaziert, den Verdächtigen vom Stuhl schlägt und wieder verschwindet. Welche Begierden, Neurose, Psychosen und/oder Traumabewältigungsstrategien sich darin ausdrücken wird so nur angedeutet, weil CRUISING durchgängig daran arbeitet, den Figuren und der Geschichte das Feste und Klare auszutreiben. Je nach Interpretation des zu Sehenden und je nach Zählart gibt es bis zu vier Mörder, wenn ich es richtig überblicke. CRUISING ist ein erzählerischer Sumpf, der lediglich andeutet, was tatsächlich geschieht.
Auf der anderen Seite ist Friedkins Film – auch ohne die vierzig herausgenommenen Minuten expliziten Filmmaterials, die entfernt wurden, um von einem X- auf ein R-Rating zu kommen – erstaunlich explizit. Nicht nur weil eine tatsächliche Penetration ganz kurz in den Film geschnitten wurde. Vielmehr weil die detaillierte Präsentation einer ansonsten in Mainstreamproduktionen unsichtbare Lebenswelt ohne jede Scheue vonstatten zu gehen scheint. Teilweise sieht CRUISING in seinen Clubszenen schlicht wie die softe Version von Jacques Scandelaris NEW YORK CITY INFERNO aus. Etwas Übermächtiges – physisch wie psychisch – steckt in dieser Herausforderung von der gängigen Hollywoodnormalität. Im Gegensatz zur Handlung, die jede Menge Interpretationsspielraum lässt, ist die Realität des Gezeigten umso nachdrücklicher.
Das Ergebnis ist so vom Zusammenspiel von Härte und zerfließender Weichheit bestimmt. Von harten Schalen und weichen Kernen. Von innerer Auflösung und drastischen Abwehrreaktionen mit Klingen. Weshalb Al Pacino ein Glücksfall ist. Der eigentlich von Friedkin präferierte Richard Gere wäre zu schön und verführerisch gewesen, zu sehr schon eine Mischung aus beidem. Pacino hingegen stiefelt klein und plump durch den Film. Wie ein Stück Kantholz mit Fusseln auf dem Kopf. In seinen Bewegungen und in seiner Sprache mit all den Pausen und Hemmungen steht jedoch der Umstand eingeschrieben, dass er nicht in der Szene aufgeht, in die er sich begibt, dass er ein Fremdkörper bleibt. Die Unsicherheit strömt förmlich über diesem klobig wirkenden Körper.
Mit anderen Worten: dies ist ein Psychothriller der ganz allgemein von der Angst handelt, herauszufinden, wer man ist, und speziell von einer Abwehr gegen die eigene homosexuelle Lust. Und im Endeffekt brauche ich sicherlich noch einige Durchläufe um mehr als nur Ahnen zu können, was alles vorgeht.
Dienstag 15.08.
nichtssagend
HIGHLANDER als Porno, bei dem D’Amato gelitten haben dürfte, weil hier nur Pflichtübung auf Pflichtübung folgt und es höchstens am Ende ein klitzeklein wenig Platz für Laufen und das Seele Baumelnlassen in einer Welt der Leidenschaften gibt. Und nur sehr selten darf der Schangel des Beginns mal hier und da im Verlauf des Films walten.
Montag 14.08.
gut +
Das war zuweilen so herzverengend, dass ich ganz vergessen hatte, dass es eine Komödie sein soll. Mehr dazu bei critic.de.
Sonntag 13.08.
fantastisch –
Lotti Z. (7 Jahre) fragte, ob wir den mal wieder schauen können. Das hat mich sehr gefreut. Auch weil ich ihr jetzt die Romane von Alexander Wolkow vorlesen darf, die mich zwar erzählerisch jedes Mal ein wenig enttäuschen, aber die Illustrationen von Leonid Wladimirski habe ich in meiner Kindheit so oft angeschaut, dass es jedes Mal wie eine Heimkehr ist.
gut +
Die Kampfkunst dieses Films ist die politische Diplomatie. Ein Herrscher, der der völligen geistigen Umnachtung entgegensteuert, muss geheilt werden. Um den fähigen Arzt aus dem feindlichen Land zu bekommen, braucht es Bestechung. Dazu ist das Gemälde eines berühmten, versoffenen Malers nötig, der dafür die Anwesenheit seiner ihm noch unbekannten Muße verlangt. Die wiederum ist auf der Suche nach demjenigen, der das gleiche Jademedaillon besitzt wie sie. Weshalb die Regierungsbeamten wieder beim Kaiser landen … bzw. bei einem angeworbenen göttlichen Dieb, der es dem Kaiser entwenden muss, damit es endlich losgehen kann, den Stau zu lösen. Zudem treibt noch ein Heiler zwischen all dem sein Unwesen, der den Ablauf zu sabotieren versucht, um in der Gunst eines geistig getrübten Kaisers zu bleiben.
Zuweilen ist diese Suche nach Lösungen süffig und beschwingt, oft auch sehr elegant inszeniert. Vor allem sind diese Kleinigkeiten einer alltäglichen politischen Arbeit mit all den unterschiedlichen Parteien aber ermüdend. Weshalb die finale – garstige und alles zusammenfügende – Pointe einer Erlösung gleichkommt. Dass das Ergebnis also nicht endlos trübe ist, zeigt einmal mehr die Qualität von King Hu.
großartig
Ein subjektives Essay, in dem Regina Schilling ihre Wahrnehmung, die sie sich als Kind von AKTENZEICHEN XY machte, auf alle Kinder der Bundesrepublik überträgt. Ihr Portrait eines Werkzeugs, dass Paranoia hervorrief und wohl auch hervorrufen sollte, ist deshalb vll. nicht wissenschaftlich genau, stellt aber den Wahn seines Sujets eindrucksvoll nach … wodurch Eduard Zimmermann zu E.T.A. Hofmanns SANDMANN einer miefigen, verunsicherten Bundesrepublik gemacht wird. Mehr dazu von Thomas G. beim Perlentaucher.
ok
Schnell mal einer Uni-Koryphäe ein, zwei Fragen gestellt, jemanden der sich als Hexe identifiziert und einem Bekannten von Aleister Crowley, fertig ist die leidlich informative, schnell hingezimmerte Reportage über moderne Hexen.
ok +
William Blake-Gedichte werden zu absurden bzw. bedeutungsschwangeren Bildern von England und Krams vorgetragen. Zuweilen ist die Prätention so überzogen oder wird dermaßen gebrochen, dass nicht ganz klar wird, ob dies ernst gemeint ist oder vll. doch schon eine Vorform von Monty Python darstellt.
gut –
Es beginnt mit einem Sitarspieler, der etwa zwei Minuten lang den Film audiovisuell bestimmt. Es beginnt also mit dem Horror eines selbstbeweihräuchernden Hippiefilms. Danach wird dies aber bis fast ganz zum Schluss hinter sich gelassen und ein Essay beginnt, das sichtlich nach dem Prinzip entstand, dass sich eine Kamera geschnappt wurde und einfach – auch mal mit Fischaugenlinse und Schnickschnack – gefilmt, was einem in Nottingham vor die Linse kam. Im Guten wie im Schlechten ist daraus ein eklektisches Portrait eines eklektischen Viertels geworden. Zwischen kurzen Blicken auf einen nachbarschaftlich selbstgebauten Spielplatz, der den sozialen Zusammenhalt gegen die abwesenden Institutionen (mal von der Polizei abgesehen) aufzuzeigen versucht, und einer ausgedehnten Rockgruppe-macht-Musik-Szene liegen die einzelnen Fundstücke von der Wanderung des Kamerateams.
Sonnabend 12.08.
großartig –
Durch die unerwiderte Liebe Tinkerbells (Julia Roberts) zu Peter Pan (Robin Williams) sowie durch Rufios (Dante Basco) Abkanzlung und Tod ist dieser Film über die Vorzüge kindisch zu sein, um gegen Enttäuschungen und Pflichten anzukommen, auch erstaunlich tragisch.
großartig +
Home und persönliches Improvement: Die beste, gesund lebende, immer pünktliche und kontrollierte Version unserer selbst (Denzel Washington) kämpft gegen unseren inneren Schweinehund (die Russenmafia) und THE EQUALIZER erzählt mit ruhiger Kontrolle des erzählerischen Skalpells von der blutigen Selbstunterwerfung, die es ist, zucker-, gluten- und cholesterinfrei zu leben.
ok
Zu Beginn wird angetäuscht, dass hier etwas über modernes Hexentum erzählt werden würde. Aber Derek Ford scheint eine gewisse Abneigung gegen Informationen zu haben – so wird Hexenmeister Alex Sanders hier bei einem Interview zu sehen sein, aber die Antwort, die er auf eine Frage gibt, wird knallhart von einem Voice Over übertönt. Stattdessen gibt es fünf Hexenrituale. Die eröffnende stellt eine Hammer-Studios-Hexenorgie nach, womit gezeigt werden soll, wie es in Wirklichkeit nicht ist … nämlich reißerisch. Woraufhin vier korrekte gezeigt werden, die in Sanders Hexenzirkel praktiziert werden. Aber auch hier herrscht kein Interesse daran, eine alternative Religion und einen wilden, exotischen Weltzugang nachzuspüren. So bunt, grell und irreal die Bilder auch aussehen und sichtlich Wert auf das außergewöhnliche Umfeld legen, werden schlicht nur Leute gezeigt, die ohne Anteilnahme irgendwelche Dinge praktizieren. Geradezu buchhalterisch wird einer Vorgabe gefolgt, ohne dass es irgendwelchen – drastischen, spirituellen, atavistischen – Sinn ergeben würde. Symbolisch werden ein Mann und eine Frau beispielsweise bei einem Initiationsritus ausgepeitscht, was heißt, dass ihnen die Riemen ganz sachte an den Po gehalten werden. Kurz: diese nackten, halbnackten, absurd verkleideten Leute mit ihren komischen Reliquien gewinnen keine Form von Mystik. Womit wir eben nichts über die Secret Rites erfahren – außer den Umstand, dass die Realität so oft so viel banaler und lächerlicher als das ist, was wir uns in unserer Vorstellungskraft auszumalen verstehen. Da ziehe ich dann doch lieber wieder die Schafsleggins an und tanze mit den People Against Goodness And Normalcy (PAGAN).
ok –
Ein Amateurfilm von 1924, der vll. am ehesten zeigt, wie einfallsreich Méliès ca. 20 Jahre vorher war. Denn für diese kurze übernatürliche Geschichte, die gerade darauf aus ist, durch die Verfremdung der Realität Attraktionen zu generieren, kommt selten jemand auf die Idee, die Kamera für mehr zu nutzen als die Dokumentation der Schauspieler.
gut
Ein Durcheinander aus DIE SIEBEN SAMURAI, Chang Cheh, fragmentierender Cadrage, Rückblicksschnipseln und sehr viel Personal.
Freitag 11.08.
fantastisch
Es folgen ungeordnete Sätze. Schlafen, Echos aus der Vergangenheit und aus anderen Film Weerasethakuls. Mal in komplett durchchoreographierten Bildern, mal in stiller Hinnahme einer Gegenwart. Die Hauptattraktion sind die Krankenhausbetten in einer ehemaligen Schule in einer nicht gerade urbanen Gegend, die von Science-Fiction-Traumregulierungsanlagen umgeben sind. Teil eins zeigt ein Krankenhaus, in dem Leute eine Schlafkrankheit haben. Teil zwei zeigt das Wandern durch eine Vergangenheit, die nicht zu sehen ist. Oder: Alle Filme Weerasethakuls könnten Träume der Frau sein, die am Ende von BLISSFULLY YOURS einschläft. Oder noch anders: Der Film zeigt ein Leben, als würde die ganze Zeit unmittelbar aufgewacht werden, und vermittelt dem Zuschauer für zwei Stunden genau das Gefühl.
fantastisch –
Eine (quasi) inzestuöse Mutter-Sohn-Beziehung wird zum Alptraum, da die Mutter die Schwiegertochter in spe tötet, woraufhin der Sohn die Verstorbene ausstopft, ins Ehebett legt und beginnt Frauen zu ermorden, die ihn erregen und daran erinnern, dass der Fluchtpunkt seiner Lust gerademal für sich beanspruchen kann, nicht zu verwesen. Ergo handelt es sich bei BUIO OMEGA um eine direkte, schäbige, makabrere Version von PSYCHO – optisch wie inhaltlich. Nicht nur weil es mehr Gore gibt, sondern weil dies ein Film ist, in dem eine Mutterfigur ihrem quasi Sohn einen runterholt, während er vor der Puppe seiner Geliebten sitzt. Kurz: ein Film für die Ewigkeit.
großartig
Im Laufe dieser Woche habe ich drei Filme aus meiner Top 100 von 2012 geschaut. Mit den Plätzen 14, 17 und 18 sogar welche, die damals sehr weit vorne landeten. Und alle drei Wiedersehen waren ein wenig enttäuschend. Die Filme haben mir zwar noch gefallen, aber sie würden es dieses Mal nicht mal mehr in eine Top 10 meiner Filme des Monats August schaffen. YUKINOJŌS RACHE war mir zu verplappert, SEPTIEN nicht mehr so seltsam wie bei der ersten Begegnung und DEATH BY HANGING verkackt sein Potential schlicht Richtung Ziellinie.
Eine Stunde und 15 Minuten ist Ôshimas Film ein riesiges Vergnügen. Die beste denkbare alberne und epische Komödie über Todesstrafe, rassistische Vorurteile, die Problematik, dass leidenschaftliche Ankläger meist gegen Dinge kämpfen, die in ihnen selbst verstärkt walten, und den Umstand, dass die eigene Identität keinem sokratischen Dialog standhält. Wenn hier also ein japanischer Justizbeamter einem zum Tode verurteilten Koreaner, der sein Gedächtnis verloren hat, das vorspielt, was seiner Meinung nach bei der Tat geschah, um ihm auf die Sprünge zu helfen, wer er denn ist, und dabei so mitgerissen wird, dass er in einem inzwischen völlig surreal abgedrifteten Film selbst zum Lustmörder wird und sich vor sich und seinen Kollegen zu winden beginnt, dann bleibt einfach kein Auge trocken.
Sobald aber die auferstandene getötete Schülerin beginnt über Politik zu sprechen, scheint es, als wäre ein Schalter umgelegt. Der Spaß ist mit einem Mal vorbei. Es folgt eine selbstgefällige, dröge und zumindest bemüht abgefilmte Stunde politischer Philosophie, die keine Lust mehr am Quatsch hat, sondern sich auf die eigene Bedeutsamkeit versteift.
ok +
Das Companion Piece zu Sirks BATTLE HYMN. Auch hier geht es um eine sentimentale Geschichte mit Waisenkindern während des Koreakrieges, nur ist dies nicht das Märchen einer Rettung, sondern relevante Filmkunst mit der Aufdringlichkeit eines Spendenplakats. Zumindest die Widerholungs- und Rondostruktur ist nicht nur ziemlich schön, sondern steht auch kurz davor, eine Realsatire zu sein.
gut
Schummrige Bilder, schummrige Bedeutung. Oder, wie Tony Ryans sagt: die Schönheit findet sich nicht im Schauspiel, im Drehbuch, der Struktur, den Dialogen usw., sondern in der Attitüde.
fantastisch –
Als es dunkel wurde, die Leinwand sich öffnete und der 35mm-Überraschungsfilm mit einem Taxi, das durch eine Dampfwolke fährt, startete, war ich etwas unschlüssig. Einerseits hätte ich mir für den Abend etwas gewünscht, das ich noch nicht so oft gesehen hatte. Andererseits nahmen mich die Bilder und die Musik (Bernard Herrmann!) von der ersten Minute an gefangen. Vor allem tauchten mehrere Dinge in meinem Kopf auf, die ich mit TAXI DRIVER verband. Als ich 20 Jahre zuvor im gleichen Kino die vll. verregneteste Kopie meines Lebens gesehen hatte. Oder als ich mit 18 bei einem Videoabend Scorseses Film einbrachte und wie kurz nach dem Date im Pornotheater ein Mitschauender aufstand, wobei er deklarierte, dass er gehen würde, wenn der Psychokram weitergeschaut würde. Oder wie ich den Film das erste Mal (auf Sat1) gesehen hatte und etwas deutlich Zugänglicheres erwartet hatte. Mehr Genre, mehr Gewalt … mehr einen Film, zu dem ich mir einen Kult erklären konnte. So war ich durchaus überfordert. Dieses Mal war es keine Offenbarung, aber immer noch ein sensationeller, völlig unebener Film, der nahelegt, dass es deutlich schlimmere Filme gibt, mit denen ich mich dermaßen verbandeln hätte können und deren Wiedersehen mich an so unterschiedliche Punkte meines Lebens zurückwirft.
Donnerstag 10.08.
fantastisch –
Hautausschlag, ausbeuterische Jobs, keine Arbeitserlaubnis, Emigration, Lügen, Betrug, Depressionen, rote Ameisen im Picknick, Triebbefriedigung (die essentiell nur eine Pause im existentiellen Unbefriedigtsein darstellt), Mordgedanken, die in der Luft liegen: in der Stadt und im Wald gibt es nichts als Probleme. Und doch geht es Weerasethakul um Seligkeit. Den Bliss, wenn alles von einem beim Einschlafen abfällt.
Und vll. stellt Weerasethakul eben diesen Moment des Einnickens in seinen völlig unökonomischen Filmen nach. Und vll. sind sie deshalb so langweilig … auf dass wir hier und da den Moment erreichen, dass uns die Augen immer und immer wieder beim Schauen zufallen.
fantastisch
Der erste Teil spielt in einer ruralen Klinik umgeben von Feldern und Natur. Orchideen spielen eine zentrale Rolle. Soldaten laufen herum. Schlager führt zur Nähe zwischen einem Zahnarzt in Glitzerklamotten und einem Mönch. Dem Unangenehmen wird hier mit Geschichten aus dem Weg gegangen, die vom Film lieber verfolgt werden als die Realität. Der zweite Teil spielt in einer urbanen Klinik, die von einem keimfreien Weiß bestimmt ist. Umgeben ist sie von Industrie und Bäumen. Fotos werden gezeigt, statt Erzählungen ausgebreitet. Und überhaupt ist eine Erektion zu sehen, statt das um Gefühle getanzt werden würde.
Beide Teile sind sichtlich Spiegel voneinander, die im Grunde und oft buchstäblich das Gleiche erzählen. Nur in der Form und in ihren jeweiligen Handlungsorten unterscheiden sie sich voneinander. Wodurch es wieder nicht um These und Antithese geht, sondern um zwei Dinge, die – ist der Rauch (das böse Blut?) erst abgesaugt – eine versponnene Synthese ergeben.
großartig –
Ein Mann wird aus dem Gefängnis entlassen und wandelt nunmehr apathisch dahin und damit in seinen Untergang. Weil er nicht mal mehr im kleinsten Mikrokosmos Teil der Gesellschaft werden kann. Die Welt stellt für ihn nurmehr ein sprödes, sinnverlustiges, melodramatisches Gefängnis dar, und er dadurch gänzlich asozial und höchstens gesellig, wenn es um Zerstörung, Raub und sich ans Bein Pissen geht. Mehr noch als DIE LIEBE IST KÄLTER ALS DER TOD nähert sich Fassbinder hier seinem damaligen Ideal von Straub-Huillet als Genrefilmern an.
ok
Der neue Kriminalfall steht ganz weit am Rand. Wie mit Lotto-Otto im Vorgänger hätte dieser etwas neuen Wind bringen können. So bricht er nur hier und da – wenn beispielsweise höchst wissenschaftlich untersucht wird, ob sich mit 3,4‰ noch selbst erhängt werden kann – in das Zurückgeworfensein auf sich selbst auf.
In REHRAGOUT-RENDEZVOUS schmort Niederkaltenkirchen und vor allem die Familie Eberhofer im eigenen Saft. In seinen besten Momenten fällt es zunehmend völlig aus der Form … wie Sebastian Bezzel, dessen Bauch immer imposanter wird. Die Rolle des Helden und Sympathieträgers steht ihm zwar weiterhin ins Gesicht geschrieben, sein Handeln und symbolisch dafür sein Speck zeigen hingegen eine sich gehenlassende Couch Potato, die sich nicht mal für seine Oma zum Geschirrspülen hochraffen kann.
In den beliebigeren Momenten geht es um Running Gags, zu denen nichts Neues mehr einfällt (Vati kifft und Flötzinger geht in den Swingerclub). Oder es geht um Instagram oder neue Männlichkeitsentwürfe, die für die Niederkaltenkirchener – für die deutsche Provinz – eben noch exotische Neuheiten sind, die für ein paar launige Pointen herhalten dürfen … wie wenn Oppa gegen all das moderne Zeug schimpft und es trotzdem nutzt.
nichtssagend
Der einzige Spaß hierbei steckt im Titel und vll. im Twist, dass gute, intelligente Diktatoren schnell von der Menschheit die Nase voll hätten und vor ihr fliehen würden. Und: wenigstens ist es kurz.
uff
Für die Ehre und das Vaterland sterben-die Computerspielzwischenhandlungs-sequenz.
Mittwoch 09.08.
großartig
Der Humor der Klammer ist fast schon hundsgemein. In weiten Teilen der Exposition bekommt Suzanne (Anna Karina) von allen Seiten zu hören, dass das Gelübde als Nonne und das Leben im Kloster für sie alternativlos seien. Die Eltern haben ihr Vermögen schon in die Ehen der älteren Schwestern gesteckt, weshalb sie ohne Mitgift nicht auf dem Ehemarkt zu vermitteln sei. Und ohne Ehe würde sie schlussendlich auf der Straße und damit – sie sagen es durch die Blume, aber nicht minder deutlich – in der Prostitution enden. Also lässt sie sich irgendwann zum Gelübde erpressen und zieht unglücklich ins Kloster … aus dem sie am Ende flieht. Im Schnelldurchlauf wird sie daraufhin über die Straße ins Grab befördert. Nicht die Gepeinigte wird zu ihrem Recht kommen, sondern die Peiniger höhnend Recht behalten.
Zwischen diesem dramatischen Aufbau und seiner grimmigen Pointe befinden sich zwei mögliche Seiten des damaligen Klosterlebens – einmal als Militärdienst, einmal als dekadente Liebeshölle. So oder so betont Rivettes Film aber den Verzicht und die Trübnis in beiden Ausprägungen. Im ersten Kloster landet Suzanne unter der Knute eines preußischen Verzichtsdrills. Frauen werden mit diesem zu Selbstaufgabe und Untertänigkeit gemobbt und gefoltert. Später wandelt sich der Film zum bunten Melodrama, in dem mit Schmuck behangene Frauen von Lust und ihren Leidenschaften zerfressen werden. Oder: auf den spröden psychischen Torture Porn folgt das absurde Karussell der Sinnlichkeit, dass sich um jemanden dreht, der ganz gottesfürchtig und moralisch keinen Sinn für Sex hat.
Zusammen ergibt es eine brechtsche Studie darüber, fehl am Platz und ein Außenseiter zu sein. In der Gesellschaft, im eigenen Leben. Das ist zwar auf den ersten Blick stillsicher, kunstvoll und zurückgenommen, aber tief im Herzen vor allem makaber. Wobei die schönste Note das Wasserplätschern und der zugige Wind sind, die zuweilen in den Zellen Suzannes zu hören sind. Klamm, zugig und ungemütlich ist es überall, wo sie landet.
gut +
Von den Shanghai 13 wird wiederholt wie von einem Team gesprochen, dessen Anführer die Figur von Ti Lung sei. Und wiederholt wird ebenso getan, als ob eine Geschichte erzählt werden würde. Dabei geht es nur darum, von Ort zu Ort zu gelangen, wo jeweils andere Haudegen des Hongkongkinos warten, die miteinander kämpfen und nach getanem Auftritt wieder verschwinden. Zumeist handelt es sich dabei um ehemalige Stars aus der Hochzeit von Chang Chehs Kino – aus allen Phasen, von Jimmy Wang Yu bis zum Venom Mob. Es finden sich aber auch aufstrebende Schauspieler wie Andy Lau und Danny Lee dazwischen. Fast alle sind sie Teil der Shanghai 13, was sich nach und nach als Rangliste offenbart, die nichts weiter zur Sache tut und höchstens kommuniziert, dass es hier nicht um irgendwen geht, sondern um eine Ansammlung von Talent. Flankiert werden die 13 von Minions in Schwarzer oder Weißer Kleidung, was dem abstrakten Videospielsetting nur zuträgt.
Am besten ist SHANGHAI 13 dabei, wenn das Spröde des Chang Cheh’schen Spätwerks durchbrochen wird und Gefühle sowie Seltsames und Homoerotisches einbrechen. Wenn Andy Laus Tod beispielsweise von der Zeitlupenmontage von Liebesimpressionen einer Beziehung begleitet wird, die so überbordend und plötzlich Einzug hält, wie sie schnell wieder verschwindet. Oder wenn im Endkampf der Unterlegene stirbt, indem ihm ein sehr, sehr langes Rohr durch den unteren Bauch gestoßen wird und der aus ihm ragende Phallus direkt auf die Kamera zeigt.
großartig
Am Ende senkt sich die Waage von MOONFLEET schon etwas sehr Richtung DIE SCHATZINSEL, weil die Hauptfigur eben eine Art von Jim Hawkins ist, mit dem sich die moorig-düsteren Melodramatendenzen eines WUTHERING HEIGHTS nicht völlig umsetzen lassen. Da haben wir aber schon einen Film hinter uns, der erstaunlich darin war, DER KLEINE LORD zum düsterromantischen Meisterwerk umzugestalten … wie Jenny J. bei letterboxd treffend beschreibt. Und überhaupt überzeugt George Sanders ab seinem ersten Auftritt – besoffen mit schräg sitzender Perücke – als dekadenter awesome guy ist.
verstrahlt
Familiendrama, Traumabewältigungshorror, Con-Artist-Sportfilm: SEPTIEN ist das alles ein wenig, weil Michael Tully, wie er mal in einem Interview erzählte, nicht davon ausgehen kann, dass er weitere Filme machen kann, weshalb er in den aktuellen alles reinpackt, was ihn gerade so antreibt. Es ist aber auch nicht von der Hand zu weißen, dass SEPTIEN nichts von alldem wirklich (überzeugend) ist.
Zuvorderst ist Tullys Werk seltsam. Und das seltsamste ist der Gegensatz daraus, wie angenehm er inszeniert ist – wie sehr die warmen, diesigen Bilder nach einem Sundance-Publikums-Pleaser aussehen –, und wie krude er dann doch immer wieder daherkommt und wie den Dämonen und Unfertigkeiten der Filmemacher ohne Netz und doppelten Boden freien Lauf gelassen wird. Wenn beispielsweise zwei erwachsene Männer an den Nippeln ihres Bruders saugen, der auf dem Höhepunkt der Selbstoffenbarungen gesteht, dass er ihre Mutter sein möchte. Oder wenn ein cowboyiger Engel (oder Teufel) am Lagerfeuer mit Fernsehpredigersprüchen gegen die Traumata einer sexuellen Misshandlung in der Kindheit anruft und Erfolg zu haben scheint. In seinen besten Momenten ist SEPTIEN krude und lässt die geistige Nähe zu Ulli Lommel ahnen.
Die Musik ist darüber hinaus toll. Ebenso das Artwork. Die Sportszenen verlieren zwar durch den Schnitt etwas, der sich darauf versteift, die Treffer bei Tennis, Basketball oder Golf wie Pointen zu schneiden, statt auch mal dem Können etwas Platz zu bieten. Trotzdem sind sie mit das Beste am Film. Im Endeffekt haben wir es eben mit einem unrunden Ritt zu tun, der zumindest einiges draufhat, wenn es darum geht, Atmosphäre zu erzeugen … und deshalb sich damit begnügt fast vollständig Atmosphäre zu sein.
Dienstag 08.08.
gut
Erinnerungen und Vergangenheit als Echos (Erschütterungen) auf der Tonspur und als Abwesenheit von Dingen, die innerhalb des direkt Erlebten doch irgendwie gegenwärtig sind. MEMORIA ist Weerasethakuls sprödester Film, bei dem er sich Lav Diaz und Tsai Ming-Liang annähert und doch zuvorderst einer Kunstinstallation nahekommt.
großartig –
Ein Tearjerker, der zwischen Schmerz/Selbstaufgabe und Mutterglück hin und her pendelt. Auf der einen Seite steht dabei das Leben als dekadente, rauschhafte Party, mit der die seelische Selbstmarter ertränkt werden soll. Auf der anderen Seite befindet sich die Chance einer Frau eine Mutter zu sein, die vll. sogar die Erfüllung in einem bürgerlichen Leben findet. Ergo haben wir es mit einem zutiefst gespalten Film zu tun, einem propagandistischen Familienfilm, der ein Frauenleben nur in bürgerlicher Mutterschaft erfüllt sieht, der gleichzeitig ein schmerzhafter, genussvoller, makabrer, punkiger Anklageschrei gegenüber einer Gesellschaft ist, die jeden, der nicht in ihr Bild passt, moralisch unter Druck setzt und ausgrenzt.
ok
Eine dreiminütige Schnittfassung von SHOT könnte das Musikvideo zu SABOTAGE der Beastie Boys ergeben. Oder anders: dies wirkt wie ein niedrigbudgetierter Porno, der sein Geld bei dem Engagement von Sexwilligen gespart hat und stattdessen den Etat in Schießereien, Gore und Hubschrauberaufnahmen – so stolz sind die Macher auf diese, dass sie unablässig eingesetzt werden – investierte.
großartig –
Schlussendlich fällt dem Film auf die Füße, dass schon in seinem Aufbau eingelassen ist, dass es auf eine bedeutende gesellschaftspolitische Frage hinauslaufen soll. Vier Polizisten werden nämlich in den Mittelpunkt gestellt, die sich alle durch ein spezifisches soziales Problem auszeichnen, das sie früher oder später auf der anderen Seite der Trennlinie der polizeilichen Machtausübung stellen wird – der Neonazisohn, die Scheidung inklusive Schlammschlacht, einen Strafprozess wegen Polizeigewalt, die Räumungsklage der Mutter.
Besagte Machtausübung macht ihnen sichtlich Spaß und erfüllt ihr Leben sowie ihr Gesellschaftsbild mit Sinn – und sichtlich geht es ACAB nicht darum sie zu verteufeln, sondern die Ambivalenz dieses Spaßes und des Sinns maximal auszuloten. Irgendwann gelangt der Film aber an den Punkt, wo der Spaß und der Sinn durch die Probleme kippen. Dass dubiose und fragwürdige des Films – es sind seine Stärken – wird verwässert, die korrupten Polizisten werden nochmal mal überdeutlich und didaktisch enttarnt und vorgeführt. Nochmal wird unterstrichen, dass die vier nicht einfach nur auf die Anforderungen ihres Jobs reagieren, sondern problematisch handeln. Es der bisher gelebten Selbstverständlichkeit wird plötzlich Bemühung.
Ansonsten handelt es sich nämlich um einen schönen Endzeitthriller, der in der Gegenwart spielt. Das gezeigte Rom steht gesellschaftlich kurz vor der Apokalypse, während es optisch bereits die Postapokalypse erreicht hat – das Aufeinandertreffen von Polizei-, Gang- und Rowdygewalt findet in einem geradezu rechtsfreien Rahmen statt, auf den die Institutionen des Staates keinen Zugriff mehr haben. Hooligans, Obdachlosen, Unruhestifter; Querulanten und Nazis sind die einzigen Leute, die sich auf den Straßen dieses Roms finden … einem Cocktail der zur Eskalation strebt, während die zivileren Teile der Stadt blinde Flecken bleiben.
Als Thriller ist ACAB dergestalt tendenziös und melodramatisch. Stilistisch geht er dies aber ruhig an und lässt die Konflikte nicht zu schnell eskalieren, auf dass sie langsam Feuer fangen. Es ist eigentlich eine gelungene Mischung.
*****
Auf einer rein persönlichen Note machte mich das Orange der Nacht des Colorgradings etwas nostalgisch, da bei mir zu Hause inzwischen alle Straßenlaternen mit einem hellen, kalten Weiß ausgestattet sind, sodass der Nacht viel von ihrer früheren Atmosphäre verlorengegangen ist.
Und Lotti Z. (7 Jahre) fragte mich am nächsten Tag, was das A.C.A.B. bedeutet, dass auf der Mülltonne im Schulhof gesprayt steht. Zuerst hielt ich es für einen Zufall. Dann fiel mir aber ein, dass ich durch mein reichliches Angebot an Filmen Zeit spare und Filme lose, statt mich in den Weiten meiner Sammlung zu verlieren. Durch die Lose habe ich eine kleine Auswahl von Filmen vor mir, die ich mal sehen wollte, bei denen die Entscheidung nicht so schwerfällt. Es ist ein wenig, als müsste ich mich wie früher in der Fernsehzeitung entscheiden, ob ich nun ARD, Pro7 oder Vox schaue. Nur dass die Sender einen an mich angepassten Geschmack haben und mit dem Beginn auf mich warten. Egal. Unter den am Montag gelosten fünf Filmen hatte sich ACAB befunden, und auch Lotti hatte zwei Lose gezogen. Da sie nie nachfragt, was das für Filme sind, die da auf den Zetteln stehen, dachte ich, dass sie sich gar nicht dafür interessiert. Aber inzwischen denke ich, dass sie mehr aufpasst und sich mehr fragt, als ich mitbekomme.
Montag 07.08.
fantastisch –
Das Wort wurde dem Menschen gegeben,
um seine Gedanken zu verbergen.
Voltaire*
Die erste Hälfte besteht aus Fragmenten der (amourösen) Annäherung zweier Männer. Keng (Banlop Lomnoi) ist Wildhüter, Tong (Sakda Kaewbuadee) Arbeitsloser bzw. Tagelöhner. Eine moderne Stadt und ihr rurales Hinterland werden mittels der beiden gegenübergestellt. Aber auch Religion und Materialismus. Angst vor Tiefen und die Anziehung zu diesen. Die Ansätze einer Handlung werden durch Zeitsprünge und unklare Zuordnungen zersplittert. Falls die Figuren, die Sakda Kaewbuadee und Banlop Lomnoi hier spielen, überhaupt immer Keng und Tong sind.
In der zweiten Hälfte sind Raum und Zeit dann im Einklang. Ein Mann (Banlop Lomnoi) befindet sich mit einem anderen Mann (Sakda Kaewbuadee), der sich in einen Tiger verwandeln kann, im Dschungel. Beide machen Jagd aufeinander. Gleichzeitig sind sie füreinander Jäger und Gejagte, wenn sie einander ausdauernd auflauern – wobei sie auf ihre Körper zurückgeworfen sind. Sprich es gibt nur sie und den Dschungel. Die Liebesgeschichte aus dem ersten Teil wird dergestalt vll. noch einmal, aber anders erzählt. Vll. handelt es sich aber auch um die Fortsetzung des ersten Teils. Oder es ist einfach eine zweite Geschichte, die nichts mit dem anderen Kram zu tun hat. Sie erhält ja auch ihren eigenen Titel und ihren eigenen Vorspann.
Es liegt dabei nahe, dass die allgegenwärtigen Dualitäten – Urbanes und Rurales, profanes Abfilmen und schöne Inszenierung, Moderne und Vormoderne, Zivilisation und Animalität, Beredsamkeit (im ersten Teil wird geredet) und Sprachlosigkeit (im zweiten nicht) – Gegensätze darstellen sollen. Dass es sich um einen guten und einen schlechten Zustand handelt. Aber Weerasethakul tappt nicht in diese Falle, sondern betont immer wieder das Verbindende. Schon weil die Kontaktpunkte genug Gemeinsamkeiten besitzen, weshalb die Anschlusspunkte für Assoziationen und Überlagerungen fast zwangsläufig auftreten. Nicht das eine ist die Rettung und das andere die Verderbnis, sondern in allem zusammen liegt das Leid und die Schönheit, die sich gegenseitig jagen.
Eine der offensichtlichsten Interpretationen des Ganzen liegt darin, dass die Annährung, die nie zu einem offenen Liebespaar führt, von der Furcht vor der eigenen Homosexualität gekennzeichnet ist. Zumindest bei Sakda Kaewbuadees Figur(en). Und ich bin mir ziemlich sicher, dass da ein profunder universeller Sinnzusammenhang besteht. Aber in diesem Meer aus Möglichkeiten ist dies besser aufgehoben, als in meinen profanen Worten.
*****
* Zitiert nach Stendhals ROT UND WEISS, wo es dem 22. Kapitel vorangestellt, aber dem Jesuiten Gabriel Malagrida zugeschrieben ist, obwohl es doch fast durchgehend Tellyrand zugeschrieben wird, der es aber wahrscheinlich nie gesagt hat. Bei Voltaire findet es sich jedenfalls früher, aber nicht genau in der oben zitierten Tellyrand-Form.
großartig –
Kabukischauspieler Yukinojô (wie in der Version von AN ACTOR’S REVENGE aus dem Jahr 1935 von Hasegawa Kazuo gespielt) ist gezüchtet um Rache zu nehmen. Doch der Wille zu dieser Rache zersetzt ihn. Sein Geschlecht ist nicht klar – er ist ein Mann, gibt sich aber auch außerhalb der Bühne als täuschend echter Frauendarsteller. Außerdem spielt Hasegawa eine Doppelrolle und ist gleichzeitig noch ein Dieb, der seiner anderen Figur hilft – irgendwann offenbart sich, dass Yukinojô mit Geburtsnamen Yamitaro heißt … wie eben der Dieb. Er spielt somit womöglich zwei Ausprägung einer Persönlichkeit oder zwei Persönlichkeiten in einem Körper. Der Les Baxter-artige Lounge-Soundtrack ist darüber hinaus etwas irritierend und überhaupt betont Ichikawas Inszenierung mit artifiziellen Bühnen und Kameratricks, dass diese Welt aufgesplittert und ein Produkt ist, das im Gegensatz zu einer gegebenen Realität steht.
Teil dieser Abrechnung mit glorreichen Rachethrillern ist aber auch, dass Leben hier Theater bedeutet, was wiederum reden, reden, reden heißt. Bei der ersten Sichtung war ich vom optischen Reichtum so verzückt, dass ich gar nicht bemerkte, dass gut 50% des Films Informationen auf uns abladen. Leider ist es ziemlich enervierend alles haarklein erklärt zu bekommen. AN ACTOR’S REVENGE ist in dieser Form zwar immer noch toll, nur hat ein Naruse gefehlt, der seinen Schauspielern Dialogzeile auf Dialogzeile aus dem Drehbuch strich, um ihn richtig zu veredeln.
großartig –
That’s French cinema for you: Mit Jane Fonda in einer dekadenten Villa an der Côte d’Azur festsitzen und nichts anderes zu tun haben, als zu lesen und zu faulenzen …. und der Film tut so, als würde Grausames geschehen.
Dieser Zustand ist aber nur der Höhepunkt des gotischen Dekadenzthrillers LES FÉLINS, in dem Alain Delon etwas unnötig im Vordergrund herumscharwenzelt, während die Figur, für die sich der Film am ehesten interessiert, von Jane Fonda gespielt wird. Die Kamera versucht ihrer Schönheit – ihres Lächelns und ihres Körpers – eine Bühne zu bieten und sie folglich so sexy wie möglich einzufangen – inklusive Strips und Tänzen. Und doch muss sich Fondas Figur schmerzhaft damit auseinandersetzen, dass nicht sie die Verführerische ist, sondern die launische, bedeckte, ältere, stilsichere Figur von Lola Albright. Die Ausstattung, die Bilder, die Musik, alles ist dekadent schön … und doch ist die Frage des Films, was Aura und Sinnlichkeit ausmachen. Betont wird durchaus, dass die Antwort nicht bei simpler Schönheit zu suchen ist.
gut –
Eine grobschlächtige Pulperzählung über organisierte Monsterkämpfe und korrupte Promoter, in denen sich Monster und Menschen sich darin übertrumpfen – zwei Twists bereiten darauf vor, dass nichts so ist, wie es scheint, und damit indirekt darauf, dass noch zwei Twists folgen werden – mit Phallen Gewalt anzutun.
gut
Mord ist nicht ihr Hobby, sondern ihre Berufung. Claudette Colbert muss als Nonne einen Mord aufklären, um zu beweisen, dass sie auch das Richtige tut, wenn es für sie das seelische Höllenfeuer bedeutet. Und der Glaube an die Unschuld bedeutet nicht weniger als das, weil Colberts Umfeld lieber an die Schuld einer Angeklagten (Ann Blyth) glaubt, als an die überzeugenden Argumente einer sie überstrahlenden Tugendhaften, der sie nur zu gerne unterstellen, dass sie lediglich Recht behalten möchte.
Das Ergebnis ist ein Melodrama, dass von seinen Krimianteilen ausgebremst wird. Der Mordfall ist sehr offensichtlich und hält nicht ansatzweise die Leidenschaft bereit, der in einem Aufbau lauert, der unsere Heldin in den Wahnsinn treiben soll. Wenn die Angeklagte aber ihre Pein in die Welt hinausmotzt, wenn Colbert doch gegaslighted wird, wenn eine Flut einen Konvent zur von Wasser umgebenen, klaustrophobischen Rettungsstation wird, die von einem Nebelmeer umschlossen ist, über das übergesetzt werden muss, um den Anwalt des Teufels in das Pulverfass des Konvents zu holen, dann ist THUNDER ON THE HILL ein wunderbarer Hort von verrückter Theatralik und optischer Opulenz.
Sonntag 06.08.
großartig –
In einem Ferienhaus in Dänemark war die vorangegangene Woche das zentrale Thema, ob nun Tuborg oder Carlsberg die präferierte Biermarke der Olsenbande sei. Einen Tag nach der Heimkehr offenbarte es sich, als Dynamit-Harry (Preben Kaas) von Egon (Ove Sprogøe) nach einem Bier gefragt wurde. Der starke Alkoholiker Harry ist zu diesem Zeitpunkt aber seit acht Monaten trocken und gibt energisch zu verstehen, dass er kein Bier unter seinem Dach dulde. Eine Brause könne er Egon anbieten, woraufhin er ein Carlsberg aus dem Kühlschrank holt. Später im Film wird Harry sich selig in einem Tuborg-Transporter betrinken. Meine verehrten Mitreisenden hatte also einen Kasten Limo getrunken.
Ansonsten der vll. erste richtige Film, der zu sich gekommenen Filmreihe. Der Einbruch mit Spielzeugpanzer, die heraus- und hineinmäandernde Suche Bennys (Morten Grunwald) und Kjelds (Poul Bundgaard) nach bürgerlicher Stabilität, der eingefrorene Egon, das Mitfiebern, ob Egon endlich erkennt, dass er sich nur auf Børge (Jes Holtsø) verlassen kann: dieses Mal fällt der Film nicht zwischendrin auseinander, sondern liefert von Anfang bis Ende.
nichtssagend
Im Gegensatz zum entsprechenden Drittel der SIMPSONS-Halloween-Episode, in der ebenso eine kleine, sich rasend schnell entwickelnde Zivilisation beobachtet wird – hier im Kühlschrank, dort in einer Schüssel –, wird hier nichts geboten, außer dem Gefühl machtlos zuzuschauen, dass eine Zivilisation untergeht … wobei das Motiv der auslöschenden Bomben noch aus dem Kalten Krieg stammt, während sich aktuell so viel zusätzliche Möglichkeiten einer Ausradierung aufdrängen.
großartig +
Neben dem Umstand, dass Baumkronen, Treppen und Mühlrädern in CAPTAIN LIGHTFOOT wie Monumente einer existentiellen Schönheit eingefangen werden (Kamera: Irving Glassberg), ist dies ein Film des Geschehens. Nicht nur weil er seinen Fetischen freien Lauf lässt, wenn beispielsweise ein ungeschickt hantierenden Rock Hudson mit seinem Schwert (d.i. seinem Penis) ausversehen Frauenröcke anhebt oder wenn er jungen selbstbestimmten Frauen den Hintern versohlen darf. Vor allem ist es der Film eines romantischen Aktionismus, weil fast alle Männern von keinem Gedanken in ihren Handlungen behindert werden. Impulse treffen auf sie, worauf sie lächelnd oder beleidigt ins Getümmel springen. Frauen bekommen derweil die Freiheit ganz Emotion zu sein, weshalb sie aber zu passiv für das aktive Hallodritum werden, das CAPTAIN LIGHTFOOT antreibt. Sirk lässt uns aber nicht einfach nur den Spaß dieses puren romantischen Handlungsdrangs, sondern bietet darüber hinaus noch das Amüsement der ungläubigen Verblüffung der Gecken ansichtig zu werden, wenn sie erleben wie jemand geplant und strategisch handelt … weshalb dies nicht weniger als ein angeschickerter Film von, mit und für Narren ist.
Sonnabend 05.08.
nichtssagend
Drei Roboter machen einen Touristenausflug in die Postapokalypse und interpretieren die Rückstände der menschlichen Zivilisation, der sie ansichtig werden, etwas falsch. Wodurch selbstredend bissige Kommentare über den aktuellen Zustand der menschlichen Zivilisation gemacht werden. Dazu gibt es Katzen. Kurz: eine Komödie mit sehr cleveren Witzen und einem cleveren Aufbau, wobei aber tunlichst darauf geachtet wird, sich nichts – d.i. geniale Dumm- und Albernheiten – zu wagen.
ok
Nette kleine Pulpminiatur, die vorhersehbar wie nüchts ist, dafür aber den sehr schön unangenehmen Auftritt eines riesigen Spinnenwesens sein Eigen nennt. Zudem: Zwei der Protagonisten haben Sex, und es wird auch mehr oder weniger gezeigt. Es ist irritierend, wie sehr solches Bildmaterial irritieren kann, weil es eben so selten geworden ist.
Donnerstag 03.08.
gut –
Großartig: Wie der Fußballkommentator der Übertragung des Länderspiels zwischen Dänemark gegen Schweden ebenso den Raub der Olsenbande kommentiert, die die Wohnung eines reichen Fußballfans ausräumen, während dieser nicht den Blick vom Fernseher abwenden kann; als auch der Einsatz von Enten beim Überfall eines Geldtransports und die Gesangseinlage einer konkurrierenden Bande, die Egon Olsen die Beute unter der Nase entwendet.
Nicht so großartig: Dass auch hier die Luft irgendwann raus ist und das Hin und Her zwischen den beiden Banden, was den zweiten Teil des Films bestimmt, schnell totgeritten ist.
Juli
Montag 31.07.
gut –
Immer noch auf der Suche nach neuen Wegen – wobei die kommende Formel sich aber dieses Mal langsam abzuzeichnen beginnt – begibt sich die Olsenbande im dritten Teil in eine Hinterwäldlerkomödie, wobei sie von den Hillbillys tüchtig abgezogen werden. Dabei haben sie mit gefluteten Nazibunkern und einer Militärklamotte Kontakt.
Sonntag 30.07.
gut
Eine Art Übergangsfilm, der eigentlich zu nichts Neuem überführt. Während nämlich die kommenden Filme sich darauf einschießen, den ersten Teil zu kopieren und lediglich den Stummfilmslapstick-Anteil verringern, versucht der zweite Teil zu neuen Ufern aufzubrechen. Was zuerst vorzüglich gelingt, wenn die rehabilitierte Olsenbande plötzlich die Absurdität der Arbeitswelt in Form einer Tati-Komödie zu spüren bekommt – sie müssen am Fließband die Qualität von Bällen und Murmeln für den Spielzeugfachhandel prüfen, indem sie gegen jedes einzelne Produkt mit dem Finger schnippen. Nach einer sehr schönen Befreiungsszene, in der die ganze Fabrik mit den Bällen zu spielen beginnt, befindet sich der Film aber in einer Sackgasse. Also wird eine Bank ausgeraubt, die die Olsenbande – inzwischen bei einer Reinigungsfirma angestellt – säubert. Das folgende Hin und Her zwischen Mafia und dem sich reinwaschen wollenden Egon Olsen erreicht nur noch selten den absurden Schwung, mit dem der Film begann. Am bleibendsten ist deshalb wohl der Auftritt von Ghita Nørby als Sozialarbeiterin, die mit ihrem schönen Lächeln Egon auf die anständige Bahn bringt, vor allem aber die Reinigung der Reihe bewirkt, die nach dem ersten Teil nicht in die Puffs und Sexshops des ersten Teils zurückkehrt.
Donnerstag 27.07.
fantastisch –
Ich habe noch nie einen Schauspieler (Rossano Brazzi) gesehen, der romantische Leidenschaft mit dem Gesichtsausdruck eines gefühlsbetonten Pornodarstellers während einer Hate-Fuck-Szene spielt, während er in einem zuckerüberzogenen, deliranten Bayern steht, das von Ludwig II.’s Fieber-träumen entworfen scheint. Und während er sich in eine nette All-American Love rettet, um die verrückte, anstrengende Ehefrau (Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg) aus seinem Kopf zu streichen. Sirks Heimkehrerball ist einfach ein durchgeknallter, sensationeller Horror-Heimatfilm.
Mittwoch 26.07.
großartig –
Als Kind habe ich die Olsenbande geliebt. Seit mein Alter zweistellig ist, habe ich aber keinen der Filme mehr gesehen. Nun war ich erfreut festzustellen, dass (zumindest) der erste Teil zu großen Teilen in einem Puff spielt – sowohl Egon (Ove Sprogøe) als auch Benny (Morten Grunwald) gehen mit ihren Frauen in den ersten Stock und tauchen später im Hintergrund des Bildes wieder auf, dessen sie sich ihren Hosenstall bzw. ihr Hemd schließen. Außerdem geht es im Film immer wieder um Nacktfotos, Sexmagazine, Sexshops und (verklemmte) Männer, die vor lauter nackter Haut genau wissen, was sie wollen, aber nicht immer, wie sie es bekommen. Der Film spielt mittels all des Sexes mit dem Bild von Skandinavien als dem Schmuddelmekka der 1960er und 1970er Jahre. Der Heist-Slapstick, der sichtlich von Stummfilmen inspiriert ist, ist aber auch ganz schön.
Dienstag 25.07.
großartig –
Ein moderner Einsiedler Kosuke (Nagaoka Tasuku) sitzt in seinem Pappkarton- und Zeltwandhaus in der Wildnis und hört nachts die Geräusche der wilden Tiere. Oder anders: der zölibatär Lebende, der sich von zu komplizierten Affären erholen möchte, hört wie sich seinen Sexualtrieb bemerkbar macht. Die grobe Filmhandlung besteht im Grunde lediglich daraus, dass er von Shiori (Mamiya Yuki) verfolgt, belästigt, angeteast und sexuell provoziert wird, weil sie mit ihm schlafen möchte, es ihm aber nicht zu einfach machen will, wenn er schon nicht dafür bezahlt. Andere Menschen landen im Orbit dieser Ausgangslage und bedeuten zuvorderst auch noch mehr Komplikationen für ihn.
Die Handlung ist aber nur das hauchdünne, ein wenig bescheuerte Gerüst für ein erstaunlich erotisches Spiel mit der Lust– gerade für einen Roman Porno. Ständig begehrt sie auf, führt dazu, dass Kosuke unbefriedigt mit ihr zurückbleibt, bis das sexuelle Drängen aus allen Nähten platzt und der Film in der Montage einer exzentrischen Zeltplatzorgie seinen Höhepunkt findet. Und Shiota Akihiko nutzt die Kamera zurückhaltend, aber effektiv als Werkzeug, um dies mit lakonischer Absurdität zu erzählen und um das Ansteigen der Lust, durch die die Leute ein wenig bescheuert handeln, zu genießen. Von Beginn an lässt er keinen Zweifel daran, dass er da ist, um Blödes zu kleinen, schönen Wunderlichkeiten zu machen. So feiert Mamiya Yuki vll. einen der denkwürdigsten ersten Auftritte in einem Film, wenn sie mit einem Fahrrad unvermittelt in diesen und dabei ins Meer fährt.
Montag 24.07.
großartig –
Es hätte dazu kommen können, dass ich beim Perlentaucher über BARBIE hätte schreiben dürfen. Nur leider habe ich es nicht zur PV geschafft … angesichts des Textes von Carolin W. bin ich ganz glücklich, dass ich verhindert war. Ansonsten war es so nun ein Erlebnis mit Lotti Z. (7 Jahre) den Film zu gucken, die einerseits nicht ganz verstand, was da alles los war, die aber gleichzeitig nur zu gut verstand und vom Drama wirklich mitgenommen war.
großartig
Benno Führmanns Eyes! Die hat ja schon Kim Carnes besungen. Er schaut fast den gesamten Film mit dem Dackelblick eines geschlagenen Hundes, und doch leuchten sie Blau voller Sehnsucht Ein sanfter Regenbogen des Verlangens geht von ihnen aus. Irgendwie habe ich sie das erste Mal wirklich gesehen.
WOLFSBURG selbst hatte ich schon einmal gucken wollen und wie ich nun feststellte, hatte ich auch schon ca. eine Stunde durchgehalten, bevor ich entnervt abgebrochen hatte. Mir erschien es damals wie eines dieser vorhersehbaren, getragenen deutschen Dramen, die überkonstruierten Plots brauchen, um ihre Sucht nach grellen Konflikten zu befrieden. Und irgendwie ist es das auch irgendwo. Nur betont Petzold eben nicht das Offensichtliche der Handlungsebene, sondern das Innere der Protagonisten. Vor allem in dem er mit Auslassungen und Anspielungen arbeitet, die wie verräterische Herzen funktionieren. Wenn Führmanns Figur beispielsweise seine Freundin bittet das Wasser für ein gemeinsames Bad einzulassen und er daraufhin losfährt und nie geklärt wird, ob er sie einmal mehr hat sitzen lassen oder ob zwischen Bitte und Abfahrt noch etwas geschah. Es brennt einem unter den Nägeln, es wissen zu müssen. Oder wenn beständig die Wahrheit in der Luft liegt, aber dann doch nie angesprochen wird.
Mehr als alles andere ist WOLFBURG aber ein Film übers Auto- und Fahrradfahren. Über den dringenden Wunsch wegzukommen, nicht in der eigenen Wohnung zu sein … und doch sich nicht loszuwerden. Nicht über den Fakt hinwegzukommen, dass man in Wolfsburg lebt.
Sonntag 23.07.
ok –
Ich hätte mir den Anti-ARIELLE-Film mit High-School-Außenseiter-Schlagseite gewünscht, den der Trailer versprach, und nicht diesen lauen TURNING RED-Aufguss, der sich dann in Wirklichkeit vor mir abspielte. Zumindest die Bilder waren schön glitzernd und leuchtend.
ok
Vier Gedanken zu diesem grotesken Film, der, wie Jochen W. sagt, die dreistündige „Was bisher geschah“-Montage der prätentiösesten Soap Opera der Welt sein könnte:
– Die Musik irrlichtet durch den Film. Manchmal passt sie, meist dudelt sie aber an den Szenen und ihren emotionalen Inhalten vorbei und versucht sie mit etwas aufzuladen, was nicht da ist.
– Ich hatte nicht das Gefühl, dass Nolan Quantenphysik, Atombombe, Wissenschaftleregos, Liebes- und politische Wirren, Moral und Krieg wirklich über eine oberflächliche Zusammenmatschung hinaus in den Griff bekommen würde. Nachdem sich abzeichnete, dass OPPENHEIMER infolge der erhebenden Explosion nicht enden würde, sondern weitergeht, damit Nolan als Twist noch jegliches lose Ende aufsucht und uns präsentiert, dass die offenliegengelassenen Momente tatsächlich noch gefüllt werden müssen, war ich ziemlich entnervt.
– Es gibt einige denkwürdige schauspielerische Auftritte. Rami Malek schafft es beispielsweise sich in drei kurzen Darbietungen so aufdringlich ins Bild zu drängen, dass es scheint, dass er eine neue Art gefunden hat, fröhlich in die Kamera zu winken, ohne es tatsächlich tun zu müssen. Aber Cillian Murphy ist der faszinierendste von allen, wenn er scheinbar – Achtung Bonmot! – mit der Fusion etwas falsch verstanden hat und spielt, als würde er den vierten Tag am Stück in Lärz durchmachen. Die Augen weit aufgerissen, verhärmt, blickt er steif umher, als würden immer wieder neue Informationen in seinen sich wunderndes, chillendes, jungfräuliches Bewusstsein eindringen.
– Zumindest habe ich jetzt ziemlich viel Lust AMERICAN PROMETHEUS zu lesen und etwas mehr herauszufinden, als dieses groß aufgezogene Ding, dass sich im Grunde mit der Ambivalenz begnügt: es ist nicht klar zu unterscheiden, ob Oppenheimer nun berechnender Opportunist oder wirklich von seinem Gewissen verfolgt ist.
Sonnabend 22.07.
gut
Schönes Lustspiel für den Sonntagnachmittag mit Verwechslungen, Intrigen und Liebe … wobei Jopie Heesters kaum eine Chance erhält als verliebter Jüngling zu punkten, wie der Antagonist, der Vater seiner Figur, kaum Untaten vollbringen darf. Glückselige Harmonie für 80 Minuten … mit etwas anzüglicher Zweideutigkeiten hier und da. Biedermeier unter der Naziherrschaft.
gut –
Das zentrale Stilmittel von Yukisadas Film besteht darin, Satis GYMNOPÉDIES anzuspielen, wenn Regisseur Furuya (Itao Itsuji) mal wieder beiläufigen Sex mit wieder jemandem hat. Seine Frau liegt im Koma, ebenso wie seine Karriere. Mit Sex versucht er die innere Leere zu füllen. Weshalb Satis nostalgisches Klaviertröpfeln hervorragend funktioniert. Der Sex wirkt damit traurig und verloren, statt verführerisch und lüstern, aber zudem auch absurd, weil Furuyas Traurigkeit auch übergriffig und egoistisch ist. Der japanische Titel und sein englische Äquivalent sind dem deutschen deshalb mal wieder vorzuziehen – AROUSED BY GYMNOPÉDIES –, da es eben nicht um einen Klang der Verführung geht, sondern um Trauer, Sex und Albernheit. Ansonsten wird kaum etwas versucht. Das Ergebnis ist so mehr oder weniger ein One Trick Pony.
Freitag 21.07.
gut
Die Geschichte eines Moses (Rock Hudson als Colonel Hess), der 400 Waisenkinder im Korea-Krieg ins gelobte Land eines Kinderheims führt. Zuweilen scheint es, dass ein sirksches Melodrama Einzug halten möchte – wenn ca. nach der Hälfte des Films Mary Hess (Martha Hyer) in der Heimat ein Kind bekommt, im provisorischen Waisenhaus in Korea sich parallel aber auch die Liebe zwischen ihrem Mann und der Heimchefin En Soon Yang (Anna Kashfi) anbahnt. Doch so sentimental es in den Film hineinschwingt, so wenig materialisiert sich das Drama. Stattdessen eben der verkappte Bibelfilm, der der Selbstkasteiung von TWELVE O’CLOCK HIGH – die dort nötig ist, um einen Krieg zu gewinnen – den Drang zum Aufbau entgegenstellt. Nicht nur militärisch muss gewonnen werden, sondern die nächste Generation der Bevölkerung gerettet werden. Weshalb es eben nicht nur Soldaten, sondern auch Sozialarbeiter bedarf. Und dann kann auch das Trauma eines im Zweiten Weltkrieg weggebombten Waisenhauses durch den Bau eines neuen im anderen Land abgeschüttelt werden. Auge um Auge, wie Jesus es sich gewünscht hätte, vll.
gut –
Ich war sehr müde und Lotti Z. hat die Pippi-Filme in den letzten drei Jahren hoch und runter geschaut. Es waren nicht die besten Voraussetzungen, um PIPPI IN TAKA TUKA LAND zu genießen. Vor allem wurde noch deutlicher, dass der Film, sobald Taka Tuka Land erreicht ist, deutlich abfällt. Denn irgendwie fiel ich nach dem sehr schönen Anfang völlig aus dem Film. Auch im Saal wurde es deutlich ruhiger und die zuvor fröhliche Stimmung verflüchtigte sich. Denn: Nur Messer-Jocke stellte sich vermehrt dem Umstand entgegen, dass der Film fast nichts mehr mit Piraten und Pippi anzufangen weiß.
Donnerstag 20.07.
großartig
Durch so manchen Shoot-Out zwischen Jägern fühlen sich Heimatfilme zuweilen wie Western an, auch wenn sie rein mythologisch etwas diametral Entgegengesetztes verhandeln. Dort der Westen, der besiedelt werden muss und wo sich die Zivilisation durch Gewalt aus dem Naturzustand erhebt. Grob. Hier das idealisierte Landleben, dass sich der Dekadenz der Zivilisation entgegenstellt. Grob. Und auch wenn TAKE ME TO TOWN nahe der Frontier angesiedelt ist, die Leute Cowboyhüte tragen und es um Tänzerinnen in Saloons geht, handelt es sich eben doch nicht um einen Western, sondern um einen Heimatfilm.
Eine Tänzerin (Ann Sheridan) kommt bei einem gottesfürchtigen Holzfäller (Sterling Hayden) unter, weil sie sich vor dem Gesetz verstecken muss. Dabei lernt sie die Vorzüge eines bescheidenen Lebens kennen und besiegt – auch durch drei sensationell geschriebene und gespielte Tristkinder – ihre innere Dekadenz, während eine puritanische Gemeinde durch sie etwas mehr Atmen lernt … wobei das pharisäische Herabschauen auf verderbte Frauenzimmer auch aus den Mitmenschen rausprügelt werden muss.
Das Drehbuch hält so manche Dialogperle bereit. Wenn beispielsweise Ann Sheridan von den drei Kindern ins Haus des abwesenden Hayden gelotst wird, sie ihnen im Abendkleid, das ihren Körper mehr herauskehrt, als versteckt, Essen kocht und Hayden nach Heimkehr sie abweidend begrüßt:
Kind: He likes you.
Sheridan: What makes you say that?
Kind: The way he looked at your meat pie.
Und Sirk hat sichtlich Spaß die Heimat mit Sex zu durchziehen und sie frivol in eine genüssliche Feuchtfröhlichkeit zu ziehen, die mit sich im Reinen ist … während nominell durch die Handlung das Gegenteil erzählt wird.
Mittwoch 19.07.
gut +
Vom Charme des Schlangenölverkäufers und den schrecklichen Zuständen, wenn Geld in der Politik herrscht. Inkl. AVE MARIA-Glückseligkeitstrübnis. ♥
Dienstag 18.07.
großartig +
Die Komödien Sirks sind alles in allem die Gegenstücke zu seinen Melodramen. Die Familien zerfallen hier zwar auch, doch werden sie gekittet. Die Ursachen der Konflikte sind einfach auch nicht umfassend, sondern betreffen nur einzelne Schwarze Schafe oder Verblendete. Alle sind zwar exzentrisch, aber nicht ver- und entrückt, vom Schmerz zerfressen oder niedergekämpfte Romantiker.
In HAS ANYBODY SEEN MY GAL? bekommt die Familie Blaisdell 100.000 $ geschenkt. Und weil die Mutter endlich auf großem Fuß leben und eine repräsentative Existenz führen möchte und weil der Vater sich ihr nicht in den Weg stellt, sterben Liebe und Unschuld in der Familie fast einen melodramatischen Tod.
Unter den Blaisdells befindet sich inkognito aber auch ein Millionär (Charles Coburn), was aus HAS ANYBODY SEEN MY GAL? im Grunde ein Anti-CITIZEN KANE macht. Er hat keine Erben und kommt bei der Familie unter, um zu schauen, ob sie sich als solche eignen. Wie allbegabter Santa Claus rettet er die Existenzen der Kinder in dem Sturm, der auf das Geld folgt. Und durch das einfache Leben und das Servieren von Tuttifrutti-Eisbechern erhält er aber sein Gefühl von Rosebud zurück und erkennt, dass Geld korrumpiert, weshalb niemand damit behelligt werden sollte. Und ganz anders als CITIZEN KANE gibt es hier keine bittere, von der Gnade geküsste Kunstfertigkeit, sondern Tanz, Amüsement und das hinter Spaß versteckte Misstrauen in die US-amerikanischen Werte der 1950er Jahre.
Montag 17.07.
fantastisch –
Spätestens wenn ein Kind hier in einem einem Flugzeug nachempfundenen Karussellwagen sitzt und während der Fahrt zusehen muss, wie sein todes-sehnsüchtiger Vater (Robert Stack) mit seinem Flugzeug abstürzt, wenn das Kind noch dazu hysterisch darum kämpft, dass alles aufhört – die Szene vor sich, das Drehen der Jahrmarktsattraktion – dann sollte klar sein, dass THE TARNISHED ANGELS nur zu gern über den Strang schlägt. PTSD, unerfüllte Liebe und sexuelles Verlagen, gescheiterte Karrieren, das Stranden am Rand der bürgerlichen Gesellschaft: alles frisst an den Leuten und lässt sie verrückt und sadistisch werden, aus der Haut fahren … und vor allem führt es zu Unmengen fließenden Alkohols. Aber Sirk lässt die Leute und den Film nicht einfach nur freidrehen. In kleinen Momenten von zwischenmenschlicher Nähe innerhalb dieses Säuresees findet sich mehr Hoffnung und Mitgefühl als in den Filmographien der allermeisten Regisseure.
Sonntag 16.07.
uff
Thomas Astruc has been robbed. Jeremy Zag drängt den kreativen Kopf einer oft hässlichen Serie, die aber in einigen Folgen das eigene Korsett abwirft und erzählerischen Schneid beweist, aus dem dazugehörigen Kinofilm. Er macht ein Egoprojekt daraus, in dem Zag für Regie, Drehbuch, Produktion und die Songs verantwortlich zeichnet, das aber nur einen groben Zusammenschnitt einer nicht existenten Serie bietet, die durch fürchterliche Lieder völlig außer Form gerät.
großartig –
Es beginnt mit einer schnellen Trauung. Tony Curtis und Piper Laurie können es schlicht nicht erwarten, miteinander ins Bett zu steigen. Was folgt ist ein filmischer Cockblock. Eine Komödie deren Witz darin liegt, wie sich alles gegen den – natürlich nie genannten, aber stets überdeutlich gemeinten – Sex verschwört. Krankheit, Armee, Schwiegereltern, die sich in den heimischen vier Wänden ausbreitende Familie, Alptraumkinder und die Bestrebung eines Kapitalisten eine Pipeline durch den Weinberg und das Haus von Tony Curtis zu ziehen – mit anderen Worten dessen Bestrebungen selbst Piper Laurie zu begatten –: die USA mit all ihren Institutionen wehrt sich gegen die Lust. Hinzukommt das nicht diagnostizierte PTSD des Kriegsheimkehrers Curtis sowie ein Psychiater, der den Wahnsinn der Situation nicht erkennen möchte, aber jeden, der vor ihn tritt, zum Neurotiker erklärt. Das moderne Familienleben als Zirkus. Ein Vergnügen.
Sonnabend 15.07.
fantastisch –
DIE GÖTTLICHE KOMÖDIE unter den Flutschfilmen. Nicht weil die Geschichte eines macht- und geldgeilen Abstiegs innerhalb einer symbolischen Parallelgesellschaft – dem unser Held (Jamie Gillis) nur durch Liebe entkommt – den Abstieg Dantes in die Hölle nachzeichnen würde. Auch nicht, weil der Film episch und ausladend wäre. Sondern, weil die Inszenierungskunst – die Farben! – diese Welt mit einer poetischen Gnade ausstattet, die ebenso die Jahrhunderte überdauern müsste.
Freitag 14.07.
gut –
Einer der vier apokalyptischen Reiter wird ausgetauscht. Statt dem kanonischen Hunger reitet Conquest durch den Himmel. Was steckt aber in Eroberung drin, was nicht in Krieg enthalten ist? Ich dachte an Liebe und sah mich bestätigt, als sich Glenn Fords Julio in die verheiratete Marguerite (Ingrid Thulin) verliebt und sie eine Affäre beginnen. Vielleicht habe ich deshalb zu sehr ein Melodrama mit kochendem Blut erwartet, Eifersucht und unkontrollierte Gefühlsausbrüche. Der Titel wird solche Erwartungen bestimmt auch befeuert haben Stattdessen bleibt THE FOUR HORSEMEN OF THE APOCLYPSE aber gesetzt, ernst und zurückhaltend.
Erzählt wird die Geschichte einer argentinischen Familie. Die eine Tochter eines Gauchos (Lee J. Cobb) ist mit einem Deutschen (Paul Lukas) verheiratet, ihre Schwester mit einem Franzosen (Charles Boyer). Der Sohn des Deutschen (Karlheinz Böhm) wird glühender Nazi, der französische Teil ringt in Paris lebend um Neutralität. Die Besatzung Frankreichs zerreißt die Familie vollends. Aber kaum einmal kommt es vor, dass Gefühle aus jemanden herausbrechen. Still schwillt das Drama an und erst am Ende löst ein Bombenhagel den Knoten – der Gefühle und der Alliierten.
Meist suchen die Figuren nach Contenance und sperren die bewussten oder unbewussten Gefühle weg. Bei Paul Lukas‘ Figur trägt es beispielsweise sehr schöne Blüten. So wird er in einer jubelnden Menge vor Hitler stehen. Seine Vorbehalte schwinden dabei langsam, und er hebt bedächtig den Arm, und das sichtliche Unbehagen des Schauspielers Lukas wird dabei nutzbar gemacht. Die Anhängerschaft seiner Figur ist naiv, opportun, voller Scheuklappen. Die Nazis scheinen Recht zu haben und was spricht gegen persönliche Vorteile. Bitter wird er dafür zahlen müssen.
Die Verdrängung des französischen Teils der Familie, die ihre Beklemmung in feiner Gesellschaft, in der großer Kunst und der Liebe betäubt, hat noch verheerendere Folgen. Sie stehen im Zentrum der Geschichte, und mit ihnen wird CASABLANCA variiert. Der Mann von Julios geliebter Marguerite ist selbstredend ein Chef innerhalb der Resistance. Bevor Julio aber zum Bruce Wayne/Batman der Resistance wird und der Film wieder Fahrt aufnimmt, verwehrt sich den klaren Situationen und dem Drama geradezu verwehrt. Stattdessen wird das immer Gleiche immer wieder durchdekliniert. THE FOUR HORSEMEN hängt so in den Seilen und weiß nicht, was er mit sich anfangen soll. Das Leiden an sich und die Unentschlossenheit der Hauptfiguren ist selbst unentschlossen … und, da alles schnell verstanden ist, öde.
Am besten ist der Auftakt in Argentinien. Nicht nur weil hier alles kompakt zu finden ist, was danach schwerfällig wiedergekäut wird, sondern weil der dekorative Einsatz von Melonen schlicht atemberaubend ist.
gut
Sowohl Louis Armstrong als auch Duke Ellington spielen mit. Der eine spielt Trompete in der Hölle und denkt sich mit Dämon-Kollegen Pläne aus, um Menschen zu verführen. Der andere spielt mit seinem Orchester in einer zwielichtigen Kneipe, die durch teuflisches Geld einen neureichen Anstrich bekam. Nur der Gospel in der Kirche steht in himmlischen Zusammenhang. Die Welt ist verderblich und zwei der größten Jazzstars befinden sich selbst in einer Repräsentation ihrer Kultur im spirituellen Ghetto.
Das Bezeichnende an diesem naiven religiösen Märchengleichnis mit der zumeist tollen Musik ist aber, wie einfallslos die Teufel und wie passiv und hilflos die Engel im Kampf um die menschlichen Seelen sind. Auch wenn es also um den Kampf um Seelen geht, um Gott, seine Helfer und Widersacher, steht doch der selbstbestimmte Mensch im Mittelpunkt.
Donnerstag 13.07.
großartig +
Ein Geisterfilm über eine verdrängte Vergangenheit, die aus dem Verschwiegenem lärmt und die eine eigene Immanenz erlangt. Ein tragischer Liebesfilm, in dem Ann (Katharine Hepburn) versteht, dass sie sich nicht in ihren Mann verliebte, sondern in eine Vorstellung von ihm. Ein Psychodrama, das durch Selbsthass und Unsicherheit gespeist wird, in dem Alan (Robert Taylor) darüber verrückt wird, dass sich seine Frau nicht in ihn verliebte, sondern in seinen abwesenden Bruder, der alles ist, was er gerne wäre. Ein Noir-Thriller, in dem Tiere die animalische, tobende, nicht zu bändigende Seite des Menschen zeigen, aber auch sein zuweilen instinktives Vertrauen. Ein todessehnsüchtiger Film, in dem Robert Mitchum den Traum des Aussteigers leben darf, worin dieser nur noch von außen zuschauen braucht, ohne in den emotionalen Aufruhr hineingezogen zu werden. Lediglich in einer Idylle außerhalb der Menschenwelt braucht er herumzugeistern. Und darüber hinaus handelt es sich bei UNDERCURRENT um einen sich ewig verändernden Slowburner der Anpassung und des Erschaffens. Alle versuchen sie sich nämlich an die Situationen dieses Films anzupassen, an die Ergebnisse der chemischen Reaktionen dieser Konstellation, wo jeder zugefügte Tropfen die Gesamtheit verändert. Wobei sie aber jeweils ihre eigenen Monster Frankensteins erschaffen: die Frau den Mann ihrer Alpträume, der Mann, die Frauen, die ihn nie liebten.
gut +
Tex Averys Version von OF MICE AND MEN, bei dem Screwy Squirrel seinen Tod findet und von Lenny, einem Hund, der nur jemanden zum kuscheln sucht, zerquetscht wird. Irgendwo steckt darin bestimmt ein Symbol für das Verhältnis von Studio, Publikum und dem kreativen Verantwortlichen.
großartig –
Der Anzug, den Hayley Atwell im Orient Express trägt, ist ein modischer Coup. Und ansonsten ist dies hier einfach ein Film für die ganze Familie, wie ich bei critic.de darzulegen versuche.
Mittwoch 12.07.
großartig –
In seiner Action ist AIR FORCE ONE spürbar solider als der MISSION: IMPOSSIBLE-Film von gestern. Dafür handelt es sich um einen süffigen old schooliger-Thriller über eine Tochter, die erkennen muss, dass sich ihr Vater zwar völlig idealistisch auftritt, seine Arbeit in der Politik aber auch Schattenseiten hat. So bekommt sie von einem Terroristen (Gary Oldman) unter die Nase gerieben, dass Papas Handeln aus anderer Perspektive auch fragwürdig aussehen kann und Proteste verursacht. Weshalb Harrison Fords One-Man-Army-Präsident und -Vater moralisch zwar kein Held mehr sein kann, aber mit seinen Fäusten Tatsachen schaffen und zumindest seine Familie schützen kann.
Es geht aber auch um die Frage, was schützenswerter ist: der Präsident als Symbol oder als Institution? Ob also Harrison Ford als Person zu retten ist oder die Verfassung, die regelt, wann ein Nachvoller zu bestimmen ist, der für ihn übernimmt. Durch diesen Komplex steckt in AIR FORCE ONE ebenso ein Procedural über Regierungsarbeit bei der Auseinandersetzung mit Terroristen – als auch ein schönes Dokument seiner Zeit. Letzteres nicht so sehr, weil nicht an die Institutionen geglaubt wird und nur an das heldenhafte Individuum, sondern weil in einem kasachischen Gefängnis die Internationale als Hymne eines verbrecherischen, pseudosozialistischen Triumphs gespielt wird. Die sowjetische Hymne konnte nicht einfach verwendet werden, da diese ja auch die russische ist und Russland in dem Film ein Verbündeter – tatsächlich wirkt Russland dabei wie der Marionettenstaat, den die Terroristen diagnostizieren. Deshalb findet die Internationale Verwendung, die damit als Hymne der Hoffnung zu Grabe getragen wird. Mit dem realexistierenden Sozialismus brach eben nicht nur der reale Part zusammen, sondern auch die letzten Reste der Utopie gleich mit. Und nirgendwo ist es so spürbar, wie in AIR FORCE ONE.
fantastisch –
Dies ist ein buntes, verschnörkeltes Musical über zwei junge Frauen, die verheiratet werden müssen. Bzw. über zwei Frauen, die in der Liebe ihren Daseinsgrund sehen und deshalb Männer ranschaffen müssen, ohne dies aber offen zeigen zu dürfen. Ein geerdetes Musical über gegenseitige Rücksicht-nahme und die Schwierigkeiten einander wahrzunehmen. Und vor allem ein buntes, unbedarftes Musical, dem die ADDAMS FAMILY unscheinbar in den Gliedern steckt: eines der Kinder ist in seiner Gedankenwelt durchgehend vom Tod angezogen, während in der Mitte des Films plötzlich ein heidnisches Halloweenfest gefeiert wird, bei dem Kinder einen Scheiterhaufen bauen, ihre bedrohlichen Nachbarn töten und wo es kurzzeitig scheint, als würden Triebtäter, die sich an Kindern vergreifen, Teil des Films werden. Als würde das Herz des Films immer wieder dunkle Bluttropfen in seinen strahlenden Blutkreislauf pumpen.
Dienstag 11.07.
gut +
Mal wieder ist alles penibel wie ein Pop-up-Buch aufgebaut, mal wieder dringen die Gefühle (hier: schmerzhafte Verluste) aus den Ritzen der liebevollen Gestaltung … oder sehen als Atombombentests im Hintergrund ganz unschuldig aus. Die Ankunft der Druckwelle ist so lediglich zu erahnen. ASTEROID CITY ist also ein typischer Wes Anderson-Film … nur scheint Anderson das Gefühl der Normalität nicht mehr akzeptieren zu können. THE LIFE AQUATIC WITH STEVE ZISSOU beispielsweise schafft es seiner sehr eigenen Parallelwelt den Anstrich des Normalen zu geben. Und ASTEROID CITY könnte das auch und ist wiederholt auf dem Weg dorthin, bis dann doch wieder eine Metaebene einbricht, die uns erklärt, dass wir nur eine Theaterproduktion sehen. Einblicke in die Hintergründe der Produktion werden uns gewährt, in denen sich die Figuren und ihre Schauspieler spiegeln. An diesen Stellen schwingt das Gefühl eines Sinnverlusts offensiv mit – nicht nur formal im Aufbrechen der etablierten Welt, sondern wird es hier auch explizit kommuniziert. Der Film wird damit noch barocker, mehr zum Irrgarten … und zunehmend zur Selbstparodie, weil die barocken Irrgärten sehr selbstzweckig vom emotionalen Kern auf die penible Konstruktion weißen. Worin aber nun wieder eine eigene Art von Schmerz steckt, wenn der Film sich selbst nicht mehr zu trauen scheint und deshalb noch mehr erzählerischen Pomp liefert.
gut +
Persönlich hätte ich mir mehr Platz für das Team gewünscht und weniger für: Ethan Hunt wird vom schlechten Gewissen des Professionals heimgesucht. Was mich aber am ehesten mit diesem zumeist sehr schönen kinetischen Kino entzweit hat, war Henry Cavills Interpretation von Leon Goretzka, der einen Schauspieler zu mimen versucht.
Montag 10.07.
ok
Der Wahn eines jungen Polizisten (Stefan Kolosko), der feststellt, dass er sich in seinem Job die Finger mit der Wirklichkeit schmutzig machen und seine Ideale hinterfragen muss. Eines Polizisten, der wahnhaft nach Vaterfiguren sucht, die ihm versichern müssen, dass er alles richtiggemacht hat. Er fleht geradezu in seinen ewigen Nachfragen, ob sein Handeln in Ordnung war. Als Krimi oder irgendwie interessante Geschichte taugt auch diese DERRICK-Folge nicht viel. In dieser einen Figur und ihrer Unsicherheit erreicht GEGENÜBERSTELLUNG trotzdem eine enorme, entrückte Intensität.
gut
Mangolds Film ist ziemlich deutlich darin zu kommunizieren, dass dies ein Remix der vorrangegangenen Teile ist. Gerade weil die Geschichte darin kulminiert, dass Indy – körperlich und geistig – in der Vergangenheit festsitzt und in seine Gegenwart zurückmuss. Dass er eigentlich ein Gefangener seiner selbst, seine Ikonenhaftigkeit und seiner Filme geworden ist. Bitter ist dabei, dass es aber Phoebe Waller-Bridge ist, die als einzige Figur mit der Aura des Unfertigen und von Selbstsuche ausgestatten ist, die nach diesem Teil vergessen sein wird. Und dass der von seinem Sein überdrüssige Indiana Jones zur Akzeptanz seines Lebens in der Gegenwart als alter Mann eine alte Liebe aufgedrückt bekommt, wo er doch endlich mal wieder aufbrechen sollte.
Sonntag 09.07.
großartig
Der Running Gag des Films ist, dass festgestellt wird, dass endlich mal Lesen und Schreiben gelernt werden müsse. Was nichts anderes heißt, als sich sozialistisch zu organisieren und die Welt zu verändern. Stattdessen rennen die Stierkämpfer aber zwanghaft dem kindischen Traum einer Pseudoaristokratie nach. Nichts können sie, außer ihr Leben für Geld, Glitter und den fragilen Thron sportlicher Anerkennung aufs Spiel zu setzen. Die Frauen können hingegen nur beten und auf ihren Knien enden, weil sie ihr Leben sinnlos für Gockel und Kindsköpfe opfern.
Das jeder der Beteiligten seine Situation erkennen und ändern, die Gesellschaft herausfordern und seinen Dornenweg nicht einfach nur wie von Gott gegeben ertragen könnte, wenn sie denn nur Lesen und Schreiben könnten, ist aber eben nur ein Witz. Ein Scherz, der einen anderen Horizont andeutet, der aber durch die melancholische Selbstaufgabe der Beteiligten in ihren Lusthaushalt aus religiösen, sozialen und sexuellen Begierden und Fetischen völlig unerreichbar bleibt. Eine Utopie, die insult to injury hinzufügt.
Dieses Melodrama ist deshalb nicht auf Herzen aus, die durch die Widersprüche zwischen Individuum und Gesellschaft gebrochen werden, nicht auf große Gefühle, sondern auf ein langsames Ersticken im erzählerischen Pomp. Ersticken in einer entrückten Parallelwelt aus Ritualen, glitzernden Pailletten und Ikonen. Was geschehen wird, steckt mehr oder weniger bereits in den ersten Minuten. Das Ausbuchstabieren des Unausweichlichen ist aber nicht Selbstgefälligkeit, sondern ein schmerzhaftes Ausleben von Selbsthass und ein Eingestehen der eigenen Wünsche.
In diesem Film, in dem es darum geht, dass eine schlechte Frisur authentisch ist und eine gute die eigene Korruption verrät, in dem es zentral darum geht, dass Frauen wie Stiere furchtlos angegangen werden müssen und dass diese einen nicht selbst zum Tier machen dürfen, das in der Arena der Liebe vorgeführt wird, ist Rita Hayworths Femme fatale vll. die faszinierendste Figur. Ihr versteinertes Lächeln ist nicht das einer Verführerin, sondern einer Frau, die Statue werden möchte. Die sich selbst negiert und nur mehr als Pin-Up-Groteske etwas Selbstwert findet. In einem Film aus pompöser Selbstkasteiung steckt in ihrem Lächeln der größte Schmerz.
großartig
Detlef im Kampf mit dem Material, das spürbar unter den Nazis entstanden war. Er gewinnt, finde ich, knapp aber eindrucksvoll. Meine ich auf critic.de.
Sonnabend 08.07.
gut
Die Struktur ist seltsam. Die Exposition dauert gleich mal eine Stunde – die erste Hälfte davon braucht es, um die handelnden Figuren vorzustellen, die andere, um die Handlung in Gang zu setzen. Nicht dass es sonderlich zerrig wäre, denn sichtlich ist BELLS ARE RINGING nicht dafür da, eine Geschichte zu erzählen. Stattdessen bildet der Film eine Bühne für Gesangsnummern und dient als Ausdrucksmöglichkeit seiner Hauptdarsteller – alles abseits von ihnen, der Subplot um eine Buchmacherkonspiration und der Polizei auf ihren Fersen funktioniert nur so mittelprächtig. Was heißt, dass Dean Martin mit öliger Stimme singen und Stil verbreiten darf, während Judy Holliday mehr oder weniger den Film tragen muss. Und ihre körperliche Präsenz und ihr komödiantisches Timing ist auch toll, weshalb der Film durchaus schön anzusehen ist. Wenn sie aber tanzen soll, zeigen die Cinemascopebilder oft ihren ganzen Körper in starren Einstellungen, in denen sie ziemlich steif wirkt. Es ist als fordere die Kamera etwas mit ihrem Glotzen, dass sie nicht zu leisten in Stande ist.
nichtssagend
Es ist ganz witzig, was sich Kieślowski so als Punk und Heavy Metal vorstellt und wie sehr dieser aufgefahrene Stereotyp die Realität dann doch trifft. Ansonsten eine THE STING-Komödie über Briefmarken, Hunde und dem Scheitern am eigenen Erbe.
fantastisch –
Der Film erzählt von einem Trio. Hasegawa Kazuo spielt einen niederen Samurai, der ein Vulkan aus Gefühlen ist, aus dem alles heraussprudelt, was in ihm steckt. Die grellen Farben des Films sind die seinen.
Yamagata Isao spielt einen besser gestellten Samurai, einen ruhigen, zurückhaltenden Mann, der sich nie die Blöße gibt, offen zu zeigen, was in ihm vorgeht. Dass er seiner Frau vertraut, der Hasegawas Figur obsessiv den Hof macht, hat wohl auch damit zu tun, dass jede andere Reaktion Selbstoffenbarung bedeuten würde. Die Schleier, die die Räume einhüllen und ihnen als Trennwände dienen, sind die seinen.
Kyō Machiko spielt die Frau zwischen den beiden, die sich nach Leidenschaft verzehrt, die aber die gesellschaftlichen Schranken nicht übertreten möchte. Aus These (Romantik) und Antithese (bürgerliche Selbstkontrolle) bildet sie die Synthese eines romantischen Opfertodes, der die bürgerlichen Werte rettet. Auch wenn es nicht immer so scheint, dies ist ihr Film.
Die Exposition baut dabei eine einfache Liebesgeschichte auf. Eine Rebellion führt einen Mann und eine Frau zusammen, die sich schmachtend anschauen. Im Gelächter, wenn Hasegawa seinen Fürsten um die Hand der Frau bittet und er erfährt, dass diese bereits verheiratet ist, bricht die Romanze und wird ein galliges Melodrama männlicher Konkurrenzgebaren. Die letzte halbe Stunde besteht dann aus wehenden Vorhängen, die ein Labyrinth des Stillstands bilden. Es gibt nur noch den Hauch eines Geschehens, wenn alles auf eine Entscheidung hinarbeitet, sich dessen Implikationen aber zu monumental ausmachen, als dass die Figuren sich trauen würden, einfach aktiv zu werden. GATE OF HELL ist dergestalt ein implodierender Film.
Freitag 07.07.
uff
Meditation über Schuld und Unschuld in Angesicht des Holocausts … wobei eine Frau, die als jüdisches Mädchen fast im KZ landete und gerade so überlebte, lernen muss, dass die Polen, die sie vor die Tür setzten, gute Gründe hatten, und sie doch auch auf deren Schmerz Rücksicht nehmen müsse. Darüber hinaus wird in einem philosophischen Seminar über die ethischen und moralischen Implikationen des Trolley-Problems gesprochen, dass den Kern von DEKALOG, ZWEI ausmachte. Es ist konsternierend wie relevant Piesiewicz und Kiéslowski diese Bonmots finden, die sie aus den Geboten ziehen.
ok
Ein impotenter Ehemann schaut neidisch dabei zu, wie ein Zapfhahn ganz solide in die Tanköffnung seines Autos gesteckt wird. Immer wieder scheint mal durch, dass Kiéslowski nicht so bieder ist, wie der DEKALOG oft durchscheinen lässt. Aber es bleibt eben bei kleinen Momenten.
Donnerstag 06.07.
gut
In der sehr cleveren Didaktik bzgl. des Themas Stehlen – eine leibliche Mutter (Maja Barełkowska) wurde von ihrer eigenen Mutter (Anna Polony) ihres Kindes und ihres Mutterseins beraubt, indem diese die Enkelin an sich reißt und als eigenes Kind ausgibt, weil die eigene Tochter – also die leibliche Mutter – ein Papakind war und die Mutter der Mutter sich so um das eigene Muttersein betrogen fühlte, weshalb die leibliche Mutter nun ihr Kind entführt, aber, weil sie nie richtige Mutter wurde und selbst noch Kind ist, an ihrem gestohlenen Kind scheitert – steckt ein berührendes Drama. Ich gehe davon aus, dass ich diesem in einem anderen Kontext etwas mehr hätte abgewinnen können. So wurde DEKALOG, SIEBEN jedoch von seiner cleveren Didaktik und vom Rest der Serie mit sich hinabgezogen.
Mittwoch 05.07.
gut
Das Schlimmste am Dekalog ist wahrlich, dass ich nicht mal mehr einen Film über einen Spanner genießen kann, der als ganzer Trübling bei der Konfrontation mit einem wirklichen weiblichen Körper versagt. Denn nichts darf hier irgendwie Leichtigkeit versprühen und alles muss mindestens in aufgeschnittenen Pulsadern enden. Weil das Absurde immer die anderen sind. Noch dazu stört mich, dass Kiéslowski (mal wieder) eine Frau mit Unglück und männlicher Abneigung zu bestrafen scheint … weil sie es wagte, Begehren auszulösen. Welch Meisterwerk dies in der Hand von einem Autor hätte sein können, der seinen Lusthaushalt etwas neugieriger gegenüberstände…
Montag 03.07.
großartig –
Der deutsche Trailer war zwar schwer erträglich, in seiner originalsprachlichen Gesamtheit fand ich den Film dann aber doch sehr schön. Mehr dazu beim Perlentaucher.
23.06.-02.07.: Il cinema ritrovato
Sonntag 02.07.
großartig –
Ein Märchen über einen Deal mit dem Tod, der sich selbstredend als moralisches Gleichnis mit einer Höhle voller Kerzen offenbart. Das Schöne an MACARIO ist aber, dass der Film mit dem Magen gedacht ist, einen gebratenen Truthahn als Ende aller Wunscherfüllung präsentiert und in der ersten Hälfte geradezu besessen von dessen Köstlichkeit ist.
Sonnabend 01.07.
großartig –
Ein Film über Klasse und einen unbestimmten Kapitalismus, an dem nichts haften bleibt. Ein italienischer Anwalt (Enrico Maria Salerno) wartet in Los Angeles auf seinen Anschlussflug nach Mexiko und macht solange einen Tagesausflug in die Stadt. Bei seinen flüchtigen Begegnungen strebt er beständig nach oben und nutzt bei seinem sich ausdehnenden Verbleib zufällige Bekanntschaft auf zufällige Bekanntschaft als Stufe eines Aufstiegs … wobei er die Überwundenen trotz teilweise inniger Beziehungen einfach hinter sich lässt. Die Verlassenen trüben langsam aus dem Film, bis auch er in einer Blase verschwindet. Autos, leere Straßen am Tag, Gesellschaften in zunehmend prunkvollem Ambiente, dunkle Hinterzimmer, Lost in Translation: Das Unbehagen an der Moderne als ein Film für Marc Maron, wo wir wie Erwachsene zusammensitzen können und das Ende nicht verstehen.
gut
Das – wie die Tochter in der Einführung anmerkte kaum unkenntlich gemachte – Familienleben der Drehbuchautorin Suso Cecchi d’Amico zeigt Frauen, die sich über den Fakt verbinden, dass Männer keinen Halt geben und in den meisten Fällen Schweine und/oder Idioten sind. Der Tod eines Ehemannes (Philippe Noiret) löst einen familiären Zerfall aus, in dem sich die Frauen als Divas zeigen, aber am Ende, wenn (fast) alle Männer exorziert sind, wieder zusammenfinden. Nur Bernard Bliers dementer Opa darf bleiben, weil er strickt und offen ein Kind ist, was die anderen Männer hinter den Fassaden ihrer Professionalität verstecken.
ok
Eine Frau sitzt mit sich selbst im Zugabteil und ist sich fremd. Gänge der Bahn und Gesichter des Unvertrauten. Dazu kryptische Beschreibungen des Subjekts.
ok
Maria Stuarts Geschichte – mit bösen Protestanten und guten Katholiken – als Fotoroman verschwommener, fragmentarischer Fotos mit hysterischen Stimmen aus dem Off.
ok
Das Geheimnis um diesen Film, der in Sizilien gefunden wurde und zu dem es keinerlei Informationen über seine nackte Existenz hinaus gibt, ist deutlich spannender als der Film selbst … mit seinen ewigen Zwischentiteln und seinem ewigen Kreisen um ein Minimum von Problemlagen. Den im Katalog versprochenen Fetischteil um ein blondes Haarteil, das in einem Safe versteckt und für seltene Liebkosungen hervorgeholt wird (oder so), muss ich darüber hinaus in den wenigen Momenten, in denen meine Augen zufielen, verpasst haben.
großartig
Esoterischer Religionsschangel in ernsten, schwarzweiß Bildern eines weltlichen Gefängnisses – die Wände des kaiserlichen Palastes, in dem die Handlung größtenteils spielt, sind von senkrechten weißen und schwarzen Streifen gekennzeichnet –, der von zweideutigen Zoten durchzogen ist. Mehr dazu beim Sammeltext auf critic.de, wo Jenny J. beispielsweise sehr schön WOMAN ON THE BEACH zusammenfasst oder Lukas F. die Filme Mamoulians oder Sivlia S. das Leben mit Verlust.
ok –
Als Jekaterina Michailowa Maslowa (Anna Sten) nach einer Liebesnacht mit ihrem Traumprinz Dmitri Iwanowitsch Nechljudow (Fredric March) eine 100 Kopeken Note erhält, weil er schon wieder zu einer Militärübung aufgebrochen ist, von seiner vorhandenen Liebe nicht aufgehalten werden möchte und nichts Besseres weiß, wie sich mit Geld dankbar zu zeigen und sich zu entschuldigen, da mag es einem das Herz brechen. … bis Anna Sten theatralisch zu weinen beginnt und so schmierenkomödiantisch wie möglich ihre Trauer darstellt. Sie macht etwas Albernes aus ihren (und gerade auch unseren) Gefühlen.
Symptomatisch ist es für diese Version von Tolstois AUFERSTEHUNG, die in der Form von WE LIVE AGAIN zu einem gar schrecklichen Schinken geworden ist. Das Vehikel, mit dem Samuel Goldwyn nun endlich Anna Sten zur neuen Garbo, zur neuen Dietrich machen wollte – nach dem dieses Unternehmen mit NANA im gleichen Jahr schon ziemlich faszinierend scheiterte –, ist lediglich an der Ausstellung von Relevanz interessiert. Der Inhalt wird auf bedeutungsschwangere Monologe und Symbole sowie das soziale Begehren auf grobe Parolen heruntergebrochen. Sten sieht ihren Vorbildern zwar ähnlich, erreicht aber nicht mal die Dietrich, wenn sie mit überzogener Ironie gegen eine Fehlbesetzung ankämpft. Frederic March stellt zumindest die Verderbnis seines Dmitri ganz passend blutleer dar, lässt sich ansonsten aber anstecken. Und Mamoulian interessiert sich in Goldwyns Fesseln wenigstens für Tiere und Bärte, die dem Rest genug Quatsch entgegenstellen, um ihn erträglich zu machen.
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