Filmmuseum Wien im Mai und Juni

 

Das Filmmuseum Wien hat sich für den ausklingenden Frühling ein besonders schmackhaftes Programm einfallen lassen. Zwei Reihen zu italienischem und französischem Kino, die eine Reise zur österreichischen Metropole während der kommenden Wochen fast aufzudrängen scheinen. Das erste Programm mit dem Titel La Storia. Visionen der Geschichte Italiens das am 12. Mai seinen Anfang nahm und sich bis 19. Juni erstreckt, wird von Olaf Möller kuratiert und beschäftigt sich mit der filmischen Abbildung und Verhandlung der Vergangenheit Italiens durch die italienische Filmgeschichte. Indem eine erweiterte Auffassung des Historienfilms zugrundegelegt wird handelt es sich bei einigen der 33 Filme – deren Produktionsdaten von 1920 bis 2010 reichen – auch um (damals) gegenwärtige Reflexionen die vor allem ihre eigene Zeit wiederzuspiegeln scheinen. Es geht in dieser Verflechtung von Zeitebenen also wohl vor allem um die Konstruktion von Geschichte selbst. im Ankündigungstext heißt es dazu:

Dank der patriotischen Vereinigung des Landes im Zuge des „Risorgimento“ stand 1861 zum ersten Mal seit den alten Römern wieder ein nationales Gebilde namens „Italia“ auf der Landkarte. Ein Ganzes wurde es aber erst 1870/71 mit der Einnahme und Hauptstadtwerdung Roms; und folgt man gewissen ­irredentistischen Bewegungen, dann wurde das Risorgimento – wenn überhaupt – erst mit dem Ende des „Großen Kriegs“ 1918 vollendet. Heute, im 150. Jahr nach der Staatsgründung, wirkt Italien immer noch ähnlich ­zerbrechlich wie in den Anfangstagen. In der ersten Sitzung des gesamtitalienischen Parlaments soll der konservative Politiker und Schriftsteller Massimo d’Azeglio ­gesagt haben, dass es nun zwar einen italienischen Staat gebe, dessen Bewohner, die Italiener, allerdings erst geschaffen werden müssten. Weiterlesen “Filmmuseum Wien im Mai und Juni” »

Directed by Robert Hampton #5:
Geheimauftrag CIA – Istanbul 777 (1965)

„Die beiden berühmten Wissenschaftler Bolz und Schwartz sind nach dem Krieg nach Frankreich geflohen und befinden sich jetzt in einer äußerst bedrohlichen Situation. Der französische Geheimdienst ist diesen beiden ehemaligen Mitarbeitern von Hitlers Atomzentrale Peenemünde auf den Fersen. Doch auch der israelische Geheimdienst ist hinter ihnen her. Um alles in der Welt muss verhindert werden, dass mit ihrer Hilfe den Ägyptern die Atombombe in die Hände gerät!
Eine wilde, unglaubliche Verfolgungsjagd aller gegen alle beginnt…“

(Covertext der Kaufkassette von „Vision Video Selection“)

Soviel und doch so wenig verspricht also der unvergleichlich charismatische Klappentext der deutschen Videokassette. Der Film selbst platziert sich mit der Anlage seiner im Film selbst kaum präsenten atomaren Weltbedrohung noch deutlicher in der Nähe der James Bond-Filme, stellt dabei aber zugleich ein ausgesprochen kühles Desinteresse an den in dieser Inhaltsangabe geschilderten Aktionen und deren Antrieb aus. Ein Desinteresse, dessen Proportionen Staunen machen, dass Riccardo Freda zwei Jahre später tatsächlich noch einen weiteren Teil der insgesamt sechs Filme umfassenden Reihe um den CIA-Agenten Francis Coplan (in der deutschen Fassung Jeff Collins, im Nachfolgefilm Frank Collins) inszenierte – erstaunlich sowohl von Seite des offensichtlich vom Stoff selbst wenig begeisterten Regisseurs, als auch von Seite des offenbar entweder von Gutgläubigkeit oder Blindheit geschlagenen Produzenten Robert de Nesle.

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Aktuell im Kino – Das Hofbauer-Kommando empfiehlt:

Kesse Bienen für den duften Renato

Vor etwas mehr als einem Monat sonderte HK-Gründungsmitglied Christoph bereits einige reißerische Spekulationen ab über das Schaffen des italienischen Schauspielers und Filmemachers Michele Placido und dessen neuen Film ENGEL DES BÖSEN. Das mit Spannung erwartete Gangster-Biopic läuft seit nunmehr zwei Wochen erfolglos in den deutschen Kinos. Wir wir meinen, ein betrüblicher Zustand, besteht in diesen zarten Tagen doch nur noch selten die Möglichkeit, italienisches Genrekino auf deutschen Kinoleinwänden zu erleben. Die Qualitäten, die uns zu dieser Empfehlung veranlassen, liegen allerdings weniger in der Herkunft des Films begründet und wir möchten im Folgenden in die Tiefen, in denen diese Qualitäten zu finden sind, hinabstechen. Weiterlesen “Aktuell im Kino – Das Hofbauer-Kommando empfiehlt:” »

Michele Placido, coole Gangster und die Mafia

Aus gegebenem Anlass: Eine Gangsterfilm-Glosse.



Beim wiederholten Dösen / Stichlesen durch diverse Aufstellungen von Titeln diesjähriger Festivallieblinge, nominell Venedig, entdeckte ich, dass Michele Placido schon wieder einen Gangster-Historienfilm gedreht hat. Nun ist es nicht so, als hätte sich der italienische (Alt-)Superstar als Regisseur bisher exzessiv mit Gangstern und Mafia befasst, doch eine glorreiche Vergangenheit in diversen antimafiösen Werken des großen Damiano Damiani (u. a. EIN MANN AUF DEN KNIEN, ALLEIN GEGEN DIE MAFIA), ebenso wie in Michele Soavis jüngerem Mafiaploitation-Revival ARRIVEDERCI AMORE, CIAO sowie einem krönenden Auftritt als Silvio Berlusconi in Nanni Morettis Polit-Schlomödie DER KAIMAN, wirft doch die Frage auf, was es denn mit diesen Vorlieben dieses italienischen Vaters der Nation auf sich hat. Denn sein neuer Film, VALLANZASCA – GLI ANGELI DEL MALE („Vallanzasca – Die Engel des Bösen“?) ist bereits sein zweiter Gangsterploitationer als Regisseur nach dem stilistisch beschissenen, aber interessant geschriebenen und spaßbringenden Unterweltaufstiegskitsch ROMANZO CRIMINALE, der nun erst fünf Jahre zurückliegt. Ist er vielleicht, so wie einst Gian Maria Volonté, eine Galeonsfigur des engagierten, antimafiösen, roten italienischen Kinos? Filme über die 68iger, den Nachhall des Erdbebens von Aquila oder politische Korruption im Nachkriegs-Italien lassen derartiges vermuten.
Oder vielleicht doch nur einer, der mit italienischen Mythen Tiefkühl-Calzoni füllt und sie dann als saucoolen Ramsch dem jubelnden Volk vorwirft? Die obszöne Kunstgewerblichkeit, mit der er seine Filme gerne einschmiert, sowie das nostalgische Machismo seiner perfide mit falben Schönlingen wie Kim Rossi Stuart (übrigens der Sohn von Giacomo „Die toten Augen des Dr. Dracula“ Rossi-Stuart!) besetzten Protagonisten könnten Indizien sein. Oder ist Placido am Ende vielleicht noch einer der alten Recken, die verdienstvoll gegen das Aussterben des Genrekinos in Italien ankämpfen? So wie die nach wie vor aktiven Claudio Fragasso und Dario Argento? Jedoch… Weiterlesen “Michele Placido, coole Gangster und die Mafia” »

San Babila, 20 Uhr: Ein sinnloses Verbrechen (1976)

Nach BANDITI A MILANO (1968), einem Film der, ginge es in der Cinewelt mit rechten Dingen zu, schon längst als einer der größten Kriminalfilme der Filmgeschichte regelmäßig genannt würde, ist SAN BABILA ORE 20 dieses Jahr bereits der zweite Film von Carlo Lizzani, der mich in jeder Hinsicht überrannt und -rascht hat. Und das, obwohl gerade diese beiden Filme Geschwister sein könnten. Mehr dazu, hoffentlich, eines Tages in einer erschöpfenden Lobeshymne auf ersteren Film.
Der Ansatz, mit dem sich Lizzani hier dem Neofaschismus unter Jugendlichen nähert, ähnelt sehr demjenigen, mit dem Gus Van Sant in ELEPHANT (2003) den Amoklauf von Columbine interpretierte – Mögliche Ursachen werden vorgeschlagen, Schlussfolgerungen gibt es keine, Klischees werden sporadisch bewusst und präzise platziert. SAN BABILA ORE 20 ist ein Film der Gedanken- und Filmsplitter, die sich vor dem Auge zu faszinierenden, aber unordentlichen Gebilden assimilieren. Nicht selten lässt Lizzani, wohl ein Liberaler, aber dem Auftreten in seinen Film nach sicherlich kein so radikaler Linker wie etwa Elio Petri oder Pasolini, seine spürbare Rat- und Fassungslosigkeit in die Kamera laufen, filmt das eskalierende Mailand und seine fünf von ihrer faschistischen Freiheitsidee berauschten jungen Protagonisten in flüchtigen, gespenstischen, aber auch sehr kompakten, stämmigen Bildern, so wie Elio Petri etwa auch den Arbeiteraufstand in LA CLASSE OPERAIA VA IN PARADISO (1971) – mit dem sich Lizzanis Film den Co-Autoren Ugo Pirro teilt – ein wenig wie eine surreale Freakshow filmte. Weiterlesen “San Babila, 20 Uhr: Ein sinnloses Verbrechen (1976)” »

Directed by Robert Hampton #4: Hadschi Murad – Unter der Knute des Zaren (1959)



Im Russland des 19 Jahrhunderts kämpft der kaukasische Rebellenführer Hadschi Murat (Steve Reeves) gegen die Besatzer von Zar Nikolas I (Milivoje Zivanovic). Bislang hat Murat sich den Angriffen des sadistischen Prinzen Sergej (Gérard Herter) erfolgreich erwehrt. Um der Krise im fernen Kaukasus doch noch Herr zu werden, schickt der Zar Prinzessin Maria Vorontsova (Scilla Gabel), die Gattin von Sergej, an die Front mit dem Vorschlag, Hadschi Murat zum Seitenwechsel zu überreden und notfalls zu erpressen. Dem Prinzen ist dafür jedes Mittel Recht; er macht auch vor Murats Sohn Yusuf und seiner geheimen Liebe, der schönen Sultanat (Giorgia Moll) nicht halt. Dass der verschlagene Achmet Khan (Renato Baldini) schon lange auf eine Gelegenheit wartet, die Macht über das Gebiet an sich zu reißen, kommt ihm wie gerufen… Weiterlesen “Directed by Robert Hampton #4: Hadschi Murad – Unter der Knute des Zaren (1959)” »

Directed by Robert Hampton, il magnifico regista italiano

Vor etwas mehr als einem Monat hatten ich und Andreas die Möglichkeit, Riccardo Fredas seltenen DER TOD ZÄHLT KEINE DOLLAR (1967) im Kino zu erleben. Überwältigt von diesem surreal anmutenden Anti-Italowestern und in Erinnerung an die Tatsache, dass Fredas DAS GESICHT IM DUNKELN (1969) schon seit Jahren eines meiner persönlichen cineastischen Heiligtümer darstellt, beschloss ich, dass es nun an der Zeit war, mich endlich einmal näher mit Riccardo Freda, dem heute nahezu vergessenen frühen Meister des italienischen Kostüm-, Sandalen- und Horrorfilms zu beschäftigen. Über Mario Bava ist bereits ein Jahrhundert-Buch geschrieben worden, Vittorio Cottafavi von den „Cahier du cinema“ einst mit Lob überhäuft worden, über Dario Argento und Lucio Fulci schreiben deren zahlreiche Fans immerhin ausführlich, wenn schon nicht adäquat – doch über Freda schreibt man außerhalb Italiens und vielleicht noch Frankreich heutzutage kaum noch. Ein Skandal, der mich nun bereits zu vier Texten, denen hoffentlich noch viele weitere folgen werden, angeregt hat. Warum „Directed by Robert Hampton“? Das von Freda besonders häufig gebrauchte englische Pseudonym karikiert seine Fremdheit in der (italienischen Genre-)Filmgeschichtsschreibung sehr treffend.

Hier geht es zu den bisher veröffentlichten Texten:

Directed by Robert Hampton #1: Der Tod zählt keine Dollar (1967)
Directed by Robert Hampton #2: The Spectre (1963)

Directed by Robert Hampton #3: Das Schwert des roten Giganten (1960)

Directed by Robert Hampton #4: Hadschi Murat – Under der Knute des Zaren (1959)

Directed by Robert Hampton #3: Das Schwert des roten Giganten (1960)

“Another cheesy meatball”

Pretty average spectacle of the crank ‚em out kind that showed up every weekend when I was about six or seven.

Mickey Hargitay musta been busy greasin‘ up his biceps or frolicking around with Jayne and Reeves wanted good money so they opted for Roland Carey who despite a decent chest is very colorless and blah.

The plot is as thin as pizza but serves well for the usual blend of fight, flounder and flex.

To it’s credit there is some good fantasy music, a hilarious one eyed gorilla, a wacky witch and the requisite harem dance.

If you got some pals that are good with the MST3K style of back talk you’ll have plenty of fodder here. Fans of South Park will hardly resist a remark or two about Big Gay Al’s Big Gay Boat Ride.

If your a fan, check it out otherwise forget it unless you want something to clear the kids out of the room.

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Directed by Robert Hampton #2: The Spectre (1963)

Der wohlhabende schottische Arzt Hichcock ist seit Jahren halb gelähmt an seinen Rollstuhl gefessel, umhegt von seiner Frau Margaret (Barbara Steele) und seiner Magd Catherine (Harriet White). In der Hoffnung, seinen schlaffen Gliedern wieder Leben einzuhauchen lässt er sich täglich von seinem jungen Kollegen Charles Livingstone (Peter Baldwin) Strychnin injezieren, mit anschließendem Gegenmittel. Doch obwohl diese Methode gewisse Erfolge zeigt, ist er verbittert und stillt mit spiritistischen Séancen seine Todessehnsucht. Margaret ist in heimlicher Liebe Charles zugetan und leidet zunehmend unter der lethargischen Bitterkeit ihres Gatten. So fasst das Paar schließlich den Plan, den Doktor aus dem Weg zu räumen, indem Charles diesem nach seiner abendlichen Injektion das Gegenmittel vorenthält… Weiterlesen “Directed by Robert Hampton #2: The Spectre (1963)” »

La camera nel labirinto

Ein Film, der wabert, der sich hebt und senkt wie ein atmender Körper. Ein organischer Film, in dem der psychologische Widerspruch einer Narration keinen Platz findet. Eine halbe Stunde vergeht, ohne dass etwas erzählt wird.

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