Die Hölle, das sind die anderen. Genauer: die Hölle, das sind zwei Männer und eine Frau. Geschlossene Gesellschaft in der Kiesgrube; gesellschaftliche Neurosen, ausgetragen in einer existenzialistischen Wüste der emotionalen Leere. Das und viel mehr ist Mädchen mit Gewalt. Weiterlesen “100 Deutsche Lieblingsfilme #56: Mädchen mit Gewalt (1969)” »
Exploitationfilm und Satire zugleich. Ein Heist-Movie ohnegleichen. Einer der besten deutschen Gangsterfilme. Und vielleicht der Film, der Rolf Olsen seinen Platz im Film-Himmel garantiert. Es war mein erster Olsen, und ich bekam eine leicht verzerrte Sichtweise auf sein Werk und auf die Filme, die ich noch zu sehen bekäme. Nachdem die Enttäuschung darüber, dass sich kein zweiter Blutiger Freitag darunter befinden würde abgeklungen war, kehrte ich dankbar zu der Tatsache zurück, dass Rolf Olsen, Regisseur der tollen Reeperbahnfilme, immer noch der Schöpfer von Blutiger Freitag ist. Und mir ist bewusst, dass ich seinem wahrscheinlich größten Triumph mit diesem Text kaum gerecht werde. Ich kapituliere also hiermit vor einem der schönsten deutschen Gangsterfilme. Nicht ganz kampflos, versteht sich. Weiterlesen “100 Deutsche Lieblingsfilme #52: Blutiger Freitag (1972)” »
„Ferdinand ist ein Bananenmann Er träumt, er macht‘ sich an Damen ran Doch traut er sich nicht und neigt zum Verzicht, Kaum kommt es auf handfeste Taten an“
So schrieb schon der mittelalterliche Heiterkeitsgelehrte Hilarius Borscht in seinem lustvoll-nachdenklichen Gedichtband „Keine Minne in meinen Gemächern“. Sicherlich war Borscht nicht der erste, der die altertümliche Sage um den Freiherrn zu Fernstech in derart gefühlvolle Verse kleidete. Dennoch gilt seine Ballade als der bislang einzige überlieferte Text, in dem jener als „Bananenmann“ bezeichnet wird – ein Begriff, der der Mediävistik bis heute Rätsel aufgibt. Worauf spielte Borscht mit dieser Zeile an? Weiterlesen “14. Hofbauer-Kongress, Aufriss #16” »
„Als ich 16 Jahre alt war wollte ich selbstverständlich ein Gynäkologe werden. Das ist natürlich; jeder 16-Jährige will das. Als ich 19 war, wollte ich ein Kommissar sein. Jetzt bin ich Filmregisseur, das ist so etwas dazwischen“, resümierte der große Zbyněk Brynych 1994 HK-affin im Interview mit den rasenden SGE-Reportern Rainer Knepperges und Stefan Ertl. Zu diesem Zeitpunkt, kurz vor seinem Tod, konnte Brynych auf einen voluminösen Filmkörper zwischen Prag und München, zwischen den Barrandov-Studios und der Fernseh-Schmiede des Produzenten Helmut Ringelmann zurückblicken. Hundertfach hatte er teutonische Krimiserien wie „Derrick“, „Der Alte“ und „Der Kommissar“ mit lässiger Ultrakunst, süffisanten Verstrahlungen und knallharten Ironie-Schocks durchsetzt, mehrfach war er für seine kafkaesken tschechischen Filme über den Holocaust, seine Nachwehen und den kalten Krieg ausgezeichnet worden. Umso größer war angesichts letzterer Lorbeeren die Enttäuschung des ehrenvoll graumelierten deutschen Feuilletons, als es im Jahr 1970 der drei wundersamen, manischen und feinsinnig wollüstigen Kinofilme ansichtig wurde, die Brynych, endlich von höheren Sowjet-Instanzen unbehelligt, in euphorisch kurzer Abfolge für deutsche Produktionsfirmen gedreht hatte: ENGEL, DIE IHRE FLÜGEL VERBRENNEN, einer „eskapistische Raserei“ (Stefan Ertl), DIE WEIBCHEN („Es ist der Hunger, der große Hunger…“) und dem vielleicht schönsten, zärtlichsten und auch HK-relevantesten dieser drei Filme, OH HAPPY DAY, mit dem wir am 02. Januar um 21:15 im Filmhauskino die erste Kongressnacht und unser Special München im HK-relevanten Film 1969 – 1971 rauschhaft eröffnen werden. Es ist jener Film, der im Mai 2010 den Grundstein legte für die seither unvermindert anhaltende und bei jeder sich bietenden Gelegenheit geäußerte Bewunderung des Hofbauer-Kommandos für Zbyněk Brynych, und wir fiebern voller Ungeduld der Wiederbegegnung mit diesem immer noch allzu wohlbehüteten Geheimnis des deutschen Films entgegen, dieses Mal in eurer unschätzbaren Gesellschaft. Verlieben wir uns gemeinsam unsterblich in Anna – Anton, Nordpol, Nordpol, Anton. Weiterlesen “14. Hofbauer-Kongress, Aufriss #11” »
„Die Siebziger begannen Ende der Sechziger“. Das stellte Markus Caspers in seinem famosen Buch „70er – einmal Zukunft und zurück“ fest. Und „Dekaden halten nicht immer 10 Jahre und schon gar nicht, was sie versprechen“. Ab 1974 ging es schon wieder bergab. Die regressive Desillusionierungsmaschinerie startete, man flüchtete in Bekanntes und Bewährtes. Folgerichtig, dass schon 1971 die ersten Memoiren Rosemarie Heinikels erschienen, die nicht erst durch ihren Auftritt in Peter Baumgartners …UND NOCH NICHT SECHZEHN zu einem leuchtenden Stern im HK-Kosmos wurde. „Rosy Rosy“ ist eine Gehirnsynapsen sprengende Radikalperformance in Worten, ein einzigartiges Zeitmonument, das von Seite zu Seite wilder und delirierender, schöner und wahrhaftiger wird. Ein Buch, das lebt.
Von 1969 bis 1971 war in München noch jeder Nerv in fiebriger Erregung. Die Realität lief der Fantasie davon. Und hatte einen großen Vorsprung. Es war ein Schlaraffenland der pikanten Genüsslichkeiten. Ein hedonistisches Karussell der allgegenwärtigen Verlockungen. Frechen Küken und hungrigen Seejungfrauen strömte es heiß durch Mark und Bein, die Luft vibrierte vor Euphorie. Schwabing schien das Zentrum des Universums zu sein. Hübsche Mädchen hießen Hasen. Die Playboys, „Münchner Raben“ genannt, gingen ihnen gerne zur Hand, mehr smart als hart. Noblesse oblige. Schließlich liebte man die Frauen. Und nicht nur eine. München war die Stadt mit offener Bluse und ohne BH. „Was nutzt die schönste Frau, wenn es die eigene ist?” fragte seinerzeit Klatschkönig Michael Graeter, und das nicht zu selten, denn er wusste alles über eine Gesellschaft, „die sich die Hand im fremden Schritt gibt.“ Weiterlesen “14. Hofbauer-Kongress, Aufriss #9” »
Ausgerechnet bei diesem glumsigen und trüben Film fielen mir die Schuppen von den Augen, was 35mm-Projektionen betrifft. Es war in einem Aachener Kino vor drei Jahren. Der Vorführer war wohl abgelöst worden, denn nach verschwommenen ersten zehn Minuten wurde der Film auf einmal stechend scharf. Die Farben und Strukturen spritzten und schossen nur so in uns rein.
Das schwelende Rotbraun der 70er Jahre-Holztäfelungen und wild gemusterten Orientteppiche, die ochsenblutfarbenen Relieffliesen, die psychedelische Freitreppe in Peter Bonds schmieriger Schneckenhauswohnung: ein holographischer Fiebertraum. Weiterlesen “14. Hofbauer-Kongress, Aufriss #3” »