Im Prinzip das gleiche Spiel wie letztes Jahr, sprich: In Anlehnung an Movies & Sports eine nicht nach Präferenz, sondern nur alphabetisch sortierte Vorab-Liste meinerseits, bevor zum Jahreswechsel dann traditionell die gesammelten ET-Jahreslisten zumeist als Top Ten mit Ranking kommen. Weiterlesen…
Zum Abschluss meinerseits noch mal eine ordentliche Extrawurst (die eigentlich nur als kleines Extrawürstchen geplant war, aber irgendwie sind die begleitenden Ausführungen dann doch wieder viel länger als gedacht geworden), nämlich ein abschließendes Ranking von allen gesehenen Filmfest-München-Filmen, womit dann auch diejenigen Filme erfasst wären, die bislang in der Vorschau und den Kurzkommentare-Beiträgen Nummer 1, Nummer 2 und Nummer 3 nicht zur Sprache kamen. Weiterlesen…
Bevor sich die Kräfte endgültig dem Ende neigen, und um das Ganze nicht ewig aufzuschieben, hiermit also ein doch nochmal etwas längerer abschließender Kurzkommentare-Beitrag meinerseits, wobei sich nach einigen Film- und Sektions-Betrachtungen dann in den letzten Absätzen des Beitrags ebenfalls recht ausführlich einige grundsätzliche Worte zum Festival in Erwiderung eines Beitrages von Rüdiger Suchsland anschließen. Weiterlesen…
Wie schon befürchtet, wurde es nach dem ersten Versuch dann leider doch nichts mehr mit weiteren Kurzkommentaren während des Festivals. Dass es überhaupt zumindest einmal geklappt hat, verdankt sich in erster Linie auch nur dem Umstand, dass ich am entsprechenden Tag unerwartet und ungewollt viel früher als geplant aufgewacht bin. Ansonsten waren die anderen Tage von früh bis spät mit Sichtungen verplant, hin und wieder zwar mit angenehmerweise etwas längeren Pausen für Essen, etwas Entspannung und das ein oder andere Gespräch mit alten und neuen Bekannten, aber an schriftliche Ergüsse war da, zumal ohne technische Voraussetzungen, nicht zu denken. Und wenn dann spätabends und morgens zudem noch Anfahrtszeit drauf geht, ist man in erster Linie froh, wenn man überhaupt etwas Schlaf abbekommt. Alles andere kommt danach. Daher nun rückblickend nochmal ein paar diesmal eher lose als Fließtext gebündelte Notizen, die meinerseits noch von einem weiteren Kurzkommentare-Beitrag sowie einem Fazit-Listen-Beitrag gefolgt werden, und darüber hinaus hoffentlich auch noch von einem in Arbeit befindlichen längeren Rückblick von Christoph. Weiterlesen…
Hiermit also doch bereits während des Festivals der Versuch, zwischendurch zumindest ein paar kurze Kommentare und Notizen zu ein paar Filmen festzuhalten. Weiterlesen…
Das 29. Filmfest München findet von 24.6. bis 2.7.2011 statt. Infos: Homepage.
Nach der ersten Enttäuschung über einige im Programm fehlende Filme, auf die ich gehofft hatte, macht sich nach genauerem Durchstöbern des Filmangebots bei mir kurz vor dem Festivalstart doch zunehmend gespannte Vorfreude breit, zumal sich angesichts des schieren Umfangs und der Vielfalt des Programms einmal mehr genug Spannendes finden dürfte, um die acht Festivaltage mühelos auf interessante Weise auszufüllen. Nachdem während des Festival kaum Zeit für eine schriftliche Aufarbeitung bleiben dürfte (dafür aber vielleicht hinterher), versuche ich mich zum Ausgleich wenigstens an ein paar Vorab-Betrachtungen zum Programm, zumal ich nicht zuletzt dank der letztjährigen Viennale auch bereits den ein oder anderen Film gesehen habe und auch sonst vielleicht ein paar Filme auf meiner Sichtungsliste stehen, die in den meisten Berichterstattungen weder vorher noch nachher viel Aufmerksamkeit bekommen dürften. Daher nachfolgend ein paar ausgesprochen subjektive Einschätzungen und Mutmaßungen zu den einzelnen (wichtigsten) Programmsektionen… Weiterlesen…
Schon bei der vorletzten Berlinale hatten wir eigentlich geplant, abschließend eine Wertungs-Übersicht aller von ET-Autoren gesehenen Filme zu erstellen, was damals und auch sonst seither (wie so vieles) dann aber doch bei jeder Gelegenheit aufs Neue im Sande verlief. Beim diesjährigen Münchner Filmfest, bei dem wir zu dritt wohl letztlich rund ein Drittel des über 200 Filme umfassenden Programms abgedeckt haben, klappt es nun aber doch endlich mal. Genauere Anmerkungen zu einzelnen Filmen folgen demnächst vielleicht noch in gesonderten Beiträgen, hier soll es zunächst nur um ein nicht weiter erläutertes Fazit in Form von Wertungen und Listen gehen.
Anmerkung: das 10er Wertungssystem wird von allen drei Bewertern in der Verteilung recht unterschiedlich ausgelegt (die 6 drückt beim Einen womöglich eine ähnliche Wertschätzung wie die 7 eines Anderen aus etc.) und ist insofern natürlich nur bedingt vergleichbar, sondern jeweils vor allem im Kontext der jeweiligen Auslegung zu sehen. Und wie sich von selbst verstehen sollte, ist das alles natürlich auch nicht in Stein gemeißelt.
Abkürzungen: () = unter Vorbehalt (wegen ungünstigen Sichtungsumständen bzw. starker Müdigkeit) * = bereits gesehen gehabt (und beim Filmfest nicht nochmal gesehen) ** = wiederholt gesehen
Filmtitel (gemäß Filmfest-Ankündigung)
Alexander P.
Andreas
Christoph
36 VUES DU PIC SAINT LOUP (Jacques Rivette)
7
8*
8
ACCIDENT (Cheang Pou-Soi)
–
7.5*
9
AMER (Hélène Cattet, Bruno Forzani)
6.5
8
9
DIE AUTOBIOGRAFIE DES NICOLAE CEAUSESCU (Andrei Ujica)
9
8.5
9.5
BELAIR (Bruno Safadi, Noa Bressane)
–
7
–
BERGBLUT (Philipp J. Pamer)
–
–
1
CAFÉ NOIR (Jung Sung-Il)
–
(5)
–
CARLOS (Olivier Assayas)
9.5
–
10
COPIE CONFORME (Abbas Kiarostami)
4
3
–
THE DARK HOUSE (Wojtek Smarzowski)
–
3
–
DES HOMMES ET DES DIEUX (Xavier Beauvois)
6.5
8
–
DEUX DE LA VAGUE (Emmanuel Laurent)
7
–
–
DEV. D (Anurag Kashyap)
–
6
8.5
THE DOUBLE HOUR (Giuseppe Capotondi)
–
–
7
DRAQUILA – ITALY TREMBLES (Sabina Guzzanti)
–
–
6.5
UN DÍA MENOS (Dariela Ludlow)
–
7
–
EIGHTEEN (Jang Kun-jae)
–
7
7.5
THE FOUR TIMES (MIchelangelo Frammartino)
6
7.5
–
GREETINGS FROM THE WOODS (Mikel Cee Karlsson)
–
3.5
–
HOTEL ATLÂNTICO (Suzana Amaral)
–
4.5
–
I TRAVEL BECAUSE I HAVE TO, I COME BACK BECAUSE I LOVE YOU (Marcelo Gomes, Karim Aïnouz)
–
7
–
I WISH I KNEW (Jia Zhang-Ke)
–
6.5
–
ILLÉGAL (Olivier Masset-Depasse)
–
3
(3)
IN THE WOODS (Angelos Frantzis)
6
9
10
JE SUIS HEUREUX QUE MA MÈRE SOIT VIVANTE (Claude & Nathan Miller)
9
6
9.5
LOS JÓVENES MUERTOS (Leandro Listorti)
7
8.5
9
KHARGOSH (Paresh Kamdar)
5.5
3.5
–
DER LETZTE ANGESTELLTE (Alexander Adolph)
6.5
–
7
DAS LETZTE SCHWEIGEN (Baran Bo Odar)
5.5
–
6.5
LIFE DURING WARTIME (Todd Solondz)
–
4.5
–
LIKE YOU KNOW IT ALL (Hong Sang-soo)
–
8*
7.5
LITTLE BABY JESUS OF FLANDR (Gust Van den Berghe)
–
5
–
LOLA (Brillante Mendoza)
–
7*
–
LSD: LOVE, SEX AUR DHOKHA (Dibakar Banejee)
5.5
–
5
MR. NICE (Bernard Rose)
–
6
8
MUNDANE HISTORY (Anocha Suwichakornpong)
–
7
6.5
MY SON, MY SON, WHAT HAVE YE DONE? (Werner Herzog)
6.5
6
8.5
PAJU (Park Chan-ok)
–
7.5
8.5
PERSÉCUTION (Patrice Chéreau)
6.5
5
–
THE PORTUGUESE NUN (Eugène Green)
4
9.5
4
POSSESSED (Yong-Joo Lee)
–
–
6
DIE PRINZESSIN VON MONTPENSIER (Bertrand Tavernier)
9.5
–
–
REDLAND (Asiel Norton)
6
6
8.5
LE REFUGE (Francois Ozon)
6.5
–
–
THE ROAD (John Hillcoat)
–
7
–
SHIT YEAR (Cam Archer)
7
–
–
THE STRANGER’S LAND (Xavier Marrades)
–
7
–
TE CREÍS LA MÁS LINDA… (PERO ERÍS LA MÁS PUTA) (José Manuel Sandoval)
–
8
–
TETRO (Francis Ford Coppola)
7.5
7
9
TODOS VÓS SODES CAPITÁNS (Oliver Laxe)
–
8
–
TRANSIT (Philipp Leinemann)
–
–
6
UNCLE BOONMEE WHO CAN RECALL HIS PAST LIVES (Apichatpong Wheerasethakul)
4.5
9
3.5
UNTER DIR DIE STADT (Christoph Hochhäusler)
3
7
9
VALHALLA RISING (Nicolas Winding Refn)
6.5
6
9.5
DER WANDERER (Avishai Sivan)
–
7
–
WHITE MATERIAL (Claire Denis)
7.5
7.5
–
A WHITE NIGHT (Masahiro Kobayashi)
–
2
4.5
WOMAN ON FIRE LOOKS FOR WATER (Ming Jin Woo)
–
8
–
ZAPPING-ALIEN@MOZART-BALLS (Vitus Zeplichal)
–
–
2
***
Ältere Filme, erstmals gesehen:
DER BALL (Ulrich Seidl)
7.5
–
–
BRÜDER LASST UNS LUSTIG SEIN (Ulrich Seidl)
7.5
–
–
DER BUSENFREUND (Ulrich Seidl)
–
6
7
COPACABANA MON AMOUR (Rogério Sganzerla)
–
9.5
10
EINSVIERZIG (Ulrich Seidl)
7
–
–
GOOD NEWS: VON KOLPORTEUREN, TOTEN HUNDEN UND ANDEREN WIENERN (Ulrich Seidl)
5
–
–
ICH WILL DOCH NUR, DASS IHR MICH LIEBT (Rainer Werner Fassbinder)
8.5
–
–
DIE LETZTEN MÄNNER (Ulrich Seidl)
–
–
8.5
LOOK 84 (Ulrich Seidl)
7.5
–
–
DER WIND WIRD UNS TRAGEN (Abbas Kiarostami)
–
(5)
–
ZUR LAGE: ÖSTERREICH IN SECHS KAPITELN (Ulrich Seidl, Michael Glawogger, Barbara Albert, Michael Sturminger)
8
–
–
***
Unsere inoffiziellen Eröffnungs- und Abschlussfilme in Münchner Kinos abseits des Festivals:
SHIT YEAR ist ein Film des amerikanischen Independentregisseurs Cam Archer, sein zweiter Spielfilm nach dem von Gus van Sant produzierten WILD TIGERS I HAVE KNOWN, der 2006 seine Premiere auf dem Sundance Festival feierte. Seitdem entwickelte der Film sich zu einem kleinen Independent-(Festival-)Hit, der im Juni 2008 von Salzgeber sogar einen kleinen deutschen Kinostart und eine anschließende DVD-Veröffentlichung spendiert bekam. Näheres zu TIGERS hier und hier, einen ersten Eindruck vermittelt auch der Trailer:
SHIT YEAR (zu dem es leider noch keinen Trailer gibt) scheint noch einmal ein ganzes Stück experimenteller geworden zu sein. Der Film wurde auf 16mm und in Schwarz-Weiß gedreht und handelt, so liest man, von einer erfolgreichen Schauspielerin, die ihre Karierre aufgibt und sich in ihre Haus in die Berge zurückzieht – und in der dortigen Isolation feststellt, dass sie mit ihrer Schauspiellaufbahn auch sich selbst aufgegeben hat.
„After making Wild Tigers I Have Known, the first [movie], I started to feel disenchanted by the creative process. I started thinking, what would it be like if I stopped making art. How would that affect my identity? Would I now mean something else? Do I define my work, or does my work define me? Could I exist without it? What I am getting out of it any more? I started to feel that it was losing the thrill that it once had [for me]. I had been obsessed, and I was starting to feel burdened, and that was shitty. I knew I didn’t want to make a movie about a filmmaker [to explore these ideas], but an actress seemed more interesting to me — someone who is already stepping into other identities and removing themselves from themselves. And then I thought, what if that actress is retiring?“ (…) Mehr
Die Hauptrolle in SHIT YEAR spielt Ellen Barkin („played to perfection“ – Variety), die in Deutschland leider nicht so bekannt ist wie in den USA – am Ehesten kennt man sie vielleicht noch aus THE BIG EASY (aber auch aus Solondz‘ PALINDROMES, aus Hills JOHNNY HANDSOME, aus Jarmuschs DOWN BY LAW). Auch mit Blick auf ihre eigene Karriere eine sicher interssante Besetzung.
Jay Weissberg schwärmt in „Variety“ weiter vor allem über die Kameraarbeit:
„Together with d.p. Aaron Platt, he’s [Cam Archer] created a world of striking images that combine elements from such black-and-white photographic masters as Garry Winogrand and Ansel Adams.“
Insgesamt scheint SHIT YEAR in Cannes durchaus gemischt aufgenommen worden zu sein (siehe z.B. Eric Kohn bei Indiewire), es gibt sogar Berichte, dass während den Vorstellungen nicht wenige den Saal verlassen hätten (was in Cannes ja eigentlich nie ein schlechtes Zeichen ist). Für mich klingt SHIT YEAR zunächst aber nach einer sehr spannenden Kombination aus formalem Experimentierwillen und sehr persönlich-reflektivem Inhalt – genug um mir den Film anzusehen.
Als „Mystery-Thriller in der Tradition von M. Night Shyamalan, erzählt als Liebesmelodram“ wird der Film LA DOPPIA ORA auf der Homepage des Münchner Filmfestes beschrieben. Giuseppe Capotondis Regiedebüt gewann auf dem Filmfestival in Venedig 2009 gleich drei Preise, darunter den Coppa Volpi für die beste Darstellerin, der an Ksenia Rappoport ging.
„With this tasty genre piece, first-time director Giuseppe Capotondi proves there is life in Italian cinema beyond ponderous glossy dramas and pneumatic sex comedies. Mixing film noir, thriller, love story and supernatural horror, The Double Hour has some of the dour provincial atmosphere and subtly menacing tone of 2007 Italo murder mystery The Girl by the Lake; but it’s more intricately plotted, and takes us into much more intriguing dream-and-reality territory.“
Was auf dem Papier so klingt, als könnte Capotondi versuchen an einige der atmosphärischen, extravaganten italienischen Genremixe (mit Haupteinfluss des Giallo) der 70er anzuknüpfen, sieht im Trailer schon eher nach einem kühlen, unglamourösen psychologischen Thriller mit Euro-Noir-Anleihen aus:
Capotondi hat vor seinem Debütfilm hauptsächlich Musikvideos gedreht, so dass es nicht verwundert, dass der Soundtrack ziemlich ausgewählt ist und etliche Progressive Rock Bands vereint (u.a. „Godspeed You! Black Emperor“). Dazu hat Pasquale Catalano einen Score komponiert, einige seiner früheren Arbeiten (aus LE CONSEGUENZE DELL’AMORE von Paolo Sorrentino) kann man sich bei Youtube anhören. Klingt ein bißchen nach Philip Glass, aber in der Tat erstmal sehr atmosphärisch und viel versprechend.
Ein amerikanisches Remake soll angeblich auch schon in Planung sein.
Die Reihe „Neue Deutsche Kinofilme“ war 2009 am Tiefpunkt, als die Jury um Caroline Link den Förderpreis Deutscher Film in den Kategorien Regie und Drehbuch nicht vergeben wollte – aus Mangel an geeigneten Kandidaten und weil sie sich durch eine Vorschlagsliste bevormundet fühlte. Insofern wird diese Sektion 2010 sicher besonders im Fokus stehen, zumal die Jury mit u.a. Christian Petzold erneut mit Köpfen besetzt wurde, von denen nicht zu erwarten ist, alles unkritisch abzuwinken, was ihnen in der Reihe so vorgesetzt wird.
Mit dem frisch aus Cannes kommenden UNTER DIR DIE STADT von Christoph Hochhäusler, DER LETZTE SCHÖNE TAG von Ralf Westhoff und DER LETZTE ANGESTELLTE von Alexander Adolph sind schon mal drei Hochkaräter im Programm, die allerdings alle nicht für den „Förderpreis Deutscher Film“ in Frage kommen dürften, da es sich bei allen dreien um relativ erfahrene Regisseure handelt.
Ein möglicher Kandidat für den Preis wäre dagegen DAS LETZTE SCHWEIGEN des HFF München-Absolventen Baran bo Odar, mit dessen Nominierung den Kuratoren der „Neuen Deutschen Kinofilme“ durchaus ein kleiner Coup gelungen sein könnte.
Odars 60-minütiger, in Cinemascope gedrehter Debütfilm UNTER DER SONNE, dessen stylischen Trailer man sich auf der offiziellen Homepage des Regisseurs anschauen kann, war ein Festivaldauerbrenner von Max Ophüls über Sao Paolo bis Slamdance und erhielt hymnische Kritiken der deutschen wie ausländischen Presse (ebenfalls nachzulesen auf der offiziellen Homepage). Ein bißchen wirkt er wie der abgründigere kleine Bruder von Hendrik Handloetgens 80er-Kindheitserinnerung und Beatles-Hommage PAUL IS DEAD. UNTER DER SONNE wurde in Erlangen, dem Ort Odars Kindheit, gedreht.
„Ich bin in einer typischen, deutschen Kleinstadt in den 80er Jahren aufgewachsen. Ein Ort, der überall in Deutschland wieder zu finden ist: Endlose Reihenhaussiedlungen, spießige Kleingärten, die dicht an dicht gereiht sind, heiße Asphaltstrassen, Steintischtennisplatten, leere Garagenhöfe, schreiende Kinder in Schwimmbädern aus Beton, Schürfwunden am Knie, Lakritzschnecken in weißen Papiertüten, Puffreis… Kindheitserinnerungen, die diese Zeit prägen und das Gefühl des Wohlbehüteten und des Sicheren wiedergeben. Aber auch für die Leere und Langeweile, die für diese Zeit steht. Allen geht es eigentlich gut und dennoch stimmt etwas in dieser heilen“ Welt nicht.
Diese Banalität lag wie eine kuschelige Decke über uns, beschütze uns und lag doch schwer auf unseren Schultern. Tauchte man erst einmal unter ihre Oberfläche, entdeckte man ihre erschreckende und gähnende Tiefe und Leere.
Die Entscheidung in meiner Heimatstadt zu drehen, fiel relativ schnell. Schon beim Schreiben des Drehbuches hatte ich ganz bestimmte Orte und Plätze im Kopf, die mir in meiner Jugend über den Weg liefen. So drehten wir die Reihenhaussiedlung und ihre Häuser, dort wo ich selber gewohnt habe: bei meinen Eltern und bei meiner früheren Nachbarin. Auch das Schwimmbad und die darum liegenden Wälder waren Orte, an denen ich meine Kindheit verbrachte.“
Insofern wirkt DAS LETZTE SCHWEIGEN erstmal wie die verlängerte Version von Odars Erstling. Wieder Nikolaus Summerer als Kameramann, wieder Cinemascope, wieder Erlangen und Umgebung als Drehort (siehe Making Of-Bericht hier), wieder die 80er als Ausgangspunkt, wieder die Provinz, ihre Oberflächen und ihre Abgründe. Diesmal aber mit einer ungeheuer prominenten Besetzung: Ulrich Thomsen, Burghart Klaußner, Kathrin Saß, Wotan Wielke Möhring. Der viel versprechende Trailer ist schon seit Monaten online:
DAS LETZTE SCHWEIGEN basiert auf dem Kriminalroman DAS SCHWEIGEN von Jan Costin Wagner, der Teil einer Trilogie um den finnischen Kommissar Kimmo Joentaa ist (also tatsächlich Skandinavien-Krimis von einem deutschen Autor).
Das Breitwandformat, die erfolgreiche Romanvorlage, die internationale Besetzung (wieder mit einem Dänen) wecken Erinnerungen an Anno Sauls unterschätzten, an der Kinokasse leider völlig untergegangenen Thriller DIE TÜR (der in München zufälligerweise im Rahmen der Hommage an Mads Mikkelsen ebenfalls zu sehen sein wird). Zudem war Baran bo Odar Regieassistent bei Maren Ades knallharter Provinzstudie DER WALD VOR LAUTER BÄUMEN. Diese Kombination in der Verbindung mit Urbildern deutscher Kinogeschichte (von M bis zu ES GESCHAH AM HELLICHTEN TAG) lässt auf jeden Fall hoffen, dass hier ein außergewöhnlicher deutscher Genrefilm entstanden sein könnte.