Filmfest München 2011: Warm-Up & Vorab-Überblick





Das 29. Filmfest München findet von 24.6. bis 2.7.2011 statt. Infos: Homepage.

Nach der ersten Enttäuschung über einige im Programm fehlende Filme, auf die ich gehofft hatte, macht sich nach genauerem Durchstöbern des Filmangebots bei mir kurz vor dem Festivalstart doch zunehmend gespannte Vorfreude breit, zumal sich angesichts des schieren Umfangs und der Vielfalt des Programms einmal mehr genug Spannendes finden dürfte, um die acht Festivaltage mühelos auf interessante Weise auszufüllen. Nachdem während des Festival kaum Zeit für eine schriftliche Aufarbeitung bleiben dürfte (dafür aber vielleicht hinterher), versuche ich mich zum Ausgleich wenigstens an ein paar Vorab-Betrachtungen zum Programm, zumal ich nicht zuletzt dank der letztjährigen Viennale auch bereits den ein oder anderen Film gesehen habe und auch sonst vielleicht ein paar Filme auf meiner Sichtungsliste stehen, die in den meisten Berichterstattungen weder vorher noch nachher viel Aufmerksamkeit bekommen dürften. Daher nachfolgend ein paar ausgesprochen subjektive Einschätzungen und Mutmaßungen zu den einzelnen (wichtigsten) Programmsektionen…



(Anmerkung: die Sektions-Titel sind jeweils zur entsprechenden Sektions-Übersicht auf der Filmfest-Homepage verlinkt, dort wiederum sind die einzelnen Filme, Programmtexte und Trailerverlinkungen dann sehr schnell zu finden, so dass ich es mir gespart habe, hier jeden Film einzeln zur entsprechenden Filmfest-Homepage-Filmseite zu verlinken, sondern in der Regel nur Links zu externen Besprechungen und ausgewählten – und vereinzelt auf der Filmfest-Homepage nicht oder falsch verlinkten – Trailern gesetzt habe. Die Bilder wiederum stammen zum allergrößten Teil aus dem offiziellen Bilderfundus der Filmfest-Homepage.)

Fokus Fernost

Die ostasiatische Reihe verspricht auch dieses Jahr eine der spannendsten Sektionen zu werden, auch wenn sie mit dem altbekannten Problem aller asiatischen Festivalauswahlen kämpft: durch oft restriktive Festivalvergaben auf der einen Seite und extrem schnelle DVD-Auswertungen insbesondere in Südkorea und Hongkong auf der andere Seite ist kaum vermeidbar, dass mehrere Filme bereits als Import-DVD vorliegen. Wie extrem das Problem aus Festival-Sicht selbst für die großen Veranstaltungen bereits geworden ist, führte erst kürzlich wieder der Umstand vor Augen, dass der nun auch in München laufende THE YELLOW SEA noch während seiner Aufführung in Cannes für den heimischen Bildschirm verfügbar war. Nichtsdestotrotz ein Film, der die Sichtung auf der großen Leinwand lohnen könnte. Rüdiger Suchsland schwärmte aus Cannes überschwänglich: „[DRIVE und YELLOW SEA:] Von den beiden ist THE YELLOW SEA noch ein bisschen besser, weil tiefer, vielfältiger, aber beide sind Kino at its best: Bewegung, Überraschung, pures Gefühl, eine ernsthafte Auseinandersetzung mit tieferen Fragen der menschlichen Existenz. Und beides sind Filme, in denen Autos eine ziemliche Rolle spielen und Messer. […] Lakonisch, rasant. Der beste Mafia-Film, den man seit langer Zeit gesehen hat.“. Tran Anh Hungs NAOKOS LÄCHELN wiederum erfährt noch während des Filmfests München seinen deutschen Kinostart. Auch der chinesische Blockbuster AFTERSHOCK und der japanische CONFESSIONS sind in diesem Sinne nicht mehr ganz frisch. Gleichzeitig ist das aber nicht unbedingt nur eine Eigenheit der asiatischen Reihe, sondern betrifft – obwohl jenseits der Retros und Specials ausschließlich deutsche Premieren gezeigt werden – das Festivalprofil in seiner Gesamtheit, ohne das wertend oder kritisierend zu meinen: Weltpremieren (überwiegend nur die deutschen Filme, dort aber die allermeisten) und sehr frische Aufführungen (nicht selten handelt es sich auch bei namhaften Titeln um die zweite weltweite Aufführung nach Cannes) mischen sich mit einer Auswahl bereits seit einer Weile auf den internationalen Festivals tourenden Filmen sowieso einigen recht verspäteten Nachzügeln. Was in der Mischung dann durchaus eine runde Sache ist, und eine Kinoaufführung ist natürlich sowieso auch nochmal etwas anderes, als auf eine importierte Silberscheibe und vergleichbares zurück zu greifen. Umso erfreulicher und überraschender dennoch, um auf die Asiaten zurück zu kommen, dass mit Sion Sonos ausgesprochen Sleaze-affin anmutendem GUILTY OF ROMANCE und Hong Sang-Soos in Cannes mit der üblichen Spaltung zwischen (diesmal noch etwas mehr als sonst) begeisterten Fans und schulterzuckenden „wieder-das-übliche“-Verächtern aufgenommenen THE DAY HE ARRIVES auf der anderen Seite zwei gespannt erwartete Cannes-Filme sehr zeitnah in München zu sehen sind. Ebenso ARIRANG von Kim Ki-Duk, der nach Kims jahrelangem künstlerischem Stillstand und Selbstplagiat zwar endlich einen überfälligen radikalen Bruch verspricht, mich aber trotzdem nur bedingt reizt, bei Gelegenheit aber trotzdem geschaut wird. War ich letztes Jahr von der Cannes-Ausbeute der Asien-Sektion ziemlich enttäuscht, beweist sie dieses Jahr eindeutig das sicherste Händchen im Vergleich zu den anderen Reihen und hat die meisten spannenden Sachen direkt von der Croisette an Land gezogen. Nicht uninteressant ansonsten auch das koreanische Jugenddrama BLEAK NIGHT oder die in Rotterdam Tiger-Award-prämierten ETERNITY (der Trailer ist auf der Filmfest-Homepage nicht verlinkt) aus Thailand und THE JOURNALS OF MUSAN aus Südkorea, von dem sich Christoph Huber sehr angetan zeigte: „Der überragende Film der Selektion, die südkoreanische Außenseiterstudie THE JOURNALS OF MUSAN, die auch den Preis der internationalen Filmkritik erhielt. […] Politische Subversion und psychologische Tiefgründigkeit gehen in Parks Ballade zusammen, ohne dass je simple Thesen bemüht werden müssten.“. Mit dem tibetischen OLD DOG und dem indonesisch-niederländischen POSITION AMONG THE STARS sind auch abseitigere Projekte im Programm, die man wohl nicht so bald wieder sehen wird. Und auf der Suche nach einem Nachfolger für die letztjährige Entdeckung WOMAN ON FIRE LOOKS FOR WATER (und seine unaufdringlich-unaufgeregte Lebensbeobachtung mit feinem Gespür für Zeit, Ort, Atmosphäre und Rhythmus) habe ich mir auf jeden Fall den malaysischen YEAR WITHOUT A SUMMER notiert, dessen Regisseurin vor einigen Jahren mit dem von mir leider verpassten LOVE CONQUERS ALL bereits in München war.

American Independents

Eine Reihe, mit der ich persönlich nie übermäßig viel anfangen konnte, üblicherweise nicht zuletzt bestückt mit hinlänglich bekannten Indie-Erzeugnissen zwischen Quirligkeit und tristem Lebensstillstand, beides vorzugsweise in forcierter Aufbereitung. Das heutige Sundance wie es leibt und lebt, mit gelegentlichen Ausnahmen. Was natürlich nicht unbedingt die Schuld der Reihe ist, sondern auch einfach mit dem Angebot zusammen hängt. Vor einigen Jahren konnte man dennoch immerhin halbwegs radikale Filme wie FROWNLAND sehen. Insgeheim hatte ich angesichts der beim Filmfest insgesamt durchaus zu beobachtenden erfreulichen Öffnung in Richtung experimentellerer filmischer Formen auf Vincent Gallos PROMISES WRITTEN IN WATER gehofft, was sich dann aber doch als utopisch erwies. Mag in dem Fall aber auch mit Gallo selbst zusammen hängen, der seinen Film offenbar seit Venedig und Toronto nirgends mehr zeigen wollte und unverständlicherweise (denn wo sollte sein Film besser hinpassen?) schon der Viennale eine launisch-beleidigte Absage erteilte. Zumindest ein Film wie Lodge Kerrigans REBECCA H. (RETURN TO THE DOGS) aus dem letztjährigen Cannes-Jahrgang wäre aber trotzdem mal eine feine Sache. Oder TAKE SHELTER, der ursprünglich im Forum der Berlinale angekündigt war, dort aber dann doch nicht lief, in Sundance und Cannes aber positiv aufgenommen wurde.
Mit BLUE VALENTINE, der bereits im Januar 2010 in Sundance seine Premiere hatte, wäre hingegen eigentlich eher letztes Jahr zu rechnen gewesen. Nachdem ich ihn jedoch noch nicht kenne und Super16-Bilder, die offenbar zumindest einen Teil des Films ausmachen, nach Möglichkeit immer gerne im Kino sehe (gerade im amerikanischen Independentkino sind sie, einst fast sein Markenzeichen, inzwischen im gerade dort oft halbgaren DV- und HD-Gefilme zur Seltenheit geworden), werde ich die Gelegenheit wohl jetzt oder beim ohnehin bald erfolgenden regulären Kinostart nutzen. Unbedingt empfehlenswert ist natürlich MEEK’S CUTOFF, zu dem man wohl nicht mehr viel schreiben muss, und den ich mir bei der Gelegenheit eventuell sogar ein zweites Mal ansehe. Ansonsten reizen mich nur zwei Filme: zum Einen AARDVARK, dessen (offenbar nicht im Netz auffindbares) Plakat, das an den Treppenwänden des Wiener Stadtkinos hängend, mir schon während der Viennale ständig Lust auf den Film gemacht hat, und auch der Trailer und die im Programmtext zitierten Zeilen von film.at machen neugierig: „Sakurai geht mit seiner Inszenierung ein lohnendes Wagnis ein, indem er die Geschichte seiner Figur ganz über deren Körperlichkeit erzählt, sozusagen mit der Blindheit und durch sie hindurch, und so eine eigene physische und experimentelle filmische Erfahrung entwickelt.“ Zum Anderen COLD WEATHER, über den Lukas Foerster aus Locarno schrieb: „Ein wenig verhält sich der Film zum älteren Mumblecore-Kino, wie sich Thomas Arslans IM SCHATTEN zur Berliner Schule verhält. So rückhaltlos wie Arslan nimmt Katz das Genrekino allerdings nicht an. Es geht ihm eher um Infiltration und Unterwanderung. COLD WEATHER versucht auf interessante Weise, das dezidiert realistische, dabei manchmal doch etwas betuliche slice-of-life-Milieustudien-Slacker-Befindlichkeits-Kino, das er und Kollegen wie Andrew Bujalski in den letzten Jahren prägten, mit Thrillerelementen zu verunreinigen.“ Auch der Trailer lässt hoffen, dass der Genreanteil den mittlerweile oft zur Formelhaftigkeit tendierenden Mumblecore-Gehalt übersteigt. Andere Titel wie THE OFF HOURS sind dann wiederum eher Fälle, die auf dem Papier noch ganz interessant klingen (und Regieaussagen wie „Ich begann mich für Menschen zu interessieren, die nachts funktionieren, während die meisten schlafen.“ deuten zumindest ein Potenzial an), aber schon der Blick auf den faden Trailer lässt dann schnell wieder „bewährte“ Indie-Muster befürchten.

Nouveau Cinéma Français

Eine weitere Sektion, mit deren Auswahl ich mich selten wirklich anfreunden kann. Letztes Jahr war durchaus eine positive Ausnahme, aber dieses Jahr dominiert wieder eher die Verwunderung, warum z.B. hinsichtlich der französischen Cannes-Filme Titel wie L’APOLLONIDE oder HORS SATAN fehlen, während POLISSE oder IMPARDONNABLES laufen. Aber da hat eben jeder seine eigenen Präferenzen, und vielleicht schaue ich mir die beiden bewusst an, um das aus zweiter Hand gefällte Vorurteil dann wenigstens anhand eigener Eindrücke überprüfen zu können. Und bei Daniel Kasman klingt zumindest letzterer dann doch ziemlich reizvoll, und genau nach dem, was ich – inbesondere nach einigen „Fake-Film“-Digital-Filmen, die mich letztes Jahr extrem genervt haben – in Sachen digitales Kino gerne sehen würde: „André Téchiné surprises with the most digital of films yet seen in Cannes, IMPARDONNABLES. That’s praise indeed: Téchiné, working with cinematographer Julien Hirsch, uses digital as obviously digital, not a film stand-in – we get saturated, flat compositions, painterly rather than spatially deep, and always impressing on the images and the characters staged in front of them that they are inseparable from the film’s precise Venetian locations. Waterways careen around in the background of the frame, colors are pastel blobs, with rough, pixelated textures to the faces, skin, and clothing.”
Von den weiteren Filmen der Sektion sieht zumindest AMERICAN TRANSLATION tatsächlich spannend und irgendwie auch frisch, direkt und lässig aus (sehr toller Trailer auch!), und Godards FILM SOCIALISME ist natürlich großartig, aber der ist jetzt auch schon nicht mehr so ganz aktuell und wäre eigentlich eher letztes Jahr zu erwarten gewesen, und hätte seinerzeit auch zur Godard/Truffaut-Doku gepasst. Durchaus aber ein Film, bei dem eine Zweitsichtung auf großer Leinwand unter guten Bedingungen reizvoll ist, zumal wohl immer noch fraglich ist, ob er hierzulande irgendwann noch regulär ins Kino kommt – vielleicht in weiteren ein, zwei Jahren dann über einen der letzten engagierten Rettungsanker, etwa den Peripher-Verleih. UN ÉTRANGE ÉQUIPAGE könnte als eher ungewöhnlicher, dezidiert cinephiler Kandidat einen Blick wert sein, was womöglich auch für ANGÈLE UND TONY gilt, der aber genau wie KLEINE WAHRE LÜGEN kurz nach dem Filmfest auch einen regulären deutschen Kinostart hat (was oft natürlich nur eine Ausrede ist, um sich die eigene Selektion zu erleichtern, ob man den Film dann tatsächlich nochmal in OmU auf einer Leinwand sieht, steht auf einem anderen Blatt – hinzu kommt das seltsame Phänomen, dass einmal „aussortierte“ Filme auch danach nicht mehr die höchste Priorität haben, was ich zumindest bei mir und auch meinen Begleitern immer wieder feststelle, dazu gäbe es die ein oder andere kuriose Anekdote…).

Visiones Latinas

Vom einstigen Geheimtipp ist die überwiegend exzellent kuratierte lateinamerikanische Reihe mittlerweile zur Umfangs-stärksten Schwerpunkt-Sektion angewachsen und scheint demnach erfreulicherweise offenbar gut angenommen zu werden. Von vielleicht zwei oder drei Crowdpleasern und vereinzelt eher marginalen Dokus abgesehen, konnte man in den letzten Jahren im Zweifelsfall mit der Sektion nicht allzu viel falsch machen, sofern man Interesse an konsequentem Autorenkino und experimentierfreudigen formalen Ansätzen hat, auch wenn im Einzelnen freilich hier und dort auch mal eher in Festivalkonventionen gefangene Vertreter dabei sind.
Nach erster Enttäuschung über die erhoffte und leider nicht in München laufende Cannes-Überraschung MISS BALA (wobei ich den Vorgänger I‘M GONNA EXPLODE von Naranjo insgesamt eher durchwachsen fand, aber er hatte eine vibrierende Intensität in seiner Bildsprache, die allein schon dafür sorgt, dass ich mir sofort jeden neuen Film von ihm ansehen würde, auch wenn sie weiterhin durchwachsen sein sollten) – im Einführungstext zur Reihe dürfte der Satz „der skurrile Boom des mexikanischen „Narco-Cine“ […], das Glanz und Elend des Drogenkriegs episch überhöht“ wohl eine Anspielung auf den Drogenkriegsthriller MISS BALA sein und damit gleich schon die Gründe für dessen Fehlen andeuten –, scheint bei genauerem Blick aber auch diesmal fast jeder Film der Reihe mindestens interessant zu sein, und einige davon stehen weit oben auf meiner Sichtungsliste. Zwei habe ich auf der Viennale bereits gesehen: sehr zu empfehlen ist die minimalistische und stellenweise gerade deshalb ziemlich an die Nieren gehende Auftragskiller-Selbstentblätterung EL SICARIO ROOM 164 von Gianfranco Rosi; eher zwiespältig und trotz toller Prämisse(n) schlussendlich etwas unergiebig versandend fand ich VERANO DE GOLIAT von Nicolás Pereda, dessen JUNTOS vor einigen Jahren eine unerwartete, sehr schöne Entdeckung war, der mittlerweile aber langsam zu einem etwas seltsamen Nischen-Hype der internationalen und offenkundig auch des Münchner Festivals zu werden scheint und sich mit mehreren neuen Filmen pro Jahr vielleicht etwas zu verrennen droht. Werde mir Peredas andere beiden in München als Doppelprogramm laufenden Filme aber nach Möglichkeit dennoch mal ansehen (einer davon ein Kurzfilm, den anderen nennt man wohl „mittellanger Film“, zusammen laufen sie jedenfalls nur knappe 80 Minuten). In Wien verpasst und in München nachholen will ich das mehr-oder-weniger-Roadmovie JEAN GENTIL aus der Dominikanischen Republik, und aus dem Venedig-Wettbewerb dürfte POST MORTEM von Pablo Larraín, eine Liebesgeschichte zwischen Militärputsch und Leichenschauhaus, lohnenswert sein. LAS MARIMBAS DEL INFIERNO sieht ebenfalls ziemlich spannend und wild aus. Unbedingt sehen will ich auch A TIRO DE PIEDRA und LO QUE MÁS QUIERO, bei letzterem ist auf der Filmfest-Homepage versehntlich der Trailer zum Silvio-Soldini-Film mit dem gleichen (spanisch übersetzten) Titel verlinkt, hier ist der richtige und verspricht lichtdurchflutete Kontemplation der eher entspannt-erlesenen als erstarrten Art, bei der nicht nur die Kamera atmet. Auch PORFIRIO um einen im Rollstuhl sitzenden Flugzeugentführer sieht nicht übel aus, zu zwei anderen Titeln – BONSÁI und OCASO (DECLINE) – sei dagegen auf zwei neugierig machende Eiinschätzungen verwiesen: Karina Longworth: „BONSAI feels like something between a relief and a quiet revelation. […] A bittersweet and low-key pondering of the ways in which fiction and unreliable recollection consciously and unconsciously infects and shapes relationships, BONSAI is most moving as a testament to shared experience, to an art work’s power to serve as a meeting place for multiple minds, even if only temporarily. It’s the essential lure of the film festival in miniature.”
Und Robert Koehler in Variety über OCASO: „The gradual fade-out of an old man’s existence – and a way of life – unfolds with exquisite beauty in Theo Court’s DECLINE. An excellent example of the crossbreeding of fiction and nonfiction (though the pic’s website identifies it as the former), the film fuses reality and poetry in a seamless whole as an aging caretaker does his best to keep up his chores and rituals at a decaying Chilean estate where he’s lived for decades. […] Lenser Mauro Herce’s gorgeous, ghostly images, whose power and richness can be appreciated only on the big screen, dominate the pic, […] time slows down, and light and shadow become life itself.”

Neue Deutsche Kinofilme und Deutsche Fernsehfilme

Hier vereinfacht zusammengefasst die beiden wohl am besten ausgelasteten und am schnellsten ausverkauften Reihen des Filmfestes – allein die Originalsprache Deutsch, die man in den anderen Reihen üblicherweise nicht zu hören bekommt, ist als einer der Gründe allzu naheliegend und für den Synchronfasssungs-gewohnten Gelegenheitsbesucher auch plausibel. Hinsichtlich der Auswahl auffällig, dass trotz seiner Auszeichnung in Cannes HALT AUF FREIER STRECKE nicht gezeigt wird, obwohl die letzten Filme von Andreas Dresen alle in München liefen. Nachdem er sowieso ins Kino kommt, einige negative Stimmen wie z.B. Rüdiger Suchslands Totalverriss aus Cannes leider nicht so ganz abwegig klangen und ich vorletztes Jahr WHISKY MIT WODKA ohnehin recht mittelprächtig fand, stört es mich nicht weiter, bleibt aber verwunderlich genug, um zumindest im Stillen die ein oder andere Spekulation anzustoßen. Aber lieber zu den tatsächlich gezeigten Filmen, die überwiegend noch nirgends zu sehen waren und daher mangels vorheriger Kritikenresonanzen und in der Regel auch fehlender Trailer oft nicht ganz einfach einzuschätzen sind. Allzu viele sprechen mich nicht an, mit ein paar markanten Ausnahmen, allen voran DIE RÄUBERIN, das Regie-Debüt von Markus Busch, einem der Stamm-Drehbuchautoren von Dominik Graf und damit automatisch auch ET-Pflichtfilm Nummer 1 unter den deutschen Vertretern. Graf selbst ist mit POLIZEIRUF 110: CASSANDRAS WARNUNG ebenfalls vertreten, dessen bereits verfügbarer Trailer ziemlich großartig aussieht und in der formalen Gestaltung erneut u.a. Erinnerungen an das von Graf verehrte italienische Genrekino der 70er Jahre weckt. Bleibt nur zu hoffen, dass die Vorführungen der Fernseh-Sektion mittlerweile in halbwegs annehmbarer Qualität stattfinden, denn Grafs KOMMISSAR SÜDEN UND DER LUFTGITARRIST war dort – auch wegen überproportionaler Leinwand – vor einigen Jahren als pixelige DigiBeta eine Zumutung. Mittlerweile ist man hoffentlich bei HDCam oder DCP angekommen, auch wenn gerade Grafs wohl auch in diesem Fall noch auf Super16-Film gedrehten Bildern eine Filmkopie freilich am besten gerecht würde (Nachtrag: leider auch diesmal wieder nur DigiBeta, nachdem die aber zugegebenermaßen auch deutlich besser aussehen können als beim LUFTGITARRIST seinerzeit, lohnt sich bei einem so vielversprechenden Film vielleicht trotzdem ein neuer Versuch). Und nach Grafs Film gibt’s hinterher gleich noch einen weiteren POLIZEIRUF, inszeniert von Hans Steinbichler, an dem mein Interesse ähnlich wie bei Dresen in den letzten Jahren zwar leider merklich nachgelassen hat. Aber AUTISTIC DISCO hat m.E. immer noch eine der besten Kameraarbeiten im deutschen Kino der letzten Jahre, und nachdem Bella Halben nun auch beim POLIZEIRUF wieder die Kamera führt, lässt das ein wenig hoffen.
Von den deutschen Kinofilmen gehören ansonsten das apokalyptische Thriller-Drama HELL sowie KRIEGERIN über einen weiblichen Neonazi durch ein gewisses Maß an Affinität zum Genrekino vermutlich noch zu den potenziell interessanteren Kandidaten. Ebenfalls auf dem Notizzettel: UNTEN MITTE KINN von Revolver-Mitherausgeber Nicolas Wackerbarth. Beim Rest gemahnt die Erfahrung zur Vorsicht. In gewissem Sinne herausstechend ist FRANKFURT COINCIDENCES, dessen geradezu grotesker Trailer die Vermutung nahe legt, dass hier ein spektakuläres Konzentrat von im schlimmsten Marken-Sinne anbiedernd arthousig-geschmäcklerischem Ethno-Kitsch zubereitet wurde. Falls masochistische Schlockgelüste aufkommen sollten, weiß man wenigstens, in welchen Programm-Slot man sich mutmaßlich begeben sollte.
Deutlich interessanter und eigensinniger könnte da vielleicht noch HEADSHOTS von Lawrence Tooley sein, mit dem Rudolf Thome in Wien wenig anfangen konnte (und kurz notierte: „Der meiste Teil des Films war angestrengtes Kunstgewerbe mit schrecklichen Bild-und Toneffekten. Nur eine Szene war richtig spannend.“), für den Christoph Huber in Rotterdam aber wiederum sehr positive Worte übrig hatte: „Kräftig wirkte nur HEADSHOTS: das österreichisch koproduzierte Debüt von Lawrence Tooley ist ein besseres Berliner Milieubild als Tom Tykwers DREI. Loretta Pflaum beeindruckt als Fotografin in einer Existenzkrise, die Tooley modernistisch ausgestaltet, in einer avancierten Traditionslinie der Berliner Filmhochschule dffb. Im Gegensatz zur Konkurrenz ist er dabei so kompromisslos, dass noch misslungene Momente Eindruck hinterlassen.“

Internationales Programm

Nachdem das bisher alles schon recht lang und mitunter wohl etwas zerfahren geworden ist, werde ich es beim Internationalen Programm teilweise etwas knapper halten, obwohl es nicht nur die mit Abstand größte Sektion ist, sondern sich gerade dort oft einige unverhoffte Entdeckungen machen lassen. Trotzdem also auch hier der Versuch eines etwas durchs Dickicht streifenden Vorab-Überblicks. Zu den neuen Filmen der Dardennes und von Kaurismäki muss man ohnehin nicht viel schreiben, außer vielleicht, dass es wohl seit längerem nicht mehr so interessante Eröffnungs- und Abschlussfilme gab. Spontan kann ich mich nicht erinnern, überhaupt je einen Abschlussfilm gesehen zu haben, und Eröffnungsfilme auch nur vereinzelt. Das ist diesmal anders, und in dem Fall vermeide ich es nach Möglichkeit aufgrund einschlägiger Erfahrungen (siehe Anmerkungen bei der französischen Sektion) auch, sie nur wegen des bereits feststehenden Kinostarts auszulassen. Ansonsten sehr weit oben auf meiner Sichtungsliste: AITA, der in Rotterdam von verlässlichen Stimmen wie Robert Koehler und Daniel Kasman in höchsten Tönen gelobt wurde. Auch sonst übrigens eine sehr vielversprechende Auswahl spanischer Filme, vormerken sollte man sich – neben CARACREMADA, siehe weiter unten – etwa MERCADO DE FUTUROS von Mercedes Álvarez. Skolimowskis DEEP END ist ein etwas kurioser restaurierter Retro-Einschub (wohl anlässlich einer ebenfalls laufenden neuen Doku über den Film von Robert Fischer), den ich mir gerne mal wieder ansehen würde – läuft leider jedoch von DCP und nicht 35mm, was aber wohl nur doofe Puristen wie mich abschrecken sollte. Österreich ist mit einigen Filmen vertreten: dem Cannes-Wettbewerbsfilm MICHAEL, dem in der “Un Certain Regard”-Reihe ausgezeichneten ATMEN sowie Peter Kerns arg plump aussehenden, aber vielleicht zumindest amüsant tümelig-derben MÖRDERSCHWESTERN (Nachtrag: der Film wurde kurzfristig komplett aus dem Programm zurück gezogen!). Aus der Schweiz lässt SENNENTUNTSCHI von Michael Steiner im Trailer zwar pompös aufgebauschtes Schielen nach Hollywood vermuten, aber nachdem es der gleiche Stoff ist, auf dem SUKKUBUS von Georg Tressler basierte, und zudem Roxane Mesquida die Hauptrolle spielt, ist das Ganze nicht völlig reizlos. Sucht man Genrekino, ist man ansonsten wohl bei BALADA TRISTE DE TROMPETA von Àlex de la Iglesia und dem australischen Highschool-Thriller WASTED ON THE YOUNG gut aufgehoben, gewissermaßen auch bei TYRANNOSAUR von Paddy Considine, und als Exploitation-Fan kommt man an MACHETE MAIDENS UNLEASHED! und CORMAN’S WORLD natürlich kaum vorbei. Als Genre-Mix kann ich hingegen den bei der Viennale gesehenen portugiesischen THE SWORD AND THE ROSE empfehlen, der immer wieder zwischen Fantasy-Abenteuerfilm, Musical, Piratenfilm und Verschwörungsthriller hin und her wechselt, mich in der ersten halben Stunde begeistert und später immerhin kreativ unterhalten hat (es sei allerdings dazu gesagt, dass die Zuschauer in Wien haufenweise vorzeitig raus gerannt sind, was dort eher selten vorkommt und meine Einschätzung wohl deutlich in den Minderheitenstatus verweist). Ebenfalls in Wien gesehen, aber nicht übermäßig überzeugt haben mich CIVIL WAR (wobei er einige schöne Momente hat) und THE FORGOTTEN SPACE. Recht spannend klingen die italienischen Vertreter THE CASTLE und PIETRO, jedenfalls zumindest nach meinem Eindruck interessanter, als die italienischen Filmfestfilme der letzten Jahre. Ansonsten bietet die Sektion neben einem umfangreichen Überblick über internationale Festival-Selektionen mit teilweise auch durchaus gewagteren und ungewöhnlicheren Titeln dann zwischendruch freilich auch „Themenkino“ und gelegentliche Arthaus-Schlock-Warnglocken-Filme, und dazwischen auch immer wieder Filme mit namhaften Stars, die bisweilen aber ein wenig den Eindruck von Resteverwertung machen: was es trotz größerer Namen nicht oder erst verspätet regulär ins Kino schafft, sorgt dann eben wegen dieser Namen zumindest beim Filmfest für ein paar wohl begehrtere Vorstellungen. Nachdem es wohl der Querfinanzierung kleinerer Perlen dient und nochmal ganz andere Zuschauersegmente bedient, hat das natürlich seine Berechtigung, und ist als Abwechslung im Festivalprogramm auch durchaus zu begrüßen, auch wenn von diesen Filmen für mich diesmal nicht viel dabei ist. Dafür zieht mich BLUE BIRD von Gust van de Berghe seltsam an, obwohl ich letztes Jahr LITTLE BABY JESUS OF FLANDR eher durchwachsen, aber durchaus auch vielversprechend fand (ein ähnlicher Fall wie der bei den Visiones Latinas erwähnte Gerardo Naranjo). Über die arabischen Filme weiß ich wenig und habe sie bisher eher aus eigener Faulheit und Unentschlossenheit nicht in der näheren Auswahl, Hinweise sind dahingehend natürlich willkommen. MYSTERIES OF LISBON von Raúl Ruiz hat sehr wahrscheinlich seine Meriten, habe aber schlichtweg momentan keine Lust darauf und die massive Überlänge würde obendrein nur für Probleme im Zeitplan sorgen. Vorgemerkt dagegen: BLACK BREAD von Agustí Villaronga, dem „ein klassisches, vielschichtiges Comeback gelang: eine unsentimentale Pastorale über ein Kinderschicksal nach dem Bürgerkrieg.“ (Christoph Huber) Dem Sleaze-Aficionado sticht natürlich THE SLUT ins Auge, zu dem der Programmtext unverblümt fragt: „Sie pflegt den häufig wechselnden Geschlechtsverkehr und gilt als Dorfschlampe, […] wird sie ihren ausschweifenden sexuellen Appetit zügeln können?“ Todd McCarthy hängt die Frage an: „Is Hagar Ben Asher the first female director of a legitimate feature to film herself performing in a hardcore sex scene?” Sein Fazit lautet dann aber leider doch – und durchaus im Tenor der Kollegen – eher ernüchternd: “This sexually explicit but dramatically unsatisfying drama will travel on its notoriety alone.” Lohnenswerter scheint es da, Ausschau zu halten nach potenziellen Nachfolgern der – nebenbei allerdings auch sexuell expliziten – überragenden letztjährigen Entdeckung IN THE WOODS. Neben den bislang bereits genannten Titeln führt das unweigerlich erneut nach Griechenland, wo WASTED YOUTH vom Filmfest als „Hochmodernes, junges dynamisches Kino“ angekündigt wird, dem es gelinge „die Atmosphäre der Stadt realistisch einzufangen: die Rastlosigkeit, die nervöse Spannung, die Farben, die Hitze“. Mindestens ebenso reizvoll liest sich der zweite griechische Film BLACK FIELD in Lukas Foersters Bericht vom Crossing-Europe-Festival in Linz: „Am Ende des Films jedenfalls war ich mir nicht sicher, ob ich gerade den missing link zwischen Derek Jarman und VALHALLA RISING entdeckt hatte, oder einfach nur einen überproduzierten, queeren Nunsploitation-Reißer. Aber einem wagemutigen bis vollkommen wahnwitzigen Film wie BLACK FIELD, mit dessen Konzept man vermutlich bei keinem Fördergremium der Welt offene Türen einrennt, darf man durchaus auch einmal etwas Kredit einräumen.“ Nachdem beim Crossing Europe offenbar einige Filme liefen, die nun auch in München zu sehen sind, springen dabei noch zwei weitere Empfehlungen raus – Lukas zum spanischen CARACREMADA: „«Caracremada» («verbranntes Gesicht») wird der Mann genannt und so heißt auch der Film, der in der atemberaubenden Schönheit der katalanischen Pyrenäen dem versehrten Antlitz der spanischen Geschichte nachspürt. […] Weite Strecken des mit der digitalen Kamera Red One gedrehten Films bestehen ausschließlich aus Großaufnahmen. Großaufnahmen von Gesichtern, aber auch von Händen, Füßen, Werkzeugen, Waffen, von einem braunen Seil, das mehrmals im Film mit einem Messer durchtrennt wird, von zwei Fischen, die vor einer Steinhütte aufgehängt sind. Zunächst beliebig anmutende Gegenstände werden isoliert und gewinnen im Laufe des Films eine Präsenz, die der der Menschen gleichrangig ist.“ Und noch besser klingt im Cargo-Bericht der slowenische OCA – den „nach den Begriffen des klassischen Kinoerzählens längst hoffnungslos derangierten Film“ hat sich Lukas gleich dreimal angesehen: „Was an dem Film statt dessen begeistert, ist die Art und Weise, wie er aus dem Alltagsleben eine Erfahrung von Transzendenz gewinnt, die ohne aufwändige Konstruktionen und ohne Tarkowski-Panflöten-Bombast auskommt. Škafar genügen zwei Schauspieler, ein malerischer See und die materiellen Eigenschaften des Filmbilds. Die einzelnen Einstellungen werden nie durch harte Schnitte, statt dessen fast immer durch zerdehnte Überblendungen verbunden, zwei distinkte Bilder werden oft mehrere Sekunden lang in der Schwebe der Kopräsenz belassen. Auch verschiedene akustische Räume fließen ineinander, mal kleben die Stimmen an den Körpern, mal lösen sie sich und treten ganz nah an den Zuschauer.“

Retrospektiven, Special, Kinderfilmfest, Open-Air

Das soll es im Wesentlichen gewesen sein, auch wenn zu den verbleibenden Sektionen noch das ein oder andere in gebührender Ausführlichkeit zu sagen wäre. Aber wie der obige Blick über einige der wichtigsten Sektionen zeigt, gibt es doch eine ziemlich umfangreiche, ohnehin kaum zu schaffende Menge an aktuellen Filmen, die mich interessieren, weshalb ich diesmal die Retrospektiven weitgehend auslassen werde, auch wenn – als allgemeine Bemerkung in den Raum geworfen – wie immer vieles dafür spricht, sich bei Festivals gerade Retrospektiven anzusehen, vor allem dann, wenn man sonst seltener die Gelegenheit hat, ältere Filme im Kino zu sehen (denn ganz plakativ, platt und undifferenziert gesagt: entgegen landläufiger Ansichten sahen Filme früher meistens besser aus als heute, allein aufgrund kamera- und kopiertechnischer Gegebenheiten, und mit etwas Glück und vor allem mit guten Kopien in guter Projektion, können Retrospektiven genau davon auch heute noch einen Eindruck vermitteln). Aber nachdem ich persönlich ohnehin ständig die Möglichkeit habe, ältere Filme im Kino zu sehen, und diese auch ausgiebig nutze, und zudem die vier beim Filmfest gewürdigten Regisseure keine weltbewegenden Wiederentdeckungen oder raren Schätze sind, werde ich mich wohl bestenfalls auf vereinzelte frühe Filme von Otar Iosseliani (sowie eventuell den jüngsten CHANTRAPAS) und Roy Andersson beschränken, und zumindest ein Tom DiCillo wäre vielleicht auch nicht verkehrt. Über das Schweden-Special müsste ich mich indes wohl nochmal näher informieren, lohnenswert scheint dort auf jeden Fall PLAY zu sein, über den z.B. Ryland Walker Knight schreibt: „The formal strategies here, where the frame dictates the space but is free to adjust, via sliding or zooming as the scene may require, never totalize or over-determine the argument in any given shot/scene. In fact, all these subtle shifts help free the film from ideology, though there is also an argument being made about what roles we’re given to play – based on every factor in our being, be it skin color or home life or hobby or shoes – in the modern metropolis”. Beim Kinderfilmfest hat MIT ERHOBENEN HÄNDEN von Romain Goupil einige Anhänger, nachdem dort aber zumindest in manchen (oder allen/beiden?) Vorstellungen die Filme von deutscher Einsprache begleitet sind, ist das jenseits des jungen Zielpublikums wohl nur etwas für ganz Unerschrockene, schadet aber m.E. zweifellos dem Filmerlebnis. Und was das Filmerlebnis angeht, muss ich auch gestehen, ganz allgemein kein großer Freund von Open-Air-Kino zu sehen – wem das anders geht, kann sich jedoch vorm Gasteig kostenlos an Leinwand-wirksamen Filmen wie Paul Schraders CAT PEOPLE oder Russ Meyers FASTER, PUSSYCAT! KILL! KILL! erfreuen.

Wer ansonsten den ein oder anderen Film schon gesehen hat und daher Empfehlungen oder Warnungen aussprechen kann, oder auf übersehene bzw. über- oder unterschätzte Filme des Programms oder auf Sonstiges hinweisen möchte – sehr gerne!

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, Juni 22nd, 2011 in den Kategorien Aktuelles Kino, Ältere Texte, Andreas, Blog, Blogautoren, Festivals, Hinweise veröffentlicht. Sie können alle Kommentare zu diesem Beitrag über den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können diesen Beitrag kommentieren, oder einen Trackback von ihrer eigenen Seite setzen.

17 Antworten zu “Filmfest München 2011: Warm-Up & Vorab-Überblick”

  1. Schwanenmeister on Juni 22nd, 2011 at 20:45

    Der pure Wahnsinn. Wahnsinniger als „Tree of Life“. Daran schreiben Andere vielleicht ein Jahr, und du haust das als Vorschau für ein Festival raus, von dem es wahrscheinlich erst in drei Monaten eine karge Wertungsliste geben wird. 😉

  2. Paul on Juni 23rd, 2011 at 11:04

    Wow, wirklich eine schöne Übersicht, macht gleich viel Laune auf ein Festival. Leider ist die Viennale noch weit weg.. 🙂

  3. Andreas on Juni 24th, 2011 at 00:41

    @Schwanenmeister
    Hey, du machst es doch im Grunde genauso: täglich umfangreiche (tolle!) Zusammenfassungen von Ferne zu den großen Festivals, aber die Veranstaltungen, die du selbst besuchst, werden wie das FFF letztes Jahr dann, wenn überhaupt, bestenfalls mit Wertungslisten abgespeist 😉
    Jedenfalls: Genau der Umstand, dass es für uns leider schon logistisch kaum möglich ist, während Festivals mehr als bestensfalls ein paar Zeilen zu schreiben, war ja eben der Anlass für die Vorschau, auch wenn sie etwas aus dem Ruder gelaufen ist und inklusive der leidigen Formatierung (Links etc.) dann zeitaufwendiger als geplant wurde. Und der Gedanke war halt auch, mal nicht erst hinterher anhand Wertungen und Listen ein quasi-„das hättet ihr schauen sollen“ zu posten, sondern vorher eine „das dürfte sehenswert sein“-Abschätzung zu wagen, weil ja nicht alle Entdeckungen aus dem nichts kommen. Naja, wie gesagt in dieser Form schon wegen der Unverhältnismäßigkeit eine einmal-und-nie-wieder-Sache, aber nachdem unser Ziel sowieso ist, das zu schreiben, was wir selbst gerne lesen würden, und ich wiederum eine solch umfangreiche Vorschau von jemand anderem sehr gerne lesen würde, freuen sich (trotz wohl sehr überschaubarer Schnittmenge zwischen ET-Lesern und FFM-Besuchern) vielleicht zumindest drei, vier Leute drüber 😉
    Btw: was findest du bloß an dem grässlichen CONFESSIONS? Da stehe ich wirklich vor einem Rätsel, wie du umgekehrt seinerzeit wohl bei HAPPENING. Länger nicht mehr so im Kinosessel gelitten…

    @Paul
    Zumindest laufen erfahrungsgemäß rund zwei Dutzend Filme aus München dann auch auf der Viennale (und in München wiederum mindestens ein Dutzend der letztjährigen Viennale). Insofern springt dann womöglich sogar die ein oder andere Empfehlung oder Anregung raus, wenn du im Herbst nochmal reinschaust 🙂 Und ich hoffe nebenbei ja darauf, dass einige der jetzt von mir in München vermissten Filme (etwa L’APOLLONIDE, MISS BALA, HORS SATAN, DRIVE, WU XIA – wobei sich die letzten beiden hoffentlich das Fantasy Filmfest schnappt) dann im Herbst in Wien dabei sind.

  4. Schwanenmeister on Juni 25th, 2011 at 00:44

    Den doch sehr schrägen Vergleich ignoriere ich jetzt mal gepflegt. 😉

    Und gut, wer auf „The Happening“ steht, dem ist sowieso nicht mehr zu helfen. Wir haben ja schon letztes Jahr gemerkt, dass durch die unzähligen Arthouse-Kinogänge die Exploitation-Aterien total verklebt sind. Es ist allgemein bekannt, dass es Genrefilme schwer bei dir haben, wenn sie einen offiziellen deutschen Kinostart oder noch schlimmer gar einen internationalen DVD-Start haben.

  5. Mr. Vincent Vega on Juni 25th, 2011 at 01:03

    Und gut, wer auf “The Happening” steht, dem ist sowieso nicht mehr zu helfen. Wir haben ja schon letztes Jahr gemerkt, dass durch die unzähligen Arthouse-Kinogänge die Exploitation-Aterien total verklebt sind. Es ist allgemein bekannt, dass es Genrefilme schwer bei dir haben, wenn sie einen offiziellen deutschen Kinostart oder noch schlimmer gar einen internationalen DVD-Start haben.

    😀

    (um jetzt aber nicht nur dazwischen zu grinsen, möchte ich anmerken, dass dies ein sehr schönes und aufwendiges Warm-Up ist, Andreas – nur finde ich die vielen harschen Kategorisierungen und teils sogar abgeklärten Vorverurteilungen aus Deinem sonst gemäßigten Munde schon sehr erstaunlich!)

  6. Andreas on Juni 25th, 2011 at 07:26

    @Schwanenmeister
    Ein Blick auf meine Endeckungslisten sollte deutlich genug zu verstehen geben, dass ich mit Exploitation nach wie vor sehr viel anfangen kann. Dass ich da gleichzeitig ziemlich nostalgisch und rückwärtsgewandt unterwegs bin, quasi am zu-spät-und-in-der-falschen-Zeit-geboren-Syndrom leide und mich mit dem Genrekino der letzten Jahre mitunter schwer tue, kann man mir sicherlich mit Recht vorwerfen und verleugne ich ja nun beileibe nicht. Ich finde in dem Bereich gegenwärtig halt vieles ziemlich anbiedernd, aufgebauscht und dabei letztlich abgestanden. Für trockenes, originelles, lässiges und treibendes gegenwärtiges Genrekino bin ich trotzdem noch immer jederzeit zu haben, das sollte schon der Umstand deutlich machen, dass mit „Komm mir nicht nach“, „Vampire“, „The Hole“ und „Hanna“ vier solche Filme ganz weit oben auf meiner derzeitigen Jahresliste stehen (man höre und staune: mindestens drei davon haben einen regulären Kino-, DVD- oder TV-Start ;)). Und wenn man sich ansieht, wie oft ich oben in der Vorschau aufs Genrekino komme, lässt sich daran vielleicht auch ablesen, dass durchaus immer noch eine Sehnsucht und Neugier darauf da ist. Dass 2010 meiner bescheidenen Meinung nach sowohl fürs amerikanische Kino, als auch fürs Genrekino kein gutes Jahr war, ist dann nochmal ein anderes Thema, aus dem man nicht zu schnell pauschalisierende Schubladisierungen ableiten sollte 🙂
    Jedenfalls war ich doch ziemlich erleichtert, dass es meinem (nicht-ET) CONFESSIONS-Begleiter ähnlich ging. Der hat mit Arthouse und Kunstkino nämlich wenig am Hut, kann sich hingegen auch fürs gegenwärtige Genrekino sehr begeistern, und fand den Film trotzdem schrecklich und unerträglich verkitscht. Es scheint also durchaus nicht nur an meinen verklebten Arterien zu liegen! 😉
    (Und wenn der Film wenigstens Exploitation wäre, stattdessen ergeht er sich in aufdringlicher Bedeutungsschwangerschaft. Allein die ständigen Wolkenbilder…)

    @Rajko
    Ich bitte zu bedenken, dass ich da keineswegs endgültige Urteile über nicht selbst gesehene Filme fällen will, sondern das halt ein sehr Festival-bezogener Sondierungsversuch ist, und nachdem es halt schlichtweg nicht möglich ist (schon gar nicht vorab), alle 200 Filme des Programms selbst zu sehen, muss man halt mutmaßen, selektieren und sich an Urteilen anderer orientieren. Im Grunde operiert ja zwangsläufig jeder beim Auswählen seines Programms so, ich hab’s diesmal eben mal in Schriftform gebracht, was dann halt auch schnell konkreter und absoluter klingt – und, weil aufgrund der schieren Anzahl für manche Filme nur ein Halbsatz bleibt, auch abfertigender -, als es gemeint ist (und sein kann). Und um da ein paar prognostizierende Konturen rein zu bekommen und nicht nur wischiwaschi im alle-Filme-könnten-sich-irgendwie-lohnen-Modus stecken zu bleiben, habe ich mir ständige Relativierungen gespart. Den ausdrücklichen Hinweis eingangs auf die subjektive Perspektive und den Vermutungs-Charakter des Ganzen fand ich da ausreichend. Aber echt so harsch? Ein paar Formulierungen bei den Indies und den Franzosen, die mir selbst etwas unnötig scharf erschienen, habe ich gestern Mittag noch relativiert und finde das jetzt eigentlich recht moderat, vielleicht beziehst du dich auf die ursprüngliche Version? Jedenfalls gerade aus deinem Mund, der du mit Vorurteilen selbst ja auch nicht gerade sparst und sie mitunter selbst von persönlichen Empfehlungen nicht erweichen lässt (siehe Resnais damals im Blog), klingt das ja erstmal doch ziemlich alarmierend… 🙂

    (Oh Mann, auf was für einem Rechtfertigungstrip habt ihr mich da nur wieder gebracht, vielleicht sollte man – zumal, wenn man sich im ungewohnten „Festival-Schlafrhythmus“ befindet und dann auch noch früher als geplant aufwacht – lieber nicht früh morgens auf sowas reagieren :D)

  7. Schwanenmeister on Juni 25th, 2011 at 09:01

    – Spoiler-Warnung –

    Na ja, ein Film, indem eine Lehrerin in der Auftaktszene ihren schrecklichen Schülern, von denen zwei wohl ihren Sohn kaltblütig umgebracht haben oder eben nicht, mitteilt, dass sie die gerade verköstigten Milchtüten mit HIV-positivem Blut angereichert hat, um grausame Rache zu vollstrecken – also in meiner kleinen, naiven Filmwelt geht nicht mehr Exploitation. Und ich fand, der Film versuchte zumindest eine neue, aufregende Bildsprache, wofür ihm schon Lob gebührt. Sein Einsatz von Zeitlupenstudien ist herausragend anders. Aber über Geschmack und Genredefinitionen lässt sich ja bekanntlich vortrefflich streiten.

  8. Mr. Vincent Vega on Juni 25th, 2011 at 13:24

    @Andreas:

    Ich meinte ja auch nur, dass er für Deine Verhältnisse sehr harsch ist, der Text. Und ich da irgendwie auch einen gewissen, leicht erschreckenden, Festivalpragmatismus rauslese, bei dem ich mich frage, ob Du nicht lieber mal wieder ganz normal ins Kino gehen solltest. 😀

    Aber Du hast Recht, ich habe den Text wenige Minuten nachdem er online ging gelesen, also die Unrated Version. 🙂

  9. Andreas on Juni 27th, 2011 at 14:53

    @Schwanenmeister
    Exploitation meinetwegen in der Prämisse, aber m.E. nicht in der Umsetzung, die mir viel zu sehr nach Hochglanz, Ambition und in der Verschachtelung nach Arthouse schielt. Aber in der Tat, da lässt sich bestimmt vortrefflich darüber streiten, wenn auch im Moment vermutlich keiner von uns beiden die nötige Zeit, Ruhe und Lust dazu hat. 🙂

    @Rajko
    Och, ein gewisses Maß an Pragmatismus wird einem ja so oder so abgenötigt, davon ist gerade deine Filmauswahl ja gewiss nicht frei. Und normal ins Kino gehe ich ja durchaus regelmäßig, auch in neue Filme, und durchaus auch mal mit nicht Hardcore-Cinephilen. Aber angesichts des oft doch eher dürftigen und vor allem wahnsinnig lückenhaften regulären Angebots, wo schlichtweg viele spannende Sachen nie oder nur stark verspätet in Erscheinung treten (dass man jenseits von Berlin auch nur einen Teil der Filme in OV/OmU sehen kann, kommt noch hinzu), sind die Festivalexzesse halt letztlich alternativlos, wenn man sich für eine weite Bandbreite von Kino interessiert und die Filme eben auch tatsächlich im Kino sehen möchte. Und auch wenn das paradox anmuten mag, sorgt so eine intensive „devoted to cinema“-Woche 😉 sogar dafür, dass ich mich nach Jahren rückblickend durch ein solches „Erinnerungsumfeld“ trotz des tendenziellen Overkills tatsächlich nicht selten besser und lebhafter an Filme erinnere, die ich im Festivalmarathon gesehen habe, als an andere, die ich ganz entspannt mal einzeln an irgendeinem Abend sah. Seltsames Phänomen. Mag aber (wobei ich es durchaus auch schon von anderen gehört habe) auch mit spezifischen Dispositionen meinerseits zusammen hängen 😀

  10. Sano on Juli 24th, 2011 at 20:53

    Habe jetzt, nachdem mit dem letzten Rückblick-Posting deine Festival-Schau wohl komplett ist, auch mal genauer in den Vorbericht geschaut (sprich: ihn komplett gelesen) und ihn sehr genossen. 🙂 Ich bin ja zur Zeit fast ein kleiner Festival-Abstinenzler geworden, und meine notorische Dauerunlust auf hiesige Großveranstaltungen hast du zumindest teilweise wieder lockern können. Vielleicht schau ich nächstes Jahr in München ja wieder rein. Die Tortur des Vorab-Aussuchens kenne ich ja zur Genüge (und das konnte bei mir in der Vergangenheit auch durchaus mal 20 bis 30 Stunden dauern, bis die Finale Auswahl endlich getroffen war). Daher schätze ich es umso höher ein, dass du noch Lust und Muße fandest einen längeren Text dazu zu verfassen.

    Ich muss jetzt nach dem Lesen auch gestehen, dass ich deine Vorschau nicht als (zu) lang, ausufernd und zerfahren empfand, sondern für deine Verhältnisse schön knapp und präzise gehalten. Im Nachhinein hätte ich mir sogar noch mehr Infos gewünscht. Der Text liest sich so gut (und die teilweise verlinkten Trailer sind wirklich größtenteils klasse!!), dass ich in der vorliegenden Form gerne alle deine Gedanken zum Programm vernommen hätte. Da ich von den meisten Titeln noch nie was gehört habe, und ich deinen Geschmack äußerst schätze, gehöre ich wohl definitiv zu den von dir erwähnten 4,5 Lesern, die solche Textergüsse zu würdigen wissen. Außerdem habe ich ja mit Texlängen grundsätzlich kein Problem. Man muss sich zum Lesen eben einfach ein bisschen Zeit nehmen. 😉

    Bin jetzt gespannt auf deine weiteren Artikel aus und zu München. Wie gesagt wollte ich vorher nicht tiefer in die Materie einsteigen, da ich ja dieses Jahr selbst nicht am Festival teilnehmen konnte, und ich daher nur unnötig Lust bekommen, und womöglich ungeduldig auf weitere Beiträge deinerseits gedrängt hätte. 🙂 Empfehlen kann ich dir so jetzt zwar nichts mehr (wie gesagt habe ich die letzten jahre aber zunehmend auch keinen Plan mehr vom Weltkinogeschehen), aber OCA hast du ja zum Glück gesehen. Da wurde ich ja auch schnell neidisch, nachdem ich in den letzten Monaten oft über Lobpreisungen gestolpert bin (nicht zuletzt über einen tollen Text in der slowenischen Filmzeitschrift Ekran, sowie die 2010 Top Ten Liste von Olaf Möller, auf der Skafars Film zu finden war).

    Zur (Kategorisierungs-)Diskussion habe ich hingegen nicht viel beizutragen. Festivalpragmatismus setzt automatisch irgendwann ein, und ihn abzuschütteln dürfte zu den schwersten Aufgaben im Leben eines Cinephilen gehören. Und da ich ja jetzt durch mein Warten wohl tatsächlich nur die „entschärfte“ Variante des Artikels kenne, liest sich die bei solch einem zusammenfassenden Text von dir angesprochene zwangsläufige Verknappung für mich in keinster Weise problematisch. Wir haben bei bestimmten Ansichten aber eben auch große Schnittmengen – auch wenn du meinen Arthouse-Artikel ja seinerzeit problematisch fandest. 😉

  11. Andreas on Juli 27th, 2011 at 01:33

    Danke für die freundlichen Worte. Liest man natürlich gerne, nachdem sich der Aufwand zunächst erstmal ziemlich irrwitzig und unverhältnismäßig anfühlte. Aber im Endeffekt ist so eine Vorschau ja tatsächlich auch nicht nur für Filmfestzuschauer durchaus ganz interessant, weil die meisten Filme ja früher oder später wieder auftauchen, ob auf anderen Festivals, im regulären Startplan oder im Heimkino. Und wenn du gleichzeitig wieder mehr Lust auf Festivals bekommen hast, ist das ja ein schöner Nebeneffekt. Aus den bereits gegenüber Rajko genannten Gründen lohnt es sich eben – wenn man nicht gerade großes Pech mit der Auswahl hat oder sonstiger Stress hinzu kommt – meistens doch, Christoph war dann ja trotz aller Strapazen und Vorbehalte am Ende doch extrem angetan, auch wenn er dabei natürlich ungeniert von meiner Vorarbeit profitiert hat. 😉 Noch länger wäre aber ausformuliert dann echt nicht mehr zu machen gewesen, ein bisschen Schlaf und Entspannung waren gerade in den Tagen vorm Filmfest dann schließlich doch nicht ganz unwichtig…

    An die 2010er Liste von Olaf Möller habe ich dummerweise erst nach dem Festival wieder gedacht und reingeschaut, sonst hätte ich wohl doch noch irgendwie versucht, SODANKYLÄ FOREVER in den Zeitplan einzubauen. Nunja, man kann halt doch nie alles mitnehmen, egal wie gründlich man vorgeht. Dass dort auch OCA gelistet war, hatte ich auch vergessen, aber den ja zum Glück auch so gesehen. Bislang und erst recht nach einsetzender Nachwirkung mein Lieblingsfilm des Jahres, an dem auch so leicht nichts mehr vorbei kommen dürfte. Wenn es dabei bleibt, wäre es nach SKY CRAWLERS und PORTUGUESE NUN gleich mein dritter Jahresfavorit in Folge, den ich beim Filmfest München gesehen habe. Allein das spricht fürs Filmfest, auch wenn alle drei Filme genau genommen Überhänge aus dem Vorjahr waren (also jeweils schon im vorherigen Jahr ihre Premiere hatten), aber bei nur einmal im Jahr stattfindenden Veranstaltungen ist das ja zwangsläufig in vielen Fällen so, weshalb ich da bei der Jahresliste eben auch bewusst nicht (nur) nach Produktionsjahren gehe, weil das nur unnötig gegenüber dem tatsächlichen eigenen Sichtungsjahr verzerrt. Das bringt’s m.E. erst mit etwas Abstand, wobei ich reguläre Kinostarts aus dem Vorjahr oder Vor-Vorjahrespremieren dann doch rauslasse. Aber das siehst du ja tendenziell ähnlich bzw. eher sogar noch lockerer.

    Bei den Trailern habe ich überwiegend übrigens nur die verlinkt, die auf der Filmfesthomepage nicht oder falsch verlinkt waren (es gab also durchaus noch einige weitere lohnenswerte, auch wenn viele natürlich auch eher uninteressant waren, von einigen unbedingt hervorhebenswerten Ausnahmen wie CASSANDRAS WARNUNG und AMERICAN TRANSLATION abgesehen, die für heutige Trailer-Verhältnisse schier unfassbar gut waren. Beide kann man übrigens bereits im August (wieder) sehen, ersterer hat seine Fernsehpremiere, zweiterer läuft auf dem Fantasy Filmfest.

    Allzu viel habe ich im Endeffekt übrigens beim Text gar nicht „entschärft“ (bei den Indies den Vermerk „Was natürlich nicht unbedingt die Schuld der Reihe ist, sondern auch einfach mit dem Angebot zusammen hängt“ ergänzt – was letztlich wohl auch hinkommt und vielleicht eher die Notwendigkeit der Reihe als ihre Auswahl in Frage stellt -, bei den Franzosen auch eine kleine Relativierung, und sonst noch ein, zwei etwas vage Vermutungen entfernt, z.B. dass der ETERNITY-Trailer einen eher betulichen, epigonalen Eindruck macht, was sich beim kurzen Reinschauen in der Kabine jedoch tendenziell bestätigt hat, wobei der im Zweifelsfall dann im Kino sicher besser wirkt – vielleicht bei anderer Gelegenheit), der grundsätzliche Tenor und Stil blieb auch an den entsprecheden Stellen auf jeden Fall erhalten. Vielleicht klärt sich ja irgendwann noch genauer auf, was Rajko konkret gestört hat, weil ich es unter den geschilderten Vorausetzungen eben auch nicht wirklich nachvollziehen konnte.

    Hinsichtlich des Arthouse-Artikels musst du mich aber mit Alex P. verwechseln, der damals ja eigentlich noch eine Gegenposition dazu formulieren wollte. Ich kann dem Artikel eigentlich in praktisch allen Punkten nur zustimmen. „Arthouse“ ist zumindest im deutschsprachigen Raum für mich auch längst ein kontaminierter Begriff, wie sich ja auch an den Filmfesttexten zeigt, im Notfall weiche ich dann lieber auf die jeweils allerdings auch nicht so wirklich glücklichen Bezeichnungen „Kunstfilm“ oder „Autorenfilm“ aus, um zumindest eine Abgrenzung zum mit „Arthouse“ assoziierten „Förderkino“ – vielleicht der bessere Begriff für das, was heutzutage leider das Programm in sog. „Arthaus-“ oder „Programmkinos“ dominiert (auch wenn man dabei natürlich nicht unterschlagen sollte, dass neben einigen der schlimmsten auch einige der besten Filme nur durch Förderung überhaupt zustande kommen) – zu schaffen. Problematisch vielleicht höchstens die aus dem „Befund“ abzuleitenden Folgen und Fragen, also welche „Forderungen“ und Konsequenzen sich da überhaupt aus einer Minderheitenposition formulieren und stellen können/dürfen/sollen – das ist eben der Fluch bei einem so finanzintensiven Medium wie Film/Kino. Eben auch dieses ganze Förderthema, wie es in Lemkes polemischer Förderabschaffungsforderung aus den weitgehend richtigen Gründen zu einem falschen, allzu pauschalen Schluss geführt wurde. Aber das sind die Detailfragen, die eher beim Artikel selbst zu diskutieren wären und die ich dort auch nach Alex‘ Stellungsnahme einbringen wollte, aber nachdem die nicht kam, wurde es bei mir irgendwie auch mal wieder nichts…

  12. Sano on Juli 28th, 2011 at 22:19

    Jaja, immer diese Ausreden. Schlaf und Entspannung gibts doch während dem Festival auch nicht. Da muss man sich doch im Gegenteil rechtzeitig vor dem Filmfest eher mit Schlafentzug darauf eizustellen versuchen. 😉 Aber ich bin ja wie gesagt auch mit diesem kurzen Vorschaubericht sehr glücklich geworden. 🙂

    Schön, dass die Filme nicht alle in der Versenkung verchwinden. Das Fantasy Filmfest werde ich mir dann dieses Jahr vielleicht tatsächlich mal im Gesamten genauer ansehen können, und einen festen Kandidat hab ich dank dir jetzt auch schon. Wann und wo ist denn dann die fernsehpremiere von Cassandras Warnung [hoffentlich in OmU]? Den graf hab ich mir ja schon im Terminkalender notiert (juhu, meine Freundin hat Fernsehen), auch wenn die 7 Minuten fehlen. Habe dann zumindest eine Ausrede, wenn er mir nicht so munden sollte wie dir und Christoph. Der Trailer sieht aber wieder mal gewohnt großartig aus.

    Möllers Top 10 habe ich gerade heute im neuen SigiGötz-Entertainment wieder gelesen, und der einzige Titel der mir völlig rätselhaft blieb war eben der von dir erwähnte SODANKYLÄ FOREVER. Klingt ja eher nach etwas Ungenießbarem, oder einer Teenieschmonzette… In München habe ich 2009 und 2008 aber auch einige meiner favoriten gesehen: meine No.2 2008 [HAFEZ], sowie numero uno und numero due 2009 [SKY CRAWLERS und TWO LOVERS] . Das spricht wohl tatsächlich zumindest teilweise für München. 😉 Bin ja gespannt, ob du und Christoph am Jahresende dann mit OCA eventuell tatsächlich die gleiche Nummer 1 haben könntet. Bei uns hat es ja letztes jahr hingehauen, und vielleicht krieg ich den Film dieses Jahr auch noch irgendwie zu sehen. 🙂

    Deine Vorschau hätte sich also auf jeden fall weniger polemisch gelesen als mein Arthouse-Text? Dann kann ich den Rajko auch schwer verstehen. Bei mir hat er damals ja schließlich auch nicht rumgemeckert. Sorry, dass ich dich in der Erinnerung mit in einen Topf mit den Unzufriedenen verfrachtet habe. Erinnere mich aber irgendwie an eine Woge der Ärgernis seitens Eskalierende Träume. Vielleicht hab ich aber auch nur meine eigenen unzufriedenheit mit dem etwas (zu) polemisch-oberflächlichen Text einfach auf euch alle projiziert. Schade aber, dass Alex P. keinen Gegenentwurf mehr produziert hat. An seine Ablehnung kann ich mich noch sehr gut, an die Argumentation aber nur noch vage erinnern. Ich glaube aber ich musste ihm dann zumindest innerlich (zähneknirschend) recht geben. 😉

  13. Andreas on August 15th, 2011 at 03:22

    Nach deiner folgenreichen Totalabschlaffung bei der (nicht zuletzt deshalb wohl deiner vorerst letzten) Berlinale im letzten Jahr werde ich mich hüten, dahingehend auf deine Ratschläge zu hören. 😉 Gerne bin ich aber wiederum beim nächsten Festival oder ähnlicher Gelegenheit auf eine Demonstration deinerseits gespannt, wie ausgehend von meinem „kurzen“ Beitrag denn dann eine richtig lange Vorschau auszusehen hätte 🙂

    Den zweiten Absatz verstehe ich ehrlich gesagt nicht ganz. CASSANDRAS WARNUNG ist doch der Graf?! Und wieso OmU?! Soo schlimm ist der leichte bayerische Akzent in dem Fall dann auch wieder nicht… 😉

    Mit der SODANKYLÄ-Vermutung bist du doch etwas auf dem Holzweg, die kurze Filmfest-Beschreibung dürfte schon mal etwas Licht ins Dunkel bringen. Klingt schon nicht uninteressant. Nachdem ich irgendwo aber auch was von übermäßigen „talking heads“ gelesen habe, hält sich das Bedauern über die verpasste Leinwandgelegenheit vorerst eher in Grenzen. Nachdem das Ganze wohl ursprünglich fürs finnische Fernsehen entstand, könnte es halt höchstens mal wieder dauern, bis der Film wieder irgendwie auftaucht, sofern nicht ein paar fernsehende finnische Cineasten für Verbreitung sorgen.
    SKY CRAWLERS war ja schon wieder vorletztes Jahr, und nachdem es nach den 2009er Entdeckungslisten auf dem Blog ja dann mit den Jahreslisten seinerzeit nichts mehr geworden ist, blieb unser gleichlautender Favorit etwas im Verborgenen. Nachdem Christoph und du ja wiederum letztes Jahr mit dem RÄUBER den gleichen Spitzenreiter hattet, würde sich der Kreis natürlich sehr schön schließen, wenn diesmal Christoph und ich den gleichen Favoriten hätten. Gegen OCA spräche bei Christoph aber wohl, dass seine Sichtung aufgrund eigener Verfassung und umsitzender Leute nicht ganz optimal verlief. Weiß jetzt aber auch gar nicht, ob sich unter seinen Münchner 10/10-(24)-Kandidaten ein Spitzenreiter heraus kristallisiert hat, zumindest während des Festivals schien mir seine Tendenz leicht zu Reichardt zu gehen, aber das mag jetzt mit etwas Abstand ohnehin schon wieder ein wenig anders aussehen.

    An diese „Woge“ kann ich mich gar nicht erinnern oder habe sie schlicht nicht mitbekommen, eigentlich war mir nur Alex‘ Unzufriedenheit bekannt, kann mich an die Argumentation aber auch nicht mehr genauer erinnern. Und ja, meine Vorschau war auch in der Erstversion durchaus nicht vergleichbar polemisch, das waren wirklich nur ein paar Spitzen, die aber an der jetzigen Aussage des Textes außer einer Zuspitzung an wenigen Stellen nichts groß geändert haben.

  14. Sano Cestnik on August 20th, 2011 at 14:58

    Das mit den „kurzen“ und „langen“ Texten war natürlich nur ironische Polemik. 😉 Wie du sagst, bin ich mit meinen Ultralangen Plänen und Vorhaben die letzten jahre ja konsequent gescheitert. Aber wie man vielleicht mit Christophs kommenden München-Fragmenten merken wird, sind solche Konzepte dennoch nicht immer grundsätzlich zum Scheitern verurteilt. Wer weiß, ob ich so etwas also nicht doch noch einmal in Angriff nehmen werde. 🙂

    Beim Graf bin ich wohl irgendwie kurzzeitig verwirrt gewesen, und meine unsinnige SODANKYLÄ Bemerkung bezog sich rein auf dein Titel. Der von dir verlinkte kurze Filmfest-Text klingt aber nicht weniger angsteinflössend. Dass der Film hierzulande irgendwann auftaucht halte ich aber allein wegen der scheinbar zahlreich vertretenen Prominenz für aussichtsreich. Werde mir dann ein Urteil erlauben, da ich jeder Empfehlung von Möller grundsätzlich freudig entgegenblicke.

    An dieser Stelle möchte ich aber vor allem die sich bietende Gelegenheit nutzen, um darauf hinzuweisen, dass WIR ja auch mal DA HIN fahren könnten. Wollte schon ewig mal zu diesem wohl sehr speziellen Festivalerlebnis reisen, und angesichts deiner ständigen Festival-Schlafstörungen (wobei es da natürlich gelegentlich noch andere Kandidaten gibt, mich eingeschlossen), wäre das doch die ideale Bühne für einen ultimativen Kampf zwischen Vernunft und Verlangen. 😀

    Ach ja, wir haben schon 2011… da sieht man hinsichtlich deiner Auflistung aber nur wieviele Überschneidungen sich in unser aller Jahreslisten im Endeffekt dann doch immer wieder ergeben. Habe nach der ganzen Top ten Unlust der letzten Jahre aber überraschend wieder neue Motivation für kommende Erstellungen bekommen. Mal schauen ob da gegen Jahresende dann nicht doch noch verschollen geglaubte Top Tens von 2009 und 2010 auftauchen. 😉

  15. Andreas on August 31st, 2011 at 01:19

    Finnland ist ja nicht gerade um die Ecke, und das letzte Programm sieht auf den ersten Blick jetzt auch nicht so weltbewegend aus – aber als Gesamtveranstaltung (und als Reiseziel) dürfte das schon faszinierend sein, ja. Und die Filmfest-Beschreibung ist halt auch etwas in jenem Plauderton gehalten, den sie hinsichtlich des Films lobt 😉 Die Prominenz der Interviewpartner müsste sich eigentlich tatsächlich hinsichtlich der Verfügbarkeit bemerkbar machen, da hast du schon Recht.

    Meine 2009er Liste ist wegen unseres allgemeinen Jahreslisten-2009-Scheiterns dann auch bis heute nicht auf dem Blog gelandet, und irgendwie habe ich es auch versäumt, sie wie Alex P. dann 2010 im Listenposting mitnachzuliefern. Muss ich dann schon aus archivarischen Gründen irgendwann nachholen und am besten einfach die unbearbeitete Version von damals nehmen, wie ich sie in Foren gepostet habe. Als Schnappschnuss-Zeitkapsel ist das sowieso am interessanten, jetzige Veränderungen wären da nur etwas verzerrend, zumindest solange man noch das tatsächliche Sichtungsjahr (und nicht das reine Produktionsjahr) im Blick hat. Auch Dekadenlisten wären jetzt, über anderthalb Jahre nach dem allgemeinen Hype, langsam vielleicht wieder interessant und mittlerweile auch der zeitliche Abstand erreicht, um überhaupt sinnvoll den Fokus auf das Produktionsjahr – also 2000 bis 2009 – zu richten (dauert halt doch mindestens bis Ende 2010, bis die meisten 2009er Filme wirklich Verbreitung finden, in manchen Fällen noch deutlich länger). Was natürlich trotzdem nicht heißt, dass man nicht weiterhin das Gefühl hätte, dafür erstmal noch Unmengen nachholen zu müssen, wozu man natürlich mal wieder auch die vergangenen anderthalb Jahre fast gar nicht genutzt hat 😉

  16. Sano Cestnik on September 2nd, 2011 at 23:47

    Ich denke in diesem einen Fall würde wohl tatsächlich der Veranstaltungsort eine Anreise rechtfertigen. Wenn nie die Sonne untergeht UND 3 Tage lang Filme rund um die Uhr gezeigt werden – wie viele Filme könntest du dann hintereinander schauen… 😉

    Der Listenwahn ist eben so eine Sache. Mal packt es einen, mal kann man gar keine Listen mehr sehen. Das wird dann wohl spontan etwas – oder gar nicht. Aber ne Archivarische Nachreichung (zumindest in der Listensektion) wäre in der Tat sinnvoll. Darauf wird es dann wohl trotz aller zwischenzeitlichen Lustaufkommen auch bei mir hinauslaufen.

  17. Andreas on September 3rd, 2011 at 01:08

    Sowas ähnliches haben wir ja vor rund vier Jahren mal bei dir versucht in jener mit Abstand irrwitzigsten aller Filmnächte, die abends mit OPFER begann und dann über Nacht und Tag hinweg bis zum darauffolgenden Abend weiterging… 😉 Aber bei mehreren Tagen hintereinander müsste man schon ernsthafte Folgeschäden befürchten, da würde wohl auch ein gelegentliche Nickerchen im Sessel nicht viel helfen. Wobei es genau genommen an den meisten Tagen dann in den Morgenstunden sowieso doch eine manchmal sogar recht lange Unterbrechung gibt, zumindest im diesjährigen Programm

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