Vorschau Filmfest München: SHIT YEAR (Cam Archer)
SHIT YEAR ist ein Film des amerikanischen Independentregisseurs Cam Archer, sein zweiter Spielfilm nach dem von Gus van Sant produzierten WILD TIGERS I HAVE KNOWN, der 2006 seine Premiere auf dem Sundance Festival feierte. Seitdem entwickelte der Film sich zu einem kleinen Independent-(Festival-)Hit, der im Juni 2008 von Salzgeber sogar einen kleinen deutschen Kinostart und eine anschließende DVD-Veröffentlichung spendiert bekam. Näheres zu TIGERS hier und hier, einen ersten Eindruck vermittelt auch der Trailer:
SHIT YEAR (zu dem es leider noch keinen Trailer gibt) scheint noch einmal ein ganzes Stück experimenteller geworden zu sein. Der Film wurde auf 16mm und in Schwarz-Weiß gedreht und handelt, so liest man, von einer erfolgreichen Schauspielerin, die ihre Karierre aufgibt und sich in ihre Haus in die Berge zurückzieht – und in der dortigen Isolation feststellt, dass sie mit ihrer Schauspiellaufbahn auch sich selbst aufgegeben hat.
Oder wie Archer selbst es im Interview mit dem „Filmmaker Magazine“ äußert:
„After making Wild Tigers I Have Known, the first [movie], I started to feel disenchanted by the creative process. I started thinking, what would it be like if I stopped making art. How would that affect my identity? Would I now mean something else? Do I define my work, or does my work define me? Could I exist without it? What I am getting out of it any more? I started to feel that it was losing the thrill that it once had [for me]. I had been obsessed, and I was starting to feel burdened, and that was shitty. I knew I didn’t want to make a movie about a filmmaker [to explore these ideas], but an actress seemed more interesting to me — someone who is already stepping into other identities and removing themselves from themselves. And then I thought, what if that actress is retiring?“ (…) Mehr
Die Hauptrolle in SHIT YEAR spielt Ellen Barkin („played to perfection“ – Variety), die in Deutschland leider nicht so bekannt ist wie in den USA – am Ehesten kennt man sie vielleicht noch aus THE BIG EASY (aber auch aus Solondz‘ PALINDROMES, aus Hills JOHNNY HANDSOME, aus Jarmuschs DOWN BY LAW). Auch mit Blick auf ihre eigene Karriere eine sicher interssante Besetzung.
Jay Weissberg schwärmt in „Variety“ weiter vor allem über die Kameraarbeit:
„Together with d.p. Aaron Platt, he’s [Cam Archer] created a world of striking images that combine elements from such black-and-white photographic masters as Garry Winogrand and Ansel Adams.“
Insgesamt scheint SHIT YEAR in Cannes durchaus gemischt aufgenommen worden zu sein (siehe z.B. Eric Kohn bei Indiewire), es gibt sogar Berichte, dass während den Vorstellungen nicht wenige den Saal verlassen hätten (was in Cannes ja eigentlich nie ein schlechtes Zeichen ist). Für mich klingt SHIT YEAR zunächst aber nach einer sehr spannenden Kombination aus formalem Experimentierwillen und sehr persönlich-reflektivem Inhalt – genug um mir den Film anzusehen.
Links:
SHIT YEAR beim Filmfest München
Ellen Barkin-Porträt der „New York Times“ (von 1993)
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