Neues von… Benedek Fliegauf



Der junge ungarische Regisseur Benedek Fliegauf (Jahrgang 1974) hat zur Zeit einen neuen Spielfilm in Produktion. Ich bin das erste Mal vor ca. vier Jahren auf ihn aufmerksam geworden, als einige interessante Rezensionen und Artikel zu seinem Film Dealer (Ungarn / 2004) erschienen sind. Leider musste ich einige Zeit warten, bis der Film in Deutschland ins Kino kam. 2007 hatte ich fast schon wieder vergessen von Fliegauf gelesen zu haben, als am Ende des Jahres ‚Dealer‘ überraschenderweise doch noch einen ofiziellen Kinostart bekam. Ich habe den Film zweimal in seiner Originallänge(?) von 160 Minuten gesehen (die DVD vom Deutschen Filminstitut ist leider um 25 Minuten kürzer, aber sicher dennoch mehr als nur einen Blick wert), und war nachhaltig beeindruckt.

Fliegauf hat seitdem neben einigen Kurzfilmen auch einen weiteren Spielfilm fertiggestellt, Tejút (Milky Way / Ungarn / 2007), den ich aber leider noch nicht sehen konnte. Sein neuestes Projekt heißt ‚Womb‘ und ist anscheinend eine deutsch-ungarische Koproduktion mit zusätzlichen Geldern aus London und Paris. Eurimages förderte das Projekt im Oktober 2008 mit einer Summe von 440.000 Euro. Geplante Drehzeit war im Oktober und Dezember letzten Jahres. Da die Razor Film Produktion GmbH aus Berlin an dem Projekt beteiligt ist, könnte der Film möglicherweise einen deutschen Kinostart bekommen. Zu wünschen wäre es ihm alle Mal.

Dealer beweist meiner Meinung nach, dass Fliegauf nicht nur einer der begabtesten und ehrgeizigsten zeitgenössischen Regisseure ist, sondern was die Ästhetik und den Rhythmus dieses Filmes angeht auch einer der eigenwilligsten und exzentrischsten. Im Besten Falle also eine singuläre Erscheinung im europäischen Kino, dessen Filme es außerhalb von Ungarn und einschlägigen Filmfestivals noch zu entdecken gibt.

Auf Youtube gibt es als Anregung einen kleinen Ausschnitt aus Dealer zu besichtigen:  Mother’s Grave

Dieser Beitrag wurde am Dienstag, Januar 13th, 2009 in den Kategorien Aktuelles Kino, Blog, Blogautoren, Filmschaffende, Hinweise, Sano veröffentlicht. Sie können alle Kommentare zu diesem Beitrag über den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können diesen Beitrag kommentieren, oder einen Trackback von ihrer eigenen Seite setzen.

5 Antworten zu “Neues von… Benedek Fliegauf”

  1. Alexander P. on Januar 14th, 2009 at 02:20

    Hm, ich habe DEALER ja immer noch nicht gesehen. Warum ist die deutsche DVD denn gekürzt und gibt es ausländische Alternativen dazu?

  2. Christoph Wirsching on Januar 14th, 2009 at 04:52

    Die 160 Minuten-Fassung von DEALER wurde nur auf Festivals gezeigt, alle DVDs weltweit enthalten fatalerweise (da ich mir den Film 25 Minuten kürzer nicht vorstellen kann und will) offenbar nur die 135minütige Fassung, die zwar von Fliegauf so gewollt zu sein scheint, jedoch mir, wie gesagt, unvorstellbar erscheint und in der der Film eigentlich nur schwere Schäden davon tragen kann.
    Allerdings liegt im Archiv hier eine untertitelte VHS mit der Langfassung herum, somit ist also nicht jede Hoffnung verloren, dieses Meisterwerk (und es ist einer der wenigen Filme der letzten Jahre, bei dem ich dieses Wort in den Mund nehme) in voller Länge (leider aber eben nicht in voller Pracht, denn eigentlich muss man ihn sowieso im Kino sehen, mit all seinen dunklen Scope-Bildern) zu genießen.

  3. Sano Cestnik on Januar 14th, 2009 at 16:24

    Wäre interessant zu erfahren, wieso Fliegauf sich entschlossen hat den Film für den DVD Markt zu kürzen – falls ich mit meiner Vermutung richtig liege, dass nicht nur bei Festivalauswertungen, sondern auch bei den Kinostarts auf 35mm, die längere 160 Minuten Fassung zu sehen war. Ich kann mir den Film durchaus kürzer vorstellen, und vielleicht gewinnt er durch die Straffung noch zusätzlich an Intensität. Andererseits möchte ich eigentlich keine Minute missen. Die Bezeichnung Meisterwerk würde ich persönlich wahrscheinlich nicht auf den Film anwenden, was aber nur meinen zu hohen Ansprüchen und persönlichem Geschmack zuzurechnen ist. 😉 Wüde mich aber andererseits wundern, wenn die Bezeichnung nicht bei den Meisten Fuß fasst die den Film gesehen haben. Wirklich ein Ausnahmefilm.

    Vielleicht findet ja jemand ein Interview mit Fliegauf, oder eine andere Information, die Licht auf die Beweggründe für die unterschiedlichen Fassungen wirft?

    Kannst du mir die untertitelte Langfassung mal auf DVD überspielen, Christoph?

  4. Michel on März 7th, 2009 at 20:40

    Die gekürzte Fassung ist die Wunschfassung von Fliegauf. Hab den Film vor 5 Jahren auf der Berlinale gesehen und da hat er das selbst so gesagt, dass es der Film gerne noch um 20 Minuten kürzen möchte und die 160-Minuten-Fassung eher eine Vorabversion darstellt. Ein Grund war wohl unter anderem ein Kontinuitätsbruch gegen Ende bei der Rauschszene, den Fliegauf noch ausbessern wollte.

    Ich kenne nur die lange Version, und auch die liegt schon ein Weilchen bei mir zurück. Daher kann ich nicht wirklich einordnen, was in der Kurzfassung ausgebessert wurde und ob die Korrekturen berechtigt waren, aber ich bin mir absolut sicher, dass Fliegauf damals sagte, den Film noch kürzen zu wollen, weil er nicht damit zufrieden war. Daher war ich dann auch überrascht, als der Film in voller Länge in den deutschen Kinos startete.

    Ich persönlich fand die Laufzeit damals auf jeden Fall berechtigt, weil der Film, je länger er läuft, eine ziemlich intensive und hypnotische Sogkraft entwickelt, besonders durch die beständig langsam um das Geschehen kreisende Kamera. Ich war todmüde, als ich in den Film ging, hatte die erste Dreiviertelstunde arg zu kämpfen, aber dann wurde es irgendwie immer mitreißender.

    Ich meine mich noch erinnern zu können, dass Fliegauf damals sagte, irgendwelche authentischen Erfahrungen verarbeitet zu haben. Ich weiß aber nicht mehr, ob es seine eigenen waren.

  5. Sano Cestnik on März 7th, 2009 at 21:11

    Wow, krass. Ja, der Film ist sehr heftig, und unter dem Gesichtspunkt persönlicher Erfahrungen bekommt er noch eine zusätzliche Tiefe. Ich fand vieles sehr intensiv, vor allem die Szenen der zunehmenden Vereinsamung des Protagonisten…

    Da mir der Film bei der ersten Sichtung nicht so ganz gefallen hat (irgendwo ab der Mitte war er mir zu konstruiert), und erst beim zweiten Mal für mich funktioniert hat, wäre der Director’s Cut wohl vielleicht noch eine Offenbarung. Aber die entfallenen Szenen hat man dann doch immer irgendwie im Kopf.

    Ich beneide dich, den damals mit Fliegauf persönlich gesehen zu haben. Hat er denn sonst noch was dazu angemerkt?

    Danke für die Klärung!

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