Filmfest München 2011: Kurzkommentare (2)





Wie schon befürchtet, wurde es nach dem ersten Versuch dann leider doch nichts mehr mit weiteren Kurzkommentaren während des Festivals. Dass es überhaupt zumindest einmal geklappt hat, verdankt sich in erster Linie auch nur dem Umstand, dass ich am entsprechenden Tag unerwartet und ungewollt viel früher als geplant aufgewacht bin. Ansonsten waren die anderen Tage von früh bis spät mit Sichtungen verplant, hin und wieder zwar mit angenehmerweise etwas längeren Pausen für Essen, etwas Entspannung und das ein oder andere Gespräch mit alten und neuen Bekannten, aber an schriftliche Ergüsse war da, zumal ohne technische Voraussetzungen, nicht zu denken. Und wenn dann spätabends und morgens zudem noch Anfahrtszeit drauf geht, ist man in erster Linie froh, wenn man überhaupt etwas Schlaf abbekommt. Alles andere kommt danach.
Daher nun rückblickend nochmal ein paar diesmal eher lose als Fließtext gebündelte Notizen, die meinerseits noch von einem weiteren Kurzkommentare-Beitrag sowie einem Fazit-Listen-Beitrag gefolgt werden, und darüber hinaus hoffentlich auch noch von einem in Arbeit befindlichen längeren Rückblick von Christoph.

Zunächst einige Worte zur Sektion Neue Deutsche Kinofilme, die diesmal in der Breite doch einen ungewohnt interessanten Eindruck machte. Verpasst habe ich leider DER FLUSS WAR EINST EIN MENSCH, ANNA PAVLOVA LEBT IN BERLIN und JASMIN, von denen durchaus Gutes zu vernehmen war. Fünf andere habe ich dafür gesehen, von denen drei ausgesprochen sehenswert waren.
HEADSHOTS von Lawrence Tooley ist tatsächlich ein Film, der etwas wagt, und dabei einiges gewinnt – sowohl als bissige Farce über das Selbstverständnis des zeitgenössischen Szene-Künstlermilieus, als experimentelle Erforschung einer psychologischen Krisensituation und als Berlin-Film, der die Stadt auf eine Weise filmt, wie selten in einem deutschen Film eine deutsche Stadt gezeigt wurde.
DIE RÄUBERIN von Markus Busch wagt sich dagegen aufs Land mit der Geschichte einer Mittvierzigerin, die einem Jugendlichen auf verschiedene Weise näher kommt. Neben der Auslotung der Verhaltensmuster aller Beteiligten, wobei die Figurendynamik der Dorfgemeinschaft in einer völlig unglaublichen bäuerlichen Home-Invasion-Szene gipfelt (die man gesehen haben muss, um sie zu glauben), gelingt es ihm dabei in seinen besten Momenten mit einem fast Tagebuch-artigen, skizzenhaften Stil die Flüchtigkeit eines ungelebt zu verstreichen drohenden Lebens und die Gegenwärtigkeit letzter Chancen in prägnante Bilder gerinnen zu lassen.
UNTEN MITTE KINN von Nicolas Wackerbarth stellt den raren Fall einer gelungenen deutschen Komödie dar, was aus dem Umfeld der Berliner Schule umso mehr überrascht. Obwohl ernste Töne und das Austragen von Konflikten nicht gescheut werden, ist es vor allem ein wahnsinnig unterhaltsamer Film, dessen fabelhafte Darsteller so überzeugend agieren, dass der im Publikum vorgebrachte Vorwurf von Klischeefiguren hinter der Spielfreude der Darsteller verschwindet und es nicht zuletzt erhebliches Vergnügen bereitet, den Schauspielern als Schauspieler einer Schauspielschule beim spielen zuzusehen.
Enttäuschend dagegen der beim Förderpreis gleich doppelt prämierte KRIEGERIN, der zwar in der Tat ebenfalls überzeugend gespielt ist, ansonsten aber nur in der Inszenierung der Neonazi-Gemeinschaft und den Gewaltausbrüchen eine Intensität entwickelt (was als verstörendes Potenzial durch ein aus der Innenperspektive plausibel gemachtes Milieu aber leider ungenutzt bleibt), während die durch die Begegnung der Protagonistin mit einem afghanischen Flüchtlingsjungen einsetzende Läuterung wie aus dem Drehbuch-Baukasten wirkt, ebenso eine Rückblende auf den der kleinen Kriegerin im Strandkorb seine Version der deutschen Vergangenheit eintrichternden Großvater.
Für den absoluten Tiefpunkt war dann allerdings FRANKFURT COINCIDENCES zuständig, nicht unbedingt überraschend, aber manchmal siegt dann doch die Neugier, wenn ein Trailer dermaßen haarsträubend und in seiner Ungeheuerlichkeit geradezu unfreiwillig selbstparodistisch daher kommt. Leider entspricht der Film quasi einer gestreckten Version des Trailers, und was dort in hochkonzentrierter Form noch unfreiwillig für ungläubiges Staunen sorgt, wird auf (zum Glück gnädig knapp gehaltener) Spielfilmlänge dann zu einem fürchterlich banalen Klischeefiguren-Geflecht, wobei sich, selbstverständlich, die Wege der Figuren darin kreuzen, auseinander gehen und wieder zusammen geführt werden. Schlimmster kunstgewerblicher Ethnokitsch-Arthaus-Schlock aus dem Bilderbuch. HELL, bei dem Christoph Höllenqualen gelitten hat, habe ich nicht gesehen, kann mich aber grundsätzlich nur darüber wundern, wie man den Regie-Förderpreis auch ungeachtet der offenbar eher zweifelhaften künstlerischen Leistung ausgerechnet an einen solchen Film vergeben kann, der mit Roland Emmerich als ausführendem Produzenten und Paramount als Kinoverleih bereits ein Maß an Unterstützung im Rücken hat, von denen die allermeisten Preiskonkurrenten nur träumen können, während ihnen mit einer Auszeichnung dementsprechend weit mehr geholfen wäre.

Mit Dominik Grafs POLIZEIRUF 110: CASSANDRAS WARNUNG lief der bislang beste deutsche Film des Jahres (und die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering, dass er das auch bleiben wird) dann jedoch ausgerechnet in der Reihe der Deutschen Fernsehfilme, um deren sonstige weitgehend ziemlich schreckliches versprechende Vertreter (lediglich der Steinbichler-POLIZEIRUF hätte mich noch interessiert) ich ansonsten einen weiten Bogen gemacht habe. Eine paradoxe Ironie außerdem, dass alle fünf von mir gesehenen deutschen Kinofilme digital gedreht und projiziert wurden, während Grafs die üblichen Grenzen dieses Begriffs freilich weit hinter sich lassender Fernsehfilm als einziger wirklich auf Film gedreht war, wobei im Gegensatz zur KOMMISSAR SÜDEN UND DER LUFTGITARRIST-Vorführung vor einigen Jahren diesmal trotz DigiBeta auch die Projektion sehr positiv überraschte und die körnigen Super16-Bilder gut zur Geltung brachte.
Alles andere wäre der fraglos Kinoformat besitzenden Bildsprache des Films auch unwürdig gewesen, denn mit CASSANDRAS WARNUNG hat Graf (und sein Autor Schütter) den entschiedensten Schritt in seiner kontinuierlichen Aneignung des exploitativen italienischen Genrekinos vollzogen: zeugten viele seiner letzten Arbeiten bereits von Bewunderung und enthielten inhaltliche und formale Reminiszenzen, so liegt hier im Gewand des Fernsehkrimis tatsächlich eine mit haufenweise münchnerischem und oberbayerischem Lokalkolorit mühelos in Einklang gebrachte Mischung aus Poliziesco und vor allem Giallo in italienischer 70er-Jahre-Tradition vor, die mit einem herrlich entfesselten Sleaze-Drehbuch von Günter Schütter, mit rasender Kamera, einem mehrmals die Kinderchöre aus Ennio Morricones Soundtrack zu Aldo Lados WHO SAW HER DIE? samplender Musikuntermalung, andeutungsweisen Fulciesken Goreszenen und einem schwarz maskierten Killer in Zeitlupen-Aktion den Genrefreund aufs Schönste verwöhnt. Ein Film, so dicht und so randvoll mit kleinen Details, dass man auf nichts verzichten möchte und sich mit dem Gedanken an die Fernsehfassung, die um sieben Minuten gekürzt sein wird, nicht recht anfreunden mag. Bei all den wunderbar schmissigen Szenen, blendend harmonierenden Schauspielern und hinreißenden inszenatorischen Vignetten könnte man ausführlich ins Schwärmen kommen. Nachdem Christoph sich dem Film allerdings demnächst noch eingehender widmen wird, belasse ich es vorerst bei diesen Zeilen.



Grafs Film steht dabei stellvertretend für die erfreuliche Tendenz, dass in diesem Filmfest-Jahrgang sowohl an den Fronten Autorenfilm, Genrefilm als auch im zum Glück auch heutzutage noch nicht gänzlich ausgetrockneten Sleaze-Bereich gleichermaßen tolle Filme aufzuspüren waren.
Zu den Entdeckungen der zweiten Kategorie gehörte neben CASSANDRAS WARNUNG auch der französische AMERICAN TRANSLATION, eine mit entwaffnender Selbstverständlichkeit inszenierte Kreuzung aus Amour fou und Serienkiller-Roadmovie, wie es so nonchalant, erotisch aufgeladen und auf jede Moralisierung verzichtend schon lange nicht mehr zu sehen war. Ebenso beeindruckend der Genre-sprengende griechische BLACK FIELD, dessen aufgestaute Sehnsüchte der Protagonistin sich im Nunploitation-Part der ersten Hälfte in einer phantasierten Orgienszene, in der sich die versammelten Nonnen über den von ihnen gepflegten verletzten Soldaten hermachen, als feuchter Traum entladen. Was im Grunde ein Spoiler ist, aus dem aber auch der Film nicht lange ein Geheimnis macht und in der zweiten Hälfte dann ganz offen zur naturmystischen queeren Liebesgeschichte wird, in der Tat irgendwo zwischen Malick, Tarkowski und Jarman.
Die andere Seite der Madaille dann allerdings Álex de la Iglesias wüstes Bildragout BALADA TRISTE DE TROMPETA, das immer dann anfängt Spaß zu machen, wenn sich Momente reinen Unsinns und selbstzweckhafter Gewalt, kurzum ein Hauch unverdünnter Exploitation und Trash, hinein mischen, das aber im Wesentlichen leider in seinem Bemühen, wild, schrill und grell zu sein, letztlich in abgestandenen Inszenierungskonventionen gewollt wilder, schriller und greller Filme stecken bleibt und auch aus seinen allegorischen Bezügen zum Franco-Regime wenig macht. Sein ödes Finale wird aber noch von SENNENTUNTSCHI unterboten, der sich in der letzten halben Stunde derart in die Länge zieht, dass dabei auch eine milde gestimmte Haltung gegenüber dem überkandidelt aufgebauschten, aber zumindest stellenweise recht launigen vorangegangen Geschehen einzubrechen droht. Wen der Stoff interessiert, ist mit Georg Tresslers tollem Spätwerk SUKKUBUS – DEN TEUFEL IM LEIB von 1989 jedenfalls nach wie vor erheblich besser beraten.

Was wiederum letztere Kategorie angeht, kam – auch wenn einige Filme mit unverhofft saftigen Akzenten und Momenten überraschten – im Gesamten nichts an Sion Sonos prall gefülltes Sleaze-Feuerwerk GUILTY OF ROMANCE heran, das vom vollzählig versammelten Hofbauer-Kommando reuelos genossen wurde. Weitere Ausführungen zum Film überlasse ich aber anderen und streife im Vorbeigehen lieber noch einige andere Höhepunkte der asiatischen Sektion, allen voran Hong Sang-Soos meisterhaften THE DAY HE ARRIVES, bei dem die strukturelle Anordnung zugunsten einer sublimen Entfaltung der Interaktion der Figuren verhältnismäßig stark zurück tritt. Darin auch ein melancholischer, großartig beobachteter Film, der gerade in der Neuordnung, Verschiebung, Wiederholung und Variation von Konstellationen und Situationen immer wieder neue Aspekte offenlegt.
Mit dem meditativen, seine langen Einstellungen meist doch sehr atmosphärisch und lebendig ausfüllenden YEAR WITHOUT A SUMMER, und dem die richtige Balance zwischen Stilisierung und Dokumentarischem findenden koreanischen Einwanderer-Ausgrenzungs-Porträt THE JOURNALS OF MUSAN hatte die Fernost-Sektion einige weitere feine Filme zu bieten. Nicht zu vergessen Kim Ki-Duk, der sich nach einer Phase des künstlerischen Stillstands und anschließender Depression mit dem zwar zwiespältigen, letztlich aber doch sehr faszinierenden ARIRANG zurück meldet. Nicht wenige werden das Werk als egozentrisches Suhlen im Selbstmitleid in den Wind schießen, aber überwindet man den ersten Abwehrreflex, nimmt die Radikalität des Films (und damit genau das, was Kim in den vorherigen Werken schon völlig abhanden gekommen schien) dann doch stark für ihn ein. Wie Thomas Willmann es auf Artechock so prägnant ausdrückte: „Es gibt die Momente ungefilterter Verzweiflung – aber der fertige Film ist schonungslos nicht nur in diesen Momenten, sondern auch diesen Momenten gegenüber.“ Tatsächlich überrascht, wie sehr der Film immer wieder die Perspektive verschiebt, und wie sehr er auf den Punkt montiert ist und dadurch kaum Gefahr läuft, sich repetitiv in ausgewalztem Gejammere zu verlieren, sondern beinahe kurzweilig wirkt und in einem herrlich ironisch-bizarr inszenierten finalen kleinen Rachefeldzug gipfelt. Oder anders gesagt: im Zweifel für den (von sich selbst) Angeklagten.

Dieser Beitrag wurde am Samstag, Juli 9th, 2011 in den Kategorien Aktuelles Kino, Ältere Texte, Andreas, Blog, Blogautoren, Festivals veröffentlicht. Sie können alle Kommentare zu diesem Beitrag über den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können diesen Beitrag kommentieren, oder einen Trackback von ihrer eigenen Seite setzen.

14 Antworten zu “Filmfest München 2011: Kurzkommentare (2)”

  1. Schwanenmeister on Juli 10th, 2011 at 10:22

    Da sind sie ja wieder, die Franzmänner! 😉

    Nur ganz kurz und dass es für den großen Aufwand Feedback gibt: Meine kleine Kritik, die generell für den Blog und seine Struktur gilt, lautet, dass die Blockschrift und die spärlichen Absätze das Lesen jeweils zu einer echten Herausforderung machen. Das ist auch ein Problem, dass mich in meinem eigenen Blog immer wieder beschäftigt und u. a. deshalb von Filmkritiken weitgehend abhält.

    Und ich habe mich sehr über deine deutschen Entdeckungen gefreut, die eine angenehm große Schnittmenge mit Rüdiger Suchslands Text haben. Dominik Graf war und ist ja seit Jahrzehnten Lieblingskind der Steadycam’ler gewesen. Und die Tradition lebt weiter. Mir gefällt daran natürlich, dass das heute von dir aus völlig anderen Gründen passiert. Von der italienischen Genregeschichte kamen die Münchner Götzen ja nie.

  2. Whoknows' Best on Juli 10th, 2011 at 11:29

    Ja, ja, ja! Kaum drehen wir Schweizer mal einen wirklich guten Film, schon werden die Deutschen neidisch und behaupten, die letzte halbe Stunde ziehe sich in die Länge…

  3. Andreas on Juli 11th, 2011 at 00:18

    @Schwanenmeister
    Ja, da sind sie wieder, wenn auch notgedrungen zensiert. Gefällt mir aber auch so noch recht gut. Und sobald der interne Bildupload wieder funktioniert, kriegt die arme Lizzie Brocheré dann vielleicht auch endlich ihre Brüste zurück… 😉
    (Mich nervt diese Zensur nicht zuletzt deshalb, weil das entgegen gelegentlicher sonstiger ET- bzw. HK-Präferenzen eigentlich ein Bild ist, das in seiner Nacktheit m.E. nichts schmuddeliges hat.)

    Das von dir angesprochene Problem ist in der Tat nicht von der Hand zu weisen. Beim ersten Kurzkommentare-Beitrag ist das durch die stärkere Trennung der Kurztexte und die fett markierten Titel womöglich besser gelöst, hier habe ich es bewusst mit einem Fließtext probiert und dabei wegen der Dichte der Titel-Nennungen bewusst auf Fettungen verzichtet. Zumindest mehr Absätze wären aber eine Idee, solange der Text dabei nicht zu sehr auseinander gerissen und gestückelt wirkt (EDIT: habe jetzt mal nachträglich innerhalb der Textblöcke einige weitere Absätze eingefügt). Blockschrift gefällt mir persönlich im Erscheinungsbild besser und finde es eigentlich auch angenehmer zu lesen, mag aber Gewöhnungssache oder persönliche Präferenz sein. Wir schauen mal, was sich da vielleicht insgesamt machen lässt… Filmkritiken oder anderweitige rückblickende Berichte oder auch einfach Kurzkommentare (vielleicht mal wieder Lust auf eine Art Sehtagebuch?) würde ich von dir aber trotzdem sehr gerne mal wieder lesen, dann springe ich im Gegenzug in Sachen blogger.de-Anmeldehürde auch endlich mal über meinen Schatten… 🙂

    Auf Suchslands Text komme ich im dritten Filmfest-Beitrag nochmal zurück, weil ich mit seiner abschließenden Forderung gar nicht einverstanden bin. Und was Dominik Graf angeht, bin ich relativ sicher, dass du aus ganz ähnlichen Gründen auch sehr viel Freude an dem Film haben wirst.

    @Whoknows‘
    Die Eidgenossen nu‘ wieder… 😀
    Mit nationalen Rivalitäten habe ich aber eigentlich wenig am Hut, mich überrascht stattdessen eher: du hast den Film gesehen und warst tatsächlich sehr angetan? Als filmisches Schweizer Vorzeigeobjekt finde ich ihn jenseits seines produktionsbedingten Prestigestatus eher ungeeignet. Auch ohne allzu viel von der Schweizer Filmgeschichte zu wissen, finde ich da z.B. einige Filme von Clemens Klopfenstein oder Christian Schochers „Reisender Krieger“ weitaus stärker. Und dann gibt es da ja noch so einige reizvolle Dietrich-Produktionen… Gibt also gar keinen Grund, sich aus vermeintlicher Not an die Tuntschi zu klammern… 😉

  4. Whoknows' Best on Juli 11th, 2011 at 09:04

    Es kostete uns eben sehr viel, unser Tuntschi, wobei wir uns wohl besser nicht darüber auslassen, in welcher Nase der für das Geld ausgegebene „Stoff“ gelandet sein soll. 😉 Und wenn die Schweizer Filme in Richtung Oscar-Gier drehen (siehe Fredi M. Murers „Vitus“, 2006), dann wollen sie dafür auch belohnt werden. Aber ich stimme dir natürlich klammheimlich zu: Ist meistens der grösste Mist…

  5. Schwanenmeister on Juli 11th, 2011 at 21:57

    Ich kann nur für mich sprechen: Ich finde es jetzt wirklich leichter lesbar, auch wenn ich weiterhin mit der Blockschrift auf Kriegsfuß stehe. Wenn man aber bedenkt, wie viel Bedenkzeit schon in die Optik unserer Listen geflossen sind, sollten wir dieses Fass nun wirklich nicht auch noch aufmachen. 😉

    Meinungen und Schnellschüsse gibt es von meiner Seite ja in gewisser Regelmäßigkeit im Unternehmer-Thread zu lesen. Könnte mir aber vorstellen, wenn es zeitlich passt, dass ich dabei sein kann, dass zum Fantasy Filmfest was Größeres im Blog auftauchen wird.

  6. Andreas on Juli 12th, 2011 at 03:11

    @Whoknows‘
    Ja, die Kosten, die Entstehungsgeschichte und die Box-Office-Zahlen meinte ich eben mit „produktionsbedingten Prestigestatus“. Und Oscar-Gier (wobei es in dem Fall eher ein allgemeineres Schielen nach Hollywood ist) tut in der Tat selten gut, bei entsprechenden deutschen Produktionen wie „Der Untergang“ oder „Das Leben der Anderen“ übrigens auch nicht…

    @Schwanenmeister
    Wikipedia meint auch, Blocksatz „fordert das Auge zu hoher Konzentration“ und „gilt als ästhetisch überholt“. Vielleicht also eine Minderheitenpräferenz, die bei uns intern, soweit ich mich erinnere, von Anfang an unhinterfragt Konsens war. Habe mir darüber bisher gar keine großen Gedanken gemacht. Da wäre ein Meinungsbild natürlich schon ganz interessant.

    Ja, der Leichenbestatter war in der Tat bis vor kurzem sicher mit der beste Grund, die alte Heimat nicht aus den Augen zu verlieren. Hoffentlich wird er jetzt durch Pöbeleien und Zeitmangel nicht selbst zur Leiche. FFF wäre natürlich interessant. Und, btw, erfreulich zu sehen, dass es um deinen Internetzugang nun auch im Norden offenbar nicht ganz so schlecht wie befürchtet bestellt ist. 🙂

  7. Schwanenmeister on Juli 12th, 2011 at 21:17

    Längere Texte und alles, was von Wert und Nachhaltigkeit ist, sollte auf Papier erscheinen. Schluss aus. Macht’s halt a Zeitung auf!

  8. Medienjunkie on Juli 13th, 2011 at 11:28

    Blocksatz in Blocks, äh Blogs, finde ich schon eher ungewöhnlich. Und die fehlenden Absätze erschweren das Lesen am Bildschirm bei längeren Texten tatsächlich erheblich.

    Ansonsten freue ich mich jetzt noch mehr auf den neuen Graf-Polizeiruf. Wen’s interessiert: Ich habe neulich für ein neues Zeitschriftenprojekt (http://torrent-magazin.de) ein längeres Porträt über ihn geschrieben. Aber Poliezisco? Ich dachte, das heißt Polizotto :).

    Dem letzten Eintrag vom Schwanenmeister stimme ich ebenfalls zu. (Vllt. hat aber ja auch jemand von euch Lust, an meinem Magazin mit zu schreiben?)

  9. Andreas on Juli 14th, 2011 at 01:58

    Ich vermute, dass es weniger der Blocksatz an sich, sondern eher die Spaltenbreite ist bzw. eine Kombination aus beiden, was wohl in der Tat problematisch ist. Nur spricht leider einiges gegen eine Verringerung der Textbreite, u.a. weil dadurch ausführlichere Texte mit noch mehr scrollen verbunden wären und im Erscheinungsbild wegen der vertikal erhöhten Länge noch abschreckender in Sachen Umfang wirken würden. Vielleicht probieren wir da zukünftig auch einfach ein bisschen rum. Prinzipiell kann ohnehin jeder Autor seine Artikel nach eigener Präferenz formatieren, nur ist bislang offenbar jeder automatisch bei Blocksatz geblieben. Gefällt mir rein optisch eben auch am besten, aber letztlich kommt es natürlich nicht nur darauf an.

    In Sachen Serien bin ich leider schon länger nicht mehr auf dem Laufenden (den „Polizeiruf“ schaue ich normalerweise auch nicht, das hat sich jetzt nur wegen Graf ergeben), was sich vorerst wohl auch nicht ändern wird. Ja, Poliziotto ist ein weit verbreiteter Irrtum, dem ich auch lange aufsaß, richtig heißt es in der Tat Poliziesco. Kurze Erklärungen dazu gibt es bspw. hier (der zweite wirkliche Absatz in Klammern) und hier (Kommentar #3 unten).

    Die Idee mit der Zeitschrift ist intern übrigens auch schon rumgegeistert, aber dazu sollten wir wohl erstmal allgemein eine regelmäßigere Artikelfrequenz hinbekommen, vom organisatorischen Aufwand so einer Print-Sache ganz zu schweigen, zumal das bei unseren überwiegend eher abseitigen Nischen-Themen ein ganz schön teures Draufzahlgeschäft sein dürfte, was man sich auch erstmal leisten können und wollen muss. Aber: sag niemals nie… 🙂

  10. Medienjunkie on Juli 14th, 2011 at 12:37

    Die Spaltenbreite finde ich ok, ich glaube, es liegt wirklich daran, dass die langen Texte durch den Blocksatz …naja, eben wie ein Block wirken, und einen dadurch erst mal optisch erschlagen. Im Print ist Blocksatz ja Standard, im Netz eher nicht.

    Die Grenzen zwischen Serie/TV-Film und Kinofilm sind ja fließend. (Ich gucke „Polizeiruf“ auch nicht regelmäßig, sondern nur, wenn mich Regisseur oder Schauspieler interessieren (oder Figuren, wie z.B. der Kommissar Tauber, den ich aber auch erst posthum entdeckt habe, und zwar durch die Dominik Graf-Folge „Der scharlachrote Engel“). ) Etwa bei Schauspieler- oder Regisseurporträts hat man dann wahrsch. eh meistens Menschen, die in beiden Branchen aktiv sind (s. Graf). Außerdem soll es in „torrent“ ja auch Rezensionen zu aktuellen Filmen im Kino und auf DVD geben.

    Mit den Nischen und den Gewinn- bzw. Verlustaussichten ist es immer so eine Sache. Nischiger als etwa „Cargo“ seid ihr wohl auch nicht, und die scheinen sich ja etabliert zu haben.

  11. Andreas on Juli 18th, 2011 at 07:27

    Der erschlagende Block-Eindruck kommt aber ja eben durch Höhe und Breite zustande. Im Print wird das durch schmalere, nebeneinander fortlaufende Spalten abgemildert, aber diese parallelen Spalten sind im Blog wiederum halt leider nicht sinnvoll umsetzbar.

    Vielleicht hat ja jemand von den anderen Autoren Interesse, ich muss mich da im Moment zurück halten. Zum Einen, weil ich eher nur sporadisch und nach Lust und Laune schreibe (wie eingangs in obigem Text ja geschrieben, hege ich da keine journalistische Ambition) und eigentlich auch selten ausführlicher über aktuelles Kino, da ist der Festivalbericht jetzt eher eine Ausnahme, zum Anderen stehen bei mir vorerst zu viele ganz andere, zeitraubende Verpflichtungen an.

    „Cargo“ bewegt sich da schon nochmal auf einer ganz anderen Basis, weil sie innerhalb der Nische mit ihrem klaren Profil zumindest auf eine feste intellektuelle, wissenschaftliche und cinephile Leserschaft bauen können. Wir sitzen da mit unserem Hang zum Eklektizismus erheblich mehr zwischen den Stühlen. „SigiGötz-Entertainment“ sehe ich da eher als Print-Perspektive, jedoch ggf. auch mit der Gefahr, auf die epigonale Schiene zu geraten.

  12. Sano on Juli 25th, 2011 at 15:42

    Hmm, interessante Diskussionen, sehe ich gerade. Zu den beiden Beiträgen an sich schreibe ich jetzt nicht so viel. Finde den direkten Vergleich zwischen dem ersten Text (einzelne Filme in einzelnen Blöcken) un dem nachfolgenden zweiten (Einarbeitung der Filme in einen Fließtext) zwar sehr spannend, aber bei dir Andreas, eher unergiebig. Du hast eben eine Tendenz zu „ausladender Präzisierung“, wenn ich das mal so formulieren darf. Bei deinen Aneinanderreihungen adjektivreicher Assoziationsketten schwiirt mir regelmäßig der Kopf. Soll aber keine Kritik, sondern lediglich eine Beobachtung sein. Ist ja auch interessant, wenn einen spontane Kurztexte dauerhaft fordern (oder auch überfordern) und dadurch zum wiederholten lesen animieren. 🙂

    @Schwanenmeister + Medienjunkie
    Habe über die Lesefreundlichkeit von Blocksatz nie nachgedacht, es aber mal unmittelbar im Selbstversuch ausgetestet, und voilá: Blocksatz liest sich im Netz tatsächlich wesentlich schwieriger – zumindest für mich. Bin aber persönlich nach wie vor Anhänger von Blocksatz und werde meine eigenen texte wohl weiterhin so veröffentlichen. Der primäre ästhetische Grund überwiegt bei mir weiterhin, da ich rein optisch so auch eher Lust bekomme einen Text zu lesen. Ist vielleicht eine Fixierung und ein Vorurteil, aber linksbündige Artikel im Natz machen auf mich auf den ersten Blick (und das ist für die Leseentscheidung bei mir oft der wichtigste, da einzige) oft automatisch einen chaotischen und unstrukturierten Eindruck. Woraus dann folgt, dass der Text selbst chaotisch und unstrukturiert, sprich: im negativen Sinne wenig durchdacht sein könnte. Und darauf habe ich persönlich dann keine Lust. Denn im Gegensatz zu Schwanenmeister bin ich nicht der Ansicht, dass „Längere Texte und alles, was von Wert und Nachhaltigkeit ist“ auf Papier erscheinen sollten. Ich persönlich sehe Eskalierende Träume tatsächlich als relativ „normales“ Veröffentlichungsorgan analog zu einer Zeitschrift, und eben explizit NICHT als Blog mit Informationshappen. Dass man einen Blog bzw. eine Website aber ZUSÄTZLICH noch aktuell mit inhaltsbezogenen Hinweispostings bereichern kann, ist dabei ein Bonus. Daher entspringt die intern ein paar mal diskutierte Möglichkeit einer ERGÄNZENDEN Print-Veröffentlichung (mit dann natürlich exklusivem Inhalt, der nicht von der Webseite stammt), zumindest meinerseits primär einem haptischen Verlangen und (nachrangig, da eine finanzielle Frage) einer visuell möglichst kunstvollen Befriedigung meiner ästhetischen Präferenzen in Bezug auf Zeitschriftendesign, wobei es dabei um die ganze bandbreite von Format, Papier, Druck, Lettering, etc. gehen würde, da ich in der deutschsprachigen Printlandschaft zum Film zwar oft mich inhaltlich ausfüllende Beiträge zu Gesicht bekomme, die mich in ihrer graphischen und sonstigen optischen und haptischen Gestaltung aber nur selten vollauf zu überzeugen wissen. Und da wir alle keine Grafikdesigner sind und auch beim programmieren und sonstigen Computer- und Internetspezifischen Voraussetzungen eher in Not geraten, ist das gesamte Erscheinungsbild von Eskalierende Träume leider zwangsläufig etwas „zusammengeschustert“. Dem könnte(!) im Print also tendenziell eher abgeholfen werden.

    Wie diese aber wieder mal viel zu lang gearteten Ausführungen nahelegen, sind meine Printjournalismus-Ambitionen (so es sich nicht um bezahlte Arbeit handelt) im Großen und Ganzen eher gering. In vielen Punkten würde ich in etwas abgemilderter Form mit Andreas‘ Selbseinschätzung im ersten Abschnitt seiner zweiten Kurzkommentare übereinstimmen. Daher besteht auch bei mir aufgrund vieler anderer (Eigen-)Verpflichtungen wenig Bereitschaft an Publikationen mitzuwirken, die ich nicht vergöttere oder sonstwie verehre. 😉

    Dass ein neues Magazin über Film und Fernsehen an den Start geht, begrüße ich daher einerseits zwar sehr (prinzipiell immer eine lobenswerte und spannende Sache), andererseits habe ich persönlich dann aber eher wenig Zeit und Interesse. Auch von Serien habe ich ehrlich gesagt keine Ahnung, (schaue zur Zeit gelegentlich lediglich „Magnum P.I.“, „Knight Rider“ und „Die Biene Maja“ auf DVD), und was in den letzten zehn bis zwanzig Jahren an qualitativem in den USA (oder auch bei uns) erschienen ist: davon lese ich zwar viel, hege aber persönlich keine Ambitionen es kennenzulernen. Leider…, aber es ist nunmal so. Dennoch viel Glück und Erfolg mit TORRENT! Und zumindest die Artikel zu Graf und Brynychs Der Alte-Episode klingen auch für mich sehr spannend! 🙂

    Ach ja, das mit dem Epigonentum wäre natürlich fürchterlich, und in so eine Falle würde ich bei einer Printausgabe auf keinen Fall tappen wollen. Der Grat zwischen Hommage und Plagiat ist eben ein schmaler, und dass Bewunderung in Redundanz umschlagen kann sieht man nicht zuletzt oft im Kino.

  13. Andreas on Juli 27th, 2011 at 02:31

    Fand den Kontrast zwischen Einzeltexten und Fließtext zwar auch interessant, aber das entstand eher aus dem Moment heraus, ohne die Absicht, daraus gezielt unterschiedliche Ansätze zu entwickeln, von daher wohl dahingehend tatsächlich nicht sonderlich ergiebig. Das mit den adjektivreichen Assoziationsketten kann man schon durchaus auch kritisch sehen, tue ich nämlich teilweise auch. Das funktioniert manchmal besser, manchmal schlechter. Oft ist es halt auch aus der Not geboren und hilft mir am ehesten über den bleiernen inneren Motivations- und Blockade-Schweinehund und nicht übermäßiges theoretisches Fundament (was natürlich Fluch und Segen sein kann, Türen öffnen und verschließen) hinweg. Wie ich hier unter einem der anderen Filmfest-Text schrieb: bin dann halt doch Learning-by-Watching-Cineast und ein ebensolcher auch als gelegentlicher Schreiber, und da bleibt manches wohl in vagen Versuchen stecken und gerät nicht immer so, wie es könnte/sollte/müsste/wollte. Aber gut, das geht natürlich jedem so, dass man mit seinen Möglichkeiten, Grenzen und Energien haushalten muss…

    Das Print-Thema sehen wir wohl letztlich sehr ähnlich.

  14. Sano on Juli 28th, 2011 at 22:39

    Tja, kritisch sehen kann man alles. 😉 Mir erscheint dein Learning-by-Doing Konzept aber zur Zeit als äußerst sympathisch. Und eine Herausforderung im positiven Sinne empfinde ich meist als bereichernd. Deshalb: mehr davon.

    Das Printthema Bedarf natürlich noch vieler Diskussionen (und hat wie so vieles auch seine Reize). Wollte halt nur mal (an dieser Stelle auch durchaus gewünscht: am Rande) klarstellen, wie das wenigstens ein tendenziell bereitwilliger Eskalierender Träumer sieht. Schön, dass wir in diesem Punkt dann vermutlich weitgehend übereinstimmen.

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