Passion (1981)



Passion- oder die Leidenschaft die manch Einem Leiden schafft

Jean-Luc Godard wurde in seiner Karriere mit Namen der unterschiedlichsten Couleur bedacht: Beginnend bei „Onkel Jean- dem schrecklich ungezogenen Kind“ über den „Maitre Penseur des Kinos“ und endend bei „dem Heiligen des Films“. Zur Einordnung des Films Passion möchte ich zuerst einige wichtige Entwicklungslinien Jean-Lucs aufzeichnen, die zum besseren Verständnis des Films dienen.

Der wohl prominentste Film des Regisseurs ist zugleich sein Debutfilm: A bout de Souffle. Allgemein bekannt ist, das dieser Film auf manigfache Weise mit filmischen Konventionen bricht. Jean-Luc, der für das 1951 von André Bazin gegründete Cahiers de Cinema polemische Kritiken über von ihm hoch geschätzte Filme beispielsweise Bergmans oder Eisensteins schrieb, gilt in den sechziger Jahren als ein Erneuerer des Film- eine zutreffende Bezeichnung, die auch in den achtziger Jahren noch äußerste Gültigkeit besitzt. In den siebziger Jahren beschäftigt sich Jean-Luc mit Video und Fernsehen, Einflüsse, welche die Filme der achtziger Jahre wie Passion prägen.

Der 1981 gedrehte Film Passion besteht aus mehreren Handlungsfragmenten, die sich nicht zu einer Geschichte oder mehreren Episoden zusammen fügen, sondern sowohl inhaltlich als auch formal in einer Collage belassen bleiben.

  1. Passion handelt von einem polnischen Regisseur der einen Film mit dem Titel Passion dreht. Dabei besteht der Film (im Film) aus Tableau Vivants – lebendigen Bildern- von berühmten Malern wie Rembrandt, Delacroix, El Greco und anderen (Bildbeispiele siehe unten). Doch die Dreharbeiten stocken wiederholt und werden schließlich abgebrochen, da der Regisseur Jerzy (Jerzy Radziwilowicz) mit dem Licht nicht einverstanden ist und auch sonst seine Vorstellungen nicht umsetzen kann. Die Dreharbeiten geraten in Verzug, der Produzent ist unzufrieden, die Statisten erscheinen nur noch vereinzelt. Ersatz für diese werden in einer nahegelegenen Fabrik gefunden.
  2. Eine weitere Handlungsebene hat mit dieser Fabrik zu tun. Isabelle (Isabelle Huppert) ist dort eine Arbeiterin und setzt sich für die Gründung eines Betriebsrats ein. Auch sie scheitert mit ihren revolutionären Vorhaben und wird von dem Fabrikbesitzer (Michel Piccoli) entlassen.
  3. Der Fabrikbesitzer hat mit Hanna (Hanna Schygulla), der Inhaberin des Hotels in dem die Filmcrew residiert, ein Verhältnis. Im Verlauf des Films löst sich ihre Verbindung. Hanna liebt den Filmregisseur Jerzy, der sie gerne für eine Rolle in seinem Film besetzen würde, am liebsten als Statistin eines Rubens- Tableau Vivants.
  4. Jerzy ist hin und her gerissen zwischen Isabelle, der Fabrikarbeiterin, und Hanna- beide teilen ihn sich als Geliebten.

Jede der Personen hat Wünsche und Sehnsüchte, aber vor allem Passionen: Die Dreharbeiten als Leidensgeschichte des Regisseurs, der gescheiterte Arbeiteraufstand als Leidensgeschichte Isabelles und die Liaisons vor allem zwischen dem Regisseur, der von zwei Frauen begehrt wird als Leidenschaft. Auch Polen nimmt als Folie eine wichtige Rolle ein, denn die politische damalige Situation (die Zerschlagung der polnischen Solidarität) dient als Metapher zugleich für das Scheitern und generell für die Leidensgeschichte der Menschen. Kurz gefasst beinhaltet der Film die auf vielen Ebenen veranschaulichte Suche nach Identität in der Arbeit, im Leben, der Kunst und der Liebe- und aller Scheitern.
Die Tableau Vivants des Filmes offenbaren dem aufmerksamen Betrachter und Kunstkenner nun noch eine weitere Facette dieses Films. Die Geschichte der Tableau Vivants reicht weit zurück. Im späten achzehnten Jahrhundert war das Tableau Vivant ein beliebtes Gesellschaftsspiel in hochgestellten, gebildeten Kreisen. Berühmte Gemälde oder Skulpturen wurden theatralisch durch Personen nachgestellt und avancierten zu einer Modeerscheinung.

Hier sei nur kurz auf Johann Wolfgang von Goethes Roman „Die Wahlverwandtschaften“ verwiesen, in welchem die zwei Tableau Vivants eine heraus gestellte Rolle einnehmen: Die Rolle, welche die Romanfiguren in den Tableau Vivants nachstellen fassen ihre Rolle in der Handlung des Romans quasi als Schema ihrer Existenz zusammen. In Jean-Lucs Film finden sich einige Analogien zu dem Verständnis der Tableau Vivants der damaligen Zeit, denn auch in Passion fungieren die lebendigen Bilder als Speicher archetypischer Identität: das potenzierte Dasein des Menschen. Diese Sinngebung bei Goethe trifft auch auf die Tableau Vivants in Passion zu.
Die Tableau Vivants in Passion stehen als Paradigmen für die Leidenschaften des realen Lebens. Diese Aussage soll an einem Beispiel verbildlicht werden:
In einer Versammlung der Arbeiterinnen klagen diese über die Mühsal der Arbeit, die Unterdrückung durch den Arbeitgeber und überlegen sich Möglichkeiten zu einem Aufstand. Begleitet werden diese Gespräche vom Largo des Introitus aus Mozarts Requiem und Zitatfragmenten aus Texten über das Leid vergangener Revolutionen. Daraufhin handelt die nächste Szene im Filmstudio, wo mehrere Tableau Vivants, unter anderem „Die Erschießung der Aufständischen vom 3. Mai 1808“ vom Requiem musisch untermalt nachgestellt werden. Die Kamera zeigt das Tableau Vivant dabei nicht statisch, sondern taucht in das lebendige Bild ein, gleitet über Gesichter und zeigt Details. Zum einen erschwert dies das Erkennen der Vorbilder aber zum anderen zeigt die Kamera hierin ihre Überlegenheit der Malerei gegenüber: Im Film können Details betont werden, die dem Betrachter sonst entgingen. Doch vor allem ist der Film ein Bewegungsbild, die Kamera kann in das Gemälde eintauchen und muss nicht statisch verharren. Die Tableau Vivants sind jedoch niemals zur Gänze still gestellt, die Statisten zwinkern, bewegen die Hände und beleben so das Bild und brechen die Illusion ein getreues Abbild zu sein.

Francisco José de Goya y Lucientes: Die Erschießung der Aufständischen am 3.Mai 1808 (1814)Tableau VivantTableau Vivant

Die Hauptfigur der Figurengruppe „Der Erschießung der Aufständischen vom 3. Mai 1808“, die von den Gewehrläufen bedroht wird, ist dabei unschwer mit dem gekreuzigten Christus zu assoziieren. Kurz darauf ist das Tableau Vivant des Gruppenporträts der „Königsfamilie Karls IV“ zu sehen.

Königsfamilie Karls IV.Tableau Vivant

Der Gegensatz zwischen diesen beiden lebendigen Bildern greift die realen Erfahrung der Arbeiterinnen auf, die im Gespräch thematisiert wurden. Diese haben sich über den sozialen Konflikt zwischen Armen und Reichen unterhalten, über Revolution und Herrschaft.“Die Erschießung der Aufständischen vom 13. Mai 1808″ steht dabei bildlich für Revolution und Unterdrückung wohingegen das Porträt der Königsfamilie für die reiche Gesellschaftsschicht steht. Die Tableau Vivants setzen die Aussagen der Arbeiterinnen also in einer zeitenthobenen ästhetischen Fiktion um.
Nur kurz möchte ich noch auf eine weitere Ebene des Films hinweisen, die ich schon kurz angerissen habe: die Medienreflexion. In Passion reflektiert sich das Medium Film über die Tableau Vivants selbst. Besonders prägnant zeigt sich dies schon in dem ersten lebendigen Bild: „Der Nachtwache“ von Rembrandt.

Rembrandt Harmensz van Rijn: Die Nachtwache (1642)Tableau Vivant

Im Film wird davon gesprochen, dass das Bild eigentlich eine „Tagwache, bestrahlt von der Sonne“ darstellen würde. Hiermit wird auf die Technik der „amerikanischen Nacht“ hingewiesen. (Dies ist ein Aufnahmeverfahren des Hollywood- Illusionskinos, das es ermöglicht mittels Filtern und Blenden Nachtaufnahmen am Tag zu drehen.) Gleichzeitig verweist Jean-Luc damit auf Truffauts Film „La Nuit Américane“, einem der bekanntesten Repräsentanten des Films im Film.
Passion ist unzweifelhaft ein Film der zur Leidenschaft oder zum Leidensweg werden kann. Damit Letzteres nicht eintritt empfehle ich jedem Interessierten, sich vor der Filmsichtung dessen Handlung zu Gemüte zu führen, denn die fragmentarischen Handlungsstränge des Films sind ohne Vorkenntnis der Geschichte schwer zu entwirren und die vielen Zitate kaum zu identifizieren! Zudem werden Bild und Ton asynchron verwendet ganz im Sinne der Illusionsbrechung. Und natürlich gilt, umso öfter man den Leidensweg begeht, umso mehr Leidenschaft für diesen Film entsteht!


Meine Buch- Empfehlung für Leidenschaftliche:
Paech, Joachim: Passion oder die Einbildungen des Jean-Luc Godard.
Frankfurt am Main 1989.

Dieser Beitrag wurde am Samstag, Mai 2nd, 2009 in den Kategorien Ältere Texte, Anika Obermann, Blog, Blogautoren, Filmbesprechungen veröffentlicht. Sie können alle Kommentare zu diesem Beitrag über den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können diesen Beitrag kommentieren, oder einen Trackback von ihrer eigenen Seite setzen.

7 Antworten zu “Passion (1981)”

  1. Christoph on Mai 4th, 2009 at 05:50

    Hilfe! P.-Alarm! Glueckwunsch an die Mater fuer das bildungsbuergerlichste Posting unseres Blogs bisher.

    Ausgehend von deinem Text nehme ich an, dass ich den Film von ganzem Herzen hassen wuerde und er moeglicherweise meine Abscheu gegen Godard in neue, ungeahnte Hoehen treiben duerfte (was nach meinem letzten Godard-Erlebnis mit dem grausigen ONE PLUS ONE allerdings kaum noch moeglich scheint). Ironischerweise war das eigentlich der Godard, den ich als naechsten sehen wollte, da selbst der sonst bei jeder sich bietenden Gelegenheit Godards selbstverliebten Arsch kuessende Filmdienst ihm angekreidet hat, zu „konventionell“ zu sein. Offensichtlich ein Fauxpas. Schade. Wobei ich ja nach wie vor NUMERO DEUX ganz toll und LE MEPRIS ganz mies finde, was ein offensichtlicher Widerspruch dazu ist.

    Dein Text an sich ist allerdings interessant und du naeherst dich dem Film wohl auf kongeniale Art und Weise an – was natuerlich einen Erfolg fuer dich und totale Abschreckung fuer mich bedeutet.^^

    Himmel, klingt das schrecklich. Ich werde wohl zu Staub zerfallen und meine Knochen sich in Saeure verwandeln… Ich werde mir jetzt dann in meinem britischen Domizil zum wahrscheinlich 14. Mal SUSPIRIA ansehen und mich an der Reinheit von Argentos Instinkt-Kino und seiner aeusserlichen Unintellektualitaet erfreuen.;-)

  2. Anika Oberman on Mai 5th, 2009 at 18:11

    @Christoph: Zu beachten ist das ich nur einen Aspekt aus der Fülle heraus gegriffen habe. Und da ich nunmal irgendwo doch Kunsthistorikerin bin war eine Analyse eines T.V´s natürlich verlockend. Arme Mater, ich habe mir schon überlegt als Pflaster auf deinen Wunden die nächste Kritik über „Hexen bis aufs Blut gequält“ zu schreiben ;).

  3. The Critic on Mai 5th, 2009 at 22:17

    Interessanter Text, der in seiner neugierigen Suche nach Verbindungslinien logischerweise die B- und P-Waffen auf den Plan ruft.

    Nicht gefällt mir hingegen der Absatz über Malerei und Kamera, da er einseitig die Vorzüge der Kinokunst preist. Gleichzeitig entsteht dadurch ein Nachteil, den jeder kennt, der schon mal eine mitgefilmte Theateraufführung gesehen hat – die Blickrichtung wird durch die Kamera vorgegeben. Was der Regisseur für wichtig hält, wird in den Fokus gebracht. Ein selbstständiges Erschließen des Bildes wie bei der Malerei wird dadurch meist verhindert, besonders bei der hohen Schnittfrequenz heutzutage.
    Ausnahmen wie die statischen Tableaus in Filmen wie Roy Anderssons Sånger från andra våningen oder das assoziative Bildgewitter von Godards Histoire(s) du cinéma bestätigen die Regel.

  4. Sano on Juni 3rd, 2009 at 00:55

    Habe mal der Übersichtlichkeit halber Anikas Antwort zu Critics Kommentar
    hier
    gepostet:

    @ 2. Kritik:
    Nun ja über Kamera und Malerei ging der ganze Artikel ja an sich nicht und es war auch nicht Sinn und Zweck aufzulisten wo bei der Malerei und wo im Film Nachteile sind, denn dafür müsste man wohl einen eigenen Artikel schreiben. Das die Blickrichtung bei einem Film wie Passion selbstverständlich nicht dem Betrachter überlassen bleibt (wie wenn das T.V. in einer Totalen zu sehen wäre) ist in meinen Augen zweitrangig. Godard ging es nicht um ein detailgetreues Abfilmen von Tableau Vivants, die übrigens auch keine 1:1 Nachahmungen der Vorbilder zeigen sondern meist deutliche Abweichungen aufzeigen. M. E. wollte er sich des Hintergrundwissens über die gezeigten Bilder bedienen (z.B. Revolution / Adelsfamilie) und nicht Facetten verschiedener Bilder aus verschiedenen Blickwinkeln zeigen, denn sonst hätte er es getan? Hier von vorgegebener Blickrichtung zu sprechen trifft meiner Meinung nicht den Kern des Films, denn Godard filmt ja nicht von einem Standpunkt aus ein Tableau ab, er fährt durch das Tableau, zeigt quasi ein 3-D Tableau z.B. in der Szene als römische Soldaten die fliehenden Frauen durch ein im Studio nachgebautes Miniatur-Jerusalem jagen. Bei anderem T.V´s (z.B der Erschießung der Aufständischen) zeigt die Kamera Details des Bildes und m.E spielt Godard mit Szenen wie diesen genau mit dem von dir erwähnten Problem: Die Vorgabe der Blickrichtung durch die Kamera. Die von mir viel zu kurz erwähnte Reflexion des eigenen Mediums in Passion spielt eben genau mit Aspekten wie diesen…
    Abschließend bleibt mir nurnoch zu sagen, das Passion ja nicht möglichst im Sinne einer Kunstpädagogischen Betrachtung Kunstwerke abfilmen will um die Kunst möglichst stimmig zu zeigen sondern der Regisseur bedient sich eines Malereisujets und setzt – was er für wichtig hält – wie er es will um. Das T.V. steht im Dienst des Films und fungiert nicht als eigenständiges Tableau! Das Argument mit der hohen Schnittfolge stimmt sicherlich- bei anderen Filmen die sich Kunstwerken aus der bildenden Kunst bedienen.
    Fakt ist, Film zeigt Kunst meistens nicht frontal in einer Totalen, fährt langsam näher heran und verharrt um gegebenfalls einige Details zu zeigen (am besten alle). Dies wäre im Sinne eines Filmes, der ein Gemälde möglichst stimmig zeigen will, welches sich der Film aber nicht wie im Falle von Passion einverleibt.
    Zudem finde ich es ziemlich grenzwertig die Kamera in Passion mit einem abgefilmten Theaterstück zu vergleichen?

  5. Sano on Juni 3rd, 2009 at 01:47

    Hatte deinen Text bisher nur Ausschnitthaft gelesen,, da ich mir die vollständige Lektüre erst nach dem Genuß von Jean-Lucs Film im Kino gönnen wollte.
    Vielleicht wäre es nützlicher gewesen, wie du sagst vorher etwas über „Passion“ in Erfahrung zu bringen. Aber so wie es jetzt gestern gelaufen ist, war es vielleicht ein noch schöneres Erlebnis. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten hat mich der Film im Laufe seiner Dauer doch noch gepackt. 🙂
    Den Text fand ich sehr schön. Weniger akademisch (wie ich Anhand der Malereirekurse vermutet hatte), sondern eher analytisch/nützlich. Hab ich gerne gelesen, und les ich sicher auch in Zukunft wieder gerne. Wie bist du eigentlich auf das Buch zum Film aufmerksam geworden? Aber wir müssen sowieso noch ausgiebeiger über „Passion“ reden.
    Was mir als altem Romantiker natürlich wieder mal am Besten gefallen hat, war die Schönheit der Gesichter in Coutards Großaufnahmen, während der asynchrone Ton eine zeitlose Stimmung heraufbeschwor. Da wurde Godard zum Maler, und in diesen seinen Film-bildern stimmte alles, was Jerzy in der Handlung nicht zustande bekam. Die Vereinigung der Klassen, die Sublimation der Leidenschaft in der Kunst, und vor allem das Licht.
    Das tolle ist in der Tat wie der Film immer mehr gewinnt je mehr man sich mit ihm auseinandersetzt. Da er von der inhaltlichen Bedeutungsebene (wie so oft bei Godard) ja doch sehr einfach gestrickt ist, verleih ihm die formale Gestaltung eine eigenwillige Kraft. Dass der „Filmdienst“ das zu konventionell fand ist einerseits verständlich, andererseits erstaunlich (beides in Bezug auf meine Wahrnehmung der eher beschränkten Auffassungsgaben mancher dortigen Autoren – aber vielleicht schrieben ja Anfang der 80er auch ganz kreative Leute für das Blatt? Muß mal mein Passwort für den cinOmaten hervorkramen und mir die Kritik selbst durchlesen).
    Jedenfalls war Godards „Passion“ für mich nach anfänglichem Unbehagen (nicht schon wieder ein Agitpropfilm…) eine sehr inspirierende Sichtung, und mir kamen auch etliche Ideen für eigene Filme. Ich würde z.B. liebend gern einen Piratenfilm drehen, bei dem die Piraten nur durch selbigen Schriftzug auf ihren T-Shirts erkennbar wären, ohne dadurch jedoch zusätzliche Reflexionsebenen, parodistische Absichten, oder sonstigen Schmarrn (sprich: Ballast) hervorzuheben. Wre auch wesentlich billiger zu drehen, als mit authentischen Kostümen. „Passion“ war somit auch ein Film der mich wieder zum träumen über die Möglichkeiten des Kinos brachte, und mit meinem darauffolgenden Kinoerlebnis von Ruggero Deodatos nicht minder traumtänzerischem „Mondo Cannibale – der Vogelmensch“ (1977), meine verkrusteten Sehgewohnheiten wieder mit jugendlichem Elan zu füllen vermochte.
    Mein erster Godard der 80er, den aber eine direkte Linie mit dem wunderbaren Vorgänger“Rette sich wer kann (das Leben)“ (1979) verbindet.

  6. Alexander Schmidt on Juli 18th, 2009 at 16:13

    Habe mir inzwischen dieses Machwerk endlich auch zu Gemüte geführt und muss sagen, dass ich in diesem Fall geradezu Christophsche Abwehrreaktionen gegen die meinem Empfinden nach penetrante Verkopftheit des Films hatte.

    Sicher, der Film wartet durchaus mit interessanten ästhetischen Idee, guten Schauspielern und einer Menge intellektuellem Brimborium auf, wie ich es, ja ich gebe es zu, sonst durchaus schätze. Aber wo anderen Greenaway, Herzog oder Schlingensief verkrampft, gewollt, verstopft vorkommen, geht es mir eben mit diesem Film so. Auch Godard selbst hat das intellektuelle Essay, sowie die ästhetische Neuerung schon weitaus gewitzter und spielerischer zu handhaben gewusst („Pierrot le Fou“, „Week-End“…).

    Hier stelle ich ihn mir als selbstgeweihten Priester des Autorenfilms vor, gewandet in den Brokat der Diskurse, wie er uns mit weihevoller Geste die staubtrockene Intellektualhostie auf die dürstende Zunge legt, die davon jedoch endgültig am Gaumen babbt und unsere unwürdigen Münder verschließt, die der segnenden Weisheit Jean-Lucs ohnehin nichts hinzuzufügen hätten.

    Oder vielleicht doch? Interessanterweise scheint der Film ja doch bei einigen von uns auf Gegenliebe zu treffen. Ich bin auf Diskussionen gespannt!

  7. Sano on August 5th, 2009 at 17:31

    Ja Alex, was ist denn mit dir passiert? 🙂
    Im Vergleich zu manch späterem Godard war Passion doch recht entspannend. Könnte deine Reaktion bei „Deutschland Neu(n) Null“ (1990) oder „Notre musique“ (2004) verstehen – hier bin ich irritiert! Ja, IRRITIERT!!

    Du wirst doch dem lieben Jean-Luc nicht plötzlich abhold, und seinen neuesten Film „Socialisme“ gar mit dem Feuerschwert bekämpfen. Ich ahne Finsteres…

    Wahrscheinlich ist dir der Film doch zu einfach gestrickt, und du willst es nur nicht zugeben.
    Als Entschädigung darfst du dir nun aber DIESES zu Gemüte führen:
    http://www.youtube.com/watch?v=N58cWZSS214

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