Hall of Shame #3 – DVD-Cover zum Davonlaufen



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Antreten zum Verrecken – Alfonso Brescia

Hinter jeder DVD steckt eine Geschichte. Nicht jede ist spannend. Manchmal geht man einfach ins Kaufhaus, und kauft sich einen Film, es ist ja Wochenende, und man hat ja sonst nichts zu tun. Auch das Telefon klingelt nicht mehr. Man erwartet nicht mehr viel vom Leben. Ab und zu eine DVD am Wochenende. Wie gesagt, das ist nicht spannend. „Antreten zum Verrecken“ hat mich hingegen auf ungewöhnliche Art und Weise erreicht. Ich war nicht auf der Suche nach diesem Film. Ich mag Brescia, aber nicht zu sehr. Auf jeden „Bestie aus dem Weltraum“ kommt ein „Blut eines Bullen“. Vielleicht sogar zwei. Aber als ich dieses Cover erblickt habe, war es um mich geschehen.
Ich war auf dem Biebricher Flohmarkt. Bei einem wirklich billigen DVD-Stand erzählt eine Frau dem Verkäufer, dass jemand gestorben ist, und dass seine Sammlung aufgelöst wird. Der Verkäufer signalisiert wenig bis kein Interesse. Und da komm ich ins Spiel.
Die Frau wohnte in der Nähe von mir, und ich kam die Tage bei ihr vorbei. Sie und ihr Mann züchteten japanische Kois in einem eigens angelegten Teich. Ein japanisches Paradies mitten in einem eher industriell angehauchten Stadtteil. Kinder liefen herum, Großeltern, und das Wasser plätscherte vor sich hin. Und im Wintergarten befanden sich auch noch drei Kisten mit DVDs und VHS. Leider war die Sammlung nicht besonders. Insgeheim hatte ich gehofft, auf alte Astro-VHS zu stoßen oder seltene Sammlerstücke oder vielleicht den Napoelon-Film von Jürgen Enz. Nichts davon ist eingetreten. Aber gelohnt hatte es sich trotzdem. Anton Diffring schaute mich mit seinem strengen, überlegenen Blick an, der wirklich nur eins bedeuten konnte: Antreten zum Verrecken! Auch der Hinweis auf den 2. Weltkrieg am oberen Rand ist zum Niederknien. Ich stelle mir den Wunschkäufer dieses Films als alten Waffennarren vor, der auf dubiosen Flohmärkten Weltkriegs-Memorabilia sammelt, und zuhause stapelweise VHS mit Kriegsdokumentationen besitzt, sowie eine kleine aber feine DVD-Abteilung mit John Wayne-Filmen neben billigen Kriegskamellen von Brescia, Lenzi und anderen. Anton Diffring spielt in diesem Film übrigens nicht Rommel, um den es hier gehen soll. Rommel kommt gar nicht erst vor.

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Der Typ mit dem irren Blick – Robert J. Rosenthal

Manchmal hab ich das Bedürfnis, den Regisseur dieses Films zu kontaktieren, um ihm diese Best Entertainment-DVD zu zeigen. Ich würde gern wissen, was er davon hält. Ich würde gern wissen, ob er eine Klage in Betracht zieht. Ich würde gern wissen, ob er sich, wie ich, fragt, von wem der „irre Blick“ stammt. Sicher nicht von Hauptdarsteller Scott Baio. Vielleicht gehört er einem armen Praktikanten, der in zwei Stunden das gesamte Layout dieser DVD entwerfen musste, obwohl er davon nichts versteht, und eigentlich Philosophie und Geschichte studiert.

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Vier Fliegen auf Grauem Samt – Dario Argento

Es gab eine Zeit, als man diesen Film nur als Bootleg in schlechter Qualität erwerben konnte. Ich möchte gar nicht wissen, wie viel Geld so mancher für diese und ähnliche Veröffentlichungen hingeblättert hat. Ich erwarb das Ding für den symbolischen Preis von einem Euro. Auf dem Backcover findet sich eine englische Inhaltsangabe, aus der ich gerne zitieren würde: „In Dario Argento’s cool thriller, Michael Brandon plays a musician married to Mimsy Farmer, who is photographed accidentally killing a man, then gets framed for murder. He is sent a series of photos showing him doing the killing.“ Eine Gerundiumorgie…
Auf dem Cover prangt die Aufschrift „Unreleased Collectors Edition“. Wenn’s nur so wäre!

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Das Geheimnis der Roten Katze – Helmut Weiss

Ich will diesen Film gar nicht sehen. Ich stelle mir lieber vor, dass Heinz Rühmann eine riesige rote Katze jagt, die selbst keine Ahnung hat, was hier eigentlich los ist. Gentleman-Humor und lustige Tieraufnahmen wechseln sich ab, die Katze entkommt und der wahre Schuldige wird gefasst, Rühmann und seine Freundin loben die Gerissenheit der Katze und genehmigen sich darauf einen Schluck. Und ganz zum Schluss kommt heraus, dass die arme Katze in einen Topf Farbe gefallen ist, was das Rot und das hysterische Gebaren erklärt. Der Regen macht alles wieder gut, und die Katze wird von einem kleinen Mädchen adoptiert, das sonst keine Freunde hat.

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Science-Fiction Collection – 3 Spielfilme auf einer DVD

Es war nicht die Lust am Trash, nicht die Neigung zum Abseitigen oder zum Kitsch, ich hatte auch nicht zu viel Geld, als ich mir diese Best-DVD gekauft habe. Ich wollte bloß „Aliens Arsenal“ wiedersehen, den ich mal als Teenager auf Sat1 gesehen habe. Überhaupt hatte irgendwer bei Sat1 ein Herz für David DeCoteau, gab es doch eine Zeit, in der der Sender sich nicht zu schade war, Filme wie den unglaublichen „Killer Eye“, „Talisman“, und eben „Aliens Arsenal“ zu zeigen. Heute weiß ich, dass dieser Film ein Quasi-Remake von DeCoteaus „Dr. Alien“ ist, es findet sich sogar eine Verfolgungsjagd aus jenem Film in „Aliens Arsenal“. Dieses Machwerk war eine meiner ersten Berührungspunkte mit dem „anderen“ Kino. Deswegen brauchte ich diese DVD. Die anderen beiden Filme waren bloß ein willkommener Bonus.
Als „Special Bonus“ ist eine Trailershow angegeben. Diese ist nicht vorhanden. Es ist eigentlich nur noch absurd.

Dieser Beitrag wurde am Montag, März 3rd, 2014 in den Kategorien Ältere Texte, Blog, Blogautoren, Essays, Sven Safarow, Trägermedien, Verschiedenes veröffentlicht. Sie können alle Kommentare zu diesem Beitrag über den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können diesen Beitrag kommentieren, oder einen Trackback von ihrer eigenen Seite setzen.

Eine Antwort zu “Hall of Shame #3 – DVD-Cover zum Davonlaufen”

  1. Filmforum Bremen » Das Bloggen der Anderen (04-03-14) on März 4th, 2014 at 21:52

    […] „DVD-Cover zum Davonlaufen“ und hat wirklich ein paar Prachtexemplare ausgegraben und in einen sehr unterhaltsamen Text […]

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