Final Mission (1984)



     

Mein erster Film von B-Film Legende Cirio H. Santiago hat mich gleich von Anfang an in seinen Bann gezogen. Final Mission ist einer von unzähligen Vietnamfilmen die in den 80ern gedreht worden sind, verbindet hierbei aber zusätzlich noch Elemente des Polizeifilms mit einer Rachegeschichte. Im letzten Drittel geht es dann um ein Quasi-Remake des 2 Jahre zuvor entstandenen First Blood. Viel geklaut möchte man da vielleicht sagen, und in der Tat äußern sich die meisten Kommentare, über die ich im Internet gestolpert bin, hierzu auch ziemlich abfällig. Aber die Kreuzigungsszene ist in der Geschichte der Malerei auch schon tausendfach abgebildet worden, und die Notenskala lässt sich in der Musik ebenso endlos variieren. Im Gegensatz zu landläufigen Meinungen habe ich prinzipiell nicht das Geringste gegen Plagiate einzuwenden. Originalität ist was man daraus macht, und wie beim Jazz ist Improvisation manchmal entscheidend. Das „Wie“ ist also wieder einmal wichtiger als das „Was“. Jedenfalls in meiner Welt.

Im Grunde ist Santiagos Bearbeitung des Vietnamthemas in filmästhetischer Hinsicht ebenso interessant wie Kotcheffs First Blood. Die erste Schrifttafel besagt: Laos, 1972. Wir befinden uns mitten in einem Kampfeinsatz, der nach kurzer Einführung in einen Zweikampf mündet, welchen der spätere Held des Films für sich entscheidet. Leider entledigt er sich seines Gegners jedoch nicht persönlich. Es kommt wie es kommen muss. Die Vergangenheit wird ihn einholen.

Santiago erzählt den hauptsächlich in der amerikanischen Gegenwart der frühen 80er angesiedelten Film sehr ökonomisch, wodurch es ihm gelingt mehrere Erzählstränge relativ reibungslos in eineinhalb Stunden zu packen. Man hätte aus dem Material ohne Probleme drei Spielfilme zimmern können, und ich hätte ehrlich gesagt auch lieber einen stärkeren Fokus auf eine einzelne Thematik gesehen. Dennoch überzeugt mich der Film in seiner Art voll und ganz. Im Gegensatz zu möglichen Erwartungen ist Final Mission kein unbedacht abgekurbelter Trashfilm, sondern das Werk eines handwerklichen Routiniers im besten Sinne. Santiago begann seine Regielaufbahn bereits in den 50ern, und man erkennt seine Professionalität nicht zuletzt in der selten anzutreffenden Fähigkeit eine Szene auf den Punkt zu inszenieren. Die Schlusseinstellung ist hierbei eine dramaturgische Meisterleistung. Der am Ende völlig durchgedrehte und zum Antihelden mutierte Strahlemann schießt in letzter Verzweiflung auf ein zahlenmäßig überlegenes Armeeaufkommen. Der Lauf seines überdimensionierten Maschinengewehrs richtet sich auf die Kamera: Freeze Frame. Das alles übertönende Mündungsfeuer wird hierbei vom großartigen Titelsong abgelöst.

Wie alles im Film hat man Ähnliches im Grunde schon oft gesehen. Nichtsdestotrotz versprüht Final Mission eine Energie, der man sich schwerlich entziehen kann, und die Actionszenen sind mit einer Chuzpe inszeniert, welche in ihrer schnörkellosen Direktheit im heutigen Actionkino beinahe verloren gegangen zu sein scheint. Obwohl es an Unglaubwürdigkeiten und Übertreibungen wahrlich nicht mangelt, schafft Santiagos Regie im wechselvollen Geschehen die nötige Bodenhaftung, wodurch keine Sequenz lediglich ins Lächerliche abdriftet, da die existentielle Intensität grundsätzlich gewahrt wird. Wie so oft, scheint sich das beschränkte Budget, in Kombination mit einer vermutlich kurzen Drehzeit, in talentierten Händen positiv auszuwirken.

Dieser Film ist eindeutig eine verschollene Perle des 80er-Jahre Actionkinos. Hauptdarsteller Richard Young trägt ihn ohne Schwierigkeiten über die gesamte Laufzeit, die Nebenrollen sind ausgezeichnet besetzt, die Kamera weiß, wie sie sich zu bewegen hat, und der Schnitt ist einfallsreich ökonomisch. Alle Tugenden finden sich auch im Titelsong vereint, der ebenso mühelos wie der Film zwischen Klischee und Originalität oszilliert. Abschließend bleibt für mich nur zu sagen: mehr Cirio H. Santiago!!

Die angeblich ungeschnittene VHS-Veröffentlichung aus den USA habe ich vor ca. 2 Jahren in einer örtlichen Videothek erstanden. Das Problem: Das Bild ist links und rechts beschnitten, und die Tonspur war leider auch nicht mehr die Beste, weshalb ich den Film in etwas dumpfem Monoton erleiden musste. Eine Synchro passt bei diesem Film meiner Meinung nach nur, wenn sie gut gemacht worden ist – ansonsten droht aufgrund der Ereignisse ein Trashfeuerwerk oberster Güte. Nach dem was ich rausfinden konnte, lief Final Mission 1985 wohl ofiziell in Westdeutschland im Kino. Wäre toll die Kopie mal auf großer Leinwand genießen zu können, und für jegliche Information hierzu wäre ich sehr dankbar. Aber im Prinzip könnte man mich auch mit einer ordentlichen Veröffentlichung auf DVD zufrieden stellen.

Dieser Beitrag wurde am Donnerstag, Juni 10th, 2010 in den Kategorien Ältere Texte, Blog, Blogautoren, Filmbesprechungen, Sano veröffentlicht. Sie können alle Kommentare zu diesem Beitrag über den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können diesen Beitrag kommentieren, oder einen Trackback von ihrer eigenen Seite setzen.

2 Antworten zu “Final Mission (1984)”

  1. Urs Kocher on November 4th, 2012 at 19:14

    Vielen Dank für die ausführliche und längst überfällige Würdigung dieser unterschätzten Filmperle aus den 80ern! Auch mich hat der Film irgendwie in den Bann gezogen.

    Damals lief der Streifen in Zürich im Capitol-Kino und war ab 16 freigegeben. Kurz nach meinem sechzehnten Geburtstag schwänzte ich kurzerhand die Schule und schaute mir dieses Meisterwerk philippinisch-amerikanischer Filmkunst im Original mit deutschen und französischen Untertiteln in der Nachmittagsvorstellung an. Anfänglich hat mich natürlich altersbedingt vor allem die Thematik angesprochen, doch es war die erwähnte unprätentiöse Direktheit und Effizienz der Inszenierung der Actionszenen, die mich irgendwie faszinierte. Richtig gepackt hat’s mich dann allerdings erst zwei Jahre später, als ich endlich einen VHS-Recorder besass. Ich erinnerte mich an „Final Mission“ und begann in den Videotheken gezielt Filme von Cirio H. Santiago zu suchen. Und wurde fündig in einem riesigen Oeuvre voller Dschungelabenteuer, Karate-Amazonen und Racheengeln. Ich wollte einfach alles sehen, was Santiago je vor die Linse bekommen hat. Irgendwann schrieb ich einen Brief nach Manila (damals gab’s noch kein Internet) und bekam von Santiagos Produktionsgesellschaft prompt eine Liste aller Filme des Meisters zurück.

    Ich hoffe immer noch, dass es von dem Film und den anderen Highlights aus der sicherlich kreativsten Schaffensperiode in Santiagos Karriere, Mitte der 80er, bald DVDs oder BluRays gibt. Ein anderes Meisterwek von Santiago, das ich ebenfalls sehr empfehlen kann ist „Naked Vengeance“. Spannend und ökonomisch erzählt, aber so eindrücklich, dass man ihn nicht so schnell wieder aus dem Kopf kriegt.

  2. Sano Cestnik on November 5th, 2012 at 20:35

    Mich freut es, dass das jemand zu würdigen weiß, und dies auch in dieser Form kund tut (und auch noch meiner Bitte nach weiteren Informationen nachkommt). Danke!

    Bei mir lief das alles in gewissem Sinne leicht verschoben ab: Also erst der Name (dank der globalen Cinephilie) und dann der Zufall. Kurioserweise auch über eine Videothek. Denn in einer deutschen Videothek habe ich dieses US-Tape für 5 Euro gekauft. Sicherlich einer meiner schönsten und glücklichsten Filmkäufe die ich je getätigt habe. Seitdem habe ich natürlich weiterhin nach Filmen von Santiago Ausschau gehalten (heutzutage hat sich das dann aber doch eher von den Videotheken ins Netz verschoben) und bin auch fündig geworden (und dann u.a. doch wieder, und sogar(!) auf einer DVD). Ich habe also einen kleinen Vorrat angehäuft, wie ich es immer gerne tue. Gesehen habe ich aber bisher nur noch den völlig anders gearteten, aber dennoch reizvollen EQUALIZER 2000 (1987) , der mir seine Faszination zu Großen Teilen leider erst im Nachhinein enthüllen vermochte. Heißt also: Nochmal gucken.

    Danke auch für den Tip. NAKED VENGEANCE ist notiert. Die Macher anzuschreiben traut man sich heutzutage ja aber leider kaum noch bei etwas. Obwohl mir zu Ohren gekommen ist, dass Mailanfragen nach etwaigen Interviews meist sehr wohlwollend beantwortet werden… Hach, eine Liste mit allen FIlmen des Meisters – von seiner Produktionsgesellschaft persönlich! Toll! Denn auch ich habe mir vorgenommen irgendwann alle Filme Santiagos sehen zu wollen. Gleich nach der Sichtung von FINAL MISSION stand das fest. Und auch das Bedürfnis einen Text dazu auf Eskalierende Träume setzen zu müssen, obwohl mir der text in der vorliegenden Form vor zwei Jahren eher peinlich war (zu banal und nichtssagend glaubte ich). Aber es musste raus. Nicht nur ins Sehtagebuch, auf die Hauptseite! Und es heißt immer noch: mehr Cirio H. Santiago!!

    Eine Blu-ray wäre in der Tat ein Traum.

Kommentar hinzufügen