Aus der Unterwelt der Gefühle ins Licht des Seins
Versuch von Erinnerungen an die Filme von und eines Nachrufs auf Andrzej Żuławski
Es muss im Dezember 2006 gewesen sein, als ich Sano kennenlernte. Ich hatte im KommKino Benedek Fliegaufs DEALER vorgeführt, den Sano sich zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage angesehen hatte. Nach dem Film kamen wir, mittlerweile alleine (es hatte ohnehin nur eine Handvoll Zuschauer den Film sehen wollen), im Foyer ins Gespräch. Ich wusste mir auf Sanos erratisch scheinenden Geschmack keinen Reim zu machen, war aber fasziniert von seinen Ausführungen über das stete Shiften in der eigenen Filmrezeption – bei der Erstsichtung zwei Tage zuvor hatte er DEALER nichts abgewinnen können (ich schon), nun, nach der Zweitsichtung, war er beinahe enthusiasmiert. Schnell landeten wir im Reich unserer jeweiligen filmhistorischen Obsessionen, und bei Walerian Borowczyk, von dem Sano in einer Art und Weise schwärmte, die mir schon damals nahelegte, es mit einem geborenen Erotomanen zu tun zu haben. Ich hatte mir vorgenommen, nach Ende der öffentlichen Vorstellung noch privat eine DVD im Kinosaal zu sichten – so, wie ich es damals nach fast jeder meiner Vorführungen tat. Aus einem spontanen Bauchgefühl heraus lud ich Sano ein, an diesem Ritual teilzuhaben. „Hm. Eigentlich muss ich morgen früh in die Uni. Was hast du denn für Filme dabei?“ Verschämt, im Gefühl, diesem offenbar weltmännisch cinephilen und intellektuellen Geschöpf nichts bieten zu können, legte ich die vier oder fünf DVDs, die ich mitgenommen hatte, auf den Thresen. Es dürfte sich dabei überwiegend um italienische Genrefilme gehandelt haben. Sano begutachtete jede einzelne DVD kurz, bis ihm Andrzej Żuławskis POSSESSION unter die Augen kam. „Aaaaaaaaaaaaah!“ entfuhr es ihm. Weiterlesen…