Alpenglühn 2011: Ein Dialog zum Deutschen Erotikkino





Die wahre Geschichte des deutschen Erotikfilms wurde noch nicht geschrieben. Dies thematisierte Ulrich Mannes schon 2007 in der elften Ausgabe seines wunderbaren Glamour-Filmmagazins SigiGötz-Entertainment, auf das wir gar nicht genug hinweisen können. Als „eher verdrießliche Angelegenheit“ bezeichnete er dort die banal-bierseligen Ergüsse in Stefan Rechmeiers seinerzeit hoffnungsvoll erwartetem Lexikon des deutschen Erotikfilms.
Trotz einiger lesenswerter Veröffentlichungen wie Die Supernase – Karl Spiehs und seine Filme oder der Erwin-C.-Dietrich-Biographie Mädchen, Machos und Moneten enttäuschen uns die Versuche einer adäquaten Geschichtsschreibung bis heute. Eine substanzielle, kritisch-reflektierte und zugleich liebevoll-leidenschaftliche Annäherung ist bisher ausgeblieben. Auch merkwürdig zwischen Begeisterung und Abwertung oszillierende Anmerkungen wie die eines Ferroni-Brigadisten erscheinen uns alles andere als angemessen. Sätze wie „Ein Stück depperter Softsexexploitation, deren Nichtsnutzigkeit einem die Tränen des Glücks in die Augen treibt.“ möchten wir lieber nicht geschrieben sehen – besonders dann nicht, wenn es um einen Film von unserem Ernst des Lebens geht. Mannes hingegen teilt mit uns die Passion, die schwarzen Löcher der deutschen Filmgalanterie lustvoll zu stopfen und sich der ungeliebten Stiefkinder anzunehmen. In seinem ersten Buch Alpenglühn 2011: Ein Dialog zum Deutschen Erotikkino (erschienen im Verbrecher-Verlag) widmet er sich folgerichtig der Grundlagenforschung und bettet die persönliche Historie von Siegfried “Siggi Götz“ Rothemund in die Geschichte des deutschen Erotikfilms der 70er und 80er Jahre ein – mit einem lehrreichen, einnehmend fließenden und einprägsam pointierten Dialog zwischen dem uns auch persönlich bekannten Autor Erich Lusmann und seiner uns leider noch nicht bekannten, wissbegierigen Nachbarin Roswita. Dabei grenzt Mannes geschmackssicher die trist-desaströsen Ausfälle in Rothemunds Sexfilmwerk ab von seinen Großtaten wie dem berauschend kontemplativen Ausreißerinnen-Prachtstück GRIECHISCHE FEIGEN, das auch bei uns für ungeheure Urlaubsgefühle und angespannte Beinkleider gesorgt hat. Das Ende des Gesprächs ist offen, die letzte Frage stellt Roswita: “Noch ein Bier?“. Ja, und bitte noch viele Bücher. Wie es weitergehen könnte, spricht Lusmann auf Seite 44 selbst an. Er wünscht sich die “längst fällige Studie zum universalen Siegeszug des deutschen Sexfilms“ in “allen Ecken der Welt“. Bitte übernehmen Sie! Wir werden weiterhin an Ihrer Seite stehen – mit Herz und Hose.

Dieser Beitrag wurde am Samstag, September 1st, 2012 in den Kategorien Ältere Texte, Blog, Das Hofbauer-Kommando, Filmbücher, Filmschaffende, Hinweise veröffentlicht. Sie können alle Kommentare zu diesem Beitrag über den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können diesen Beitrag kommentieren, oder einen Trackback von ihrer eigenen Seite setzen.

3 Antworten zu “Alpenglühn 2011: Ein Dialog zum Deutschen Erotikkino”

  1. Christian Schulze on September 1st, 2012 at 10:32

    Ha ha. Aus welchem Buch stammt denn der Satz “Ein Stück depperter Softsexexploitation, deren Nichtsnutzigkeit einem die Tränen des Glücks in die Augen treibt.”? Und vor allem: Auf welchen Film war es bezogen?

  2. Das Hofbauer-Kommando on September 3rd, 2012 at 01:19

    Kein Buch, nur ein Hinweis in einem Stadtmagazin zu einer Aufführung von SCHWARZER MARKT DER LIEBE. Offensichtlich in Unkenntnis des Films allein auf die vorurteilsbehaftete Gleichung „Hofbauer = depperter Softsex“ gestützt, was uns selbstverständlich nicht so gut mundete. Da wir den Autor aber sonst sehr schätzen, ist dieser kleine Seitenhieb natürlich nicht böse gemeint.

  3. Sano Cestnik on September 12th, 2012 at 15:09

    Gestern auch endlich in Händen gehalten und ehrfürchtig und andächtig auf mich wirken lassen. Lesen kommt dann wenn ich mich dem Band angemessen widmen kann. Wollte eigentlich (wohl unbewusst durch dein Posting inspiriert, wie ich gerade erkenne! 🙂 ) auch die deutsche DVD von GRIECHISCHE FEIGEN mitbestellen, habe dann aber nach 30minütiger und erfolgloser Suche nach Informationen zu befürchteten Kürzungen entnervt aufgegeben. Ich muss den Film wohl demnächst einfach auf 35mm sehen (und notfalls baue ich ihn selbst auf und führe ihn mir dann privat vor).

    EDIT: Achso, der Beitrag ist nun nicht unter „Christian“, sondern als Hofbauer-Kommando-Text erschienen. Also danke Hofbauer-Kommando! 😉

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