100 Deutsche Lieblingsfilme #51: Wachtmeister Rahn (1974)




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„Das Glück kommt nie von allein. Man muss immer was dafür tun.“

„Wachtmeister Rahn“ ist eine Art Variation von „Die Zärtlichkeit der Wölfe“. Die Täter sind stets auch die Opfer. Und die Opfer glauben, es reicht aus, das zu tun, was man gesagt bekommt, um zu überleben.
„Wachtmeister Rahn“ habe ich als VHS erstanden, die den reißerischen Titel „Ein Mann dreht durch“ trägt. Wohl auf einem wahren Fall basierend erzählt Ulli Lommel die Geschichte des Polizisten Ernst Rahn, der sich in einen jungen Gauner verliebt, der Rahn zusammen mit einem kriminellen Freund erpresst („Den ziehen wir so lang in den Dreck, bis er nicht mehr raus kann!“). Die VHS verspricht auch einen „Action-Thriller über den Alltag der Polizei“, was nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein könnte. Der Alltag des Polizisten Ernst Rahn ist auf schmerzhafte Weise monoton und trist. Seine Einsamkeit scheint in jeder Szene zu explodieren. Hans Zander spielt ihn mit der Stoik eines Mannes, der begriffen hat, dass die Welt sein Gefängnis ist. Es tut weh, ihm beim Leben zuzusehen.
Rahn sieht einen einfachen Weg aus der Erpressung: Selbstmord. Doch der Versuch scheitert, und er landet im Krankenhaus. In der Psychiatrie. Seine Schwester, ganz anders als er, wunderschön und angepasst, besucht ihn mit ihrem Ehemann. Sie tun so, als würden sie zum Kaffee vorbeikommen. Sie dachten, er hätte einfach zu viele Schlaftabletten genommen. Und die Leute reden schon. Rahn hätte versucht, sich das Leben zu nehmen: „Das war uns richtig peinlich!“
Am Ende bleibt nur der feige Hinterhalt. Rahn erschießt die Geister, die er nicht mehr loswird. Doch die Geschichte fliegt auf. Und am Ende kommt eine schlichte Texttafel, die uns ganz nüchtern über die späteren Ereignisse informiert. Rahn kommt ins Gefängnis. In der Zelle wird er versuchen, einen Mithäftling zu töten. Mehr nicht.

Die Abgründe von Rahn sind bodenlos, gerade weil sie eigentlich deutsche Abgründe sind, auch heute noch. Er repräsentiert das Monster, das ihn selbst auffrisst. Und das Kameraauge schaut fast teilnahmslos zu, wie ein rechtschaffener Passant, der dabei zusieht, wie jemand auf offener Straße überfallen und verprügelt wird. „Wachtmeister Rahn“ ist kälter als der Tod.

Safarow schreibt


Wachtmeister Rahn – BRD 1974 – 79 Minuten – Regie: Ulli Lommel – Produktion: Point-Film- und Fernseh-Produktion GmbH (München) – Drehbuch: Ulli Lommel – Kamera: Lothar Elias Stickelbrucks – Schnitt: Norbert Herzner – Darsteller: Hans Zander, Jeff Roden, Rainer Will, Katharina Herberg, Rudolf Waldemar Brem, Matthias Hell, Franz Maron, Thomas Fischer, Brigitte Streubel, Peter Capell, Dietrich Kerky, Roman Skrobek

Dieser Beitrag wurde am Montag, September 15th, 2014 in den Kategorien Blog, Blogautoren, Deutsche Lieblingsfilme, Filmbesprechungen, Sven Safarow veröffentlicht. Sie können alle Kommentare zu diesem Beitrag über den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können diesen Beitrag kommentieren, oder einen Trackback von ihrer eigenen Seite setzen.

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