10 Greatest Films of All Time according to the Hofbauer-Kommando





Letzte Woche wurden sämtliche Kritiker-Einzellisten der alle zehn Jahre stattfindenden großen Sight-&-Sound-Umfrage nach den „besten Filmen aller Zeiten“ veröffentlicht. Die Liste des Hofbauer-Kommandos war nicht dabei. Sie sei „unacceptable“, „off-putting“ und „far from the scope our readers are expecting“, so war zu vernehmen. Zudem sei sie „inappropriate and not suited to the demands of a reputable poll such as this one“, enthalte lediglich „dubious and obscure trash titles that may raise the interest of Cinema Sewer readers, but certainly not ours“ und zudem „completely disregarding any criteria for assessing masterful cinematic achievements“. Das wollten wir nicht einfach hinnehmen, auch in Anbetracht des Wahlergebnisses.

Beim Durchstöbern aller genannten Filme der Umfrage entdeckten wir zwar vereinzelte Titel wie Richard Franklins PATRICK, Lucio Fulcis NEW YORK RIPPER oder BEHIND THE GREEN DOOR von den Mitchell-Brothers, von denen sich auch unsere Beinkleider angesprochen bzw. angespannt fühlten. Auch können wir vereinzelte erfrischend spritzig aus dem Rahmen fallende Stimmzettel wie den von Stewart Home nur belobigen. Im Großen und Ganzen vermissen wir die ungeheuren Gefühle, die ungebändigte Ekstase, den rasenden Irrsinn und den selbstvergessenen Überschwang jedoch schmerzlich in dieser Umfrage, die im Festhalten an arrivierten Größen und in ihrer angesichts der Teilnehmeranzahl erstaunlich geringen Vielfalt im Gesamten zu einer doch arg trüben, trockenen Angelegenheit wurde. Daher reichen wir nun an dieser Stelle den Greatest-Films-Stimmzettel des Hofbauer-Kommandos nach, um aufzuzeigen, was Kino auch sein kann und welche Bandbreite filmischer Schöpfungen bei der offiziellen Wahl unterschlagen wurde (wenn auch selbstverständlich nur anhand einiger weniger von uns ausgewählter Facetten aus viel mehr möglichen, unberücksichtigten Zugängen!). Diese Liste ist kein Jux, sie ist unser heiliger Ernst, sie kommt mit aufrichtiger schmutziger Liebe direkt aus Herz und Hose, und versammelt inniglich verehrte filmische Wundertüten und Großtaten, die die Grenzen dessen, was im Kino denkbar und machbar ist, fulminant durchstoßen. Sie ist das Ergebnis eines blutigen Selektionsprozesses, dem viele weitere wundervolle Werke zum Opfer fielen und die natürlich nur ein „Kanon des Moments“ sein kann. Als Geste der cinemenschlichen Verbundenheit mit dem Listenwahn von Quentin Tarantino und Martin Scorsese hat sich auch das Hofbauer-Kommando gestattet, ein dreckiges Dutzend von Lieblingsfilmen als seine Top 10 ins Feld zu schicken. Eine kondensierte Auswahl an Maßstäbe setzenden und Sleaze-Neuland erschließenden Meilensteinen des Kinos, die uns die Köpfe verdrehten, die Herzen öffneten und die Hosen zerfetzten, die uns begleitet, geprägt, begeistert, verändert, beflügelt, verstört, befruchtet, abgestoßen, berauscht, verblüfft, beglückt, bestürzt, bereichert und verzaubert haben:

Dirty Love / Amore sporco
(Joe D’Amato, Italien 1988)

Downtown – Die nackten Puppen der Unterwelt
(Jess Franco, Schweiz 1975)

Heißes Pflaster Köln
(Ernst Hofbauer, BRD 1967)

Herbstromanze
(Jürgen Enz, BRD 1980)

Holocaust 2: The Memories, Delirium & Vengeance /
Holocaust parte seconda: i ricordi, i deliri, la vendetta

(Angelo Pannacciò, Italien 1980)

Macho Man
(Alexander Titus Benda, BRD 1985)

Mad Foxes – Feuer auf Räder / Los Violadores
(Paul Grau, Spanien/Schweiz 1981)

Naked / La tentación desnuda
(Armando Bo, Argentinien 1966)

Der Sex-Agent
(Günter Hendel, BRD 1978)

Strip Nude for Your Killer / Nude per l’assassino
(Andrea Bianchi, Italien 1975)

Die wilden Engel von Hongkong / Wu Fa Wu Tian Fei Che Dang
(Kuei Chi Hung, Hongkong 1977)

Der Zerstörer / Mafia Girls
(Norbert Meisel, USA 1975)

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, August 22nd, 2012 in den Kategorien Ältere Texte, Blog, Das Hofbauer-Kommando, Hinweise, Listen veröffentlicht. Sie können alle Kommentare zu diesem Beitrag über den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können diesen Beitrag kommentieren, oder einen Trackback von ihrer eigenen Seite setzen.

6 Antworten zu “10 Greatest Films of All Time according to the Hofbauer-Kommando”

  1. Kommandant Lassard on August 22nd, 2012 at 18:08

    Hätte ich nicht gedacht daß die dort so ticken beim Sight and Sound krass…

  2. Filmforum Bremen » Das Bloggen der Anderen (24-08-12) on August 24th, 2012 at 11:51

    […] Kommando” auf “Eskalierende Träume” mal Gedanken gemacht und eine…  etwas andere Liste erstellt. Gefällt […]

  3. vannorden on August 24th, 2012 at 11:56

    Die Liste von Stewart Home ist ja eine Unfassbarkeit! Zumindest im Kontext des Sight and Sound Polls.
    Und natürlich „Dirty Love“ ♥
    Schöne Liste, habe auch schon die Hälfte gesehen.

  4. Sano Cestnik on August 25th, 2012 at 14:57

    Das ist ja erst einmal recht lustig, eure Veralberung der üblichen allgemeinen Listenaktivitäten, aber bei einem so seriösen Organ wie der Sight & Sound, und einem so wichtigen Unterfangen wie der Ermittlung der weltbesten Filme muss auch irgendwann eine Grenze der Albernheit erreicht sein.

    Deshalb habe ich jetzt beschlossen, hier als direkte Replik eine ernst gemeinte Liste zu veröffentlichen, die dem Anspruch der eigentlichen Bemühungen gerecht zu werden versucht.

    Ich habe mir lange über die aktuell von Sight & Sound veröffentlichte neue Top 10 Gedanken gemacht. Denn obwohl ich weiß, mit welcher Sorgfalt und Akribie auch dieses Mal wider vorgegangen worden ist, und natürlich nur die erfahrensten und fähigsten Filmwissenschaftler zu Rate gezogen worden sind (daher liegt es in der Natur der Sache, dass euer amateurhafter Versuch natürlich keinesfalls berücksichtigt werden konnte), so konnte ich mich doch nicht des Gefühls erwehren, dass etwas nicht ganz richtig war. Als ob etwas Entscheidendes im Prozess verloren gegangen wäre, und die vorliegende Top 10 die eigentlichen Qualitäten der Filmgeschichtsschreibung etwas verzerrt wiedergeben würde.

    Es konnte nicht sein, und doch: Der Fehler ward gefunden! Nach reiflicher Überlegung und tagelangem Kopfzerbrechen, ist mir der entscheidende Fehler (der sich im Nachhinein als eindeutig, und im Grunde unübersehbar erweist) ins Auge gesprungen. Ich will euch den komplizierten Vorgang in all seinen Details und den für unsere Leser auch zu komplexen und herausfordernden Selektionsvorgang ersparen, nach dem es mir gelang, den Entstehungsprozess der Sight & Sound- Liste in seiner Gänze nachzuvollziehen, und einfach auf die nun von mir korrigierte Liste der 10 besten Filme aller Zeiten verweisen. Ich habe meine Kalkulationen und Beweisvorgänge auch bereits an Sight & Sound weitergeleitet, und ich bin mir sicher, dass die korrigierte Version nun in Kürze dort erscheinen wird.

    Daher nun ohne weitere Umschweife – kommt Zeit kommt Rat – zum eigentlichen Herzstück, und damit zur wirklich wahren, nun vollständig zufriedenstellenden Auflistung der 10 größten filmischen Leistungen. Man wird unschwer sehen, dass die Liste in dieser Form nun wirklich einleuchtet, ihre Richtigkeit sofort ersichtlich ist, und auch sonst kein Zweifel mehr bestehen kann:

    1: Vertigo – Aus dem Reich der Toten (Alfred Hitchcock, 1958)
    2: Citizen Kane (Orson Welles, 1941)
    3: Die Reise nach Tokyo (Yasujiro Ozu, 1953)
    4: Sonnenaufgang – Lied von zwei Menschen (Friedrich Wilhelm Murnau, 1927)
    5: Die Spielregel (Jean Renoir, 1939)
    6: 2001: Odyssee im Weltraum (Stanley Kubrick, 1968)
    7: Der Schwarze Falke (John Ford, 1956)
    8: Der Mann mit der Kamera (Dziga Wertow, 1929)
    9: Die Passion der Jungfrau von Orléans (Carl Theodor Dreyer, 1928)
    10: 8½ (Federico Fellini, 1963)

  5. Sano Cestnik on August 25th, 2012 at 16:57

    @vannorden

    Kenne nur 2 der 12 gelisteten, die sind aber allererste Güte, und auch 2 meiner Lieblingsfilme. Lässt von den anderen also nichts Minderes erwarten (und allein die Regisseursnamen sprechen ja [fast] für sich). 🙂

  6. Das Hofbauer-Kommando on August 26th, 2012 at 19:56

    Eine kleine Ironie am Rande: In gewisser Weise haben wir uns sogar völlig dem S&S-Anspruch unterworfen, und primär nach für uns bedeutenden und prägenden, einflussreichen und (für Bereiche und Filmografien) stellvertretenden Meilensteinen ausgewählt – und dabei gänzlich auf Filme verzichtet, die lediglich ein HK-Mitglied gesehen hat. Insofern eine für unsere Verhältnisse bewusst eher konservative Liste, die nicht besonders obskure Fundstücke, sondern eben eine Art (derzeitigen) HK-Kanon präsentiert, der auch vor unter Genrefans recht bekannten Filmen wie STRIP NUDE FOR YOUR KILLER oder DOWNTOWN nicht zurück schreckt. Unser Sleaze-Fokus sorgt dann schon ganz automatisch dennoch gleichzeitig auch für abseitige Nennungen und spezielle Vorlieben. Joe D’Amato etwa ist in einschlägigen Gefilden zwar ein sehr bekannter Name, aber dass ausgerechnet sein Spät-80er-Tanzfilm DIRTY LOVE (der uns einen ganz neuen Zugang zu D’Amato und zum „Videoknüppel“ eröffnet hat) jemals irgendwo eine nennenswerte Würdigung erfahren hätte, wäre uns nicht bekannt – auch wenn wir natürlich ausdrücklich belobigen, dass unsere Begeisterung für den Film in jüngster Zeit bereits andere ansteckte. Dass auch unsere Liste natürlich nur ein paar wenige Facetten von den unendlich vielen, die beim S&S-Poll unterschlagen wurden, streifen kann, sollte klar sein (ein entsprechender Vermerk ist dennoch in der Einleitung ergänzt). Zudem ist unsere Mission derzeit auch gar nicht, aus entlegenen Winkeln afrikanischer oder lateinamerikanischer Kinematografien besondere Obskuritäten zu bergen (was aber noch kommen mag und bestimmt lohnenswert ist), sondern es geht uns primär eher um eine Revision vermeintlich bereits abgesteckter (und abgestempelter) Bereiche – und ihrer Schattenzonen und Anomalien. Gerade die aus den unwahrscheinlichsten Ecken der Filmografien ihrer gemeinhin eher als letztklassig geltender Regisseure Enz und Hendel geborgenen HERBSTROMANZE und DER SEX-AGENT dürfen dabei wohl mit einiger Berechtigung als originäre Entdeckungen des Hofbauer-Kommandos gelten. So also setzte sich diese Liste zusammen, von deren Filmen selbstverständlich keiner und von deren Regisseuren lediglich einer (Jess Franco) bei der offiziellen Wahl überhaupt irgendwo genannt wurde. Wenn sie manchem Leser als Ausgangspunkt und auch als weitergehende Inspiration dienen kann, freut uns das natürlich sehr.

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