Tree of Life
Vor einigen Stunden wurde ich noch überraschend auf den kursierenden Bootleg-Trailer von Terrence Malicks Tree of Life hingewiesen und hatte beim Ansehen bereits Ganzkörpergänsehaut – jetzt steht der offizielle(?) Trailer endlich in guter Qualität im Internet. Ich muss einfach die frohe Kunde verbreiten, die ersten Bilder, auch wenn es inzwischen wohl schon zig Blogs gibt, auf denen das Gleiche zu sehen ist. Was sich erahnen lässt: Ein weiterer Film für die Ewigkeit, nach „Thin Red Line“ und „New World“ wohl ein weiterer Jahrhundertfilm, oder zumindest der kommenden Dekade. Die Bilder sehen mal wieder nach Gesamtkunstwerk aus, dem Willen zum ganz Großen, dem GGFÜA (wie vor kurzem Ekkehard Knörer schrieb). Zum Glück gibt es das noch: Filmemacher die genial-größenwahnsinnig arbeiten. Vision in GROSSBUCHSTABEN. Egal was man darüber denken mag: Ich bin gespannt.
Ein coming-of-age-Film (ein echter, keine dieser verklemmten Blödeleien, die mittlerweile oft unter diesem Namen laufen) in der amerikanischen Vorstadt der 50er vom Naturburschen Malick. So sieht das für mich aus. Und irgendwie sehr intim und persönlich, gar nicht so sehr nach der ganz großen, umfassenden Vision. Ich kann es kaum erwarten.
P.S. Ich verbinde Smetana inzwischen schon so sehr mit dem Ende von DIE GOLDENE STADT, dass ich für einen Moment ziemlich irritiert war, als die Musik kam.
Na ja. Irgendwie sieht das schon sehr faszinierend und schangelig aus, aber ich finde Malick mitunter doch etwas (eso-)trashig (chronologisch sogar von Film zu Film mehr, wobei mir aber DAYS OF HEAVEN immer noch fehlt) und wenn ich diese weitwinkeligen Kinder-Subjektiven im Trailer sehe, der so bemüht ist darum, eben ungefähr das zu suggerieren, was du da oben beschrieben hast, dann schwindet meine Vorfreude (die vor Genuss dieses Trailers doch recht groß war) ein wenig. Allerdings habe ich den Trailer auch innerhalb einiger Stunden schon dreimal angesehen, was meine Worte vielleicht der Lüge straft. 😉
@ Alex P:
Wahrscheinlich beginnt der Film als coming-of-age-Drama und weitet sich dann pilzartig zum GGFÜA aus. 😆 Umgekehrt (wie bei THE NEW WORLD, der als GGFÜA beginnt, aber dann zu einem GNFMT [Ganz normalem Film mit Thema] wird) wäre das sehr enttäuschend.
GGFÜA, GNFMT, schangelig…
Diese „esoterische Privatsprache“ wirkt immer elitärer. Da kommen normale Menschen gar nicht mehr mit. Schreibt ihr hier nur noch für euch?
@Rajko
Ne,ne, „von uns – für euch“ ist das Motto. 😉
GGFÜA höre ich erst zum zweiten mal und fand es in Knörers Text einfach wunderbar erklärt (daher auch der Link), und das andere war wohl Christophs Replik (die ich auch zum ersten mal höre, die er aber ja zum Glück erklärt). Magst du keine Neologismen? 🙂 Zumindest mit „Schangel“ (ist aber glaub‘ ich vom Kessler) wirst du hier wohl leben müssen, da wir mit Alex S. und Christoph zwei totale Anhänger des „ET-Verwirrungswortes 2010“ (wie ich es an dieser Stelle mal nennen möchte) haben.
@ Christoph
Ich widerspreche vehement!! THE NEW WORLD beginnt als GNFMT und wird dann (vor allem gegen Ende) zu einem GGFÜA par excellence! Aber das ist natürlich nur mein Seherlebnis (und ich habe den Film auch erst 3 oder 4 mal gesehen). Deiner Spekulation zu TREE OF LIFE stimme ich (auch in diesem Sinne zu). Und diese weitwinkeligen Subjektiven kriegt eben NUR Malick mit Lubezki so hin. Das ist dann das außergewöhnliche. 😉 Malick ist die Inkarnation des Esotrash!! Deshalb verehre ich den Mann auch so! Die ersten beiden habe ich übrigens (wie du dich vielleicht erinnerst) immer noch nicht gesehen. Zumindest „Days of Heaven“ scheint aber ein weiterer sicherer Kandidat für meine Top 100 zu sein. Richard Gere in Kornfeldern der 30er…. Huiuiui. 😀
@Alex P.
Da denkst du aber sehr weit. Stimme dir vollkommen zu. Wenn das ein coming-of-age Film wird (was ich auch vermute), dann wahrscheinlich ein völlig anderer als American Pie und Co. Wenn die Kinolandschaft anders aussähe, und der infantile Film tatsächlich die Domäne der Romantiker, Surrealisten und Kinder wäre… nicht auszudenken wie Hollywoodfilme heute aussehen würden. Wenn du mich fragst natürlich um ein gar nicht auszumalendes Vielfaches besser.
Intimität und Epik in einer Einstellung sind doch Malicks Markenzeichen. 😉 Persönlich war das für mich in den letzten 2 Filmen auch immer, in jeder Minute. Ach, ich bin schon wieder am Schwärmen. Smetanas „Moldau“ mochte ich als Kind sehr (in meiner klassische-Musik-hör Phase), bis wir den dann mal in der 6. Klasse monatelang durchgekaut haben. Danach konnte ich das Stück nicht mehr hören – und im Trailer hab ich es nicht erkannt, weil: ich fand’s großartig im Trailer!! Der Einsatz, der Moment, der Kontext. Ich glaube, nach diesem Film werde ich „Die Moldau“ endlich wieder genießen können. Und ich bin mir ziemlich sicher, was sich mir dabei an Erinnerungen für die nächsten Jahre (Jahrzehnte?) ins Gehirn brennen wird. 😀
Juhu, ich freue mich einfach ungeheuer auf diesen Film. Wenn mir jetzt noch jemand sagt, dass Gallos PROMISES WRITTEN IN WATER 2011 einen Kinostart bekommt, ist das nächste Jahr perfekt. Da kann ansonsten laufen was will. 😉
Ich habe überhaupt nichts gegen AMERICAN PIE (eher im Gegenteil), ich würde mich aber wahrscheinlich daran stören, wenn man ihn als Coming-of-Age-Film bezeichnen würde. Wobei es vielleicht eher eine sehr simple Perspektivfrage ist und AMERICAN PIE schon auch ein CoA-Film ist, es geht halt „nur“ um einen Gewinn bei dem ganzen Prozess (das große Versprechen der Sexualität blabla etc.), bei TREE OF LIFE -scheint es- erstmal um einen tiefen Verlust zu gehen.
Noch mehr als der Trailer hat mich übrigens die Inhaltsbeschreibung bei der englischen Wikipedia angefixt. Wobei es nur ein schlechtes Ende nehmen kann, wenn durch die Trailerbilder und den Text im Kopf ein eigener kleiner Film entsteht – das geht eigentlich immer schief.
PR-Ultrakunst oder akurate Filmbeschreibung? Oder beides? Man wird sehen.
„Sehr geehrte Damen und Herren,
THE TREE OF LIFE ist das neue Meisterwerk des Kultregisseurs Terrence Malick („Der schmale Grat“, „Badlands“). Das geradezu kosmische Epos folgt den Kindheitserinnerungen von Jack, der alles um sich herum mit den Augen seiner Seele sehen kann. In den Hauptrollen glänzen Brad Pitt, Sean Penn und Jessica Chastaine“
(Quelle: Concorde)
Tja, und nun liegt der Film vor uns ausgebreitet, ein RGFÜGW (Riesengroßer Film über ganz wenig) , alle Wunschträume liegen in Scherben und die Hosen in Falten.
Ich kann mir nicht helfen, nach unserem Gespräch kürzlich finde ich die Euphorie aus deiner Traileransage noch amüsanter.:-)
Und bei neuerlicher Ansicht des Trailers dachte ich: Wie konnten wir auch ernsthaft glauben, der Film würde nicht genau so?
Aber hinterher ist man immer schlauer gewesen, das kennt man ja.
Trotzdem ist TREE OF LIFE irgendwie bisher doch einer Trash-Höhepunkte des Kinojahres. Ich werde ihn vielleicht belobigend als genuines guilty pleasure in meine Jahresbilanz aufnehmen, da gehört er eigentlich hin. Ein dufter Spaß, das war er schon – aber so schrecklich egal, so brutal egal.
Irgendwie bin ich aber fast dankbar – der Film kam im genau richtigen Moment, um meiner wachsenden Aversion gegen Filmemacher mit dem „Willen zum ganz Großen“ den finalen Tropfen einzuspritzen. Nee. Lieber ganz kleine Filme, die ganz von selbst ganz hoch hinauswachsen. Lieber LO VOGLIO MORTO oder AQUAPLANING als TREE OF LIFE.:-)
@ Alexander P.:
Ich brenne auf deine Worte zum Film. Ja, du hattest recht – es geht in dem Film um den ganz großen Verlust. Der Unschuld. Unfassbar.
Mich hat das ja doch recht hart getroffen. Das mich ein Film von Malick tatsächlich langweilt und mit verkitschten Bildern bis zum abwinken nervt, hätte ich dann doch nicht vermutet. Ich bin beim Trailer eben vom Bestmöglichen ausgegangen – während des Films hätte ich mich aber auch mit viel weniger zufrieden gegeben. Leider wollte er mir aber nicht einmal das gönnen. 🙁
Meinen mit „Terrence Malick goes Michael Bay“ betitelten Verriss (der mich schon stark in den Fingern gejuckt hat) habe ich dann aber doch nicht geschrieben, und werde mir stattdessen lieber die Extended BluRay-Version von THE NEW WORLD anschauen. 😛 Oder eben warten, bis die 6-Stunden Fassung von TREE OF LIFE erscheint, und dann vorher vielleicht noch ein paar der zahlreichen substanzvollen Lobpreisungen lesen, um mit dieser Trash-Gurke vielleicht noch irgendwie warm zu werden. Bisher wurden die Filme von Malick für mich ja bei wiederholter Sichtung immer (noch) besser…
PS: Es ist aber wiederum bezeichnend, dass sich inzwischen wohl ein kleiner ET-Konsens bezüglich des Films einzustellen scheint. Schlechter als 4/10 hätte ich ihn wahrscheinlich nicht bewertet, und Andi, Alex S. sowie du (abzüglich Trash-Bonus)fanden ihn ja alle eher mittelmäßig bis schwach, und auf jeden fall eher unfreiwillig entgleist. Womit wir trotz aller Rezeptionsunterschiede im Detail, im Endeffekt wieder ähnlicher Meinung über den Gesamtkoloß sind.