Inception (2010)
Ich musste ständig an THE BUTTERFLY EFFECT denken. Das war so ein Film, den ich vor Jahren sah, damals sehr davon angetan war – wie die meisten anderen, die ihn gesehen hatten und mit denen ich darüber sprach. Ein völlig uncineastisches Umfeld, natürlich. Und ich? Hatte keine Ahnung. Ein Twistorama, dass alle anderen dieser twistreichen Jahre des Mainstreamkinos in den Schatten stellte. Das M. Night Shyamalans Filme wie gewöhnliche Whodunits aussehen ließ. Es twistete, dass sich die Balken bogen. Als ich den Film nur zwei Jahre aber einiges an “cineastischen Erfahrungswerten” später wieder sah, war ich gelangweilt und verärgert von seinem enervierenden Gezappel, seiner modischen Ästhetik – unhygienisches Orange, giftige Gelbtöne – heute Anzeichen totaler Perversion, morgen Camp – und seinem ganz und gar durchsichtigen Fundament, dass keinerlei Offenheit besaß, keinerlei Vorstellungskraft und keinerlei Interesse an seinen philosophischen Möglichkeiten. Sicherlich wird dieser Film in Vergessenheit geraten, höchstens einmal als ein dezent überdurchschnittlicher Beitrag zum Subgenre des Teen-Thrillers wahrgenommen werden, der sich durch sein vermeintliches narratives Kuddelmuddel aus der Menge vergleichbarer Lipgloss-Streifen vermeintlich abhebt.
Heute, knappe 10 Jahre später, können wir das “erwachsene” Pendant zu dieser semipostmodernen Kasperei bewundern: INCEPTION.
Die Ästhetik hat sich verändert, es herrscht nun reifes Stahlgrau vor, und statt dem ewigen Teddyboy Ashton Kutcher hat man nun den den Badehosen entwachsenen Teddyboy Leonardo Di Caprio (was, wohlbemerkt, dessen Fähigkeiten nicht schmälern soll, auch wenn selbige hier verheizt werden, dass es eine Schande ist). Der Regisseur hat sich geändert. Statt zweier gesichtsloser Gebrauchsfilmer XY steht nun der Name Christopher Nolan über allem, spätestens seit seinem schick geschneiderten aber gerade so von seinen Vorlagen zusammengehaltenen THE DARK KNIGHT Hollywoods neues Retorten-Genie, gefeiert, als wäre das Kino schon gestern gestorben. Gefeiert von manchen als der neue Stanley Kubrick.
Und jetzt? Jetzt hat er seinen neuesten Hochschul-Abschlussfilm auf uns losgelassen und brät uns mit INCEPTION ein Werk über, dass ihn endgültig als staubtrockenen und vor allem hoffnungslos eingleisig fahrenden Mikrowellen-Regisseur entlarvt, der sich nur unerheblich unterscheidet von in ähnlichen Dimensionen operierenden Bulldozern wie Michael Bay, Roland Emmerich oder Zack Snyder. Der Grund, warum Nolan jetzt mit einem solchen Budget seine Traumwelten entwerfen darf, ist nur zum Teil der bombastische Triumph von THE DARK KNIGHT. Eigentlicher Grund ist, dass Nolans Traumwelten völlig ungefährlich sind und kein Risiko bedeuten für die Unsummen, die man dafür ausgegeben hat. Sie sind nämlich, beinahe ausnahmslos, gänzlich fantasielos und laufen nie Gefahr, die Imagination des Zuschauers ernsthaft zu kneifen. Die steuerlose, vom Träumer unerfragte Transzendenz des Traumes, seine Ziellosigkeit, seine krude Mystik, seine Sinnlichkeit – sinnlich ist an diesem textilen Film rein gar nichts – all das hat keinen Platz in INCEPTION, einem Film der vermuten läßt, dass Christopher Nolan selbst noch nie geträumt hat und einen Putsch seines eigenen Unterbewußtseins dringend nötig hat – jedenfalls, wenn er das Unterbewusstsein Anderer weiterhin zum Leben erwecken will. Diverse Erzähl- und Zeitebenen, die sich in diversen schick dunkel aussehenden, ausschließlich für den Film in sich funktionierenden und dystopisch müffelnden (BLADE RUNNER, ein erklärter Liebling Nolans, dessen schöpferisches Genie er nie verstanden zu haben scheint, lugt um jede Ecke) ineinander zu verknoten scheinen, zu verschlingen, zu überlagern scheinen – und das alles ganz schnell. Sonst könnte es nämlich nicht so scheinen, als würden sich all diese eigentlich fein säuberlich zusammengepuzzelten Ebenen auflösen, vermischen, verschieben. All das tun sie nämlich nicht. Woher kommt aber dann dieses Knarzen zwischen den Stahlträgern?
Es ist nur der Strippenzieher Nolan, der im Schweiße seines hart konstruierenden Angesichts an den Fäden reißt und dabei grinsend flüstert “Na? Na, kommt ihr auch alle schön mit?”.
Er weiß, dass er sich auf ein pragmatisch zum Narrativen erzogenes Publikum verlassen kann, welches pausenlos rätseln wird weil es dieses Rätseln, das Zusammenführen von Handlungssträngen, als die ultimative Form des Cineasmus versteht. Er hat dem Film, zumindest vorgeblich, für diese Rätsler entworfen, so wie Kreuzworträtsel für Väterchen am Sonntagmorgendlichen Frühstückstisch entworfen werden.
Dieser Film führt mich an der Nase herum und hat mir etwas voraus, aber das lasse ich mir nicht bieten! Ich komme schon dahinter!
INCEPTION ist ein Film wie eines dieser kleinen Labyrinthe, durch die man mit großem Fingerspitzengefühl eine kleine Kugel lenken kann – wenn es einem gelingt, freut man sich wie ein König, zumindest solange, bis man das Ding wegstellt oder -schmeißt.
INCEPTION ist ein Film zum wegstellen. Er ist ein Film, der nur zum Schein “cineastischer” ist als andere Sommer-Blockbuster. Denn er will nicht ehrlich sein mit seinem Publikum. “Now you’re looking for the secret. But you won’t find it because, of course, you’re not looking. You don’t really want to work it out. You want to be fooled.” heißt es am Ende von Nolans THE PRESTIGE (2006), einem Film, der vermutlich nur deshalb funktionierte, weil er um den Triumph und den Zerfall von artifiziellen Konstrukten und Handlungen kreiste – und sich somit trotz seiner Versuche, die Möglichkeiten des Twistens zu missbrauchen, immer an seiner eigenen Schallmauer rieb.
Jetzt hat es den Anschein, als seien diese Worte eine Drohung gewesen, die Nolan nun wahr gemacht hat. INCEPTION ist ein hundsgemeiner Verrat an seinem Publikum: Vorgeblich für ein Publikum gemacht, das sich gefesselt fühlt von dem erzählerischen und psychologischen Durcheinander, das seine Freude daran hat, zu rätseln und das einen Film erst dann für raffiniert und virtuos hält, wenn es über ihn so rätseln muss. Das Rätsel der Narration. Das langweiligste aller filmischen Rätsel. INCEPTION ist ein Film, der Sehgewohnheiten ohne Skrupel als Spielball seiner prahlerischen Machtdemonstration gebraucht. Die Macht des großen Filmemachers Christopher Nolan über sein kleines Publikum, die er ohne den geringsten, den leisesten Hauch von Selbstironie etabliert.
Selbstredend leidet all das unter Bedeutungsschwangerschaft im Endstadium – ohne dabei seinem Publikum auch nur das Geringste zuzutrauen. Alle Unwägbarkeiten, alle Geheimnisse, kurz: alles Unterbewusste – das Wort “Unterbewusstsein” fällt hier blasphemisch oft; es soll nämlich der Schauplatz des Showdowns sein – wird erstickt und gebändigt von einem dickflüssigen Guss aus psychologischem Baukasten-Palaver, der stellenweise die Grenzen des Erträglichen weit überschreitet. Anstatt das Ping-Pong-Spiel mit den Ebenen assoziativen und somit unterbewussten Rezeptionsgesetzen zu überlassen, muss Nolan alles sofort mit einem kleinen und nicht selten auch einem fetten Verweis im Dialog zusammenkitten. Aber immer nur soviel, dass man auch gegen die Wand rennen kann. Man soll dieses Spiel der äußerlichen Innenwelten nicht begreifen, man soll einen gordischen Knoten sehen, wo keiner ist – den es ist alles nur ein Scharmützel. Wenn man es durchschaut hat, bleibt nichts mehr, außer einem erzkonventionellen Heist-Thriller. Und, was beinahe noch unerträglicher ist, einem erzkonservativen, in seinen chauvinistischen Implikationen auch durchaus fragwürdigen Schuld- und Sühne-Drama aus der untersten, schimmeligsten Saccharin-Schublade.
Nolan gebärdet sich im Umgang mit seinem Drehbuch, dem man die angeblichen zehn Jahre harte Arbeit schon anhand dieses ranzigen Miefs eines zu Tode gedokterten Objekts durchaus anmerkt, wie ein um Beifall heischender Filmhochschüler. Etwas anderes ist er wahrscheinlich nie gewesen. Ohne überhaupt zu begreifen, warum eine solche Entscheidung sinnvoll sein könnte, pendelt er zwischen halbherziger Stilisierung und seinem dümmlichen Reportage-Realismus hin- und her ohne irgendeine Idee für die Erweiterung ersterer zu haben, während zweiterer Ansatz seinem Film ständig den Weg zum “Filmwerden” versperrt, denn wie besonders die “alltäglichen” Momente rund um Cobbs Team zeigen, ist das Menschenbild des Filmemachers Nolan viel zu eindimensional, als dass er mit seinen zusammengepressten Hinterbacken Realismus aufs Papier bringen könnte. Dafür müsste er erst einmal aufhören, zwischen Menschen und Charakteren zu unterscheiden. Denn aus dieser Unterscheidung kann er kein Kapital ziehen: Alles Abstrakte scheint ihm ein Gräuel zu sein, der Gedanke, einmal zur Metapher statt zur Aktion und vor allem zum Wort zu greifen, scheint ihm fremd zu sein, einer der Gründe, warum INCEPTION visuell ein dezidiert eintöniger Film geworden ist.
Das Gehirn, dass er vor unseren Augen entwirft, denkt nicht selbst. In ihm kommt es nicht zu unvermittelten Gedankensprüngen, hormonellen Reaktionen, Reflexen, emotionalem Chaos – es ist ein fremdgesteuertes Gehirn, in dem rigide Ordnung bewahrt wird, in dem die pragmatische und die intuitive Hälfte mit Gewalt voneinander ferngehalten werden und letztere beinahe völlig abgestorben scheint. Es ist der Film selbst, der am Zuschauer eine “Inception” vornehmen möchte: Ich bin hochkomplex, raffitückisch, philosophisch, zeitlos, visionär und abgründig – nimm mich an! Er wird angenommen, und wie.
Und das, obwohl er eine solche cineastische Frontalbeleidigung ist in seiner sterilen Technokratie, seiner maßlos pingeligen Erklärungswütigkeit. Die allen Versuchen einer physischen Inszenierung zum Trotz völlig leblosen und von der instinktlosen Montage zerfahrenen Actionsequenzen. In seiner emotionalen Falschheit, in seiner Verweigerung jeglichen Blickkontakts und Dialogs mit seinem Publikum, das er nur übertölpeln will. In seiner stumpfen Fotographie. Hans Zimmer, der weiter daran arbeitet, in seiner deprimierend funktionellen Bläser-Soße das genuin Primitive in der Filmmusik zu entdecken. In seiner ästhetischen wie intellektuellen Engstirnig- und Einfältigkeit besonders. ALLES an diesem Film ist haarsträubend simpel und zugleich anmaßend – denn um etwas genuin komplexes zu erschaffen, braucht es eben Vorstellungskraft. Das ihm selbige abgeht, hat Nolan spätestens jetzt unter Beweis gestellt: Wer glaubt, Träume so ordentlich und ökonomisch in Form pressen zu müssen, reißt den Traum mit seinen Wurzeln aus dem Erdenreich des (Unter)Bewusstseins und schlägt ihm seine Bedeutung ab.
Ich habe bisher nur sehr wenig Filmgeschichte in Nolans Filmen ausfindig machen können. Und ich bin überzeugt davon, dass dies nicht für seine Souveränität spricht, sondern für meinen ausschließlich auf seinen Filmen begründeten Verdacht, dass der cineastische Horizont dieses Mannes ein sehr überschaubarer ist. Das hat er dann auch gemein mit einem Gros heutiger Filmhochschüler. Und was für Filmemacher sollen schon heranwachsen aus Menschen, die nur in ihrem unmittelbaren filmischen Zeitfenster verhaftet sind und denen die Möglichkeiten des Kinos verschlossen bleiben? Filmemacher, die einmal sagen werden, dass Christopher Nolan sie zutiefst inspiriert habe und ihrer Ansicht nach der bedeutendste lebende Filmemacher ist? Nicht auszudenken.
INCEPTION – USA/GB 2010 – 148 Minuten – NolanScope
Regie und Buch: Christopher Nolan – Produktion: Christopher Nolan, Emma Thomas – Kamera: Wally Pfister – Schnitt: Lee Smith – Musik: Hans Zimmer
Suuuuper! Auf deine herzerfrischenden Polemiken ist doch immer Verlass… 😉
Vor allem aber nimmst du mir glücklicherweise ab, hier etwas über INCEPTION zu schreiben und obwohl es zum Glück bereits einige ähnliche Credos zu dem Film im Netz gibt, ist es schön, dass wir jetzt auch eines haben.
„Bedeutungsschwangerschaft im Endstadium“ – da bist du auf dem Gipfel deiner Kunst! Schade dass du damals zu MATRIX keinen äquivalenten Verriss geschrieben hast. Für mich stehen diese Filme in einer Linie, BUTTERFLY EFFECT ist aber auch ein gutes Beispiel des Zuschauerüberrümpelungs- und Krampfhafteindruckschinden-kinos. Traurig nur, dass in INCEPTION auch einige wirklich gute Ideen verheizt wurden, die nun nicht mehr ohne drohende Plagiatsvorwürfe auf fruchtbaren Boden fallen können…
Die meilenweit bessere Alternative zum Thema verschachtelte Realitätsebenen ist immer noch EXISTENZ, der bessere Film über Traumwelten THE IMAGINARIUM OF DR. PARNASSUS, wobei ich jetzt natürlich nur von Filmen mehr oder weniger jüngeren Datums und aus mehr oder weniger kommerziellen Produktionen spreche.
Das bild oben ist der Burner.
Text habe ich noch nicht gelesen, werde den Film ja erst noch schauen und las bis jetzt noch keine einzige Kritik.
[…] oder rechtfertigt der Plot die Notwendigkeit des Realismus? Diese Frage ebenfalls anreißend, geht Christoph Wirsching in seinem veritablen Verriss noch einen Schritt weiter und erkennt in dem Film ein […]
BLADE RUNNER ist auch einer der überschätztesten Filme aller Zeiten. Tendenziell stimme ich dir zu INCEPTION zu, obschon ich Nolan nun doch nicht ganz so kritisch sehe.
Schwachfug, BLADE RUNNER ist ein formvollendetes Meisterwerk. Genau wie ALIEN.
Unverständlicherweise beide von Ridley Scott.
Falls ich den Eindruck erweckt haben sollte, BLADE RUNNER nicht für ein Meisterwerk zu halten, möchte ich hiermit noch klar stellen, dass ich BLADE RUNNER liebe. Einer der Gründe für seine Qualität liegt in der eigenen Realität, die er künstlich erschafft, ein Schritt, vor dem Nolan in INCEPTION die Zehenspitzen einzieht.
„Unverständlicherweise beide von Ridley Scott.“
Einerseits schon, aber die Tatsache, dass Scott neben so viel Blödsinn auch zwei wunderschöne Filme gedreht hat, zeigt doch nur mal wieder, dass sich nicht alles um den verdammten Regisseur dreht.
Manchmal stimmt das ja mit der Autorentheorie (Woody Allen, Eric Rohmer, etc.), aber vor allem bei großen Produktionen geht es um das kreative Kollektiv. Bei ALIEN und BLADE RUNNER waren großartige Künstler beteiligt. Und Scott kann auch inszenieren. Nur eine Vision hat ihm immer gefehlt. Bei seinen beiden Meisterwerken kam die Vision auch nicht unbedingt nur von seiner Richtung… die meiste Zeit nicht…
Zur Kritik:
Na ja, stimmt alles. Ich glaube, ein bisschen mehr amüsiert habe ich mich zwar, aber es stimmt alles… Und die narrativen Mätzchen von wegen „träumt er oder träumt er nicht?“ sind ja auch nur Geplänkel und wirklich für „Väterchen am Sonntagmorgendlichen Frühstückstisch“ entworfen. Wen interessiert das eigentlich? Es ist genauso wichtig, wie die Frage nach dem Inhalt in dem Scheißkoffer bei PULP FICTION.
Auch mir ging der ganze Hype um den Film ziemlich auf den Keks… da fragt man sich dann schon mal, was die Leute eigentlich wollen von diesem Medium?
Und doch verstehe ich irgendwo diese Rätselwut, die ein wenig an den berühmten „whodunit?“ in vielen Krimis, Gialli und Slashern erinnert.
Na ja, ich war jedenfalls auch nicht besonders begeistert von dem Film:
http://www.negativ-film.de/2010/08/inception-neues-von-voodoo-meister.html
Na, da wuchsen sich deine Ideen ja noch zu einem mehrseitigen Bahnfluch aus. So wild scheint das mit den von dir befürchteten Schwierigkeiten beim Formgeben und Ordnen der Gedanken dann ja nicht zu sein 😉
Ich hatte die letzten Tage nur ein halbes Auges auf den Text geworfen, um unbefangen zu sein, aber jetzt habe ich ihn detailliert studiert.
Um mal mit den Unterschieden anzufangen: Dein Temperament scheint mir – wie immer schon, seit ich deine Reviews lese – wesentlich ummittelbarer die Emotionen in den Text zu blasen, als bei den meisten Rezensenten (mich eingeschlossen) üblich. Das führt manchmal zu riskanten Formulierungen und Vergleichen, die dich angreifbar machen. Aber da ich es kenne und glaube auch einsortieren zu können, nehme ich es mal als ein Wasserzeichen der Authentizität.
Die Argumente hingegen scheinen mir auf sehr treffenden Beobachtungen zu gründen, auch wenn ich manche Akzente anders setzen würde.
Nolans „Kreuzworträtsel“-Pseudokomplexität- ja.
„erzkonservativ“ – ja.
„Baukasten“ – ja.
„prahlerische Machtdemonstration“ – ja.
„sterile Technokratie“ – ja
„Bedeutungsschwangeschaft im Endstadium“ – ich weiß, was du meinst. Aber mir scheint es eher eine vorgetäuschte Bedeutungsschwangerschaft zu sein.
@Mr.Vincent Vega: Alien ist Scotts Meisterstück, Blade Runner nur formvollendet, aber inhaltlich dezent überschätzt.
Habe deinen Text jetzt nochmal gelesen, und muss sagen, dass ich ihn bis auf ein paar Wiederholungen und leichte Ausdruckseigenheiten die mir persönlich nicht immer zusagen, doch sehr gelungen finde. Mag Polemiken ja nicht so besonders, aber vor allem die Länge und Ausführlichkeit mit der du immer wieder auf den Film eindrischt bereiten mir schon ein angenehmes Lesevergnügen, obwohl ich den Film nicht kenne.
Gefällt mir von den bisherigen Verrissen die wir auf unserem Blog haben vielleicht am Besten. Und in seiner momentanen Form auf jeden Fall deutlich runder und besser als deine erste Fassung!! 🙂
Interessante Ausführungen. Habe den Film am vergangenen Wochenende im heimischen Multiplex-Tempel anschauen müssen, man schleifte mich (mehr oder weniger gegen meinen Willen) hinein, obwohl ich viel lieber THE EXPANDABLES gesehen hätte.
Zwei Dinge stießen mir sauer auf: Erstens, die von dir bereits ausgiebig gescholtene Unfähigkeit Nolans das tatsächliche Potential des „Unterbewussten“ und der Surrelität der Traumwelten zu erkennen und filmisch zu nutzen. Zweitens, die gelackte und sterile Harmlosigkeit des Dargebotenen.
Was am Ende übrig bleibt, ist Belanglosigkeit. Bereits nach zwei Stunden hat man den Film vergessen, denn er lässt den Rezipienten so kalt wie eine abgestandene Tasse Milchkaffee.
Habe den Film letzten Monat also doch noch gesehen. Ganz zufällig und spontan mit einem guten Freund zusammen in 35mm und in OmU. So müsste das eigentlich immer sein!
Vielleicht hat mich meine gute Laune beschützt, vielleicht haben mich aber auch die zahlreichen Diskussionen und Verrisse die ich aufgrund deiner Kritik gelesen habe schon zur genüge mit dem Film vertraut gemacht. Ich fand ihn äußerst gelungen und habe mich zweieinhalb Stunden lang aufs angenehmste unterhalten gefühlt.
Mir hat eben die mathematische Präzision mit der alles haargenau erklärt worden ist sehrt gefallen. Wie im Mathematikunterricht in grundschulen, wurde einem die einfache Formel schön säuberlich aufgedröselt präsentiert. Twists und Wendungen konnte ich nicht erkennen, dafür empfand ich den Film aber emotional und inszenatorisch ansprechend und auch vergleichsweise spannend (wie gesagt lässt sich vielleicht manches darauf zurückführen dass ich im Vorfeld viel gelesen hatte, und mit keinen Erwartungen an INCEPTION herangetreten bin). Jedenfalls war ich von der ersten beeindruckend inszenierten Traumsequenz „im Film“ wie man so schön sagt, und kam auch erst gegen Ende wieder ein bisschen auf Abstand. Überwältigend empfand ich das nicht. Jedoch als schöne Genre-Handwerkskunst ohne die heutzutage üblichen Mätzchen und Schnörksel.
Was mich gestört hat war höchstens die klimatische Parallelmontage der verschiedenen Traumebenen gegen Ende. Die hätte ich mir lieber schön säuberlich nacheinander angeschaut, so ordentlich aufgereiht wie der Rest des Films. Das heißt, für meinen geschmack hätte der Film noch eine halbe bis eine ganze Stunde länger dauern dürfen ohne dabei jedoch etwas hinzuzufügen. In den verschiedenen Traumebenen einfach den Arbeitern länger bei der Arbeit zusehen zu dürfen, das Rädchen beim drehen beobachten dürfen – dann wäre ich wohl wunschlos glücklich aus dem kino gewankt. 😀
Dass INCEPTION keine Geheimnisse, keine Traumlogik und kein Unterbewusstsein abbildet, also die von dir bemängelte Sterilität und Einfallslosigkeit haben mir imponiert. Wer traut sich heutzutage schon noch Träume so rational zu strukturieren, und dabei trotzdem ein Interesse an ihnen zu suggerieren?
MEIN FAZIT: Einfaches Hollywoodkino wie ich es mag. Nach dem enttäuschenden „Dark Knight“ hätte ich Nolan so etwas gar nicht zugetraut. Mag sein, dass der Mann wenig Fantasie hat. Aber ich glaube, dass ist eher seine Stärke. Wie bei „Memento“ sollte er sich wieder mehr auf einfache Handlungsabläufe konzentrieren. Ich glaube, darin liegt (im gegensatz zu den „großen Entwürfen“) sein wahres Talent.
Somit hat dein Verriss von Nolans jüngstem Werk kurioser Weise das genaue Gegenteil bei mir bewirkt: mir einen Film anzuschauen, der mich ansonsten nicht die Bohne interessiert hat, und mich erneut für einen Regisseur zu interessieren, den ich eigentlich schon (als uninteressant) abgeschrieben hatte. 🙂
„You just don’t get it ‚cause you’re not smart enough!“ 🙂
http://www.the-gaffer.de/2010/10/22/south-park-inception/
http://www.southpark.de/alleEpisoden/1410
Oh Christoph, du hast ja sooooo recht mit Deinem Verriss (habe erst den Film gesehen, dann den Artikel gelesen). Irgendwann dachte ich mir bei dem Film: „Oh mein Gott, wie blöde ist das denn?“
Ein Film, der stark von Inception inspiriert ist aber wirklich Spaß macht ist „Sucker Punch“ (extended) von Zack Snyder. Denn da scheißt der Regisseur auf alles, Exploitation und Schangel pur 😉