17. Hofbauer-Kongress, Aufriss #6: Die großen Gefühle…





…gehen manchmal einher mit den ungeheueren Gefühlen, doch wenn sich beides nicht recht fügen will, gerinnt der leichte Saft der Leidenschaft mitunter zu schweren Tränen des Unglücks. „Melodrama pasional“ ist ein schöner Genrebegriff in Mexiko für das Kino der großen tragischen Gefühle. Und es wurde höchste Zeit, dass ein Vertreter dieser Gattung wieder einmal den Weg auf den Kongress findet.

Das dazu auserkorene Exemplar brauchte seinerzeit ganze 15 Jahre, um in die deutschen Lichtspielhäuser zu gelangen. „Hier hat ein kleiner deutscher Filmverleih aber ganz hübsch tief in die äußerste Ecke der internationalen Kolportagekiste gegriffen“, befand zum Kinostart der Katholische Filmdienst. Tatsächlich ist es ein interessanter Weg, den der 1943 unter dem schlichten Titel Santa in Mexiko veröffentlichte Film international angetreten hat. Es war der erste von einigen mexikanischen Ausflügen, die der amerikanische Studio-Regisseur Norman Foster Mitte der 1940er unternahm, hier in Co-Regie mit Alfredo Gómez de la Vega und mit einer namhaften Besetzung um Esther Fernández, Ricardo Montalban und José Cibrián. Aus Santa wurde in Argentinien kurz darauf SUBLIME SACRIFICIO, bevor 1948 in Frankreich der Titel SANG ET VOLUPTÉ die heißblütige Begierde betonte. Weitere fünf Jahre dauerte es, bis 1953 in Österreich SANTA, DIE KURTISANE in Erscheinung trat, die 1958 schließlich als SANTA, SKLAVIN DES LASTERS spekulativ aufgerüstet in die Ketten der BRD-Auswertung gelegt wurde – zu einer Zeit, als auch einige mexikanische Cabaret-Melos hierzulande auf die Leinwände gelangten.

Onkel Fürchtegott fand, bereits vom deutschen Titel verschreckt, indes wenig wohlwollende Worte für die arme Santa: „Die Santa des Films, nicht des Titels, ist ein naives Landmädchen. Was macht ein solches Mädchen, wenn es, von einem Verführer sitzengelassen, daheim nur mehr Verachtung findet? In Romanen wie diesem geht sie natürlich in die Stadt – unverzüglich ins Freudenhaus, wie etwa andere Mädchen ins Pensionat oder Kloster. Dort befreundet sie sich mit einem reichen Herrn, dann wird sie die Geliebte eines streng katholischen Stierkämpfers, fällt danach noch einmal auf ihren ersten Verführer herein, wird abermals sitzengelassen und vom Stierkämpfer natürlich verstoßen, geht nun als Straßendirne ab und scheint allmählich an der Seite des sie von allem Anfang liebenden blinden Bordellmusikers ein ruhiges Glück zu finden. [Doch dann schlägt das Unglück erneut zu…] Kolportagehaft und verlogen wie diese Geschichte, gibt sich das triste Melodrama auch in der Gestaltung: Ein Groschenschmöker, den peinliche Kirchen- und Gebetsszenen noch unerträglicher machen. Das und die „Milieufreude“ des Films, die Selbstverständlichkeit der Prostitution und seine Idealisierung der „armen und ehrbaren Dirne“ lassen uns das faule Kitschprodukt ohne Umschweife ablehnen.“

Derart harsche Ablehnung führt bei uns freilich ohne Umschweife zu großer Anziehung, weshalb wir uns sehr freuen, die „Sklavin des Lasters“ am Freitag, 05.01., um 17 Uhr empathisch auf ihrem beschwerlichen Weg begleiten zu dürfen.

Dieser Beitrag wurde am Donnerstag, Dezember 21st, 2017 in den Kategorien Blog, Blogautoren, Das Hofbauer-Kommando, Hinweise, In eigener Sache veröffentlicht. Sie können alle Kommentare zu diesem Beitrag über den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können diesen Beitrag kommentieren, oder einen Trackback von ihrer eigenen Seite setzen.

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