Komplettliste aller gesehenen aktuellen Filme 2010 (Andreas)
Gesamtliste meiner gesehenen aktuellen Filme 2010 (oder: die Langfassung meines Beitrags zu diesem ET-Sammelposting).
Ein in Sachen Kino und Film reichlich wahnsinniges, irrwitziges Jahr. Nicht nur hinsichtlich der bereits gewürdigten älteren Entdeckungen, genauso sehr und mit ähnlicher Begeisterung auch hinsichtlich des aktuellen Jahrgangs. Nie zuvor habe ich so viele (sowohl alte als auch neue) Filme in einem Jahr gesehen wie 2010, und auch wenn es dank komprimierter, kurzzeitig geballter Festivalexzesse (vor allem Berlinale, Filmfest München, Viennale, Fantasy Filmfest) dann im restlichen Jahr bisweilen eher gemäßigt zuging, so kam doch diesmal die bislang für meine Verhältnisse unfassbare Zahl von rund 190 gesehenen aktuellen Filmen (darunter etwa fünfzehn Kurzfilme, der Rest Langfilme) zustande. Unglaublich auch deshalb, weil ich mit gelegentlichen Ausnahmen doch trotzdem ziemlich selektiert geschaut habe und abgesehen von einer Reihe tatsächlich übler Missgriffe mit meiner Ausbeute nicht nur mehr als zufrieden, sondern ausgesprochen begeistert bin. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass mein Sichtungsjahr gewissermaßen nach vorne (2009er Premieren) und nach hinten (2011er Kinostarts und Importe) ausschlägt, weil einiger meiner Favoriten bereits 2009 international zu sehen waren, aber erst 2010 wirklich rumgekommen sind (bei „Raging Sun, Raging Sky“ habe ich lange gezögert, weil ich den schon bei der Berlinale 2009 unbedingt sehen wollte [er mir insofern dann eigentlich doch fast zu alt war, obwohl seine deutsche DVD-Premiere erst im Dezember 2010 stattfand] und mich dann ärgerlicherweise kurzfristig dagegen entschieden habe, im Gegensatz zu einigen glücklichen ET-Mitautoren), während andere Filme quasi noch frisch aus Venedig bzw. der Viennale stammen und bislang auch international noch kaum zu sehen waren. Was mich dann fast zu der Überlegung, mich ausnahmsweise bei der Jahresliste auf das Produktionsjahr 2010 zu beschränken und verspätet verbreitete 2009er Produktionen nicht zu berücksichtigen, aber das hätte mich nicht nur um meinen Film des Jahres gebracht, sondern ich halte es auch allgemein bei einer Listenerstellung am unmittelbaren Jahresende für ein ungeeignetes, verzerrendes Vorgehen (bei rückblickender Listenerstellung mit mehrjährigem Abstand ist es dagegen natürlich das einzig sinnvolle Vorgehen), das dem Sichtungsjahr auch nicht gerecht geworden wäre. Insofern also lieber die volle Ladung, von einzelnen arg verspätet rumgekommenen 2008er Produktionen abgesehen („Wendy & Lucy“ konnte ich etwa erst Anfang 2010 regulär im Kino sehen, aber es wäre reichlich witzlos, ihn nun im gleichen Jahr auf die Liste zu setzen wie Kelly Reichardts zwei Jahre später entstandenen „Meek’s Cutoff“, den ich wiederum bereits in diesem Jahr sehen konnte). Kurzum: das Spektrum war breit, die Auswahl schwer und am Ende entschied ich mich in Anbetracht dieser Umstände dafür, statt meiner üblichen Top-20 eine Top-40 zu erstellen, die auch auf den letzten Rängen noch dermaßen stark ist, dass in einem schwachen Jahrgang sofort bei jedem dieser Filme auch die Nennung in einer Top-10 absolut vertretbar wäre. Ein Jahr der Extreme, das mich mit so manchem kleinen 35mm- und 16mm-Wunder einerseits immer wieder an die immer noch einzigartigen, ureigenen Möglichkeiten von klassischem Filmmaterial erinnert hat, mich gleichzeitig aber auch mehr denn je mit dem digitalen Kino versöhnt hat, das zum Glück neben ambitionslosen „Fake-Film“-Filmen (aka digital, das via Nachahmung den Eindruck von analog machen möchte) dann zum Glück doch häufig auf hochspannende Weise ästhetisches Neuland erforschte („In the Woods“ oder „Film Socialisme“ wären Musterbeispiele). Auch wenn ich zugeben muss, bei allem mittlerweile entdeckten Genuss, den auch eine gute HDCam-Projektion bieten kann, indem sie der Glätte und Flachheit der digitalen Bilder einen ganz eigenen Reiz gibt, so ist es doch auch sofort wieder um mich geschehen, wenn jemand wie Peter Tscherkassky im direkten Zugriff aufs Rohmaterial das Kino an seinen technischen, handwerklichen Grundlagen anpackt und zum puren Strom der sinnlichen, greifbaren, materiellen Attraktionen gerinnen lässt. Es geht eben um Vielfalt, um die werktreue Entfaltung verschiedener filmischer Ausdrucksmöglichkeiten (analoge Filmformate, digitale Videoformate, Mischformen) in ihrer ureigenen Form, und vielleicht besteht diese in der gegenwärtigen Übergangsphase trotz aller Einschränkungen dann tatsächlich in einer Ausprägung, von der man früher nichts ahnen konnte und musste, und von der man später vielleicht nur noch träumen kann, weil das digitale Kino leider nicht nur das erfreuliche Ziel der Erweiterung der Möglichkeiten von Film/Video, sondern aufgrund der Ziele seiner Verfechter noch viel mehr eine äußerst unerfreuliche ökonomische und technische Verdrängungsstrategie fährt. Umso mehr freue ich mich, solange es geht, an dem, was trotz allem in dieser und anderer Hinsicht immer wieder und noch immer möglich ist. Um noch einmal auf das Sichtungspensum zurück zu kommen: angeregt durch Sanos eigene Handhabung (die hinsichtlich 2010 wohl nachgereicht wird) und den Umstand, dass ich im Gegensatz zu einigen ET-Mitautoren kein regelmäßiges, vollständiges Sichtungstagebuch auf dem Blog führe, habe ich nachfolgend eine grob nach ungefähren Wertschätzungs-Bereichen (innerhalb derer aber nicht) sortierte Gesamtliste aller gesehenen aktuellen Filme erstellt.
Sonderkategorien:
Materialfetischisten-Award für den bestaussehendsten Film des Jahres (nur auf DI-freiem 35mm/1,37:1 nachvollziehbar):
La Vie au Ranch (Sophie Letourneur)
Lobende Erwähnungen für weitere (film)materialästhetische Betörungen: „Get Out of the Car“ & „Let Each One Go Where He May“, die den Beweis antreten, dass es auch heute trotz aller extremen Widrigkeiten noch möglich ist, schlichtweg wunderschöne 16mm-Kopien von 16mm-Filmen herzustellen. Wer das im Kino sieht und einen Sinn dafür hat, kann dem nur mit aufrichtiger Freude und Dankbarkeit begegnen, denn bald wird es damit wohl unwiederbringlich vorbei sein.
Wobei zu diesem Thema großartige 35mm- und überhaupt Kino-Erlebnisse wie „The Portuguese Nun“, „Poetry“ oder „Gallants“ genauso wenig unterschlagen seien wie tolle Super16-to-35mm-Blow-Ups wie „Geburt“, „Amer“ oder „Attenberg“.
Spaßfilm des Jahres:
Piranha 3D (Alexandre Aja)
Trailer des Jahres:
Who Killed Captain Alex? (ein kleines, verheißungsvolles Wunder)
Top 40 meiner Lieblingsfilme 2010:
1. The Portuguese Nun (Eugène Green)
2. Uncle Boonmee Who Can Recall His Past Lives (Apichatpong Weerasethakul)
3. Film Socialisme (Jean-Luc Godard)
4. In the Woods (Angelos Frantzis)
5. Poetry (Lee Chang-dong)
6. Coming Attractions (Peter Tscherkassky)
7. Les herbes folles (Alain Resnais)
8. Raging Sun, Raging Sky (Julián Hernández)
9. Das rote Zimmer (Rudolf Thome)
10. Get Out of the Car (Thom Andersen)
11. Let Each One Go Where He May (Ben Russell)
12. Meek’s Cutoff (Kelly Reichardt)
13. Oxhide 2 (Liu Jiayin)
14. Die Autobiographie des Nicolae Ceausescu (Andrei Ujica)
15. The Lips (Santiago Loza, Iván Fund)
16. Oki’s Movie (Hong Sang-soo)
17. Das elektrische Paradies (Michael Busch)
18. The Strange Case of Angelica (Manoel de Oliveira)
19. Attenberg (Athina Rachel Tsangari)
20. The Life and Death of a Porno Gang (Mladen Djordjevic)
21. Bas-Fonds (Isild Le Besco)
22. Los jóvenes muertos (Leandro Listorti)
23. Geburt (Silvia Haselbeck, Erich Langjahr)
24. Orly (Angela Schanelec)
25. Amer (Hélène Cattet, Bruno Forzani)
26. Guest (José Luis Guerín)
27. Road to Nowhere (Monte Hellman)
28. Gallants (Derek Kwok, Clement Cheng)
29. Woman on Fire Looks for Water (Ming Jin Woo)
30. Von Menschen und Göttern (Xavier Beauvois)
31. My Joy (Sergei Loznitsa)
32. Outrage (Takeshi Kitano)
33. Hadewijch (Bruno Dumont)
34. Winter House (Gonzalo Castro)
35. The Day Was a Scorcher (Ken Jacobs)
36. Caterpillar (Koji Wakamatsu)
37. You All Are Captains (Oliver Laxe)
38. Der Räuber (Benjamin Heisenberg)
39. You Think You’re the Prettiest, But You Are the Sluttiest (José Manuel Sandoval)
40. La bocca del lupo (Pietro Marcello)
Runners-Up:
Im Schatten (Thomas Arslan)
Villalobos (Romuald Karmakar)
The Sword and the Rose (João Nicolau)
La Pivellina (Tizza Covi, Rainer Frimmel)
Shadow Cuts (Martin Arnold)
Double Tide (Sharon Lockhart)
The Four Times (Michelangelo Frammartino)
El Sicario, Room 164 (Gianfranco Rosi)
Piranha 3D (Alexandre Aja)
Nostalgia de la luz (Patricio Guzmán)
Ha Ha Ha (Hong Sang-soo)
Paula-Paula (Jess Franco)
The Oath (Laura Poitras)
Boris Lehman et ses amis: Retouches et réparations / Choses qui me rattachent aux êtres / Un peintre sous surveillance (Boris Lehman)
Paju (Park Chan-ok)
White Material (Claire Denis)
Carlos (Olivier Assayas)
Trash Humpers (Harmony Korine)
Bedways (RP Kahl)
Alamar (Pedro González-Rubio)
Bemerkenswert:
The Road (John Hillcoat)
Der Wanderer (Avishai Sivan)
Mundane History (Anocha Suwichakornpong)
I Travel Because I Have To, I Come Back Because I Love You (Marcelo Gomes, Karim Aïnouz)
Unter dir die Stadt (Christoph Hochhäusler)
Un día menos (Dariela Ludlow)
Tetro (Francis Ford Coppola)
Eighteen (Jang Kun-jae)
Belair (Bruno Safadi, Noa Bressane)
The Stranger’s Land (Xavier Marrades)
Der Vater meiner Kinder (Mia Hansen-Løve)
Lourdes (Jessica Hausner)
The Loved Ones (Sean Byrne)
Monsters (Gareth Edwards)
Rubber (Quentin Dupieux)
The Land Inhabited (Anna Sanmartí)
Survival of the Dead (George A. Romero)
La Vie au Ranch (Sophie Letourneur)
A Loft (Ken Jacobs)
The Social Network (David Fincher)
Aurora (Cristi Puiu)
Tranquility (Siegfried A. Fruhauf)
W2 (Alexander Biedermann)
Marwencol (Jeff Malmberg)
Unstoppable (Tony Scott)
Gelungen:
Crab Trap (Oscar Ruíz Navia)
Portrait of the Fighter as a Young Man (Constantin Popescu)
La belle visite (Jean-François Caissy)
Kyoto Story (Yamada Yoji, Abe Tsutomu)
Red Riding: 1974 (Julian Jarrold)
Anvil! The Story of Anvil (Sacha Gervasi)
The Exploding Girl (Bradley Rust Gray)
Mr. Nice (Bernard Rose)
I Wish I Knew (Jia Zhang-Ke)
I’m Glad My Mother is Alive (Claude Miller, Nathan Miller)
Valhalla Rising (Nicolas Winding Refn)
Dev. D (Anurag Kashyap)
Redland (Asiel Norton)
My Son, My Son, What Have Ye Done? (Werner Herzog)
Shutter Island (Martin Scorsese)
Symbol (Hitoshi Matsumoto)
Schmutziger Süden (Klaus Lemke)
The Ape (Jesper Ganslandt)
We Are What We Are (Jorge Michel Grau)
Ip Man 2 (Wilson Yip)
Gamer (Mark Neveldine, Brian Taylor)
Self-Examination Remote Control (Eve Heller)
Cycle (Volker Schreiner)
Tuesday, After Christmas (Radu Muntean)
Night Mayor (Guy Maddin)
Maybe Siam (Christoph Girardet, Matthias Müller)
The Stool Pigeon (Dante Lam)
Reise nach Agatis (Marian Dora)
Bal (Semih Kaplanoğlu)
Okay:
Eastern Drift (Sharunas Bartas)
Summer Wars (Mamoru Hosoda)
Nénette (Nicolas Philibert)
Winter’s Bone (Debra Granik)
Missing Man (Anna Fenchenko)
About Her Brother (Yoji Yamada)
Vincent will Meer (Ralf Huettner)
Turistas (Alicia Scherson)
Die Fremde (Feo Aladag)
Little Baby Jesus of Flandr (Gust Van den Berghe)
Café Noir (Jung Sung-Il)
Persécution (Patrice Chéreau)
Inception (Christopher Nolan)
Kaboom (Gregg Araki)
A Serious Man (Joel & Ethan Coen)
Free Land (Minda Martin)
La vida sublime (Daniel V. Villamediana)
Studien zum Untergang des Abendlandes (Klaus Wyborny)
Guerra Civil (Pedro Caldas)
Transit (Angela Zumpe)
Fire of Conscience (Dante Lam)
Enter the Void (Gaspar Noé)
Greenberg (Noah Baumbach)
Humpday (Lynn Shelton)
I Killed My Mother (Xavier Dolan)
Mouse Palace (Harald Hund, Paul Horn)
Summer of Goliath (Nicolás Pereda)
Mäßig:
Haze (Tayfun Pirselimoglu)
The Well (Umesh Vinayak Kulkarni)
Waste Land (Lucy Walker, João Jardim, Karen Harley)
Heartless (Philip Ridley)
Hotel Atlântico (Suzana Amaral)
Life During Wartime (Todd Solondz)
Frozen (Adam Green)
The Killer Inside Me (Michael Winterbottom)
Red Hill (Patrick Hughes)
Reykjavik Whale Watching Massacre (Julius Kemp)
Trinkler (Marie-Catherine Theiler)
Wednesday Morning Two A.M. (Lewis Klahr)
The Forgotten Space (Allan Sekula, Noël Burch)
Cyrus (Jay Duplass, Mark Duplass)
Versailles (Pierre Schoeller)
Schwach:
Bad Family (Aleksi Salmenperä)
Exit Through The Gift Shop (Banksy)
Engel mit schmutzigen Flügeln (Roland Reber)
Up in the Air (Jason Reitman)
[Rec] 2 (Jaume Balagueró, Paco Plaza)
Rampage (Uwe Boll)
Darfur (Uwe Boll)
Khargosh (Paresh Kamdar)
Illégal (Olivier Masset-Depasse)
Certified Copy (Abbas Kiarostami)
The Dark House (Wojtek Smarzowski)
Greetings from the Woods (Mikel Cee Karlsson)
The Human Centipede (First Sequence) (Tom Six)
Four Lions (Chris Morris)
Rammbock (Marvin Kren)
A Screaming Man (Mahamat-Saleh Haroun)
Dream Home (Pang Ho-Cheung)
Somewhere (Sofia Coppola)
Quälend mies:
A White Night (Masahiro Kobayashi)
Der Doppelgänger (Christopher Lenke & Philip Nauck)
Love Crime (Alain Corneau)
Adèle und das Geheimnis des Pharaos (Luc Besson)
Absolut unerträglich:
La Herencia Valdemar (José Luis Alemán)
No Reason (Olaf Ittenbach) (zzgl. partiellem Schlock-Spaß!)
A Serbian Film (Srdjan Spasojevic)
Centurion (Neil Marshall)
Der letzte schöne Herbsttag (Ralf Westhoff)
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