13. Hofbauer-Kongress, Aufriss #7



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Es ging nur um Girls, auf den Jugendfeten im Jahr 1982. Auch bei Filmen. EIS AM STIEL oder PORKY’S? Der erste Teil der schlamaukigen US-Kopie war gerade ins Kino gekommen und schon das große Ding: „Frecher und cooler als das Stieleis! Und was für knackig-knusprige Granaten!“ schallte es mir mahnend-besserwisserisch entgegen. PORKY’S? Diese ruchlose Ignoranz anbetungswürdiger junger Weiblichkeit? Diese schlumorig-schnöde Verachtung innerer Schönheit? Diese Anti-Empathie finsterster Prägung? Doch nach fünf Gläsern Saftbowle regierten Verderbnis und Niedertracht. Müde belächelt prallte mein Protest ab an den Schulterpolstern der mich an Höhe überragenden Mittelstufenteens. Betrübt musste ich den Distinktionsverlust mit zuckenden Achseln hinnehmen. Doch kirre machen ließ ich mich davon nicht. Ich schmeckleckte weiterhin lustvoll das Eis am Stiel, das sich so herrlich süß, aber auch verstörend bitter darbot – so wie das Leben und die schwärmerischen Verliebtheiten im geschlechtsreifenden Lebensalter: üppig und schmerzlich, lustig-schabernackig und freudlos-fade.

Keck, freizügig, sinnenfreudig und mit kräftiger Stimme präsentierte sich 1978 ESKIMO LIMON, der nach einer Eissorte benannte erste und schönste, von uns kredenzte Film der achtteiligen EIS AM STIEL-Reihe. Smart, einfühlsam, pfiffig-schelmisch und leidenschaftlich lässt er uns am ungestümen Liebes- und Seelenleben seiner Protagonisten teilhaben. Erregendes Futter für Leib und Gemüt, das bei mir in zarten jungen Jahren dampfig-luzide Träumereien auslöste an heiteren Tagen und in süßen stillen Nächten. Teenage angst sunny side up.

ESKIMO LIMON führt uns ins sonnige Tel Aviv des Jahres 1958. Die sengende Gluthitze des israelischen Sommers sorgt nicht nur für feuchte Körper, sondern auch für rasende Triebe. Der zurückhaltend-sensible Eisverkäufer Benny, der charismatisch-hübsche Macho Boy Bobby und der gutmütige, mollig gepolsterte Tatterich Johnny wollen nur eines: Fummeln und Schlitze sprengen, was der Lustzapfen hält. Und sie wissen: Nur Übung macht den Meisterstecher! Doch der Weg zu den weich bewachsenen, duftenden Gärten der Lust ist kein Zuckerschlecken. Ein Ausflug der drei Freunde zur liebestollen und immernassen Wuchtbrumme Stella endet mit einer halbnackten Zwangsflucht und der Besuch eines Freudenmädchens mit übermütigen Sackläusen. Doch da ist ja noch Nili…

Mit Nili gelang den EIS AM STIEL-Machern ein sinnlich-betörendes, emotional vielschichtiges Mädchen-Porträt, eine prachtvolle Teengirl-Referenz, die Herz und Hose eruptiv erbeben lässt. Gespielt wird Nili von Anat Atzmon – ein echtes Glamour Girl, das dreimal an der israelischen Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest teilnahm. Sie war die kongeniale Besetzung für dieses saftig-süße, kesse, wohlerzogene und wohlgeformte Mädchen aus gutem Haus, das so selbstbewusst und klug, sophisticated, zart und fragil, aber auch geheimnisvoll, wild und unberechenbar anmutet. Ein Mädchen wie das Meer.

Der feinsinnige Charme und der ersprießliche Humor gingen in den späteren Filmen der Reihe den Yarkon-Fluss runter. Doch der erste Eislutscher, der im Berlinale-Wettbewerb um Bären kämpfte, schöpft noch aus dem vollen Reservoir jugendlichen Überschwangs. „Ein Film, bei dem Sie lachen, lachen und weinen.“ verspricht der Trailer und so wird es auch sein in der Nacht vom 26. auf den 27. Juli, wenn wir diesen Urknall der Teenie-Sexkomödie über die Leinwand des Uferpalastes gleiten lassen und peppige Hits aus den 50er Jahren erneut für wippende Hüften und Füße sorgen werden. Hey Baby, put your head on my shoulder.

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Dieser Beitrag wurde am Freitag, Juni 20th, 2014 in den Kategorien Blog, Das Hofbauer-Kommando, Festivals, Hinweise veröffentlicht. Sie können alle Kommentare zu diesem Beitrag über den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können diesen Beitrag kommentieren, oder einen Trackback von ihrer eigenen Seite setzen.

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