13. Hofbauer-Kongress, Aufriss #3
Ängstlich und aufgeregt hervorquellend fixierten am 9. Mai dieses Jahres um 19 Uhr drei Augenpaare im HK-Filmfahndungs-Livestream ein ebay-Angebot, welches im Begriff war, um 19:01 auszulaufen. Würde das im Fieber der Lust bereits in obszöne Höhen getriebene Maximalgebot ausreichen, um das 35mm-Objekt der Begierde seiner einzig wahren Kongress-Bestimmung zuzuführen? Eine Minute später wurde das KommKino-Büro von grenzenlosem Jubel und überschwänglichen Brunftlauten durchtost: die heißersehnte Kopie von GIULIA (Desiderando Giulia, Andrea Barzini, 1986) war unser!
Das Verlangen nach diesem uns noch kurz zuvor völlig unbekannten Film kam schnell und heftig. Der eine Hofbauer-Kommandant entdeckte das erwähnte Angebot, nahm eine Textrecherche vor und schlug zaghaft vor, einen Kauf in Erwägung zu ziehen. Der andere setzte noch einen drauf (der unvermeidliche Lauf der HK-Dinge), indem er in einem zwielichtigen Winkel des Internets eine ungeheuerliche Szene des Films ausfindig machte, die alsbald sowohl den einen, als auch den anderen um den Verstand brachte. Unvorstellbar, längere Zeit auf den Genuss des Films zu warten – er musste gleich unseren nächsten, den 13. außerordentlichen Filmkongress bekränzen!
„Begierde verbunden mit Gewalt und Besitz, verkörpert von einer Nymphomanin oder Puritanerin, die so oder so männliches Ungestüm provoziert.“ – So beschrieb Clara Kriger einmal die große Isabel Sarli und die stürmischen Geschehnisse, die sie und ihr Körper in den monolithischen Meisterwerken ihres Mannes Armando Bo in Bewegung setzten. Im Kino der 80er Jahre war die wohlgeformte, überüppige Supersexbombe vom Schlage einer Isabel Sarli oder Jayne Mansfield jedoch bereits eine seltene Erscheinung und von zeitgemäßeren, weniger patriarchal und religiös geprägten/verbrämten Sexsymbolen ersetzt worden – in Italien jedoch, dem Land, in dessen Comics und Kino wie nirgends sonst die Koexistenz von Mutter und Hure in einem Geist und einem Körper feist fetischisiert wurde, lebte sie weiter – in Gestalt von Tettona Serena Grandi, die die riskante Sprengkraft ihres Dekolletés bereits im Namen trug! Als Giulia nährt sie, unserer gelobten Isabel Sarli nicht unähnlich, die Obsessionen eines Gestrandeten – Emilio, hadernder Schriftsteller und Trübling – der vor ihrer ausladenden Pracht die Augen über ihrer emsigen Vielliebigkeit und den eigenen Komplexen verschließt. Muse und Muße sprudeln und schon bald ersteht Giulia als Romanfigur, stets veranlasst, ihren Schöpfer mit neuen, lasziven Raffitücken zu stimulieren.
Doch mit dem Teasen ist es wie mit einer Flasche Coca Cola: Schüttelt man sie zu sehr, bevor man den Verschluss poppt, spritzt das süße Nass beim Öffnen entfesselt schäumend empor. Gleichermaßen führen auch Giulias vehemente Animierübungen recht schnell zu Malheur und wildem Gefühlsfuror, den sie kaum noch bändigen kann. Ob ein geschickt ausgeschenkter Tropfen Muttermilch aus ihrem weltfraulichen Busen die lodernden Hirsche noch zur Räson bringen kann?
Das und noch einiges mehr werdet ihr am 24. Juli um 23:30 erfahren, wenn wir erstmals in der Kongressgeschichte den ganzen anbetungswürdig vulgären italienische Softporno-Glanz der späten 80er in bestrickenden Agfa-Farben auf die Filmhaus-Leinwand klatschen – „Videoknüppel“ ist der unvergängliche Term, unter dem wir diese Filme in den letzten drei Kongress-Jahren lieben gelernt und ihren sehr eigenen Reiz besungen haben, doch dieses Mal tauschen wir übernächtigte VHS-Texturen gegen sinnliche 35mm-Schönheit und erwarten gespannt die zusätzliche Weitung der Synapsen, die dieses prickelnde Novum mit sich bringen wird!
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