13. Hofbauer-Kongress, Aufriss #2
Hannelore – sie traf uns frontal, ins Herz und in die Hose. Hans Billians DIE LUSTIGEN WEIBER VON TIROL war eine unserer schönsten Entdeckungen im vergangenen Jahr. Und Hannelore schwebte rosig-spritzig über die Leinwand. Es war nicht nur ihr sinnlicher Liebreiz oder ihre betörende Natürlichkeit, die uns umschmeichelten und entflammen ließen. Da war mehr. Wenn sie lächelte, lächelte die Welt. Wir trauten ihr alles zu. Solch eine blonde Venus muss Raymond Chandler im Sinn gehabt haben, als er über ein Früchtchen sinnierte, das einen Bischof dazu bringen kann, mit einem Ball ein Loch in ein Kirchenfenster zu schießen. Ihrem heutigen Gemahl Heino erging es ähnlich: “Sie sah so unwahrscheinlich schön aus, Brigitte Bardot hätte sich hinter ihr verstecken müssen. Dabei strahlte sie diese natürliche Erotik aus.“ Es war der 4. April 1977, als er bei einer Fernsehshow der damaligen österreichischen Prinzessin Hannelore von Auersperg erstmals begegnete. Auf diese Prinzessin waren alle heiß, aber Hannelore wollte nur Heino. Und nicht nur seinen blauen Enzian. So verließ Hannelore ihren Prinzen Alfi, den professionellen Großwildjäger, und ging zu Heino. Es war die große Liebe. Aber wer Großes will, muss zunächst verzichten. So ließ das erste Mal bis zur Silvesternacht 1977 auf sich warten. Und selbst bei Feuerwerk, Glockengeläut und Champagner zierte sich Hannelore zunächst: “Ich wollte erst nicht, aber Heino hat auf mich eingeredet wie ein krankes Pferd.“ Das kranke Pferd durfte dann doch noch ran, und es hat sich wohl in einen strammen Hengst verwandelt, denn “es war so schön, wie noch nie in meinem Leben“. Und sie ergänzt: “Ich denke, kaum ein Paar hat sich so lange zurückgehalten wie wir“. Nun, was sich einer versagt, soviel mehr schenken ihm die Götter. Das wusste schon der alte Horaz, einer der großen Verzichter der Antike.
Im Jahr 1962 landete Hannelore mit dem Schlager “Was in Athen geschah“ ihren größten Hit. Danach ging es auch im Film Schlag auf Schlag. 1964 war sie nicht nur ein lustiges Weib in Tirol. Auch in Ernst Hofbauers HOLIDAY IN ST. TROPEZ beglückte sie das Publikum mit ihrer Pracht. Es war die große Zeit der Schlagerfilme. Für Billian und unseren Ernst des Lebens waren es Versuchslabore, in denen sie schon zu Zeiten der Wirtschaftswunder-Spießigkeit andeuten konnten, was sie später zur Vollendung brachten. “Pornos ohne Sex“, wie es Heinz Klett vom Geheimnisvollen Filmclub Buio Omega so treffend ausgedrückt hat. Aber was ist die Welt der Schlager auch für ein bizarres Wunderland kesser Pikanterien und schlüpfrig-derber Doppeldeutigkeiten. Schon für Ernst Bloch war „im Schlager ein Seitensprung, ein Stück Hurengasse und Juxkabinett neben der Prachtstraße“. Denn „leis im Park erklingt die kleine Nachtmusik“, dort, wo ich dir „zeig die Sterne heut Nacht“. Ja, schmeißt der Herr die Hose hin, liegt dat Deern schon im Busche drin. Und „wenn du mal allein bist, und ein bisschen einsam, dann ruf bitte bei mir an, dass ich zu dir kommen kann“, sinniert in HOLIDAY IN ST. TROPEZ der deutsche Eislaufmeister Manfred Schnelldorfer als singender französischer Polizist – ein musikalischer Lockruf von singulärer lasziver Trübnis.
Im trist-mondänen St. Tropez, dem schon in den 60er Jahren ein wenig abgehalfterten Schauplatz braungebrannter Gecken und rotznäsiger reicher Gören, spielt dieser Film natürlich nicht. Es geht an die schöne sonnige Adria nach Jugoslawien. Dorthin, wo die dunkelhaarigen Kavaliere mit heißer Glut in den Augen gierig ihre auserwählten Betthupferl verfolgen. Ihre sehnsüchtigen Blicke und ihre Herzen “voll Amore“ bekommt auch Hannelore auf der Strandpromenade zu spüren. Doch sie ist sich ihrer Wirkung bewusst, spielt singend mit ihren Verehrern – und verzichtet. Eine unvergessliche Szene, in der Hofbauer eine genuine visuelle Entsprechung der reizvoll-schmierigen Chromatik des Schlagers gelingt.
„Mit viel Musik und guter Laune ins Ferienparadies“ lädt der Kongress am Donnerstag 24.7.2014 um 21:15 Uhr zum offiziellen, feierlichen Auftakt in buntem Agfacolor. Leider ist die Filmkopie nicht so sommerlich wie von uns erhofft. Es regnet, und das nicht zu knapp. Aber wir lassen uns davon nicht beirren, denn schon ein alter Weiser wusste: “Nach dem Regen scheint die Sonne besonders hell“.
(Zitate von Heino & Hannelore aus: Express, Köln, 12.12.2008)
Kommentar hinzufügen