¡Marker Sí!



LA BATAILLE DES DIX MILLIONS

 

Nach unserer schamlosen „PR-Aktion“ für die diesjährige Ausgabe der Filminstitution goEast hier nun – der ausgleichenden Gerechtigkeit wegen – ein kurzer Hinweis auf die aktuelle, (nur im Umfang) vergleichsweise bescheidene „Filmkunstintervention“ des berüchtigten Frankfurter Filmkollektivs, die diesmal (nach den höchstehrenwerten Huldigungen an den Untergrund-Veteranen Wilhelm Hein und den Filmpoeten Karpo Godina) einem nicht wirklich unbekannten oder missachteten, nichtsdestotrotz kaum gesehenen Filmemacher gewidmet ist: dem letztes Jahr nun vollends aus dieser Welt entschwundenen Christian François Bouche-Villeneuve, besser bekannt unter seinem Pseudonym Chris Marker.

„Vollends entschwunden“ – nun, angesichts des anhaltenden Rätselratens über Ort und Umstände seiner Geburt und seines pynchonesken Versteckspiels, seiner Weigerung, sein körperliches Äußeres den Blicken der Öffentlichkeit zur medialen Verwertung darzubieten, glich Marker bereits seit langem einer Art Phantom, das nur in Form seiner Artefakte von Zeit zu Zeit öffentlich in Erscheinung trat – sei es nun in Form von Filmen, Texten oder interaktiven CD-Roms. Den Meldungen von seinem Ableben am 29. Juli 2012 (seinem 91. Geburtstag, zumindest nennt man offiziell den 29. Juli 1921 als den Tag seiner Geburt) zum Trotz gebe ich mich zuweilen der Vorstellung hin, dass er noch immer in seinem labyrinthartigen, mit Videokassetten, Büchern, Zeitschriften und antiquierten Gerätschaften angefüllten Atelier in Paris „herumspukt“, um uns ab und an von dort (oder auch aus irgendeinem anderen Teil der Welt) eine kleine audiovisuelle Postkarte zukommen zu lassen. Agnes Varda hatte ihn dort noch vor kurzem für ihr wunderbares filmisches Reisetagebuch Agnès de ci de là Varda besucht.

„Kaum gesehen“ – nun, wirft man einen Blick auf das seit den 1950er Jahren bis heute entstandene Oeuvre, so sind es doch nur wenige Werke, die unauslöschlich im filmkulturellen Gedächtnis verankert sind, die wie Leuchttürme aus dem eher im (Halb)Dunkel liegenden sonstigen Filmschaffen hervorragen. In diesem Schattenreich finden sich auch einige der Filme, die in den 1960er und 1970er Jahren in Latein- und Südamerika entstanden sind und die nun am Wochenende im Filmforum Höchst (bis auf eine Ausnahme) auf 16 und 35mm zu sehen sein werden, also durchaus eine seltene Gelegenheit.

 

SI J'AVAIS QUATRE DROMADAIRES

 

Darunter u.a. auch zwei Kooperationen mit anderen Filmemachern:

Zum einen CE QUE DISAIT ALLENDE, kurz nach dem Wahlsieg Allendes in Chile in Kollaboration mit Miguel Littín entstanden, der in einem Manifest den Sieg begrüßte und ein neues, revolutionäres Kino einforderte. Sein wohl bekanntester Film El chacal de Nahueltoro von 1969 zählt – neben den Werken von u.a. Aldo Francia und Raúl Ruiz – sicherlich zu den wichtigsten und interessantesten Filmen des Neuen Chilenischen Kinos, das durch den Putsch Pinochets 1973 ein jähes Ende fand respektive ins Exil getrieben wurde (während Ruiz bekanntermaßen nach Frankreich ging, verschlug es Littín damals für mehrere Jahre nach Mexiko – von seiner abenteuerlichen kurzzeitigen Rückkehr in die geliebte Heimat zwölf Jahre später erzählt Gabriel García Márquez in Das Abenteuer des Miguel Littín).

Und zum anderen der zehn Jahre zuvor entstandene …A VALPARAÍSO von Joris Ivens, (Text/Kommentar von Marker), an dessen Neuinterpretation des fliegenden Holländers Rotterdam – Europoort drei Jahre später Marker erneut als Autor beteiligt war. Zusammen mit Godard, Varda, Resnais, William Klein und Claude Lelouch bezogen beide dann 1967 mit Loin du Vietnam politisch/filmisch wenig zweideutig (hier die damalige Reaktion der NY Times darauf) Stellung gegen den bereits mehr als ein Jahrzehnt andauernden Stellvertreterkrieg in Vietnam.

 

Genauere Informationen und Hinweise zum sonstigen Programm am 9. und 10. Mai findet der geneigte Filmfreund hier:

Chris Marker in Latein- und Südamerika

Dieser Beitrag wurde am Donnerstag, Mai 8th, 2014 in den Kategorien Blog, Blogautoren, Christian Moises, Hinweise veröffentlicht. Sie können alle Kommentare zu diesem Beitrag über den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können diesen Beitrag kommentieren, oder einen Trackback von ihrer eigenen Seite setzen.

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