14. Hofbauer-Kongress, Aufriss #10



Blut, Schweiß und Mädchen


Wenn die Mafia das Bahnhofskino betritt, merkt das Hofbauer-Kommando auf. Zu wonnevoll und eindringlich sind die Erinnerungen an Norbert Meisels DER ZERSTÖRER (MAFIA GIRLS), der sich bei einem der frühen Kongresse auf Anhieb den Weg ins HK-Pantheon geschmiert hat. Glückseligmachende und frei aufatmen lassende, abgrundtief trist-brachiale Verkommenheit und Schäbigkeit, bei der uns nachhaltig wohl um Herz und Hose wurde. Einen ähnlichen Meilenstein erwarten wir freilich nicht, wenn wir uns nun dennoch mit einiger Vorfreude einen anderen Mafia-Sexploitationfilm vornehmen, der kurz vor THE GODFATHER veröffentlicht wurde und dessen Originaltitel THE GODSON die Vermutung nahelegt, dass er bereits mit spekulativem Blick auf Coppolas Film eilig runtergekurbelt wurde, um auf zwielichtigerem Territorium auch ein paar Kneten abzugreifen.

Dem legendären Exploitation-Produzenten Harry H. Novak, der hinter dieser Unternehmung stand, wäre es zweifellos zuzutrauen. Der erst jüngst im Frühjahr 2014 verstorbene „Sultan of Sexploitation“ verstand sich von Mitte der 60er bis Mitte der 70er Jahre auf ebenso windige wie einträgliche Weise darauf, nackte Haut auf Hinterhofleinwände zu bringen. Von Nudies über Gangsterfilme bis zu Erotikmondos und Horrorschlock produzierte er so einiges, wobei ihm die Rahmenhandlungen meist nur zur Anreicherung mit Nuditäten dienten. Diese Akzentuierung setzte sich in Deutschland, wo Novaks Produktionen immer wieder durch den Brummer-Verleih einen Abnehmer fanden, dann direkt in der Betitelung fort, und so wurde aus THE GODSON hierzulande kurzerhand BLUTJUNGE MÄDCHEN – HEMMUNGSLOS.

Nach einem James-Bond-inspirierten Vorspann kreist die dünne Handlung um Marco, der den örtlichen Mafia-Don erledigt und dessen Geschäfte übernimmt, wozu auch die Leitung eines Bordells gehört. Der Erfolg, mit dem er das Freudenhaus zur Blüte treibt, weckt natürlich den Neid anderer Mitglieder der Mafia-Familie… Und so rumpelt der Film zwischen den Gangstern, die sich mühevoll den Anschein stählerner Härte zu geben versuchen, und den leichten Mädchen, die es sich lieber in der Horizontalen bequem machen, hin und her. In kargen Hinterzimmern werden unglaubwürdige Geschäfte abgewickelt, vor schäbigen Bretterverschlägen lässt man die Bleispritze sprechen, aber am Ende landet man dann doch lieber wieder im Bett… “This might be the most low-rent story of the mafia ever made.“, bringt es ein IMDb-Review auf den Punkt. Und doch: “The Godson is an offer you simply can’t refuse.“, wie man an anderer Stelle bekundet.

Onkel Fürchtegott befand diese Produktion hingegen keiner längeren Kritik wert, sondern fertigte sie mit zwei Sätzen ab: „Junger Zuhälter versucht, sich an die Spitze einer Rauschgiftorganisation hochzuarbeiten. Eine grobgezimmertte Geschichte als Aufhänger für Sex und Crime.“ (Katholischer Filmdienst)

Die allgemeine Räudigkeit dieses stilechten Bahnhofskinovergnügens wird noch vom starken Rotstich der deutschen Kinokopie abgerundet, die uns in der Nacht von Sonntag (4.1.) auf Montag im Schummerlicht heimsuchen wird.


Gangsterufureuden

Dieser Beitrag wurde am Sonntag, Dezember 14th, 2014 in den Kategorien Blog, Das Hofbauer-Kommando, Festivals veröffentlicht. Sie können alle Kommentare zu diesem Beitrag über den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können diesen Beitrag kommentieren, oder einen Trackback von ihrer eigenen Seite setzen.

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