13. Hofbauer-Kongress, Aufriss #11



Als ob der Kongress inzwischen nicht schon prall genug wäre…

Police Force  (Filmplakat)

​…haben wir uns entschlossen, den beiden mittlerweile unverzichtbaren Sektionen „trister Überraschungsfilm“ und „stählerner Überraschungsfilm“ eine dritte hinzuzufügen, die uns lediglich als schamloser Vorwand dienen soll, euch zwischen den diversen Entblößungen und Erregungen, mit denen wir euch verwöhnen und malträtieren, auf jedem Kongress auch einen Film einflößen zu können, der mit Sex eher weniger zu tun hat. DER KEUSCHE ZUSATZFILM wird uns ab Juli die Möglichkeit geben, auf jedem Kongress einen ausgewählten Film ins Programm zu hieven, der zwar mit der selbstverständlich unumstößlichen thematischen Ausrichtung unserer kuratorischen Umtriebe wenig gemein hat, der uns allerdings in attraktiver 35mm-Form vorliegt und für das beschämend undankbare Nürnberger Publikum viel zu schade wäre, während wir uns der Wertschätzung unseres weltoffenen und eklektisch filminteressierten Publikums – also euch! – gewiss sind. Dabei wird es in den allermeisten Fällen auch nicht um respektables Autorenfilmwerk aus dem rororo-Filmlexikon, sondern um Kintopp und Genrekino handeln, welches einst in den HK-relevanten Lichtspielhäusern der Bundesrepublik den verruchten Bewegtbild-Content, aus dem sich das übrige Programm zusammensetzt, flankiert haben könnte.

Der erste keusche Zusatzfilm führt uns nach Hongkong – ein Land, dessen erotisches Filmschaffen von deutschen Verleihern leider größtenteils ignoriert wurden, zu dem sich das Hofbauer-Kommando aber nicht nur aufgrund seiner Initialen-Gleichheit in hohem Maße hingezogen fühlt. Als uns vor einigen Monaten eine offenbar nie zuvor gespielte 35mm-Kopie von WANG YUNG – STAHLHARTE HONGKONG-KILLER (警察, Chang Cheh, Ulysses Au-Yeung Jun, 1973) in den Schoß fiel, schien ein passender Auftakt für unsere neue Sektion gefunden. Da wir leider nicht verhehlen können, dass uns die nötige Expertise fehlt, um diesen Film adäquat aufreißen zu können, haben wir den geschätzten Sano Cestnik gebeten, uns Stoßhilfe zu leisten:

Lange, lange mussten wir darauf warten. Nun aber nähert sich der Augenblick der Wahrheit. Langsam lugt er um die Ecke. Langsam noch, ganz langsam. Doch der geübte Kennerblick vermag ihn sofort zu erkennen, den einzigartigen, den einzig wahren, den einzigen, Meister und Maestro, Ass der Asse – ja, ihr wisst es sicher schon längst, die Rede ist von: Cheh Chang!

Auf dem 13. Kongress gibt es endlich eine Begegnung mit dem legendären HK-Auteur, dem Ursand fiebriger Männerträume, aus dem sich das HK-Actionkino immer noch speist und von dem zumindest ich nie genug kriegen kann. Changs um die Hundert Filme umspannendes, moralisches und melodramatisches Kino des Existenzialismus handelt vielfach von Männerfreundschaften und Männerbünden, Zweckgemeinschaften von Einzelgängern oder zweifelnden Individualisten, welche die fragmentierte chinesische Gesellschaft immer wieder einzufangen und in den Griff zu bekommen versucht, deren (Re)Sozialisierung aber oft erst mit einer Versöhnung im Tod endet. Dabei haben es mir neben den manischen Anflügen und Explosionen des Wahnsinns in Changs Werk vor allem die schicksalsschwangere Atmosphäre sowie die synästhetischen Welten angetan, deren blutig-allegorische Exerzitien von Menschheit und Mythos meist zu einer ganz besonderen Tinktur, einem oneironautischen Elixier der Märchen und Träume gerinnen.

Was uns daher in WANG YUNG – STAHLHARTE HONGKONG-KILLER, einem vergleichsweise selteneren und unbekannteren Werk Changs erwartet, stellt sich mir aufgrund der gewissenhaften Vorarbeit des Katholischen Filmdienstes und des unmittelbaren Einflusses der bisherigen Kongressaufrisse in etwa folgendermaßen dar:

Unter tatkräftiger Beihilfe von Actionkönner Yang-ming Tsai stellt diese Geschichte von Recht und Ehr, Mord, Rache und tragischer Liebe, selbst die italienischen Mafia-Filme weit in den Schatten – schon allein deshalb, weil alle Schurken hier brutal ausgeknockt werden. Die Handlung: Überflüssig. Wer könnte sie schon alle nacherzählen, die endlosen Abenteuer der Short-bedressten Royal-Police in den Straßen Hongkongs, wenn Straßenräuber und Geldfälscher zwischen Lynchjustiz und Brudermord auf Mädchen und Matronen treffen und die daraus hervorgehenden Bestialitäten sowie harten Karateduelle mit Maschinenpistolen und Motorrädern die Ohren zum Läuten und die Knochen zum Knacken bringen. Eines sei jedoch betont: Getötet wird nur nach Vorschrift! Selbst bei den stahlharten Unzerbrechlichen aus dem Fernen Osten.

Es werden daher nicht nur Schenkelklopfer verteilt, wenn wackere Chinamänner sich verbimmsen und verbläuen, versohlen und vertrimmen, sich gegenseitig zu Hackfleisch machen und das Fell rupfen, es also Dresche setzt. Salopp gesagt, dient das ganze Kloppen und Keilen, Wegboxen und Wegfausten, das Abledern, Abschwarten und Abwackeln, aber vor allem dazu, unsere harten Kinositze zum Schmelzen zu bringen.

Hier hilft kein Lamentieren, keine Klage und kein Wehgeschrei. Kein Monieren, Mosern oder Murren. Unerbittlich werden die Sinne traktiert und der Hypothalamus außer Gefecht gesetzt. Erbarmungslos. Gnadenlos. Final. Hier wird noch aufgeräumt und klar Tisch gemacht, sodass die gelben Knochenbrecher auch die letzte Langnase zum Schwitzen bringen werden, wenn auf dem nächsten Kongress das Projektorenlicht auf die Großbildleinwand knallt und das 35mm-Material in ShawScope erstrahlt.

Seien Sie deshalb dabei, wenn es am Donnerstag, dem 24. Juli, um 17 Uhr endlich 13 schlägt, und die stahlharten Hongkongkiller mit ihren Fäusten aus Dynamit den Sensenmann ersetzen. Ein Karatemarathon der Extraklasse, mit den Hongkongboys Chung Wang, Hsieh Wang und Sheng Fu, sowie der unsterblichen und nicht nur deshalb unvergesslichen Lily Li.

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Dieser Beitrag wurde am Dienstag, Juni 24th, 2014 in den Kategorien Blog, Blogautoren, Das Hofbauer-Kommando, Festivals, Hinweise, Sano veröffentlicht. Sie können alle Kommentare zu diesem Beitrag über den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können diesen Beitrag kommentieren, oder einen Trackback von ihrer eigenen Seite setzen.

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