Da weiß man, was man hat!
Das Fantasy Filmfest 2012 und die Segnungen der Digitalisierung
Vorabankündigung auf der FFF-Homepage zu den 71 Filmen des durch sieben deutsche Städte tourenden Programms:
„Die Nostalgiker unter uns können sich auf 35mm freuen bei: ACE ATTORNEY – A CHINESE GHOST STORY – EVA – GOD BLESS AMERICA. Alle anderen Filme werden als DCP gezeigt.“
Was man so aus diversen Städten hört und mitbekommt:
Mehrere komplett ausgefallene Vorstellungen in verschiedenen Städten wegen nicht funktionierender DCP-Schlüssel.
In München konnte ein asiatischer Film nur völlig ohne Untertitel gezeigt werden, in Köln ebenfalls.
Mehrere 3D-Filme konnten in manchen Städten nicht in 3D abgespielt werden (PIRANHA 3DD, UNIVERSAL SOLDIER 3D) und wurden entgegen ihrer Konzeption lediglich in 2D gezeigt.
Trotz „sauberer“ digitaler Bildränder ist ein allseitig unnötig stark beschnittenes Projektionsbild nach wie vor keine Seltenheit in manchen Sälen. Besonders auffällig in den letzten Jahren vor allem bei Filmen mit „randnah“ platzierten Untertiteln, die entsprechend an- oder abgeschnitten waren, was nicht in allen Fällen behoben werden konnte.
In Nürnberg ist bereits die Trailershow vor dem Eröffnungsfilm zur Einstimmung mehrmals ins Stocken geraten und eingefroren.
Auch jenseits der Tücken der Technik begeistert der Glanz des „Fortschritts“ die Zuschauer:
Einschätzung eines FFF-Vielsehers im Fanforum f3a.net: „Die Digitalprojektion tut manchen Filmen einfach nicht gut, insbesondere nicht denen, die kein großes Studio für die Postproduction hinter sich haben. Look und Farben sehen durch die Digitalprojektion gleich nochmal billiger aus (extrem beispielsweise bei CRAWL), der Schwarzwert wird nicht zufriedenstellend wiedergegeben (bei THE AWAKENING lief ein großes Ameisenrennen auf der Leinwand) und wenn man dann auch noch bei einigen Filmen die Pixel auf der Großleinwand sieht (EXCISION, THE PACT), frage ich mich, ob der reguläre Eintrittspreis von 9 Euro gerechtfertigt ist, ganz gleich, wie gut der Film ist. Kino erlebe ich dann doch gerne in besserer Qualität.“
Einschätzung eines befreundeten FFF-Vielsehers in Nürnberg, der sich in der Hoffnung auf eine 35mm-Henkersmahlzeit dieses Jahr zum vermutlich letzten Mal eine Dauerkarte besorgt hatte, während die Projektionssituation erst nach Ende der Bestellfrist bekannt wurde: „Waren schon einige gute Filme dabei bisher, aber ist halt so fast ohne Filmprojektion schon eher scheiße, wenn dann kaum einer wirklich gut aussieht.“
Einschätzung von Christoph zum DCP von THE TALL MAN: „Als ob man eine einen Meter starke Plexiglasscheibe über das Bild gelegt hätte.“
Was hingegen bei 35mm projektionstechnisch passieren kann:
Ein analoges worst-case-Szenario trat unterdessen tatsächlich bei ACE ATTORNEY auf, der in der ersten Stadt der Tour teilweise vom Teller fiel (Hinweis: diese Information wurde offenbar nicht korrekt kolportiert, siehe dazu Kommentar #6), woraufhin ein paar Stellen wegen Zerknitterungen herausgeschnitten werden mussten. Einige Kratzer und kleine Sprünge sind vor allem im letzten Akt kaum zu übersehen, die Fehlstellen machen aber kaum mehr als 20 Sekunden aus. Trotz dieses extrem seltenen Desaster-Szenarios lässt sich der Film jedoch in den weiteren Städten noch problemlos und letztlich fast verlustfrei vorführen und ansehen. Wäre ein DCP heruntergefallen und zerdellt, könnte man weitere Vorführungen wohl gänzlich abschreiben.
Was man daraus schließen kann:
„Eine 35mm neu gezogen für ein Festival ist eine Seltenheit daher ist die DCP Qualität immer besser als eine 35.“ (Aussage des FFF-Teams auf Facebook)
Mit Verweis auf den Zwischenfall bei ACE ATTORNEY hieß es dann offenbar auch prompt am Eröffnungsabend in Köln: „Da wisst ihr mal wieder, was ihr an der Digitaltechnik habt!“
Hatte ich mich bei Excision also doch nicht getäuscht. War tatsächlich bei kleinflächigen Objekten im Bild pixelig, wie bei einem runtergerechneten Rip. Und TALL MAN: ja, leider Gottes, sehr schmerzhaft das. Kann die BR kaum erwarten.
„…der sich in der Hoffnung auf eine 35mm-Henkersmahlzeit dieses Jahr zum vermutlich letzten Mal eine Dauerkarte besorgt hatte,…“
Erinnert mich an die Leute, die gesagt haben: „Wenn die Blu-ray rauskommt, dann kaufe ich mir nie wieder einen Film.“
Oder an die, die gesagt haben: „Wenn sich die DVD durchsetzt, dann kaufe ich mir nie wieder einen Film.“
Man darf annehmen, dass der befreundete Nürnberger, dann gar nicht mehr ins Kino geht, wenn sogar nichtmal mehr zum FFF (zumindest ohne Dauerkarte)?
Naja…dann kann er sich ja die Filme downloaden! Aber nicht von Festplatte gucken! Erstmal den 35mm-Brenner anwerfen!
Hach…früher war alles besser!
Danke für diese Worte.
Die Qualität auf der Leinwand hat recht wenig mit den DCPs selbst zu tun, sondern mit dem Master Material, das zur Erstellung der DCPs angeliefert wird.
Die Datenraten bei DCPs sind hoch und JPEG2000 ist ein hervorragendes Bildformat, das nahezu verlustfrei das wiedergibt, was man reingegeben hat. Wenns rauscht, liegt das am Film selbst. Das ist ein kreativer Prozess, es hat was mit dem Geschmack des Regiesseurs, Kameramanns und Coloristen zu tun, die ganz maßgeblich ein Bild gestalten.
„The Awakening“ war im übrigen ein auf 400 ISO 35mm Material gedrehter Film, von dem dann in einer digitalen Bearbeitung ein ProRes File exportiert und daraus dann ein DCP erstellt wurde. Zu Behaupten das 35mm besser war ist gerade an diesem Beispiel sehr gut wiederlegt. Das DCP entlarvt erst richtig, wie „schlecht“ (=rauschend) Film zu weilen aussieht im Vergleich zu rein digital gedrehten Filmen. Das nennt man Filmkorn, welches bei diesem Film auch ganz schön gepuscht wurde. Mir war der Film auch aufgefallen, weil hier ein Filmteam ganz konsequent einen Look erzeugt hat. Den mag man, oder eben nicht. Das der Technik in die Schuhe zu schieben? Ich wäre da mal etwas vorsichtiger.
Das Material von solchen Film schwankt zu weilen sehr. Da gibt es Independent Filme, die niemals einen professionelle Bearbeitungssuite gesehen haben genauso, wie auf höchstem internationalen Niveau bearbeitete Filme.
Ferner schwanken die Farbräume sehr, denn die werden heute mehr denn je mit Looks gestaltet. Da gibt es viele Filme, in denen richtiges Schwarz nicht vorkommt. Andere sind super flau, andere dagegen extra hart und kontrastreich. Wieder andere einfach sehr ausgewogen. Wie gesagt, über Geschmack lässt sich nicht streiten. Wenn wir im Kino eine Fernbedienung wie für den heimischen Fernseher rumgehen lassen würden, ei, das wäre mal ein Fest… Aber genau DAS will das Filmteam nicht, und deshalb sieht ein Film meistens so aus wie sie es wollten, und den Geschmack von jedem kann man nicht treffen.
Ein echtes Manko gibts tatsächlich:
Viele Filme werden heute auf HD CAM (starke Kompression, relativ schlechte Bildqualität) und HD CAM SR (schon deutlich besser) in HD 1920x1080y gemastert. Beides ist für Filme im Scope oder Academy Widescreen Format eigentlich schlecht und ich würde sogar sagen falsch.
Warum?
Ganz einfach:
Ein Scope Film hat auf HD eine Auflösung von ca. 1920x800y. Dabei schwankt die Höhe y, mal mehr, mal weniger, je nachdem ob Scope mit 1:2,35 oder 1:2,39 oder 1:2,40 etc. interpretiert wurde. So, nun ist aber das Scope-Format für den DCP Projektor auf 2048x858y vorgeschrieben, der sogenannte Scope Container. Um den Film als Leinwandfüllend zu zeigen, muß er auf diese Auflösung skaliert werden, das ist unumgänglich. Hier schlägt das Nyquist Theorem zu. Das macht das Bild weicher, unschärfer.
Werden Filme dagegen als digitale Daten geliefert, die von Beginn an im richtigen Format 2048x858y angelegt und nie skaliert waren (es sei denn von 4K+ herunter), wäre es schärfer.
Leider ist das nur äußerst selten der Fall und liegt nicht am Festival und nur selten an dem, der das DCP macht, sondern vielmehr an dem, der das Master erstellt, letztlich also meistens an der Filmproduktion und ggf. den Verleihern. Oftmals waren die Filme beim Dreh echte 2048, 4096 oder mehr (z.B. auf der RED Kamera), jedoch für das Mastering dann auf 1920 herunterskaliert, fürs DCP dann im schlimmsten Fall wieder zurückskaliert, und schon hat man den Salat.
Andere Filme wurden von Beginn an in HD Produziert (z.B. mit der ARRI ALEXA also DNxHD oder ProRes, oder einer HD Kamera etc.).
Wenn wir von Pixeln reden: Wer hat VHS gesehen…? 🙂
Auch wenn ein Festival Material in einer bestimmten Form anfordert, so heißt das ja längst noch nicht, das es auch so kommt.
Wenn natürlich DCPs verwechselt wurden (mit/ohne Untertitel) usw., dann sind das menschliche Fehler. Die können leider passieren, auch wenns nicht schön ist. Bei einem Festival gehts oft sehr hektisch zu! So ein DCP Server hat nur sehr begrenzt Platz (leider), weshalb im normalen Spielbetrieb ja auch nur wenige Filme drauf sind. Bei einem Festival müssen oft dutzende Filme in einem Saal laufen, was auch den Server und das Personal an die Grenzen bringt. Ich finde es schade das alles schlecht zu reden, denn die Leute sind mit Enthusiasmus dabei den Besuchern eine Auswahl und Bandbreite von Filmen nahe zu bringen, die man sonst oft garnicht zu sehen bekäme.
Ich hab auch schon in 35mm Vorführungen in normalen Kinos gesessen, bei denen Akte vertauscht oder gar falschrum aufgewickelt waren. Die Filme mögen mies gewesen sein, aber an die Vorführung erinnere ich mich mich heute… 🙂
Verschlüsselte DCPs sind für Festivals leider immer wieder tragisch. Die Vorteile unverschlüsselter DCPs sind gravierend. So gravierend, das für die Oscars nur unverschlüsselte DCPs zur Einreichung akzeptiert werden! Die wollen den Ärger nämlich auch nicht. Aber manche Verleiher rücken Filme nur noch mit Verschlüsselung raus, und dann kann das auch mal in die Hose gehen.
Wahrhaftig traurig.
Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, das ACE ATTORNEY in der ersten Festivalstadt NICHT vom Teller gefallen ist, sondern vom Vorgängerfestival (irgendwas in Korea) so scheiße verpackt wurde, das die einzelnen Akte mehr oder weniger lose durch den Karton flatterten. War nicht so toll, nach dem öffnen des Paketes erstmal Filmschlaufen fliegen zu sehen…
Das wiederum wäre mit einer DCP nicht passiert.
Danke für den Hinweis, rAuPy. Das wurde von den FFF-Verantwortlichen eben anders kolportiert. Andreas und Christoph, ich bin mir nicht sicher, ob man in dem Text den Satz „Wäre ein DCP heruntergefallen und zerdellt, könnte man weitere Vorführungen wohl gänzlich abschreiben.“ so stehen lassen kann. Eine vertrauenswürdige Quelle hat mir berichtet, dass die extra so widerstandsfähig konstruiert wurden, dass sie auch für den Einsatz in Panzern zu verwenden sind :o).
Danke erstmal allgemein für die Hinweise und Korrekturen (@rAuPy: dein Hinweis wurde nun entsprechend im Text berücksichtigt). Es ging uns in erster Linie um eine weitestgehend unkommentierte, für sich sprechende Dokumentation der Projektionslage, weil es eben doch in sich auffällig ist, dass allein in diesem Jahr mehr und gravierendere Probleme mit der digitalen Projektion auftraten (und in den letzten Jahren auch bereits), als wir sie in den letzten zehn Jahren mit 35mm-Projektionen erlebten, sowohl was Qualität als auch Zuverlässigkeit betrifft. Das hat viele Gründe und soll auch gar keine Schuldzuweisung an Beteiligte sein, weil man die jeweiligen Hintergründe als Außenstehender ohnehin nur erahnen kann. Unangenehm wird es jedoch in Verbindung mit teils verbesserungswürdiger Transparenz und eben den unreflektierten Lobreden auf die DCP-Projektion. Dass deren Siegeszug im aktuellen Kinobetrieb nicht aufzuhalten ist, steht gar nicht zur Diskussion, nur kommt der derzeitige breitflächige Durchbruch zu früh, weil die Technik offenkundig noch nicht voll ausgereift & zuverlässig ist und oft schlichtweg auch noch die Routine im Umgang damit fehlt. Dass sich sowohl Veranstalter als auch Zuschauer nun schon seit Jahren unvermindert mit den gern als „Kinderkrankheiten“ abgetanen Problemen rumschlagen dürfen, nervt aber als Jetzt-Zustand vorerst gewaltig und muss als solcher auch konstatiert werden. Die obige Pannen-Aufzählung ist übrigens wohl sogar noch sehr lückenhaft, man hört ständig noch von weiteren Fällen (oder auch allgemein einfach unbefriedigender Wiedergabe: ruckeln, flimmern, verpixeln etc.). Nur zwei aktuelle Beispiele anhand von Twitter-Meldungen:
– „The Blind Spot – Schlüssel funktioniert nicht, Film fällt aus. Lang lebe DCP… :p“
– „Morituris – Viertklassiger Amateurdreck mit FANSUBS ! Eine Unverschämtheit von Rosebud, sowas überhaupt zu zeigen.“
@Robert
Damit schlägst du in die gleiche „Nostalgiker“-Vorwurf-Kerbe, wie das leider auch Rosebud tun (siehe Eingangszitat). Mal abgesehen davon, dass obige Aufzählung ja recht klar belegt, dass eine derzeitige 35mm-Präferenz auch ganz klar an technischen Vorteilen (z.B. eben Verlässlichkeit) festgemacht werden kann, lässt sich auch ohne jede Nostalgie rein sachlich konstatieren, dass „früher“ nicht nur weniger Pannen beim FFF auftraten als auch die Kinotechnik allgemein überzeugender (gewissermaßen auch: reichhaltiger) war. Das mag sich in naher oder mittlerer Zukunft hoffentlich ändern, wenn sich die Digitalprojektion entsprechend weiterentwickelt, zumal bei zunehmendem digitalen Dreh. Einstweilen lässt sie halt leider noch einiges zu wünschen übrig. Und dass die Kinotechnik irgendwann zwischen den späten 50er und frühen 70er Jahren ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht hat und gegenüber damaligen (leider zu kostspieligen und natürlich auch oft nur in den großen Premierenkinos zu erlebenden) Errungenschaften wie 70mm, Technicolor oder 6-Kanal-Magnetton heutzutage 2k, Color Grading und DTS nur ein reichlich schaler Abglanz sind, auch das lässt sich ganz sachlich und unnostalgisch feststellen, ohne diese Zeit überhaupt selbst erlebt zu haben – sondern nur anhand des Vergleichs von überlieferten Materialien (Filmkopien etc.). Aber wie gesagt: Das mag sich zukünftig natürlich ändern, keine Frage, und in manchen Aspekten spielen sicherlich auch persönliche Präferenzen hinein.
Und besagter Freund denkt sich halt zu Recht, dass er 2k-digital zuhause durchaus näherungsweise reproduzieren kann (im Gegensatz zu 35mm oder auch überzeugendem 3D), was den Anreiz zum Kinobesuch natürlich einstweilen mindern kann – auch wenn sicherlich noch andere Gründe für die große Leinwand sprechen, und ich selbst z.B. die intensive Erfahrung, UNIVERSAL SOLDIER: DAY OF RECKONING als gutes DCP und mit wuchtigem Sound in einem großen Saal erlebt zu haben, auch ohne 3D keinesfalls missen möchte.
Wer sich (wie er) übrigens auch viele alte Filme in Filmmuseen, Kommunalen Kinos, Filmclubs oder auf Retro-Festivals ansieht, kann zumindest in vielen Großstädten durchaus darauf hoffen, noch einige Jahrzehnte lang relativ regelmäßig 35mm-Projektionen sehen zu können. Während es damit bei neuen Filmen in wenigen Jahren ganz vorbei sein wird, das steht sicherlich außer Frage.
@Axel
Danke für die umfangreichen Erläuterungen, die man als Ergänzung wohl weitestgehend für sich stehen lassen kann. Wie gesagt ging es uns durchaus nicht darum, jemanden zu beschuldigen oder etwas pauschal schlecht zu reden, sondern eine unbefriedigende Entwicklung zu dokumentieren, die als derzeit offenkundig noch nicht zu leistender Fortschritt propagiert wird. Interessant deine Detailanmerkungen zu den Auflösungen bei der Bearbeitung. Das erklärt auch ein Stück weit, warum ich bei anderen Festivals durchaus schon sehr schöne HDCam-Projektionen gesehen habe, die so manches DCP in die Tasche gesteckt haben.
Übrigens möchte ich mich auch von reinem Auflösungs- und „Qualitätsfetischismus“ distanzieren, ich habe für bewusst eingesetzte „defizitäre“ Aufnahmemedien viel übrig, auch mit Schmalfilm (16mm/Super8) bzw. einer billigen MiniDV oder Handykamera lässt sich ein für sich genommen wunderschön aussehender (aber eben nicht HD-Hochglanz-Ansprüchen gerecht werdender) Film drehen. Wie zufriedenstellend etwas wiedergegeben wird, ist natürlich oft schlichtweg eine Frage des Einzelfalls und des dahinter stehenden künstlerischen Konzepts. Auch ohne THE AWAKENING gesehen zu haben, möche ich gerade deshalb folgenden Absatz jedoch nicht so stehen lassen:
„Zu Behaupten das 35mm besser war ist gerade an diesem Beispiel sehr gut wiederlegt. Das DCP entlarvt erst richtig, wie “schlecht” (=rauschend) Film zu weilen aussieht im Vergleich zu rein digital gedrehten Filmen. Das nennt man Filmkorn, welches bei diesem Film auch ganz schön gepuscht wurde. Mir war der Film auch aufgefallen, weil hier ein Filmteam ganz konsequent einen Look erzeugt hat. Den mag man, oder eben nicht. Das der Technik in die Schuhe zu schieben? Ich wäre da mal etwas vorsichtiger.“
Abgesehen davon, dass die Bemerkung ein Fremdzitat war und ich den Film nicht kenne, ist grundsätzlich eigentlich gerade das ein gutes Beispiel dafür, dass die Technik eben noch nicht für eine adäquate Wiedergabe bzw. einen verlustfreien Medienwechsel imstande ist. Ich bin z.B. durchaus ein großer Freund von Filmkorn, das auf 35mm kopiert (optimalerweise ohne digitale Zwischenschritte, leider nur noch sehr selten zu erleben, aber ich sehe auch viele alte Filme im Kino) oft prima aussieht und den Film gewissermaßen „atmen“ lässt. Dass eine digitale Abtastung diesen Look eben bislang offenbar nicht adäquat erfassen kann, sondern die ungleichmäßige Kornstruktur in ein gleichförmiges Pixelraster presst und als Resultat eben kein bewegliches Korn, sondern nur noch ein fixiertes Rauschen übrig bleibt, darf man sehr wohl der Technik in die Schuhe schieben. Ein „Mangel“, der überhaupt erst beim Medienwechsel als solcher negativ in Erscheinung tritt, ist m.E. durchaus eben jenem Materialwechsel und nicht dem Ausgangsmaterial zuzuschreiben. Aber das nur als allgemeine Anmerkung, nicht konkret auf THE AWAKENING bezogen (dort kommt laut jenem Zitat offenbar noch hinzu, dass der bessere Schwarzwert des 35mm-Aufnahmematerials in der DCP-Wiedergabe Probleme verursacht, die ursprünglich gar nicht vorhanden waren).
@Christian
Interessant! Okay, das war dann vielleicht nicht ganz glücklich formuliert. 🙂 Beschädigung der Anschlüsse wäre vielleicht ein besseres Beispiel. Jedenfalls weiß ja jeder, der schon mal mit Hard- und Software zu tun hatte (also jeder, der das alles hier liest), wie anfällig und tückisch die oft schon bei kleinen Beschädigungen entscheidender Teile sind – auch ohne nähere DCP-Detailkenntnisse gehe ich davon aus, dass es dort nicht anders sein wird. Und falls doch, reichen die anderweitig aufgezählten Anfälligskeitsherde ja vorerst leider auch völlig aus…
@Andreas
Ich bin nach wie vor der Meinund das dem Team hinter „The Awakening“ wohl doch sehr klar sein dürfte wie ihr Film digital projeziert aussehen wird. Die haben das schließlich digital angeliefert. Wie gesagt, aus meiner Sicht ein klassischer Fall von einem bewußt gewählten und durchaus extremen Look. Ich sehe das völlig wertfrei und nehme das als Stilmittel hin. Ob ich es genauso machen würde sei dahingestellt, aber es wurde äußerst konsequent durchgezogen und hat für mich durchaus funktioniert.
Und mal ehrlich:
In vermutlich weniger als 2 Jahren werden keine neuen Filme mehr auf Film geliefert werden können, weil sich weltweit gerade die komplette Filminfrastruktur zusammenfaltet. Fuji stellt kein Material mehr her, Kodak ist ohnehin fast am Ende, wie lange AGFA noch durchhält weiß man nicht. Die Kopierwerke machen Reihenweise zu, die verbleibenden mit Aussicht auf Zukunft konzentrieren sich fast nur auf Archive und Restauration. Und zwar um das Material zu scannen…
Wer glaubt man solle noch mit dem Digital warten und weiter auf 35mm setzen reitet leider ein ziemlich totes Pferd. Fakt ist, der Flächenbrand der Digitalisierung geht immer schneller voran. Wenn eine gewisse Sättigung eingetroffen ist, werden die Kinos die leidtragenden sein, die noch nicht umgestellt haben.
Warum?
Ganz einfach: Die werden nämlich weder Werbung noch Kopien bekommen, weil diese nur noch zu völlig überteuerten und somit absolut unwirtschaftlichen Preisen herstellbar sind. Filmmaterial ist über die letzten Jahre stetig teurer geworden, es wird eindeutig zum Liebhaberprodukt. Und da Kinos und Filmverleihe wirtschaftlich sein müssen, muss der Film sterben. Ob mas das jetzt gut findet oder nicht.
Klar, es gibt alte Schinken und die kann man auch hier und da noch zeigen. Aber neue Rollen? Das wird schon sehr bald extrem unwahrscheinlich…
Zudem gibt es immer mehr Kinos, die wegen der Virtual Print Fee ihre 35mm Projektoren schneller abgebaut haben, als sie den Digitalprojektor aufstellen konnten. Weil sie nämlich mit den Einnahmen aus der Virtual Print Fee ihre Leasingraten für die Digitaltechnik subventionieren können. Wenn da einer mit ner 35mm Kopie in der Tür steht kostet die das Kino echtes Geld, weil es dafür keine Virtual Print Fee als Kompensation verlangen kann. Und deshalb mustern gerade reihenweise Programmkinos die 35mm Mühlen aus. Als rasch, noch etwas Altmetall aufkaufen 🙂
So schön Film auch ist, Digital ist im Vergleich auf alle Fälle besser.
Wenn DCPs wegen falscher/fehlender Keys nicht laufen, tja, das ist halt Mist. Letztlich sind aber alle Fehler auf menschliches Versagen zurück zu führen. Die Qualität der Projektionen, die Reproduzierbarkeit von Farbe, Brillianz, Details ist bei der Digitalprojektion auf jeden Fall besser als beim 35mm Print.
Und das der Schwarzwert und Kontrastumfang beim Film besser sein soll?
Ich hab mir gerade erst wieder die 4K Projektion im RAI/IBC Theater angeschaut. Wer mir danach erzählt das geht mit Film besser hat einfach keinen Vergleich.
Ich denke hier wird ein gutes Stück Nostalgik mit (teilweise berechtigter, teilweise unberechtigter) Kritik, Geschmack und Gerüchten gemischt. Ich versuche lieber die Fakten zu sehen. Ein Filmfest zeigt Bandbreite. Die gab es und die war ziemlich groß. Pannen, OK, die sollte man in Zukunft versuchen zu vermeiden. Geht nicht immer, aber wachsende Routine wird hier vielleicht auch helfen. Wobei die Kinos alle routiniert sind, die machen seit Jahren nix anderes. Es ist eher die Hektik eines Festivals, so viele Filmwechsel in so kurzer Zeit zu schaffen. Da rotiert es hinter den Kulissen sicherlich gewaltig. Wenn ein Film nicht gefällt, ok, das ist eine Geschmacksfrage. Das ist das Risiko beim Film, und auch wenn der Film mal nicht gefällt hat man den Eintritt doch bezahlt. Das ist leider so.
Dennoch, Digital kommt und bleibt, Film wird für immer gehen (zumindest in „neuen“ Produktionen und um nix anderes geht es bei diesem Festival).
Gruß,
Axel
@Axel
Habe ja nie etwas anderes behauptet, im Gegenteil. Im aktuellen Betrieb ist die Entwicklung eindeutig und nur noch eine zeitliche Frage der Abwicklung. „Agitatorisch“ geht es mir einzig darum, Film für den musealen Kontext zu erhalten, weil er dort als originalgetreuestes Material essentiell ist und oft auch schlichtweg alternativlos. Gleichwohl kann man sich ja dennoch auch im aktuellen Betrieb kritische Gedanken dazu machen, ohne sich deshalb Illusionen hinzugeben.
Zu AWAKENING kann ich mangels Sichtung sowieso nichts sagen. Aber klar: Die digitale Postproduktion von auf 35mm gedrehten Filmen ist natürlich ein Problem für sich, weil das streng genommen sowieso bereits den Filmlook verfälscht und sich auch bei anschließender 35mm-Ausbelichtung bemerkbar macht (wenn man einen Blick dafür entwickelt, fällt es leider auch immer wieder auf) – die ich zwar dann zwar meistens trotzdem stimmiger finde, aber ich kann prinzipiell auch verstehen, wenn davon ausgehend jemand meint, dass man dann auch gleich digital projizieren kann. Das Digital Intermediate war zweifellos bereits der erste Totengräber des Films. Wie toll Film aussehen kann, lässt sich dann sowieso erst bei einem analog postproduzierten Film wirklich, aber dafür umso eindrucksvoller nachvollziehen, vor einigen Monaten etwa bei HAUS DER SÜNDE (wohl einem der letzten regulären Kinostarts dieser Art).
Klar, Film ist bereits an den Rand gedrängt und wird im aktuellen Kino bald zumindest als Projektionsmedium nahezu ganz weg sein (auf eine kleine Nische fürs Experimentalkino und dergleichen hoffe ich zwar schon, aber das ist eine andere Baustelle). Wird man hinnehmen müssen, auch wenn einen ganz unabhängig von persönlichen Präferenzen einiges daran stören kann.
Zum Einen, weil mit völlig wahnwitzigem finanziellen Aufwand ein Umstieg durchgedrückt wird, der in der Praxis zwangsläufig dafür sorgen wird, dass mindestens ein Viertel der Kinos wegen Nicht-Finanzierbarkeit entweder schließen oder mit mangelhaften Notlösungen (1,3k, BD etc.) operieren müssen, die im Gegensatz zu 2k/4k dann eine ganz offensichtliche Verschlechterung gegenüber dem bisherigen 35mm-Standard darstellen – in erster Linie zahlen die Kinos hier eine Zeche, die ihnen keine Mehreinnahmen (3D ausgenommen) bringt, aber massive Kosten. Dass sich wiederum Produzenten und Verleihe die Hände über gesparte Kosten reiben, ist dann halt die andere Seite.
Zum Anderen, weil es halt schlichtweg schade ist, wenn nur eine eintönige Verdrängung statt eine Erweiterung künstlerischer Ausdrucksmöglichkeiten stattfindet. Um das klar zu stellen: Ich bin ein großer Freund des digitalen Kinos, es lassen sich damit ganz wunderbare Sachen machen, die zuvor schlichtweg nicht möglich waren. Aber ich bin auch ein ebenso großer Freund des analogen Kinos, weil sich auch damit viele Sachen machen lassen, die in dieser Form vorläufig nicht digital machbar sind. Kurzum: Es geht mir um Vielfalt. Und deswegen finde ich es in künstlerischer Hinsicht katastrophal, dass die Digitalisierung nicht einfach nur die Möglichkeiten des Kinos erweitert, sondern alles andere verdrängt. Dass das ökonomisch und politisch gewollt und forciert wird und gewissermaßen auch einer Massenmarkt- und Massenproduktion-Zwangsläufigkeit unterliegt, ist völlig klar und aus bestimmter Perspektive auch plausibel, aber Gefallen muss einem dieser Zwang zur Einseitigkeit noch lange nicht, wenn man Kino eben auch aus anderen Pespektiven betrachtet.
Ansonsten möchte ich zwei weitere Dinge nicht ganz stehen lassen:
– Die Aussage „Digital ist im Vergleich auf alle Fälle besser“ entbehrt letzten Endes einer sinnvollen Grundlage. Die Diskussion, welche Technik nun „besser“ sei, ignoriert, dass so ein Vergleich nicht hinhaut, weil beides unter zu unterschiedlichen Parametern funktioniert. Und selbst man wenn man dem mit einer vergleichenden „Messung“ von Bildmerkmalen beikommen möchte (was ich ohnehin für einen fragwürdigen Ansatz halte), lässt die ungleichmäßige Kornverteilung beim photochemischen Bild eine eindeutige Quantifizierung eben ohnehin nicht zu. Nicht umsonst gehen entsprechende, in digitale Maßstäbe umgerechnete Einschätzungen von 35mm ja auch extrem auseinander, die einen sprechen von 8k Negativ-Potenzial, die anderen von 0,5k Rumpfbild bei missglückter Billig-Massenkopie in schlechter Projektion. Selbst beim DCP wiederum schwankt ein vermeintliches 2k-Bild oft enorm, wie du in deinem ersten Kommentar ja anschaulich dargelegt hast. Durch solche Schwankungen zwischen Potenzialen, Theorien und Praxis erübrigt sich dann auch die Frage, was „besser“ ist, weil es von Fall zu Fall schwankt und oft zunächst mal eine Frage der Vorlagentreue ist. Und trotzdem: Ich kenne genug Leute, die bei 2k einfach auch über sichtbare Pixel und Pixelraster klagen – da fragt man sich natürlich schon, was daran nun besser sein soll, angesichts solcher Nebenwirkungen? (Ich selbst halte mittlerweile lieber einen Betrachtungs-„Sicherheitsabstand“ bei Digitalprojektionen und bin diesem Phänomen daher zum Glück zumindest bei professionellen Vorführungen noch nicht in gravierender Form begegnet; von 4k, was bisher eben leider die Ausnahme ist, verspreche ich mir da nochmal merkliche Fortschritte, Luft nach oben ist in vielen Fällen reichlich). Ein solcher Vergleich führt daher m.E. zwangsläufig nicht weit, zumal das reine Festhalten an Auflösungen, Kontrasten etc. sowieso in die falsche Richtung geht. Was mir dagegen fehlt, ist der Respekt vor Differenzen. Ich finde halt beides toll, analog und digital, und möchte (sowohl in Aufnahme als auch jeweils arteigener Projektion) beides nur ungern missen. Es ist schlichtweg ein *unterschiedliches* Filmerleben, egal was man nun vorzieht. Koexistenz scheint aber leider nur als temporäres Abfallprodukt der jetzigen Übergangsphase möglich, und gerade das finde ich hochgradig bedauernswert, weil das Kino sich dadurch mal wieder um seine Vielfalt und seine Möglichkeiten bringt, und die vermeintliche Bereicherung gleichzeitig eine Verarmung mit sich bringt. Dass es auch hier um ökonomische Zwänge geht, ist mir natürlich klar, das macht es letztlich noch schlimmer.
– Selbst wenn man davon ausgeht, Digital sei „besser“, kann ich die Ideologie, die „bessere“ Technik mache automatisch alles andere obsolet oder zumindest leicht verzichtbar, schlichtweg nicht teilen. Gerade die „visuell-haptische“ Anmutung von Film (ob einem die nun wichtig ist oder nicht; sicher auch eine Präferenzen und Konditionierungs-Frage) ist dabei eben auch nicht einfach ersetzbar. Und nicht umsonst drehen bis zum heutigen Tag nicht nur aus Kostengründen, sondern oft aus bewussten ästhetischen Erwägungen heraus Filmemacher auf 16mm oder vereinzelt gar Super8, obwohl 35mm „besser“ ist – eben der Respekt vor Differenzen und die eigene sinnliche Qualität des vermeintlich Defizitären liefern dafür auch gute Gründe. Genauso, wie andere lieber auf MiniDV, Spiegelreflex oder Handycam statt 5k-RED drehen. Oder andere auf 35mm statt HD. Und bei der Projektion gilt wiederum ähnliches wie für die Aufnahme. Da können eben viele Überlegungen und Präferenzen eine Rolle spielen. Die erzwungene „Marktbereinigung“ schmeckt mir halt in dieser Form nicht. Aufhalten wird man sie dadurch leider auch nicht, das ist mir auch klar.
Womöglich sehen wir das letztlich gar nicht mal so verschieden, aber einige Seitenbemerkungen wollte ich nicht so stehen lassen und das daher nochmal etwas ausführen. Ist natürlich ein sehr weitläufiges und komplexes Thema, das man ewig ausdehnen kann. Und wie schon gesagt: Der Ausgangsbeitrag ist ja nun auch gar nicht so sehr Technik-Kritik (wobei es natürlich schon auffällig ist, wie enorm „intoleranter“ die Digitalprojektion gegenüber „menschlichem Versagen“ ist, also um wieviel gravierender sich kleine Fehler da gleich auswirken), sondern in erster Linie eine Unzufriedenheit mit dem Kommunikationsverhalten, die Anordnung der weitgehenden Fremdzitate ist ja bewusst so gewählt. Man fühlt sich halt als Zuschauer ein Stück weit verhöhnt, wenn man sich ständig anhören darf, wie toll das nun alles sei, sich aber gleichzeitig seit einigen Jahren nun ständig ungemein enervierdenden Problemen gegenüber sieht, die es so früher einfach nicht gab. Da ärgert man sich ab einem gewissen Punkt halt einfach. Das Resultat war dieser Beitrag, der Ärger ist mittlerweile weitgehend gegessen, und die Hoffnung bleibt, dass mit den Jahren und der Routine eeendlich alles etwas reibungsloser laufen wird.
Ich werde bei dieser altbekannten Diskussion nie verstehen, warum der Fokus so stark auf die Technik gelegt wird. 35 und DCP haben beide Vor- und Nachteile, welches nun „besser“ ist, sei dahingestellt; Fakt ist, daß man nicht von einem eindeutigen Qualitätssprung sprechen kann und genau da liegt der Hund begraben. Pro Saal kostet die Umstellung (egal ob 30 oder 1000 Sitzplätze) meist 75.000 – 100.000 Euro. Da nicht nur Beamer und Server gebraucht werden, sondern ebenso Kühlsysteme und bestimmte bauliche Voraussetzungen gegeben sein müssen, lassen sich manche Vorführräume (beisp. welche mit Spiegelprojektion) nur mit erheblichen zusätzlichen Kosten oder sogar gar nicht digitalisieren. Wirtschaftlich ist es daher aus Sicht der Kinos kompletter Wahnsinn, für einen nicht vorhandenen Qualitätssprung eine solche Summe zu investieren. Deswegen hat man es geschafft (im Übrigen durch mafiose Hinterzimmerpolitik) gewaltige Fördersummen zu mobilisieren.
Wir reden hier von unvorstellbaren Summen, die vom Steuerzahler und den Kinobetreibern gestemmt werden, die weder dem Steuerzahler (also Zuschauer), noch dem Kinobetreiber eine auch nur im Ansatz adäquate Preis/Leistungs-Verbesserung gewähren.
Die Kinos aber werden gezwungen, zu digitalisieren, weil sie bald keine Kopien mehr erhalten. Einige werden dadurch auf der Strecke bleiben, weil sie den immer noch massiven Eigenanteil nicht leisten können (bautechnische Maßnahmen werden übrigens nicht gefördert).
Die Digitalisierung ist einfach eine riesige Geldmaschine für wenige, deren Kosten auch noch erfolgreich abgewälzt wurden. Natürlich wird es in Zukunft diverse Updates geben (wie die 48 und dann 60 fps), die wieder viel Geld kosten und wieder der Zwang generiert wird, es zu bezahlen. In Hollywood platzen die Korken, weil massenhaft Steuergelder und Kohle von mittelarmen Kinos auf berstenden Privatkonten landen und hier wird über Nostalgie diskutiert. Da komme ich nicht mit.
Hab mich in die bisherige Diskussion aus Zeitgründen jetzt nicht eingeschaltet, obwohl ich als langjähriger FFF-Besucher auch das ein oder andere zu berichten hätte. Wie so oft bei solchen DIngen, bewegen sich meine Überlegungen hierzu aber in sehr ähnlichen Bahnen wie die von Andreas. Ich lasse ihn also auch in diesem Fall gerne für mich sprechen.
Nichtsdestotrotz möchte ich hier doch noch kommentieren, da der letzte Beitrag von Jochen mir (und vermutlich ebenfalls Andreas) aus der Seele spricht, aber bisher auf dieser Seite wegen seiner Offensichtlichkeit kaum thematisiert worden ist. Was Jochen anspricht trifft meiner Meinung nach ebenfalls voll ins Schwarze, tangiert die spezifischeren Diskussionen an dieser Stelle aber nur bedingt. Jochens‘ ist (momentan) vielleicht sogar die relevantere Perspektive (wobei ich bei solchen Wertungen grundsätzlich lieber vorsichtig bin), liegt aber für mich (als jemand der auch schon seit Jahren in die Arbeit mit und innerhalb von Kinos vorführt) schlichtweg von Beginn an auf der Hand. In etwa wie die Feststellung, dass Fast-Food nicht besonders gesundheitsfördernd ist. Das mindert nicht die Relevanz dieser Feststellung, sie für Außenstehende im kinobereich ohne weiteres nicht zu treffen ist. Da es sich dabei aber meiner Meinung nach (selbst bei rudimentärer Beschäftigung mit dem wirtschaftlichen Aspekt der Digitalisierung) um Schlussfolgerungen handelt, die man eigentlich nur als „gesunden Menschenverstand“ bezeichnen kann, möchte ich eben bezweifeln ob solch eine grundsätzliche Diskussion (die es meiner Meinung nach in „spezialisierteren Kreisen“ überhaupt nicht Bedarf) auf Eskalierende Träume vonnöten ist.
Daß diese Diskussion auf dieser Seite redundant ist, glaube ich gerne.
In “spezialisierteren Kreisen” wurde über diese Thematik meiner Ansicht nach aber erstaunlich wenig Unmut geäußert. Die „Kino-Versklavung“ wurde zwar nicht begeistert aufgenommen, aber sehr früh als unabwendbar hingenommen. Hätte die Politik in mehreren europäischen Ländern (im Verbund mit den Kinos) nicht Milliarden lockergemacht, wären 35 und viele wichtige Filmtheater zumindest nicht komplett dem Tode geweiht. Ohne großen Widerstand öffneten sich völlig ohne demokratischen Prozess die Fördertöpfe und die 35-Befürworter der “spezialisierteren Kreise” kritisierten größtenteils die ihrer Meinung nach vorhandenen technischen Defizite, statt durch Offenlegung der eigentlichen Sauerei vielleicht zumindest für Europa Alternativen zu finden. Aber der Zug ist natürlich seit vielen Jahren abgefahren, Hollywood war einfach zu schnell und clever. Ich ärgere mich ja quasi auch nur im Nachhinein. Insofern ist das hier tatsächlich überflüssiges Gewäsch 😉
Ja, wie gesagt hast du vollkommen recht. Und ein wenig von diesem „unabwendbar“ schwingt ja auch in meinem letzten Kommentar mit. Aber wenn selbst die Kommunalen Kinos im Verband(!) auf Bundesebene kaum wahrgenommen werden wenn es um Gesetzesentwürfe geht, und sie sich massiv zu Wort melden müssen um Gehör zu finden, dann kann man sich halt denken, wie es um die wirklich kleinen Kinos steht (die ja oft gar nicht irgendwie organisiert sind). 🙁 Es ist einfach unglaublich traurig, und mit dem Hinweis auf die „spezialisierteren Kreise“ die oft auch nur Geschäftemacher/Geschäftsleute sind [man muss bedenken dass viele Kinos nicht aus Liebe zur siebten Kunst bestrieben werden, und man in gewissen Kreisen auch froh ist, wenn der Konkurrenz eventuell der Garaus gemacht werden kann] offenbart sich ja das ganze Dilemma dieser Europaweiten Kinohinrichtung. Ich denke was die Politik da gemacht hat kann man mit etwa hiermit vergleichen (wobei das bei der Digitalisierung von den Lobbyisten sicherlich weitaus ’schöner‘ vermarktet worden ist).
Die Aspekte der Konkurrenz und der fehlenden Organisation unter den Kinos sind interessante Punkte und sicherlich wahr. Bemerkenswert finde ich auch, wie oft Leute aus dem Medien-Bereich jemanden in den nostalgischen Hinterwald stellen, auch wenn man politisch gegen die Digitalisierung oder vergleichbaren und oft vermeintlichen technischen Fortschritten argumentiert. Das fühlt sich teilweise an, wie die Wiedergeburt von futuristischem Faschismus. Ich erinnere mich an unzählige Artikel zu „Avatar“, die in vollkommener Überzeugung und nahezu esoterischer Formulierung behaupteten, die Zukunft des Kinos gesehen zu haben. Ich erinnere mich an niemanden, der wenigstens die Möglichkeit eingestand, daß 3D als Mittel zur Beschleunigung der Digitalisierung eingesetzt wird. Durch den erfolgreich generierten Zeitgeist, digitale Technik nicht ohne Distinktionsverlust kritisieren zu können, werden eigentlich offensichtliche Verarschungen nicht nur durchgewunken, sondern in vollendeter Verblendung Willkommen geheißen. Solange die Technik neu ist, ist nicht nur die Qualität, sondern auch deren Auswirkung auf Kultur, Politik und Ethik sekundär. Futurismus eben.
Danke auch meinerseits für deine scharfsichtigen Kommentare, Jochen. Kann mich da nur anschließen, einiges davon habe ich in meinem letzten längeren Kommentar ja anklingen lassen („weil mit völlig wahnwitzigem finanziellen Aufwand ein Umstieg durchgedrückt wird, der in der Praxis zwangsläufig dafür sorgen wird, dass mindestens ein Viertel der Kinos wegen Nicht-Finanzierbarkeit entweder schließen oder mit mangelhaften Notlösungen operieren müssen […] in erster Linie zahlen die Kinos hier eine Zeche, die ihnen keine Mehreinnahmen bringt, aber massive Kosten“), aber bewusst nur am Rande, weil es nicht das eigentliche Thema war. Andererseits schadet es natürlich nicht, mal einen Schritt zurück zu treten und sich nochmal das ganze groteske Ausmaß der Gesamtsituation vor Augen zu halten, auch wenn der Zug längst abgefahren ist. Den Hinweis auf 3D wollte ich auch gerade bringen, du hast es jetzt bereits getan. AVATAR war da sicher der fatale Wendepunkt, der auch manchen zunächst besonnenen Kinobetreibern die Dollarzeichen in die Auge getrieben hat, und die zuvor hierzulande doch recht breitflächige Zurückhaltung in Sachen Digitalisierung dann erdrutschartig aufgeweicht hat. Dass sich nur bei einigen 3D-Eventmovies Mehreinnahmen mit dem Umstieg generieren lassen, wollten leider wenige sehen. Es ist halt wirklich der Punkt, dass diese breitflächige Umstellung zu früh und vor allem unbegründet kommt. Es gibt nicht nur haufenweise Pannen, sondern vor allem qualitativ keinen wirklich nennenswerten Mehrwert für die Zuschauer und bei 2D auch keine Mehreinnahmen für die Kinos. Nur aberwitzige Kosten, verbunden mit einer äußerst traurigen „Marktbereinigung“ und „Kultur-Demontage“, die in den nächsten Jahren noch für manch böses Erwachen sorgen wird.
Und nebenbei, weil man als Digitalisierungsskeptiker ja gern mal belächelnd mit den Tonfilmgegnern am Ende der Stummfilmzeit verglichen wird (eine weitere Facette der unsinnigen Nostalgie-Keule): Eigentlich ist die jetzige Umstellung zwar für den Zuschauer zunächst weniger auffällig, aber in ihrem Gesamtausmaß wesentlich gravierender und vor allem nachteiliger als alle anderen Neuerungen des Kinos. Ob nun Tonfilm, Farbfilm, CinemaScope oder DTS/THX – immer war es dabei auch weiterhin ohne größere Probleme möglich, stumme, schwarz-weiße, normalformatige oder magnet-/lichttonbestückte Filme zu drehen, zu kopieren und zu zeigen, gerade in den letzten Jahren gab es ja sogar wieder eine verstärkte Tendenz dazu. Der jetzige Einschnitt hat dagegen eine völlig neuartige und katastrophale Kehrseite, denn in naher Zukunft wird es schlichtweg nicht mehr möglich sein (oder nur mit massivsten Hindernissen), Filme überhaupt auf irgendeiner Art von analogem Filmmaterial zu drehen, und vor allem zu kopieren und zu zeigen. Diese komplette Abkapselung von der Filmgeschichte und deren bisherigen Errungenschaften und Möglichkeiten ist ein kurzsichtiger Wahnsinn, dessen brutale Dimension manchen wohl erst viel zu spät dämmern wird.