Berlin-Filme aus 60 Jahren auf der Leinwand
In Berlin findet zur Zeit (13. – 20. April) zum siebten mal das Filmfestival achtung berlin statt, in dem Filme mit aktuellen sowie historischen Bezügen zu Stadt und Leuten vorgestellt werden. Neben verschiedenen Wettbewerbsreihen mit zahlreichen neueren Arbeiten, wie z.B. Adams Ende, Papa Gold, dem Director’s Cut von RP Kahls 90er Jahre Kultfilm Angel Express, oder den beiden Dokumentarfilmen Gangsterläufer von Christian Stahl und 9 Leben von Maria Speth, sticht für mich vor allem die Zusammenstellung der Retrospektive-Reihe heraus. Unter dem Motto Musik – Stadt – Berlin werden ab Freitag in verschiedenen Berliner Festivalkinos annähernd 30 verschiedene Produktionen von den 50ern bis in die Gegenwart zu sehen sein. Das Besondere: Vom Experimentalfilm, über das Musikvideo und die Fernsehshow bis zu Spiel- und Dokumentarfilm und deren Mischformen reichen die zwischen 2 und 136 Minuten langen Filme – und das meißte (wenn nicht gar alles?) wohl tatsächlich als Vorführung von originalem 16 und 35mm Filmmaterial. So scheint es jedenfalls das Gespräch mit den beiden Sektionsleitern Florian Wachinger und Christine Kisorsy nahezulegen, denen man in einem kompakten und informativen Videobeitrag des Festival-TV über die Konzeption und Auswahl der Reihe zusehen kann, wobei man außerdem erfährt dass sich die Organisatoren neben der reinen Filmpräsentation auch um illustre Gäste bemüht haben. So wird man zu einigen Vorführungen teilweise mit den entsprechenden Filmemachern oder Darstellern rechnen dürfen, und – für mich als absolutes Higlight – bei dem 50er Jahre Musikfilm … und abends in die Scala der CCC-Film Produzentenlegende Artur Brauner begegnen können.
Ein genauerer Blick auf die Film- und Stabsangaben der Reihe lässt jedes Cineastenherz höher schlagen und zeigt auf, dass bei der Auswahl mit klarem Blick und viel Leidenschaft gearbeitet wurde. So begegnen sich hier Ost und West Jahrzehnte umspannend in Form des DEFA-Unterhaltungsfilm Revue um Mitternacht und der 80er Jahre Produktion White Star von Roland Klick, treffen Künstlerportraits von Manfred Krug, den Ärzten oder Nick Cave auf Dokumentationen der Ost- und Westberliner Jazzszene, der Ursprünge des Krautrock und die jüngere Technoszene des wiedervereinigten Berlin. Und als wenn das nicht schon genug wäre, handelt es sich bei einigen der Filme um weniger bekannte frühe Arbeiten von Hansjürgen Pohland, Jörg Buttgereit und Wolfgang Büld, der bereits vor der hier gezeigten experimentellen Musikvideokompilation Berlin Now (1985, mit Aufnahmen von Einstürzende Neubauten, Mona Mur, Matador, Die Haut, u.a.) während der späten 70er und frühen 80er einige Musikdokumentationen über Punk, Reggae, Rock und NDW gedreht hatte. Alles in allem bleiben bei dieser Reihe wahrscheinlich wenig Wünsche offen und wenn ich zur Zeit in Berlin wäre, würde ich die kommenden Tage mit Sicherheit in den Abspielstätten der Retrospektive verbringen. Mein Tipp: hingehen!
Ich kenne jemanden, der verd… – sehr gern nach Berlin käme, fände er denn die Zeit. 🙁 – „… und abends in die Scala“ wäre für mich auch ein Muss. Ich wusste übrigens gar nicht, dass Artur Brauner noch unter den Lebenden weilt.
Ja, das ist schon fies, wenn man immer wieder liest was in Berlin cinephiles passiert, und das dann mit der eigenen Region vergleicht. 😉
Und ich muß gestehen, auch ich dachte Brauner wäre schon lange unter der Erde. Umso erfreulicher ist es in solchen Fällen festzustellen, dass man sich irrt! 🙂