14. Hofbauer-Kongress, Aufriss #2
Des Mannes Niedertracht war im HK-Kosmos schon immer besonders bestürzend, wenn er sich an der Seite einer scheidungs- und/oder vereinigungsunwilligen Gemahlin auf dem kalten Lattenrost des Ehebettes wiederfand, bestrebt, sich um jeden Preis aus dem ehelichen Verzicht heraus- und in erbschaftliche Annehmlichkeiten hineinzuwinden. Im vorliegenden, frühen Sündenfall des kanadischen Kinos, zu deutsch IM FIEBER DER LUST (Rudi Dorn, 1967) hat sich ein blaubärtiger Intrigant für eine aufsehenerregende, alternative Methode des Ehefrauen-Dumpings entschieden: Auftragsmord durch Hypnose!
Dank der an arglosen Herzeigemädchen erprobten Künste eines Varieté-Hypnotiseurs ist flugs ein leicht lösliches, unter der eigenen Erregbarkeit wimmerndes Mordinstrument gefunden: Miklos, in Therapie befindlicher Sexualtriebtäter, groß, stark und mit der Selbstbeherrschung und dem Gewissen eines Kindes gesegnet, ist des Blaubarts erste Wahl, denn wer schon ob eines bloßen Schenkelaufschlags die Fassung verliert und sich selbst einlädt, wird im Angesicht des Pendels schnell willfährig und die einzige Losung der Stunde eingedenk der im Urlaubsdomizil sonnenbadenden Gattin lautet bald: take her by surprise! So will es der rabiate Originaltitel des Films, und wir natürlich auch, denn Überraschungen, schöne wie schlimme, sind uns lieb und teuer. Der katholische Filmdienst, den wir auch weiterhin zärtlich Onkel Fürchtegott rufen möchten, entrüstete sich indes über das offenkundig grobschlächtig Dargebotene, dass es nur so eine Art hatte: „Die Story, die gut und gerne jedem Groschenroman entnommen sein könnte, hat ein Herr Rudi Dorn in Szene gesetzt, wobei Absicht und Zweck unumwunden zu Tage treten. Es geht nicht um einen Kriminalfall und schon gar nicht um einen Abriß der Hypnose, dazu fehlt es in beiden Fällen an Glaubwürdigkeit. Das Zugpferd heißt: primitiver Sex. Schon die erste Vergewaltigungsszene mit dem Sittenstrolch wird spekulativ ausgespielt. Lächerlichster „Regie-Einfall“: der Schrei einer bedrängten Frau wechselt über in das Motorengeheul eines Flugzeugs! Und wenn der finster dreinblickende Strolch sein Opfer endlos durch Wald, Wiesen und Scheunen jagt, um das „Fieber der Lust“ zu demonstrieren, bleibt dem Zuschauer nur noch die Rettung in befreiendes Lachen.“
Wollen wir etwa befreit lachen? Wollen wir leiden, gieren, stieren, staunen? Fühlen, bangen, verlangen, raunen? Natürlich wollen wir all das – und noch viel mehr! Doch wundern wir uns still und heimlich, wie Onkel Fürchtegott von Miklos mehrmals auffallend (und sich am Ende gar der politischen Unkorrektheit schuldig machend?) diminuierend als „Strolch“ sprechen wollte. Vielleicht konnte er dem Missetäter wider Willen nicht so recht böse sein, der, so glauben wir, dem von Oliver Nöding anläßlich der HK-Sondergipfel-Aufführung von PORNOSPIELE MIT STOCK UND PEITSCHE geprägten Bild des „traurigen Sadisten“ ganz neue Nuancen hinzufügen wird. Am Abend des 02., 04. oder 05. Januar werdet ihr Miklos näher kennenlernen – ganz nah sogar, wenn er gierend stierend über die Leinwand des Filmhauskinos schleichen wird, um euch alle zu überraschen und zu nehmen – natürlich in den aufregend finsteren, schwarzweißen Texturen einer gut gepflegten 35mm-Kopie, die schon 1968 Väterchen Heinz von nebenan Herz und Hose in Aufruhr versetzt haben dürfte. Take it while you can, or you’ll miss the surprise – wie soviele andere Kongressikatessen der Vergangenheit hat auch diese nie eine Veröffentlichung für den Hausgebrauch erfahren (und das weltweit!), sodass die Aufführung im Januar eine so schnell nicht wiederkehrende Gelegenheit bleiben dürfte.
Kommentar hinzufügen