14. Hofbauer-Kongress, Aufriss #14
Leichtbeschürzte Amazonen scheinen auf einer gar sonderbaren INSEL DER UNBERÜHRTEN FRAUEN nur darauf gewartet zu haben, die müden Recken eines abgestürzten US-Flugzeugs zu umgarnen, um die ein oder andere Berührung herbei zu führen. Was sich dabei so alles zuträgt, gibt Onkel Fürchtegott folgendermaßen zu Protokoll:
„Nach fünftägiger Irrfahrt in einem Schlauchboot irgendwo im Pazifik landen vier Mitglieder einer beim Angriff auf einen japanischen Flottenverband abgeschossenen Bomberbesatzung auf einer unbekannten Insel. Dort werden sie von vierzig schurzbekleideten und speerbewaffneten, aber gut ondulierten Amazonen gefangengenommen. Die Mädchen stellen sich als die letzten Nachkommen der Druiden vor, eines Stammes, der vor 2000 Jahren in Süd-England gelebt haben soll. (Tatsächlich waren die Druiden Angehörige einer Priesterkaste bei den Kelten.) Da ein Teil der Mädchen beim Anblick der Männer ans Heiraten denkt, befreit die Priesterin Sandra die Fremden und schickt sie ins Tal des Todes, wo sich die ganze vorzeitliche Tierwelt mit allen Sauriern versammelt hat. Obwohl diese Riesenechsen Pflanzenfresser waren, machen sie plump-fröhliche Jagd auf unsere Landser. Nur durch beschleunigten Rückzug zu den Druidentöchtern retten diese ihr Leben. Noch bevor die ersten Liebeständel ernst werden, überfallen bärtige Männer à la Neandertaler die Insel, werden jedoch von den Fliegern mit Hilfe ihrer nie zu ladenden Revolver abgewehrt. Aber am Untergang der Insel durch den Ausbruch eines Vulkans können die tapferen Verteidiger nichts ändern. So erlischt alles durch Jahrtausende konservierte Leben. Nur einer bringt die unglaubliche Kunde von der Insel nach Hause. – Tatsächlich ist es unglaublich, welch primitive Geschichte (übrigens reichlich alten Datums) dem Filmbesucher zugemutet wird, nicht nur in der Machart, sondern auch in der Idee. Da wird das Blaue vom Himmel herunter erfunden, nur um auf eine passende Laufzeit zu kommen. Wenn einer der Soldaten den Stamm einer fleischfressenden Pflanze mit dem Dolch bearbeitet und diese unter den Stichen ihr Leben „aushaucht“, kann es nur Hohngelächter im Parkett geben. Das Ganze wird – wie gewohnt – in einer Rahmenhandlung wissenschaftlich verbrämt.“ (Katholischer Filmdienst)
Das „reichlich alte Datum“ bezieht sich darauf, dass der Film bereits 1952 entstand, jedoch erst 1963 in deutsche Lichtspielhäuser gelangte – und zwar „ergänzt“. Denn man schien der Ansicht, dass im Umfeld zeigefreudiger Nudistenfilme ein zwar eindeutig erotisch aufgeladenes, jedoch visuell noch recht zugeknöpftes Erzeugnis der Fünfziger es durchaus vertragen könnte, hier und da mit einer geöffneten Naht ein wenig von seiner Unschuld zu verlieren. Vor allem an einer Stelle riss man den Film buchstäblich auf, um in den Filmkörper eine eigens nachgedrehte Szene zu stopfen, in der einige ganz andere Frauen nackt in einem von deutschem Laubwald gesäumten Baggersee schwimmen und sich anschließend gemeinsam einige schmackhafte Bananen am Lagerfeuer einverleiben. Eine Ergänzung freilich, die in bewährter Mercator-Nudie-Manier den Charme des Films durchaus noch einmal liebevoll abzuschmecken versteht.
Ein Vorgehen außerdem, das sich dem Originalfilm gegenüber durchaus kongenial verhält, denn dieser bediente sich seinerseits für seine Trickszenen wiederum ebenfalls recht freigiebig bei Fremdmaterial. Die meisten Szenen mit prähistorischem Getier sowie viele Einstellungen des Vulkanausbruchs wurden aus TUMAK, DER HERR DES URWALDS (One Million B.C., 1940) wiederverwertet, und auch ein paar andere Archivmaterialien fanden Verwendung und rundeten den Eindruck eines waschechten „Klebefilms“ ab. Das Herzstück dieses gut gewürzten Eintopfs sind jedoch die vielen mitschreibewürdigen Dialoge über Männer und Frauen, bei denen zwischen Naivität und Chauvinismus, zwischen Zeitdokument und Dialogbuchphantasie so manch liebliche sprachliche Blume gedeiht. Nicht zu vergessen die existenziellen Dramen, die sich auch innerhalb der Männergruppe abspielen, wenn es etwa aus einem der Soldaten plötzlich wort- und tränenreich heraus bricht, wie schrecklich ihn seine Mutter früher immer behandelt hat…
Im Gegensatz zu den Inselfrauen war die Filmkopie, die im Frühjahr von unseren Freunden vom geheimnisvollen Filmclub Buio Omega unserem dort präsentierten MACHO MAN als weibliche Begleitung zur Seite gestellt wurde, keineswegs unberührt. Vielmehr scheint sie sich durch gesundheitsschädigende Behausung oder allzu heftigen ungeschützten Verkehr irgendwann das Virus des Essigsyndroms eingefangen zu haben und sonderte im März bei der Vorführung bereits einen sehr strengen Verwesungsgeruch ab. Auch leichte Verwölbungen machten sich schon bemerkbar, und im letzten Akt ist die Tonspur fast durchgehend zu einem alles übertönenden Brummen mutiert, was allerdings dramaturgisch verblüffend stimmig zum ausgiebigen Vulkanausbruch passt, der sich dadurch umso wirkungsvoller und ohrenbetäubender vermittelt, indem er selbst auf das Material überzugreifen scheint. Die Buios trugen sich ob dieses offenkundigen Verfalls verständlicherweise bereits mit dem Gedanken an Sterbehilfe, doch konnten wir sie überzeugen, das darbende Stück in unsere Obhut zu geben, um ihm in der Nacht von 3. auf 4. Januar im Uferpalast Fürth in unseren Hallen die letzte Ehre zu erweisen. Auf dass die INSEL DER UNBERÜHRTEN FRAUEN noch eine letzte heftige Berührung erfährt, und dabei hoffentlich die Besucher des Kongresses ebenfalls zu berühren vermag.
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