Dominik Graf in „Senses of Cinema“



In der neuen Ausgabe:

Ein unbedingt lesenswertes, wieder einmal faszinierend-stimulierendes und vor allem vorbildlich ausladendes Interview mit unser aller Liebling Dominik Graf, natürlich auf englisch. Natürlich und Glücklicherweise. Vielleicht wird man ihn, irgendwann, eines Tages, auch außerhalb Deutschlands einmal entdecken. Die vereinzelten internationalen Festival-Auftritte seiner letzten Kinofilme (also mehr oder weniger nur DER FELSEN und DER ROTE KAKADU) haben dafür freilich nicht ausgereicht.

Allerdings ist es eigentlich ohnehin utopisch, auf eine Revision des internationalen Bilds vom vor allem aktuelleren deutschen Kino zu hoffen (Bei allem, was älter als 20 Jahre ist, braucht man sich diese Hoffnung ohnehin nicht mehr zu machen). Im Ausland kennt und liebt man zumeist den DOWNFALL und die LIVES OF OTHERS und hält sie für exzentrische Kunstfilme. Kann man auf so eine Revision noch hoffen, wenn die weitläufige Meinung darüber im eigenen Land schon von der Annahme grundsätzlicher Biederkeit, Trocken-,  Blödsinnig-  oder sozialer Selbstmitleidsseeligkeit geprägt ist? Vermutlich werden die meisten Leser der „Senses of Cinema“ mangels Berühungspunkt (wahrscheinlich kann nicht einmal die entfernte Ahnung eines irgendwo einmal aufgeschnappten Filmtitels bei Graf als solcher dienen) über dieses Interview hinweglesen, außer den ganz harten Cinemenschen. Und die können bei Interesse erst einmal auf der Untertitel-Barriere herumkauen. Auf selbige verweist auch Marco Abel, der dieses Interview führte und übersetzte – und hofft, dass sich daran in der Zukunft etwas ändern wird. Da hoffe ich doch gleich mal mit.

Dieser Beitrag wurde am Sonntag, Juli 11th, 2010 in den Kategorien Aktuelles Kino, Blog, Christoph, Filmschaffende, Interviews veröffentlicht. Sie können alle Kommentare zu diesem Beitrag über den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können diesen Beitrag kommentieren, oder einen Trackback von ihrer eigenen Seite setzen.

7 Antworten zu “Dominik Graf in „Senses of Cinema“”

  1. Mr. Vincent Vega on Juli 12th, 2010 at 19:50

    Unser aller Liebling?

    Also MEIN Liebling ist dieser Typ nicht.

  2. Christoph on Juli 12th, 2010 at 22:36

    Ich meinte natürlich Eskalierende Träume-Liebling.
    Du solltest erstmal mehr von ihm sehen aber nachdem du schon DAS GELÜBDE verkannt hast… Dein Verhältnis zum deutschen Kino, ob aktuell oder klassisch, ist ja ohnehin sehr grippal. Dabei sollte eigentlich gerade Graf dich erfreuen, denn der ist nicht „typisch deutsch“, wie du das immer nennst.
    Möchtest du nicht hier ein bischen differenziert und auf hohem cineastischen Niveau mitdiskutieren?

  3. Sano on Juli 13th, 2010 at 14:52

    Graf ist wirklich ein Musterbeispiel für die Verbindung von typisch deutschen, „spießigen“ Momenten, und einem internationalen Verständnis von Film. Also die Zusammenführung einer nationalen Traditionslinie mit Trends der Filmgeschichte, die den FIlm gerne modern Zeitlos darstellen würden (Dogma, Cinéma du look, TV-Ästhetik, Digitale Techniken, Serienformate, Genrestrukturen). Er versucht nichts Neues im Sinne der zahlreichen Bewegungen, Schulen und polemischen Brüche mit bestehendem Kino, sondern eine Synthese aus scheinbar disparaten Elementen. Im Grunde ein Revolutionär des Erzählkinos, ein Befürworter der ständigen Revolution, als etwas das sich in Bewegung befinden muss. Daher wohl auch sein ambivalentes Verhältnis zur sogenannten „Berliner Schule“, und keine klare Ablehnung oder Befürwortung selbiger.

  4. Christoph on Juli 15th, 2010 at 18:48

    Sehr adäquate Umschreibung, Sano. Nur deine ewige Gleichsetzung von „typisch deutsch“ mit „spießig“ finde ich, bei allem persönlichen Groll gegen deutsche Spießigkeit, nach wie vor sehr fragwürdig.

    Hast du das Interview gelesen? Dort spricht Graf unter anderem auch über genau dieses Thema.

  5. Sano on Juli 17th, 2010 at 22:46

    Hab das Interview gestern und heute über mehrere Stunden verteilt gelesen (inklusive einem dutzend weiterer Artikel und Interviews von und über Graf – und über die „Berliner Schule“).

    Finde aber nicht, dass über dieses Thema viel geredet wurde. Eher, dass es als Ausgangspunkt für andere Ideen dient. Was aber für mich im Interview definitiv rüberkommt ist der Mief als authentischer Ausdruck der deutschen Gesellschaft. Die Ausbruchsversuche daraus sind ja dann nur Randerscheinungen, und selbst auch etwas unbeholfen. Naja, das können wir ja privat nochmal weiterdiskutieren.

    Finde aber meine Aussage, dass man dieses Provinzielle in Deutschland in seine Arbeit auch als etwas Positives einbinden kann, als etwas das-eben-so-ist, durchaus in den Einschätzungen Grafs wieder.

    Finde manche von Grafs Aussagen in Bezug aufs deutsche Kino aber trotzdem problematisch. Er musste sich anscheinend, wie viele von uns auch, den deutschen Film erst aneignen, also das was einem innerhalb der deutschen Filmlandschaft gefällt. Von daher würde ich nicht davon sprechen, dass es wenig interessante oder deutsche Filme gibt, sondern dass man so viel „graben“ muss, um an die durchaus zahlreichen Schätze ranzukommen. Und warum sollte sich das Ausland für selbst in Deutschland eher unbekannte oder unbeachtete Filme interessieren, wenn es die heimischen Medien und Zuschauer nicht tun. Die Berliner Schule wurde auch erst im Ausland interessant, nachdem sie in Deutschland interessant geworden war (und eben nicht umgekehrt).

  6. Alexander S. on Juli 18th, 2010 at 20:21

    Puh. Endlich bin ich auch dazu gekommen, das Interview fertig zu lesen – sehr ausführlich aber auch sehr lohnend, weil voller Anregungen zum weiterdenken…

    Beispielsweise Grafs Klage über die ewig stereotypen Dialoge in deutschen Filmen. Das ist etwas was mir auch häufig bei deutschen Produktionen (aber nicht nur solchen) auffällt und Abel und Graf weisen ja zurecht darauf hin, dass schon die Kommunikation im realen Alltag derart von klischierten und eigentlich ausdruckslosen, weil inflationär gebrauchten Sätzen unterhöhlt ist. Das ist das Nicht-Kommunikative in der Alltagskommunikation, was ja auch die Berliner Schule so zu interessieren scheint…
    Mir persönlich gefällt Grafs Lösungsangebot eines elaborierteren, teils auch artifiziellen Dialogs jedoch tendenziell besser als dieses bloße Aufzeigen oder Konstatieren von Sprachlosigkeit oder grundsätzlicher Unmöglichkeit der Kommunikation, das ja schon Antonioni gemacht hat (natürlich auf komplexestmögliche Weise und er bleibt nicht darin stehen…) und dass die Berliner Schule auch so gerne macht.

    Grafs Idee einer „wohlerfundenen Authentizität“, die sich gerade durch eine Künstlichkeit der Dialoge herstellt gefällt mir und trifft meiner Ansicht nach auch sehr auf Fassbinder zu, der ein Meister dieser Art von künstlich-authentischem Dialog war. Im amerikanischen Independent-Kino fällt mir Solondz als erster ein, der sehr gerne das Soaphafte, Automatisierte des (amerikanischen) Familienalltags hervorkehrt, dann aber plötzlich umschlagen und zu etwas ganz Unerwartetem mutieren lässt… ein bißchen wie in der mit „canned laughter“ unterlegten Soap-Sequenz in „Natural Born Killers“, nur lange nicht so plakativ wie bei Stone.

    Vielleicht lässt sich auch Grafs Liebe zu den aufgesetzten „falschen“ Dialekten / Akzenten in diesem Licht betrachten… ich denke hier auch wieder an Fassbinder und z. B. das völlig aufgesetzte Kunst-Bairisch in „Katzelmacher“.

  7. Lesetipp: Dominik Graf im Interview « Medienjunkie on Mai 29th, 2011 at 14:32

    […] Interview mit dem australischen Online-Filmmagazin „Senses of Cinema“.  (via) Es geht u.a. um die (Un-)Möglichkeit, Polizeifilme in Deutschland zu machen, die Konditionierung […]

Kommentar hinzufügen