14. Hofbauer-Kongress, Aufriss #13



STÜF


„Rumpelstählchen“ möchten wir die zentrale Figur unseres von einigen verlorenen Seelen sicherlich schon sehnsüchtig erwarteten ‪#‎StÜF‬, unseres „stählernen Überraschungsfilms“ taufen, denn Stillhalten ist seine Sache nicht. Rumpelstählchen ist ein gar rastloses Kerlchen mit dubiosen Idealen, welches sich in seinem schmutzigen und schwachsinnigen Tun von niemandem beirren lässt. Unerbittlich verfolgt er seine kümmerlich patriarchalischen Ziele mit Methoden, unter denen sich das Gebälk der Filmerzählung und die Sinnhaftigkeit der Komik biegen. Stets unter sicht- und leider auch hörbaren Mühen an den Grenzen des Menschenverstands und des Menschenwürdigen entlanghysterisierend, ist Rumpelstählchen eine enervierende Gestalt, mit der nicht gut Nutella essen ist (s. u.). Dies vermochte jenen grundverdorbenen, das Zersetzende stoisch erduldenden Altmeister und Schlüsselregisseur des HK-relevanten Kinos, der für diesen StÜF verantwortlich zeichnete, jedoch nicht davon abzuhalten, Rumpelstählchen in den Mittelpunkt eines seiner infernalischsten Werke zu stellen – eine Prüfung von Film, auf die aus gutem Grund heutzutage keine Hymnen mehr angestimmt werden, dem in internationalen Fachkreisen liederlichen Renommee seines mysteriösen Schöpfers zum Trotz.

Es sei an dieser Stelle ein kleiner Exkurs hinter die HK-Kulissen gestattet, dorthin, wo die verwerflichen Interessen des Hofbauer-Kommandos bisweilen mit den hehren Zielen des heimatlichen KommKinos kollidieren. Ausgerechnet aus letzterer Oase folgt dem HK seit Jahren einer seiner erbittertsten Gegner und Kritiker, ein überzeugter Kostverächter der schmierigen Filmkunst. Um diesen Kollegen nicht unnötig zu kompromittieren, werden wir ihn nicht beim Namen und im weiteren Verlauf „Toni“ nennen. Tonis tiefe Abneigung gegen die Umtriebe des HK kulminierte bereits vor drei Jahren, als im vertrauten Kreis der Kinomitarbeiter Rumpelstählchen erstmals über die Kommkino-Leinwand polterte. Am Boden zerstört und nach eigener Aussage „völlig traumatisiert“, hielt Toni im Anschluss an die von Seiten des HK genüsslich vollzogene Sichtung des Films eine konsternierte und verärgerte Ansprache im Kinosaal, in der er das Produktionsland des Films zum Unort erklärte und seinen Regisseur zum größten Stümper am Filmament. Seither ließ Toni keine Gelegenheit verstreichen, um jenen, die es hören wollten (und auch jenen, die es nicht hören wollten) zu versichern, wie unerträglich und unmöglich dieser StÜF doch sei und welche Schande er über das KommKino brächte, würde er jemals öffentlich aufgeführt.

Da wir nicht unsportlich sein und auch euch – die ihr diesen Film letztlich überstehen müsst – gegenüber fair bleiben wollten, haben wir Toni um ein schriftliches Statement gebeten, welches wir nun in voller, unzensierter Länge (aber auf Tonis Wunsch redigiert) reproduzieren möchten. Aus Motiven der Geheimhaltung haben wir das Produktionsland des Films (gegen das Toni, nicht zuletzt wegen des StÜFs und seines Schöpfers eine tiefe Skepsis hegt) und Bezüge darauf durch die Schweiz und entsprechende Insignien ersetzt:

„Aus irgendwelchen Gründen muss in der Schweiz der 60er und 70er Jahre ein riesiger Restposten 35mm-Rohfilm aufgetaucht sein. Anders lassen sich viele der damaligen Filme kaum erklären.
Klar sind unter den damaligen Produktionen viele Meisterwerke zu finden, aber wo gehobelt wird, da fallen Späne. Leider haben einige daraus auch noch Sperrholz gemacht. Und die giftigen Abfallprodukte dieser Industrie wurden dann auch noch vermarktet. Aber während Atommüll nur ’n paar Millionen Jahre strahlt, hat die Verstrahltheit dieses Films ’ne deutlich längere Halbwertszeit.
Im Grunde bin ich auch deshalb Cineast geworden, da man, zumindest damals zu 35-mm-Zeiten, entweder Geld oder Überzeugungskraft brauchte, um ’nen Film zu machen. So konnten, anders als bei Druck-Publikationen, schon mal ’ne Menge Idioten im Vorfeld ausselektiert werden.
Und hätte dieser Regisseur etwas später das Licht der Welt erblickt, wären die meisten seiner Werke (speziell dieses), wahrscheinlich nur auf Video gedreht und später von seinen Erben entsorgt worden.
Leider aber hat er es auf 35 mm gedreht
Und leider hat ein deutscher Verleiher es veröffentlicht.
Und leider haben wir es gefunden.
Und zugegeben: Es war eine Zäsur in meiner cineastischen Wahrnehmung, die nachhaltig unterbewusst meine Einstellung zum schwyzerischen Film beeinflusst hat und bei mir noch heute eine gewisse Vorsicht bei Filmen aus dem Heimatland von Lindt © hervorruft. Wobei der Film zwar in seiner Machart nur einer unter vielen Gleichen ist, aus denen aber nochmal heraussticht.
Entsetzt musste ich z.B mitansehen wie, über gefühlte 20 Minuten, der Regisseur seinen Ferrero©-Fetisch auf die ekelhafteste Art und Weise auslebt. Im Grunde wirkt das ganze Werk so, als wäre man bei dem Film eingeschlafen und hätte nun wüste Träume.
Aber keine Albträume oder besonders fantasievolle Trips.
Nein, mehr die Sorte von Träumen, die man hat, wenn man auf der Couch einschläft und bei denen man nur merkwürdige Scheiße träumt, beeinflusst von dem im Hintergrund laufenden, nächtlichen Fernsehprogramm.
Letzten Endes gibt es nur wenige richtig schlechte Filme, die mir negativ in Erinnerung bleiben. Und hier reiht sich der Film ein in eine bescheidene Liste, mit Titeln wie Transformers 3, Nomaden der Lüfte und der Verfilmung des Lebens der Margarete Steiff mit Heike Makatsch.“

Ihr ahnt, werte Leser, dass Tonis vom Entsetzen getrübter Blick der Wahrheit nicht ganz ins Auge zu sehen vermochte – vielleicht aber schwant euch nun allerdings auch, wieviele eurer von geistvollen Kinostunden verhätschelten Gehirnzellen dieser StÜF möglicherweise zum Absterben bringen könnte und auf welch mitleidlose Belastungsprobe dieser Höllenritt auf den Schaumkronen des Unwitzes eure humoristische Auffassungsgabe stellen wird. Die Begegnung mit Rumpelstählchen wird folgenreich sein: Als veränderte Menschen werdet ihr den Kinosaal entlassen, und hin und wieder, spätestens dann, wenn ihr euch irgendwann einmal wieder am Frühstückstisch arglos ein Nutella-Brot schmiert, wird euch die Erinnerung an jene 95 schmerzhaften Minuten heimsuchen, die ihr am Abend des 02. Januar 2014 um 23:30 im Filmhauskino verlebt habt. Die bestechenden Farben unserer unverhältnismäßig prächtigen Agfa-35mm-Kopie werden euch bleibende Grimassen ins Unterbewusstsein gravieren, und ein nicht minder stählernes Vorprogramm aus thematisch passend gewählten 35mm-Trailern wird die martialische Marschrichtung vorgeben, bei der kein aus-der-Reihe-tanzen geduldet wird.

Dieser Beitrag wurde am Freitag, Dezember 19th, 2014 in den Kategorien Blog, Das Hofbauer-Kommando, Festivals veröffentlicht. Sie können alle Kommentare zu diesem Beitrag über den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können diesen Beitrag kommentieren, oder einen Trackback von ihrer eigenen Seite setzen.

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