14. Hofbauer-Kongress, Aufriss #6

Schleppzug

Schon lange hegte das Hofbauer-Kommando den Wunsch, bei seinen unermüdlichen Bohrungen nach dem öligen Gold des filmgewordenen Begehrens auch einmal in die Gefilde des frühen deutschen Tonfilms vorzustoßen, der – was wir in Zukunft noch öfter zu demonstrieren gedenken – stets über eine „ganz eigene Grundschmierigkeit“ (Sano) verfügt, die nur mühsam vom Mieder zeitgemäßer Anständigkeit zusammengepresst wurde und sich beim unterschwelligsten Anlass zur Frivolität aus ihrem letztlich doch nur lax geschnürten Korsett herauszublähen drohte. Ja, das deutsche Kino war vor und während des zweiten Weltkriegs äußerlich von so aggressivem sexuellen Selbstbewusstsin und innerlich so tiefenschmierig wie danach ganze zwei Jahrzehnte lang nicht mehr. Zahlreiche spritzige Komödien um die Irrungen und Wirrungen der Liebe und das natürlich aufgrund lüstern schmunzelnder Ungeduld der Männchen und aufstachelnd scheinheiliger Hinhaltemanöver der Weibchen schwierige Miteinander der Geschlechter legen anschaulich Zeugnis dieses überaus delektablen Umstands ab. Am anderen Ende des ungeheuren Gefühlsspektrums florierte bereits gar ersprießlich das HK-kernrelevante und der zwischen Scham und Schaulust zerrissenen deutschen Seele intim nahestehende Genre des Sittenfilms in all seinen unterschiedlich seriösen und unseriösen Ausformungen. Weiterlesen…

100 Deutsche Lieblingsfilme #49: Schleppzug M 17 (1933)

Schleppzug M 17

Der Film wirkt zunächst wie zusammengeschustert, zusammengestöpselt, zusammengeklaubt und zusammengeklebt, aus mehreren Filmen zusammengefügt, und von verschiedenen Händen zusammengesetzt. Alles funktioniert nach diesem Prinzip, der Zentripetalkraft des Kunstwerks, welches imstande ist sich vieles einzuverleiben und sich zu eigen zu machen. Unscharfe Aufnahmen, traumähnliche Ellipsen, im Nachhinein im Synchronstudio gezimmerte Szenenübergänge. Heterogene Elemente werden vermischt, der Film zerfasert, franst aus, birst an allen Ecken und Enden. So flüchtig vieles erscheint, und so rasch die Impressionen auch vorüberziehen, noch lieber verweilt die Kamera auf ausgesuchten Dingen, zeigt sie aus verschiedenen Perspektiven, und lässt manche Sequenz gerne auch laufen, einfach weiterlaufen, ihre Wirkung intensivieren, indem sie Momente streckt und sie innerhalb einer Plansequenz auf der Stelle treten lässt. Ein bisschen merkt man dann, wie das ist im Leben, wenn die Zeit stillsteht und nicht vergehen will, wenn es auf einmal stockt, der Augenblick uns im Stich lässt oder uns einsaugt und sich Gefühle zu dehnen scheinen bis der Raum sich zu dehnen scheint, Nahaufnahmen aus der Totale. Weiterlesen…