STB Robert 2013

„Cheap thrills set fire to my soul / Cheap thrills like a story untold / ‚bout Cheap thrills up and down my spine / I need it, I need it, ‚cause it feels so fine.“


Wertung: Ich kann nichts mit Zahlen zur Bewertung anfangen. Deshalb gibt es hier ein System der euphorischen Aufnahme des Films. In Zahlen übersetzt wäre es wohl ungefähr: fantastisch 10,0 – 9,4 / großartig 9,3 – 8,2 / gut 8,1 – 6,8 / ok 6,7 – 5,0 / mir zur Sichtung nichts sagend 4,9 – 3,0 / ätzend 2,9 – 0,5. Diese Skala ist mit der Qual verbunden, Filme in eine lineare Skala zu quetschen. Deshalb hat die Wertung eine Y-Struktur für freieres Atmen. Ab ca. 7.9 kann ein Film eine Wertung der Verstörung erhalten: radioaktiv 10,0 – 9,2 / verstrahlt 9,1 – 7,9.

Legende: Ist im Grunde selbst erklärend. Wenn hinter der eckigen Klammer eine Zahl steht, dann gibt sie die Anzahl der Sichtungen wieder. Je höher die Zahl, desto mehr ist sie geschätzt. Da ich mit Fernsehen und Kino aufgewachsen bin, wo nur gekennzeichnet wird, wenn ein Film nicht in deutscher Sprache kommt, tue ich das schändlicherweise auch. (OmU=Originalfassung mit Untertiteln, OmeU=Originalfassung mit englischen Untertiteln, OF=Originalfassung, EF= englischsynchronisierte Fassung)


Das Sehtagebuch von 2012 findet sich hier.

 

August
Donnerstag 01.08.

Aru kyôhaku / Intimidation

(Kurahara Koreyoshi, J 1960) [DVD, OmeU]

großartig

Nichts ist, wie es scheint. Der kleine, kriecherische Handlanger ist sowenig klein und unambitioniert, wie der saubere, engagierte Aufsteiger keinesfalls das Ideal japanischer Dienstleisterschaft ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Und so simpel die Geschichte ist, so virtuos spielt Kurahara mit ihr. Mal erinnert es an Melville, mal an eine garstige Mischung aus Ozu und Suzuki. Doch da wo Ozu an den Möglichkeiten menschlicher Güte interessiert ist und Suzuki so gut wie gar nicht an ihnen, da furcht Kurahara durch seinen Ackerboden Mensch und findet wie selbstverständlich düstere, komplexe Wesen, die einem nicht immer geheuer sind, die mit unglaublicher Leichtigkeit nach ihren Mitmenschen treten und nicht einmal mitbekommen, wie grausam sie dabei sind, die einem vor allem aber so verdammt bekannt vorkommen.

Zûmu in: Bôkô danchi / Zoom In: Sex Apartment

(Kurosawa Naosuke, J 1980) [DVD, OmeU]

großartig +

Juli
Mittwoch 31.07.

Zero Dark Thirty

(Kathryn Bigelow, USA 2012) [blu-ray, OmeU]

gut

Jessica Chastain spielt wie bei einem Vorsprechen. Irgendwie hat sie sich und ihre emotionalen Szenen immer wieder aus dem Film gezogen … auf eine Theaterbühne, von wo aus sie uns davon überzeugen möchte, dass sie Maya ist, sein kann, aber dadurch war sie nur umso mehr die Schauspielerin Jessica Chastain. Das hat mich aber nicht so sehr abgetörnt, wie dieses behäbige, ausgelutschte Ende, dass lieber den Schatten des Schlusses von THE SOCIAL NETWORK hintendranpappt, statt einfach zu Enden … wie der Film einfach ablief … ohne große Schnörkel, ohne Deutung.

Dienstag 30.07.

Uzumaki

(Higuchinsky, J 2000) [DVD, OmU] 2

großartig +

Vor ca. 12 Jahren im Kino gesehen. Die Bilder, die ich noch im Kopf hatte, haben erstaunlich mit dem tatsächlichen Film übereingestimmt. Trotzdem wieder neu gesehen. Ich weiß nicht, was das aussagt, aber ich finde es toll. Wunderschön griffig und alltäglich in seiner Abgespacetheit. Alles dreht sich. Ich fühlte mich auch gleich viel schneckiger.

Montag 29.07.

Only God Forgives

(Nicolas Winding Refn, F/T/USA/DK 2013) [DCP, OmU]

ok

In DIE KATZE AUF DEM HEISSEN BLECHDACH braucht Paul Newman Alkohol als Krücke um den Tag zu überstehen. Als sich die zugrundeliegenden Probleme zu lösen beginnen, zerschlägt er zufällig/symbolisch überladen seine tatsächlichen Krücken, die er wegen seines gebrochenen Fußes braucht. So eine offensichtliche Symbolik kann nerven, bei Tennessee Williams ist es nur eine Randnotiz, weil der Rest wunderbar ist und es in den Kontext seines Stückes und seiner überladenen Theatralik passt. In ONLY GOD FORGIVES stirbt Goslings unendlich nervende Mutter zu dem Zeitpunkt, als er sich aus seinen Komplexen befreit. In einer Parallelmontage gefeiert. Doch hier nervt es ungemein, da Refn, das Drehbuch oder der ewig weinerliche Gosling keine Grundlage bieten, sondern nur eine wenig interessante oder originelle Über-Ich- und Rachethematik. Solange ONLY GOD FORGIVES mit Goslingsfigur auf Crack, Opium oder sonste was durch die Tabledance-/Karaokebar gleitet und dumpf dröhnt ist das aber egal. Wie durch einen Traum werden die Bilder geschleift. In einem wunderschönen Rot. Doch leider verirrt sich Refn zu oft in eine reale Welt, mit der er nichts anzufangen weiß. Hier sind seine Figuren hölzern, lächerlich überladen mit bedeutungsschwangeren Gesten, die ins Nichts verlaufen. Alleine wenn die aus der Zeit gefallene, unbesiegbare (mit einem überdimensionalen Stock im Arsch ausgestattete) Vaterfigur läuft oder immer wieder aus dem Nichts sein Schwert zieht, dann verkrampft einem alles. ONLY GOD FORGIVES erleitet berstigen Schiffbruch, wobei die Wrackteile mitunter unterhalten können, sogar einen Bann entwickeln, aber auf die gesamte Länge erschreckend öde sind.

Sonntag 28.07.

Shinjuku dorobô nikki / Tagebuch eines Diebes aus Shinjuku

(Ôshima Nagisa, J 1969) [DVD, OmeU]

ok

Ganz spannend, ziemlich öde. Ôshima fädelt Murmeln auf einer Kette ein, die etwas zu sagen haben, vll auch nicht. Jeder ist sich selbst der Herr. Ist Sex ein Instrument der Versklavung oder der Befreiung? Antwortverweigerung. Ganz nett.

Kozure Ôkami: Sanzu no kawa no ubaguruma / Lone Wolf & Cub: Am Totenfluss

(Misumi Kenji, J 1972) [DVD, OmU]

großartig

Englischer Titel: BABYCART AT RIVER STYX. Wunderbar. Vor allem die treibende musikalische Untermalung lässt jede amerikanische Fusionband aber mal mächtig alt aussehen. Die Geschichte wird noch mehr reduziert. Übrig bleibt ein wildes Potpourri aus Gewalt, Leid und Irrsinn. Es überschlagen sie die Feinde mit ihren wilden Waffen. Und Ogami Ittō rast blutig durch sie durch, immer den Kinderwagen mit seinem Sohn in der Hand. Zwischen drin gibt es überraschend langgezogene Sequenzen, in den nichts passiert, die keine Anbindung an den Rest der Geschichte haben, in denen die Kamera langsam durch die Szenerie zoomt oder wandert, in denen irgendwas Bedrohliches wartet, aber nie ausbricht. Sind es Geister oder Ogamis Paranoia? Vll bringen die nächsten Teile eine Erklärung, die an diesen rätselhaften Momenten scheitern werden, denn hier ist AM TOTENFLUSS am unbändigsten. (Bin auch sehr gespannt, ob er in den kommenden Teilen wieder zum Schluss eine Frau abweist. Vll baut sich hier langsam ein Verzichter-Running-Gag auf, der Ogamis todesgetriebenen Rachefeldzug und seine Unfähigkeit ein neues Leben zu beginnen unterstreichen, vll sogar in Bitterkeit feiern soll, aber diese seltsame, unbesiegbare Figur nur noch trauriger erscheinen lassen.)

Rokugatsu no hebi / A Snake of June

(Tsukamoto Shin’ya, J 2002) [DVD, OmU] 3

großartig +

Fluten von Regen kommen vom Himmel. Es ist Regenzeit. Die feuchten Gedanken überfluten drei Menschen. Es läuft dermaßen die Schenkel herunter, dass es förmlich berührbar scheint und einen ebenso durchnässt. Unbehaglich und schleichend durchdringt es die Protagonisten, die Leinwand, den Zuschauer bis es einen selbst überrascht, wie sehr wir etwas wollen, was uns gerade noch abstieß und nur Fluchtgedanken erzeugte.

Sonnabend 27.07.

Bakku ga daisuki! / I Love It from Behind!

(Ohara Kôyû, J 1981) [DVD, OmeU]

radioaktiv

Als zu Beginn eine Frau über ihre lesbische Beziehung sagt, dass sie weiß, dass es nicht gesund sein kann, mit dem eigenen Geschlecht zu schlafen und ihre Beziehung zu einem Produkt eines Übergriffes durch einen Mann erklärt, wonach sie nicht mehr an Männer denken kann, ohne Schüttelfrost zu bekommen, da schwante mir schlimmes. Doch aus dieser fragwürdigen Aussage wurde Unfassbares geschnürt. Ihe Geliebte stürzt sich in eine exotische Dildosucht und zweckentfremdet alles mit phallischen Formen. Teilweise könnte sie einen guten Salat mit ihren Surrogaten machen. Während hingegen die Frau, die diesen Satz sagte, sich am männlichen Geschlecht zu rächen beginnt. Es ist eine schöne Abwechslung mal Männer gebunden und gefoltert zu sehen, aber vor allem was sie tut ist so wunderbar delirant außer Kontrolle. Mit massiven Schwung rammt sie ihren Opfern Vibratoren in den Arsch und ruft dazu … sie ruft es wirklich, ich kann es immer noch nicht glauben … sie ruft: „Turn gay!“. Das findet sie dann scheinbar deutlich gesünder, denn voller Freude fällt sie über die Männer her. Eigentliche Hauptdarstellerin ist aber jemand anderes. Eine Freundin die zu Besuch in Tokyo ist und ihren Beschluss vor der Ehe mit hundert Männern zu schlafen, mit Penistuscheabdrücekn als Souvenier, gefährdet sieht, da sie sich verliebt hat und in einem Monat heiraten will, ihr aber noch 30 Männer fehlen. In der Großstadt zieht sie also los und alles endet bei Mann Nummer Hundert in einer unfassbaren Wette. Sie bekommt nur ihren Abdruck, wenn sie es schafft ihn zu Ejakulation zu bringen. Er ist trainiert und sieht sich unbesiegbar auf der sicheren Seite. Das ganze artet in einen Sexmarathon über mehrere Tage aus, zu dessen Beginn diese Dame, auf den Bauch liegend, er auf ihr, sie also in einer passiven Stellung, sie also sagt: „You wont be talking so tough once I’m through with you.“ Fast ging ein Traum in Erfüllung. Je mehr roman pornos ich sehe, desto mehr beschleicht mich das Gefühl, dass dort ein Hort von starken Frauen lauert, die sich nicht so schnell die Butter vom Brot stehlen lassen.

Chakushin ari / The Call

(Miike Takashi, J 2003) [DVD, OmU] 2

ok

Vll lag es an der sagenhaften Schwüle und Hitze, dass ich recht schnell ungeduldig war, vll lag es auch daran, dass ich nun bei der zweiten Sichtung wüßte, dass sich THE CALL nicht an seine Logik hält und im Grunde die tolle Ausgangslage verraten wird, weshalb ich ihn diesmal wenig interessant fand.

Sanbiki no samurai / Three Outlaw Samurai

(Gosha Hideo, J 1964) [blu-ray, OmeU]

großartig +

So kontrolliert die Bilder sind, die sich stilbewußt und wunderschön in Tanizakis „Lob des Schattens“ wälzen, so unkontrolliert tummelt sich die Geschichte dahin. Die kleinen Momente reißen die Geschichte aus ihrer klassischen Dramaturgie und lassen Japan, den Bushidō und die ottonormalen Chambara-Klischees vor einen nihilistischen Baum fahren. Nichts ist hier von dem Edelmut aus DIE SIEBEN SAMURAI zu spüren. Humanismus ist woanders. Selbst die Freundschaft der drei Titelhelden ist mehr ein zaghaftes Produkt ihrer Verachtung gegenüber den Herren als auch den Bauern. So sympathisch sie zumeist aufbereitet werden, so arrogant sind sie nur kurz unter der coolen Oberfläche. Ohne mit der Wimper zu zucken stoßen sie die Frauen, die sie lieben, in den Dreck, wenn sie nur ihren fiktiven Träume von Ehre und Gerechtigkeit nachrennen können. Eine düstere, unschöne Welt in wunderschönen Bildern.

Freitag 26.07.

Kozure ôkami: Ko wo kashi ude kashi tsukamatsuru / Lone Wolf & Cub: Das Schwert der Rache

(Misumi Kenji, J 1972) [DVD, OmU]

großartig

Deutlich klassischer als sein im selben Jahr veröffentlichter HANZO THE RAZOR-Teil, d.i. weniger comichaft und durchgedreht, aber trotzdem noch unfassbar, was hier zu sehen ist. Kampfmaschinenkinderwagen, Bluttaifune, teuflischer Schangel und eine beißende Abrechnung mit der wunderbaren Logik des Bushidō. Menschenleben sind hier nichts mehr wert, Hauptsache die Ehre stimmt. Nur Ogami Ittō, oberster Scharfrichter im Shōgunat, äußert leichte Bedenken, als seine Familie in politischen Ränkespielen abgeschlachtet wird. Er stellt nichts in Frage. Er nimmt einen kleinen Umweg im Labyrinth der Samuraiehre und bewandert den Weg der Hölle. Ehrenvoll wandert er entehrt als Supermensch durch das Trauertal eines verkommenen Japans und will nur eins: Rache. Sein Pfad ist gesäumt von Häme, Angst und abgetrennten Körperteilen. Ein männlicher Held aus dem Bilderbuch, Idol und Witzfigur in einem.

Donnerstag 25.07.

Kung Fu Panda

(Mark Osborne, John Stevenson, USA 2008) [DVD]

großartig

Sicherlich kein Film aus dem Hause Shaw Brothers oder ein früher Jackie Chan, aber überraschend nah dran. Mit viel Liebe für sein Thema, asiatische Kultur und vor allem überraschend dezent … besonders wenn Kinder einen großen Teil des Zielpublikums ausmachen. Das Po als Drachenkrieger kein großartiger Kämpfer, sondern wie die ewig wieder aufstehende Trainingspuppe für Kinder/Anfänger ist, wird deutlich, aber einem nicht unendlich offensichtlich auf’s Brot geschmiert. Vertrauen in den Zuschauer. Wirklich faszinierend. (Ich musste während des Endkampfes kurz raus, vll habe ich die expliziten Verweise auch einfach verpasst.)

Kung Fu Panda 2

(Jennifer Yuh, USA 2011) [DVD]

gut +

Und wieder ein Antagonist, der nicht einfach nur böse ist, sondern traumatisiert. War Tai Lung im ersten Teil noch das Produkt von zu viel Talent und des Stolzes von Shifu, also eines der Hauptsympathieträger des Films, ist Shen das Produkt der Unsicherheit seiner Eltern … und seiner Eitelkeit (so naiv ist er eben auch nicht, alles nur auf die Eltern oder die Geschichte abzuwälzen). Auch hier wieder ein kaum zu erwartende Nähe zu seinen Vorlagen. Und da wieder Kinder mit schauten, wurden die beiden Filme in Deutsch geguckt, was schade wegen Oldman war, aber dafür wurde mir Jack Black erspart … und die Enttäuschung, dass Van Damme nur ein, zwei Sätze sagte, war auch besser zu verkraften.

Mittwoch 24.07.

Minbo no onna / Minbo – Die Kunst der Erpressung

(Itami Jûzô, J 1992) [DVD, OmU] 2

gut

Itamis Yakuza-Satire lässt besonders zu Beginn keine Chance aus, nicht nur die Yakuza als großmäulige, lächerliche Kleinganoven bloß zu stellen, sondern gleich auch ganz Japan (die Welt?) mit durch den Kakao zu ziehen. Das Problem ist aber, dass er mit seinem Film die Welt retten möchte, weshalb er Lösungen präsentiert. Das kann nicht gut sein. Nach guten Ansätzen werden sie dann auch erschreckend klischeehaft und vor allem unsagbar systemgläubig. Die Polizei und der Rechtsstaat werden es schon richten, wenn die Menschen nur zusammenhalten und Mut zeigen. Lediglich die weiterhin vollkommen überdrehten Yakuza halten einen von der verdienten facepalm ab. Dass Itami schließlich nach der Veröffentlichung von Yakuza krankenhausreif geschlagen/gestochen wurde, kann als Gütesiegel seiner Entlarvung gesehen werden. Die Frage bleibt aber, ob es sich gelohnt hat. (MINBO war übrigens der erste Film, denn ich je über Yakuza sah. Die nachfolgende Kitano-, Miike- und Fukasakufilme haben mich deshalb auch ersteinmal verwirrt. Warum nahmen sie diese verbrecherischen Popanze so ernst?)

Montag 22.07.

Onna kyôshi: Yogoreta hôkago / Female Teacher: Dirty Afternoon

(Negishi Kichitaro, J 1981) [DVD, OmeU]

großartig

Wie der Titel schon klar macht, ein fast schon an New Hollywood erinnerndes Seelendrama.

Dorei-sen / Slave Ship

(Kaneda Satoshi, J 2010) [DVD, OmeU]

gut +

Auch hier werden weniger spritzig die Damen gepeitscht und gefesselt, als eher dem Älterwerden einer S&M-Schriftstellerikone nachgespürt. Wie er erkennen muss, dass er satt und routiniert geworden ist oder vielleicht nie der außergewöhnliche, abgefahrene Mann war, für den er sich immer hielt. An seinen Selbstzweifeln zerschlagen sich aber nicht die Wünsche der Frauen im Film, vielmehr sind es genau diese, welche er erkennen muss und welche ihn erschrecken lassen. Ein Macho zerbricht an den Lüsten und Wünschen von zwei Frauen, die so gar nicht in seiner Hand und ihm unterlegen sind, wie er immer dachte. In der schönsten Szene des Films peitscht er eine kunstvoll gebundene Frau aus, doch statt erregt zu sein muss er weinen. Jämmerlich weinen. Selbst Alice Schwarzer würde ihn in diesen Moment in den Arm nehmen wollen.

Sonntag 21.07.

Sabita naifu / Rusty Knife

(Masuda Toshio, J 1958) [DVD, OmeU]

gut

In den liner notes der Eclipse Box Nikkatsu Noir weist Chuck Stevens darauf hin, wie RUSTY KNIFE vor allem dort Verrottung hinter den Kulissen findet, wo es nach Ozu riecht. Hinter dem wirtschaftlichen Wiederaufbau, gegenüber einer hilflosen bzw korrupten Polizei verschrenken Wirtschaft und Yakuza die Arme und gehen über Leichen um ihren Profit zu maximieren. So undurchschaubar und allgegenwärtig sind die Verzweigungen der Korruption, dass die Protagonisten sich in Paranoia flüchten. Statt die deutlich und ohne ein Gramm von Belehrung nebenbei vorgeführten systematischen Probleme zu sehen, finden sie hinter dem guten Onkel, der gerne die Tochter seines toten Bruders verheiraten möchte, einen skrupellosen Dr. Mabuse. Dementsprechend wandelt der Film sich auch gegen Ende. Der melodramatische Film Noir wird eine mabusische Gangsterjagd.

Lucky Number Slevin

(Paul McGuigan, D/USA 2006) [TV]

ätzend

Wenn die Figuren aufgehört haben zu reden und damit ihre endlos coooolen Skurillitätswortgefechte beendeten, dann war LUCKY NUMBER SLEVIN erträglich. Leider haben sie nie aufgehört.

Pursued / Späte Rache

(Raoul Walsh, USA 1947) [DVD, OmU]

großartig

Ein Noir Melodram – Schatten, Silhouetten und brutale Schicksalsschläge überall – bei dem die männlichen Protagonisten zufälligerweise Cowboyhütte trugen. Und ein Tierstimmen-comic-relief-Moment, der einem letztendlich versichert, dass dieser tolle Film tatsächlich von Raoul Walsh sein muss.

Sonnabend 20.07.

Ore wa matteru ze / I Am Waiting

(Kurahara Koreyoshi, J 1957) [DVD, OmeU]

großartig

Kaum zu übersehen ist die Verwandtschaft mit dem Film Noir hollywoodscher Prägung, 1957 schon auf dem Abstellgleis, und dem ebenfalls eingeschlafenen Pendant in Frankreich … vor allem den Hafenfilmen mit Jean Gabin. Am deutlichsten ist es an der Obsession mit der Vergangenheit zu erkennen. Wie eine Würgeschlange liegt sie um die Protagonisten, die schon so verzweifelt sind, dass sie nur noch ihr dunkles Drücken spüren, aber kaum noch ausmachen können, was es tatsächlich ist, was sie da zerquetscht. Sind es begangene Morde, fast Vergewaltigungen, in den Strömen der Zeit verschwundene Brüder oder einfach nur das unbekannte Land (Brasilien), dass nicht weniger düster trotzdem als Fluchtpunkt und Utopia dient und das Hier und Jetzt noch zerfurchter aussehen läßt. Wo in Hollywood am Ende die Auflösung der Verstrickungen mit der Vergangenheit zumindest zwischenzeitlich etwas Erlösung bringt, wird sie hier alles nur noch mehr zerstören. Was aber vor allem auffällt ist das Alter und Aussehen der Protagonisten, allen voran Ishihara Yûjirô. Sind seine Vorbilder, Bogart und Gabin, alte, unansehnliche Knochen, so ist Ishihara ein Frauenschwarm mit Babyspeck. Fast könnte er mit Heintje verglichen werden, wenn sein Lächeln und sein Blick nicht immer mal von Null auf Wahnsinn umschalten würden.

The 7th Voyage of Sinbad / Sindbads 7. Reise

(Nathan Juran, USA 1958) [TV] 2

ok

Kerwin Mathews ist die Achillesferse, die selbst von Ray Harryhausen nicht geschützt werden kann. Ein Bubi-Sindbad aus dem Modelkatalog, dessen weniges Charisma nur feinen Augen wie denen von Schwiegermüttern auffallen wird.

The Fall

(Tarsem Singh, USA/IND 2006) [DVD, OmU]

ok

Ich mag die Dekors und wie die Wirklichkeit zusammengehalten beziehungsweise eben auseinanderfallengelassen wird. Die Geschichte mit seiner Verwebung zwischen Realität und der Erzählung, inklusive abgelutschten Charakterentwicklungen bzw- -dramaturgien, die schon vor dem Drücken auf die Play-Taste zu erwarten sind, mag mir aber kaum bekommen. Folglich war das, was ich am interessantesten fand, eine Bagatelle. Denn der in den Untertiteln dauernd beschworene Indianer, war kein Indianer. Eine der schönen Ungenauigkeiten der englischen Sprache ist ja, dass „indian“ sowohl die Ureinwohner Amerikas bezeichnet als auch Inder (was z.B. eine wunderschöne Folge von GET SMART nach sich zog). THE FALL spielt damit und hat einen indian als Hauptcharakter in der Erzählung des ans Krankenbett gefesselten Roy Walker. Das Mädchen, welche die Geschichte hört und dessen Vorstellungen wir wohl auch sehen, sieht einen Inder vor sich, während wir am Ende den fertiggestellten Nickelodeon-Streifen sehen, aus dem Walker seine Hauptinspiration nahm und dort steht dann eben ein Indianerhäuptling in der Landschaft. Wußten die Übersetzer also was sie taten oder nicht? Würde ich gerne wissen.

Bôrei kaibyô yashiki / The Mansion of the Ghost Cat

(Nakagawa Nobuo, J 1958) [DVD, OmeU]

großartig

Nakagawa Nobuo – the godfather of J-Horror. Endlich weiß ich warum er dies sein soll. Der Mittelteil, also das period drama, ist typischer Nakagawa – schöner gothic, bildgewaltig und faszinierend – aber die Klammer in der Neuzeit lässt zumindest mir die Schauer über den Rücken laufen. Wie diese Vampirgeisterkatzengreisin durch Haus und Bild trübt ist beunruhigend unheimlich. Es schüttelt mich beim Gedanken daran.

Freitag 19.07.

Downtown – Die nackten Puppen der Unterwelt / Schwarze Nylons, wilde Engel

(Jesús Franco, CH 1975) [VHS]

radioaktiv

Nachdem ich den Kongress-Franco verschlief, direkt Christophs Empfehlung gefolgt, welche mir seit mehreren Monaten das Bild eines angezogenen Francos, der zwischen zwei nackten Frauen liegend an und in ihnen rumfingert, ins Gehirn brannte. War dann doch weniger verstrahlt als erwartet. Dafür ein Film Noir, der die seelischen Qualen der Protagonisten der Hollywoodpendants nie verstand, weil er in ihnen nur Helden sehen konnte. Denn Scheitern scheint er ganz natürlich als edleste Eigenschaft eines Menschen aufzufassen. Dementsprechend ist DOWNTOWN eine schäbige Verliererballade voller naiver Freude über die Möglichkeiten seines Protagonisten (und seines Regisseurs), die durch das Betrogen Werden nur umso süßer werden.

Donnerstag 18.07.

Lo chiamavano Trinità… / Die rechte und die linke Hand des Teufels

(Enzo Barboni Clucher, I 1970) [DVD] 781

fantastisch

Da meine Auswahl an Kinderfilme überschaubar ist, wurden zwei Jungens (5 und 7 Jahre) in die Welt von Bud Spencer und Terence Hill initiiert. Ich wünschte mir irgendwie, dass sie DIE RECHTE UND DIE LINKE HAND DES TEUFELS genauso lieben würden, wie ich es als Kind tat … dass er ihnen für die Wunder von Bild und Ton die Augen öffnet. Gleichzeitig hatte ich aber auch die Erwartung, dass sie nach 5 Minuten keine Lust mehr haben würden. Keines von beiden ist passiert, denke ich. Sie haben bis zum Ende geschaut, mehr oder weniger konzentriert Und ich musste feststellen, wie kompliziert der Film trotz seiner naiven Botschaft von Toleranz und der Hilfbereitschaft gegenüber den Unterdrückten (ohne dabei zu einem aufdringlichen Kreuzritter zu werden) doch ist. Wie erkläre ich, dass jemand trotzdem er Pferdedieb ist, auch ein sympathischer/ehrenwerter/liebenswerter („Ist der ein Guter?“) Mensch sein kann, ohne gleich Klassenkampf und Rebellentum ausbreiten zu müssen? Wie erkläre ich, warum der Major die Amisch aus dem Tal vertreiben möchte, ohne snobistische Vorurteile, Klassendünkel und im Grunde auch Rassismus jemanden erklären zu müssen, der davon keine Vorstellung hat? Eine tolle Erfahrung.

Montag 15.07.

???

(???, ??? 196?) [35mm]

radioaktiv

Ein kurzes Filmfragment (Kulturfilm oder Doku?) aus der Twilight Zone. Es ging um Kunst, d.i. Malerei (und Bildhauerei?), und sollte wohl einfach nur informativ sein, aber ich wurde das Gefühl nicht los von diesem Film besessen worden zu sein. Irgendwie kam ich mir nicht mehr allein in meinem Körper vor, weil etwas – die Musik, der manische Blick, das Kryptische, Düstere – mich wie ein flüchtiger Hauch in mir berührte, das dann aber beim Nachsehen verschwunden war.

Schrei nach Lust – Liebe als Köder

(Günter Schlesinger, BRD 1968) [35mm]

gut

Der „Hauptdarsteller“ sah aus wie eine Mischung aus Jerry Orbach und John Cassevetes und die sehen sich ja auch schon etwas ähnlich. Könnten alles Brüder sein. Sonst kann ich nichts mehr sagen. Nur noch Schatten von Situationen sind geblieben. Wage Erinnerung, aber Plotzusammenfassungen und Photos lösen nichts aus … egal wie lange ich überlege. War ich eingeschlafen? Ich dächte nicht.

Midnight Party / Heiße Berührungen

(Jesús Franco, B/E/F 1976) [DVD]

(verstrahlt)

Der Film ging los und ich schlief ein. Schussalven weckten mich und beendeten den Film. Ich glaube ich habe von Lina Romays riesigen Lippen geträumt.

Die jungen Tiger von Hongkong

(Ernst Hofbauer, BRD 1969) [VHS]

gut

Rolf Olsen am Drehbuch war deutlich spürbar, vll einfach nur weil es um snobistische Jugendliche aus gutem Haus geht, die auf die schiefe Bahn geraten. Viel interessanter als der Film selbst, war die anschließende Diskussion, vor allem weil Sano C. die Welt ob der Antrübung des Kommandos nicht mehr verstand.

Graf Porno und die liebesdurstigen Töchter

(Günter Hendel, BRD 1969) [DVD]

verstrahlt

Der Abschlussfilm für mich und vll auch vom 10. außerordentlichen Filmkongress des Hofbauer-Kommandos. Leider konnte ich nur die Hälfte dieses Films sehen, der aus einer Zeit stammte, als noch verschämt gelacht wurde, wenn nur Porno gesagt wurde. Wo sind sie hin, die Zeiten? Zum Glück vergangen, leider für immer? Als ich nun in den hinteren Reihen saß und auf meine Abreise wartete, die bald kommen sollte, musste ich an den SEXAGENT denken … einerseits da Günter Hendel auf der Leinwand abermals so tat, als ob auch nur ein Quäntchen Charisma durch seine Adern fließen würde – dabei hat er doch etwas viel wertvolleres – andererseits weil er wohl der nicht zu toppende Abschlussfilm meiner Kongresse sein wird. Ich musste daran denken, wie früher die Abschlussfilme waren. Zu viert saßen wir im Büro und schauten DIE MÄDCHEN AUS DER PEEP-SHOW, DAS GASTHAUS ZUM SCHARFEN BOCK oder eben DER SEXAGENT. Ich hatte Zeit alles gemütlich in unfassbaren Delirien ausklingen zu lassen und starb vor Lachen bei diesen meist mit Zauberhand gewählten Atombomben von Filmen, die an Schäbigkeit und Unfassbarkeit alles in den Schatten stellen sollten, was vorher am Wochenende passiert war. Und so schön die letzten Kongresse waren, mit all diesen neuen Cinemenschen, diesen neuen Unfassbarkeiten an Filmen (alleine was diesen Sonnabend passiert war), wird es wohl nie wieder so sein, wie beim ersten Mal. Nicht weil die Filme besser waren oder die Runde kleiner war, sondern weil ich damals noch nicht so geschändet war. Alles war neu und aufregend. Ich wußte nichts von D’Amatos Sexfilmchen, die mich staunen ließen, die mich heute, bei aller Schönheit wegfetzen, aber nicht meine Welt zum Einsturz bringen. Wo ist sie hin die Zeit? Unwiederbringlich verloren. Aber ich dachte an den Abschlussatz vom GASTHAUS ZUM SCHARFEN BOCK – Schön war’s – und es stimmte. Mittägliche Gespräche vorm ins Bett gehen, nicht enden wollende kulinarische Diskussionen vor scheinbar suboptimalen Etablissement, irrwitzige Filme und die ewige Aufregung in den heiligen Hallen. Selbst den Teufel habe ich kurz gesehen. Dann wollte ich um 6Uhr leise und heimlich davonschleichen, aber mein Handy fiel, mit Krawall und ich winkte nur zu den sich umdrehenden Köpfen. Schön war’s und schön wird auch das nächste Mal.

Sonntag 14.07.

Kawachi Karumen / Carmen from Kawachi

(Suzuki Seijun, J 1966) [35mm, OmeU]

ok +

Carmen zuckelt durchs Leben und landet ständig bei den falschen Männern und Frauen. Ich hatte aber nicht das Gefühl, dass sich Suzuki sonderlich für ihr Schicksal interessiert. Nur für die schönen Schatten an der Decke.

La balandra Isabel llegó esta tarde / Das Teufelsweib von Santa Margarita

(Carlos Hugo Christensen, VE 1950) [35mm]

großartig +

Kann denn Voodoo Sünde sein? DAS TEUFELSWEIB VON SANTA MARGARITA mit seinen Trommeln, Schrägen und seinem nicht enden wollenden Schweiß trieft nur so von der Leinwand. Beim Aufstehen nach dem Film sollte sich jeder Schritt mit den zittrigen Beinen überlegt werden. Ausrutschgefahr! Körperflüssigkeiten überall.

Mãos Sangrentas / Assassinos – So heiß wie die Sonne brennt

(Carlos Hugo Christensen, BR 1954) [35mm]

(ok +)

Der täglich mehr oder weniger verschlafene Film, der bei diesem, dem 10. außerordentlichen Filmkongress des Hofbauerkommandos zur Regel wurde, war dieser hier. Vll lag es auch daran, dass das, was ich sah, mich antrübte, weil ich eben wegtrübte.

Quando l’amore è oscenità / Oscenita

(Renato Polselli, I 1980) [VHS, OmeU]

radioaktiv +

Dolcemente! Dolcemente! Dolcemente! Dolcemente! Dolcemente! Dolcemente! Ich höre es jede Nacht seither. Aus dem Mund … diesem mehr als irrsinnig grinsenden Mund. Mit dem Oliba darüber. Die Augen weit aufgerissen. Dolcemente! Dolcemente! Ich sehe dazu das Messer, wie es blitzend über Schamhaar gleitet, es durchwühlt, unter das Höschen rutscht. Aber immer ganz SACHTE! Ganz sachte! Vorgetragen wie ein Mantra des Wahnsinns. Manisch immer wieder: Dolcemente! Dolcemente! Bis es sich anhört wie ein Aufruf zur Gewalt. Zum lustvollen Fließen Lassen von Blut. Der Genuß von Schmerz. Ich wache nachts auf und sehe ihn vor mir, diesen irrsinnigen Hofnarr des Kaiserreichs Manie. Leider bemerkte sie zu spät, dass sie in die Hände eines hemmungslosen Sadisten geraten war, sagt er ca. zu Beginn und grinst sein hemmungslos sadistisches Grinsen. Er sagt es zu einer Frau, die gerade fast von ihrem Freund vergewaltigt wurde, auf der Flucht in den Händen eines Vergewaltigers landete, wieder fliehen konnte, um dann aber tatsächlich von zwei Spannern missbraucht zu werden, nur um von ihrem ersten Angreifer gerettet zu werden. Dolcemente! Dolcemente! Er nimmt keine große Rolle in OSCENITA ein, aber er steht für diesen getriebenen Essayfilm sexuellen Wahnwitzes wie kein anderer. Selbst die sich überschlagenden soziologischen, philosophischen Thesenanschläge an das Gehirn des Zuschauers – mit Hammer und Nagel – welche die sexuelle conditio humana einfangen wollen, indem sie fast alle möglichen Obszönitäten aufführen, bei denen der Pabst mit den Ohren schlackert, hören sich einfach nur nach Dolcemente! Dolcemente! an. DOLCEMENTE! D O L C E M E N T E! Warum kann ich von diesem Traum nicht aufwachen?

Peccati di gioventù / Sonne, Sand und heiße Schenkel

(Silvio Amadio, I 1975) [35mm]

verstrahlt +

Erst als Thomas G. sagte, dass er zeitweise das Gefühl hatte im extended cut eines Nutella-Werbespots gesessen zu haben, wurde mir klar, wie toll SONNE, SAND UND HEISSE SCHENKEL tatsächlich war.

Suburban Wives / Vorstadtfrauen – Lustgefühle am Vormittag

(Derek Ford, GB 1972) [VHS]

nichtssagend

Von der Bedrohung durch Putzfrauen zur Tristess, sprich dem kürzesten Film, der es dann leider nicht so in sich hatte, gezwungen.

Sonnabend 13.07.

Leviathan

(L. Castaing-Taylor, V. Paravel, F/GB/USA 2012) [DCP]

fantastisch

Das Meer rauscht. Das Schiff rauscht. Der Kopf rauscht. LEVIATHAN ist eine Muschel am Ohr. Wir befinden uns auf einem Fischkutter und sehen Fragmente industriellen Fischfangs. Assoziationen mäandern über die Leinwand. Es ist fast immer Nacht. Kabel sehen aus wie Tentakel, die nach einem greifen wollen. Blutiges Wasser strömt zurück vom Deck ins Meer. Netze werden aus der Düsternis gezogen. Fische – tot, halblebend oder mit anderen Fischen im Maul – liegen hilflos da, werden sortiert. Die Kamera ist im Meer, über dem Meer, rauscht gemächlich, hypnotisch durch die Fetzen von Tieren, Zusammenhängen, einem Gesamtbild, das so gesehen die Ahnung eines unfassbaren Schreckens erzeugt. Düstere Ausschnitte, Nahaufnahmen und Puzzlestücke, vor deren Zusammensetzung einem graut. Brennende, verzerrte Farben. Verstörend wie schön. Ja, schön … irgendwie. Möwen in ewiger Verfolgung dieser Fleischmaschine, dieser blutrauschenden, alle Rationalität wegreißende Schreckensgestalt. In dem an den Bug brandenden Meer, in dem glibberigen Wasser mit seinen toten bis halbtoten Meereslebewesen, welches über das Deck und die metallenen Auffangbecken schmiert, in den roten blutverseuchten Wellen verliert sich jede Gesundheit. Zurück bleibt das Gefühl, dass einem ein blutüberströmter Mensch gegenüber steht, Machete in der Hand, Fleischstückchen in Gesicht und auf dem Körper klebend. Irrsinn, dies ist dein Reich. Ihm gegenüber ist ein klarer Gedanke eine Kunst, die ich nicht erbringen mag.

Das Geständnis eines Mädchens

(Jürgen Büchmann, BRD 1967) [35mm] 2

großartig

Was so ein Umfeld ausmacht. Neuerlich (und diesmal vollständig) gesehen, musste GESTÄNDNISSE EINES MÄDCHENS diesmal nicht gegen das Publikum kämpfen. Ich konnte ihn mehr genießen. Denke ich zumindest, weil er mir diesmal nicht entrückt erschien, sondern entspannt. Die wenig gekonnten, aber mit Herz gebrachten Nouvelle Vague-Anleihen lassen ihn tanzen. Keck ist er und voller Güte, selbst für seine seltsam verkrampften Männergestalten.

Ich spüre deine Haut

(Günter Schlesinger, BRD 1969) [35mm]

(großartig )

Mit den Augen gekämpft. Film größtenteils gesehen, aber in welchem Zustand. Habe nur noch die Bilder von einem Handstand-machenden Waschbrettbauchs vor Augen. Nicht die lesbischen Liebeszenen… Man fasst es nicht.

Jeunesse perdue / Der Perser und die Schwedin

(Akramzadeh, S 1961) [35mm]

großartig +

Für die meisten wird es ein Tag wie jeder andere sein: langweilig und bedeutungslos. Ein Husarenritt durch ein lehrreiches Melodram um die wenig erbaulichen Folgen von Promiskuität und dem allmächtigen Schlendrian in Studentenschaft und -zeit. Verantwortungsbewußtsein will uns der Film in den Kopf prügeln, doch er ist massiv angetrunken, weshalb seine fröhliche Lehre ihr an Geschlechts- und Rassedünkeln überschäumendes Kentern gar nicht bemerkt. Voller Ernst verhaspelt sich DER PERSER UND DIE SCHWEDIN und wird so ein buntes, lockeres Treiben, das mitunter fast unbemerkt in die dunklen Keller des Lebens abstürzt. Wobei dies eher von der Synchro mehr schlecht als recht kaschiert werden soll, wie fast alles hier Angesprochene an der Verkennung des Stoffes durch die Übersetzung liegt, die sich vor dem Ernst der Lage zierte und uns lieber fröhlich sein lassen wollte, dabei aber den Stoff in den Irrsinn bricht und die Fugen von Belehrung und Frohsinn zu einem verzerrten Bild des Unsagbaren eines ganzen Jahrzehnts aufreißt.

High Finance Woman / Wallstreet Woman – Für ihre Karriere tut sie ALLES

(Joe D’Amato, I 1990) [VHS]

radioaktiv

Deine Unabhängigkeit und deinen Job aufzugeben, um meine Frau zu werden, ist das denn zuviel verlangt?!? Trotzig, ohne Verständnis, Aggressivität oder Argwohn, sagte dies Zahnpastawerbespottrübling Alex zu seiner Geliebten Wallstreet Woman und schickte mich damit endgültig ins Delirium. Was für ein entspannt entrückter Reigen naiver wie/bis verkommener Phantasie?!

Saturnus

(Bruno Sukrow, D 2011) [DVD]

verstrahlt

Mit so einem Klugscheißer will ich nicht auf derselben Etage wohnen. Für alle die meinen, schon alles gesehen zu haben. Groschenheft-Science-Fiction von einem anderen Stern.

Freitag 12.07.

??? / Mannequin, ein Traumberuf?

(???, P 196?) [35mm]

gut

Ein kurzer Kulturfilm, der ganz unschuldig die Models be- und hinterfragt. Seien also auch sie vor den Tücken und Lügen des Modelberufs warnt.

Baby Vickie / Ein Körper voller Lust

(John Hayes, USA 1969) [35mm]

großartig +

Zu Beginn verlustiert sich Vickie an einer Schaufensterpuppe im heimischen Bett. Ihr Verhältnis zu Männern und Lust wird sich von diesem Bild nie entfernen. Männer sind ihr fremd und die Befriedigung ihrer Lust bringt sie stets in unbehagliche, unklare Situationen. Elegisch schlendern die Momente dahin. Nach sexuellen Übergriffen, gescheiterten Ehen und Beziehungen mit abgeranzten Gestalten in abgeranzten Umfeldern muss sie weinen. Bezeichnenderweise legt sie dabei ihren Kopf auf die naheliegende, überquellende Mülltonne. Es bricht einem das Herz und es entgleist der Verstand.

Die kleine Stadt will schlafen gehen

(Hans H. König, BRD 1954) [VHS]

(großartig )

Erster der viel zu sehr verschlafenen Filme. Sehe eigentlich nur noch das schelmisch überhebliche Grinsen von Bildhauer Peter Bruck, der die heuchlerische Selbstgerechtigkeit der Bonzen der kleinen Stadt vorführt, vor meinem inneren Auge. Zwiespältige Helden braucht das Land.

Vacanze per un massacro / Toy

(Fernando Di Leo, I 1980) [digitale Schlachtplatte]

großartig

Romantische Anwandlungen mit Pech übergossen.

Donnerstag 11.07.

Shikijô ama: Fundoshi matsuri / Nympho Diver: G-String Festival

(Fujiura Atsushi, J 1981) [DVD, OmeU]

großartig

Ewig erregte Frauen fallen über hilflose Männer her. Ewig erregte Männer nehmen jede Frau, die sie bekommen können. Alte Fruchtbarkeitsrituale werden auf den Straßen mit Holzscheiden und -penissen vollzogen. Verklemmt feiert NYMPHO DIVER die fiktive offenherzige Sexualität seines Landes. Ein bunter Regenbogen verkrampfter Lüsternheit, der naiv wie albern ist. Dazu Musik, die ebenfalls gut deutsche Schulmädchen unterlegen könnte. Und am Ende steht eine Szene, voll düsterster Albernheit, voll blödelnder menschlicher Abgründe, die einen sehr lange schlucken lässt. Dies sind wir Menschen … der Wahnsinn.

Vital

(Tsukamoto Shin’ya, J 2004) [DVD, OmU]

gut

Unter der routiniert abgespulten Dunkelheit menschlicher Seelen steckt ein süßer Film über das Besiegen von Traumatas und die Rettung eines Geistes.

Mittwoch 10.07.

Southland Tales

(Richard Kelly, USA 2006) [blu-ray, OmU]

ok

Nachdem die DVD letzte Woche so kurz vor der Mitte den Geist aufgab, lag diesmal plötzlich die blu-ray vor mir. Aber was zu SOUTHLAND TALES, diesen Wust aus bubble-gum-Lynch, von japanischen Animes inspirierten Witz und Seltsamkeiten, bunter Bibelexegese und verquerer Untergangsstimmung mit Mobys Versuch eines Carpenter-Soundtracks für einen Cronenbergfilm selbst sagen? Die erste Hälfte ist toll, aber es verliert sich dann. Vll war ich zu müde, aber am Ende war es so ein selbstmitleidiger Brei. T.S. Eliots THE HOLLOW MEN wird von Kelly in SOUTHLAND TALES mehrmals umgestellt. This is the way the world ends/Not with a whimper but a bang statt This is the way the world ends/Not with a bang but a whimper. Sicherlich denken diese seltsamen Partyterroristen, Drogensoldaten, amnestische Schauspieler und prophetische Pornodarstellerinnen das so, aber der Film unterstreicht eher Eliots-These. Überall versuchen sie große Gesten zu setzen, aber kurz unter ihrer Oberfläche, gut sichtbar, ist da eher dieses Wimmern, nicht wegen des Endes, sondern wegen des Lebens. Ich werde mir bald den Comic mit den ersten drei Teilen durchlesen, da der Film ja nur Teil 4-6 enthält. Vll macht dann alles mehr … Sinn(?).

Dienstag 09.07.

Zidane, un portrait du 21e siècle / Zidane – Ein Porträt im 21. Jahrhundert

(Douglas Gordon, Philippe Parreno, F 2006) [DVD, OmU]

großartig

Sonnabend 06.07.

Utsukushisa to kanashimi to / With Beauty and Sadness

(Shinoda Masahiro, J 1965) [DVD, OmeU]

großartig +

Die Shōchiku New Wave und seine Melodramen! Wunderbar. Düster, wahnsinnig lustvoll und zu gleichen Teilen wage und explizit. Shinoda verfilmt hier Kawabatas Roman des selben Namens. Die Romane, die ich von ihm kenne, sind nicht so taumelnd am Abgrund. Wahrscheinlich nimmt sich Shinoda ein paar wunderbare Freiheiten. In Italien wurde WITH BEAUTY AND SADNESS als L’AMARO GIARDINO DI LESBO vermarktet. Christoph möge mich verbessern, aber es läßt sich anscheinend als „Der bittere Garten von Lesbos“ übersetzen, wobei die Insel wahrscheinlich nicht für sich selbst steht, zumal die Handlung Japan nie verläßt. Derjenige, der für diesen Titel verantwortlich war, war anscheinend sensibel genug, um die feinen Unterschiede zwischen Buch und Film zu erkennen, und talentiert genug, um sie in Worte zu gießen.

Freitag 05.07.

Sapore di donna / Wilder Dreier

(Mario Gariazzo, I 1990) [VHS]

verstrahlt +

Wie (an)gespannt ich Filme sehe, bekomme ich meist nicht mit. Erst wenn ich wieder vor einem Film wie SAPORE DI DONNA sitze, wird es mir klar. Denn ihn zu sehen ist einfach … sich fallen lassen und genießen. Genießen, dass niemand etwas von einem will. Nur verwöhnen. Daliegen mit Strohhut und einem Drink in der Hand … an diesem Strand einer Südseeinsel, der ein Film ist. Alleine die Discoszene zu Beginn, ein wüster Sumpf aus Musik, Frisuren und Bewegungen lies mir ein entspannendes „aaah“ über die Lippen kommen. Nur Hauptfigur Perry, das Patenkind aller Trüblinge dieser Welt, lässt einen ab und zu die Hand gegen die Stirn klatschen. Wäre dies nicht so, wäre die emotionale Bindung ja auch futsch. Deshalb danke ich ihm, dass ich ihn ständig schütteln und den Kopfwaschen wollte, denn danach war die Entspannung wieder deutlicher spürbar.
Einzig die DVD hatte eine antrübende Wirkung. Ein normaler Fernseher bekommt kein ansatzweise unverzerrtes Bild hin, deshalb am Comuter mit den Seitenverhältnissen rumgespielt, bis es ungefähr passte. Aber dann wurde klar, es gibt keine richtige Lösung, denn das Bild bestand schätzungsweise aus 5 senkrechten Clustern unterschiedlicher Verzerrung. Mit deutlichen Grenzen natürlich. Manchmal sah die eine Gesichtshälfte doppelt so dick aus wie der Gegenpart. An einer Stelle hatte Valtine Demy einen Schrumpfkopf und Schultern wie ein Bodybuilder.

The Belly of an Architect / Der Bauch des Architekten

(Peter Greenaway, GB/I 1987) [DVD] 2

großartig +

Ich sitze auf einem Stuhl auf einer Wiese. Vor mir ein Tisch mit Resten von Toast, Marmelade, Früchten, Brot und Wurst. Die Sonne scheint. Sie steht noch tief und Insekten blitzen in ihren Strahlen auf, die durch die umliegenden Sträucher dringen. Erschöpft hängt mein Kopf auf der Brust. In meiner rechten Hand, an meinem hängenden rechten Arm, halte ich ein Buch über Architekture, Megalomanie, Paranoia und einer schmale Grenze zwischen überwältigender Extase und faschistischer Überwältigung. Die Seiten sind vergilbt, die Ränder schimmeln schon. Überfressen kann ich mich nicht rühren. Mir bleibt nur der Kampf mit der Übelkeit. Mein Magen will all die süßen, überreifen Versuchungen wieder auskotzen. Mir geht es wunderbar. Ich habe DER BAUCH DES ARCHITEKTEN gesehen.

Donnerstag 04.07.

Honogurai mizu no soko kara / Dark Water

(Nakata Hideo, J 2002) [DVD]

gut

Der Aufbau ist faszinierend. Zu Beginn gibt es keine schöne, perfekte, beruhigende Welt, in die der Horror einbricht. Der Sorgerechtsstreit ist schon Horror genug und das durch die Wände sickernde Wasser, wie das Geisterkind verändern das Grundproblem nicht. Sie sind der Terror und die Ungreifbarkeit dieser Situation, welche die Mutter gerne souverän meistern möchte. Die schöne, perfekte, beruhigende Welt steht am Ende. Groß wird sie in einer Geistergeschichte ausgewalzt. Der Ton ändert sich vollkommmen und macht DARK WATER zu einer Art J-Horror Remake von Ozus ES WAR EINMAL EIN VATER.

Mittwoch 03.07.

Seizoku / Sex Jack

(Wakamatsu Kôji, J 1969) [DVD, OmeU]

großartig

Befreien wir uns! Doch wovon? Zu was? So kompliziert das alles. Zum Glück gibt es Sex, da ist alles klar und einfach. Äh, ne, auch nicht.

Black Rain

(Ridley Scott, USA 1989) [DVD, OmU]

ok

Die 80er enden, wo sie angefangen haben: in einem neon-ausgestrahltem Stahlwerk.

Dienstag 02.07.

The Place Beyond the Pines

(Derek Cianfrance, USA 2012) [DCP]

nichtssagend

Das erste der drei Kapitel hat noch diesen netten „der Blick der 80er auf die 50er aus Sicht der 2010er“-Flair. Ryan Gosling, anscheinend gerade in seiner „Michael Jackson in seiner „Bad“/“Dangerous“-Phase“-Phase, versucht die immer lächelnden, gezwungen süßen Jahre seiner Kindheit (Zucht zum Kinderstar) mit einem toughen Image abzuwaschen. Aber über seinen Tattoos und seinen abgetragenen, siffigen T-Shirts da wartet stets bloß dieser Dackelblick, weshalb wir ihm ständig über den Kopf streicheln und ihn trösten wollen. Größtenteils schweigt er sein knuffiges Schweigen, immer kurz vorm weinen, nur um es mit ausgesuchten Dümmlichkeiten zu unterbrechen. Er ist tatsächlich perfekt besetzt für diesen White-Trash-Dimwit, der krampfhaft cool wirken möchte, der mit Familienvorstellungen rumläuft, als ob Eisenhower noch Präsident wäre, der glaubt alles richtig zu machen, wenn er kurzentschlossen und ungefragt sein bisheriges Leben hinschmeißt und sich als Vater seines bisher unbekannten Sohnes geben möchte … dem niemand böse sein kann, weil er einfach so offensichtlich etwas minderbemittelt gegen die Geister seines mehr oder weniger traumatischen Vergangenheit kämpft und es einfach nicht besser weiß. Und so halbwegs erträglich dieses erste Kapitel um die verzweifelten Versuche Goslings nach einer intakten Familie und darum das Richtige zu tun ist, so schlimm werden die anderen. Eine Allgemeinplatzflut aus netten Bildern, ausgelutschten Gefühlen aus der Melodramapalette von vorvorgestern und einer trägen, wie öden Schicksalsverzweigung. Bradley Cooper verkauft aalglatt seine Seele, weil er mit diesem schuldgefühlbeladenem Drecksding nicht leben kann und leidet trotzdem weiter, weil er einer Familie den Vater raubte … oder das was er dafür hält. Die Söhne dieser beiden (Cooper und Gosling) lernen sich kennen, spiegeln die Schicksäle ihrer Väter und zeigen die harte Unausweglosigkeit der eigenen Geschichte/Vergangenheit. Die Charakterzeichnungen sind wohlfein durchdacht, wie sie nicht ein Anzeichen von Fälsche haben. Sie sind dabei rührselig wie spannungsfrei, ohne ein Anzeichen von Mut zur Originalität. Altbekanntes wird hier ohne Esprit totgetreten.

Montag 01.07.

Yasagure anego den: sôkatsu rinchi / Female Yakuza Tale

(Ishii Teruo, J 1973) [DVD, OmeU]

verstrahlt +

Was für ein pubertäres Treiben. Ein Film über infantile Gangster, die nichts interessiert außer die diversen Dinge, welche in die private parts der sie umgebenden Frauen geschoben werden können … oder welche dreckigen Kalauer noch darüber gerissen werden können. Und wir reden hier von einer Drogenschmuggelgeschichte. Manche geben sich zwar einen seriösen Anschein, aber kurz unter ihrer Oberfläche sind sie lächerliche Jugendliche, die einem die Röte ins Gesicht treiben. Ein Film darüber, dass Frauen sich grundsätzlich ausziehen, sobald sie in Kampfhandlungen gezogen werden. Ein Film erzählt wie von einem Kleinkind. Ein ständiges atemloses „und dann … und dann… und dann..“. Ein Film wie ein Zuckerbonbon. Zum Glück hatte ich einen starken Magen, sonst wäre er verdorben worden. Vll habe ich auch einen verdorbenen Magen…

Juni
Sonntag 30.06.

Joshû sasori: 701-gô urami-bushi / Female Prisoner Scorpion: #701’s Grudge Song

(Hasebe Yasuharu, J 1973) [DVD, OmU]

ok +

Schöne Farben, aber kaum mehr.

Sonnabend 29.06.

Dangan Runna / Wie eine Kugel im Lauf

(Sabu, J 1996) [DVD, OmU] 3

großartig +

Nach POSTMAN BLUES und MONDAY irgendwie das Interesse an Sabu verloren und sein Debüt auch seit 10 Jahren nicht mehr gesehen, aber wow. So eine Adrenalinebombe hatte ich nicht mehr auf dem Schirm. Nie wurden die Schönheit und die Befreiung eines sich komplett auspowern besser festgehalten … und auch nicht, was einem da so durch den Kopf geht.

Kôkyû sôpu tekunikku 4: Monzetsu higi / The Dream of Garuda

(Zeze Takahisa, J 1994) [VHS, OmeU]

großartig +

Ein tiefsinniger, philosophischer Film über seifige Körper die übereinander klitschen. Erdig, dreckig, gut. Dazu immer diese überlaufende Badewanne, wo das Wasser endlos eingelassen wird und der Raum langsam voll läuft, während die Körper beständig übereinander gleiten. Wer wäre da nicht gern. Leider war sich das Christentum ja für solche Taufen (Sünden wegwaschen) immer zu fein.

Freitag 28.06.

Dai-bosatsu tôge / Sword of Doom

(Okamoto Kihachi , J 1966) [DVD, OmU]

großartig +

Tsukue Ryunosuke ist seinem Umfeld überlegen. Er ist ein Genie des Schwertkampfes, der sich schon in jungen Jahren einen virtuosen, eigenwilligen Stil zugelegt hat, der ihn zum Björn Borg seines Fachs macht. Passiv wartet er auf die Fehler des Gegner, um ihn zu bestrafen. Selbst aktiv wird er kaum. Immer mehr wandert er so hinauf in einen Elfenbeinturm und ist verdammt. Verdammt. Denn solche Arroganz, nichs anderes strahlen diese wunderbar chorographierten Kämpfe aus, führt zwangsläufig dazu, dass große Teile des eigenen Bluts den Boden netzen werden … egal wieviel fremdes Blut gleichzeitig dort aufschlagen wird. In kristallklaren Bildern fließt die Geschichte elliptisch dahin … erfrischend und erfreuend … um in einem dieser wunderbaren Ende zusammenzulaufen, wo der Film einfach aufhört, wenn er vorbei ist … wie wenn HERR DER RINGE aufgehört hätte, wenn der Ring unaufhaltsam Richtung Lava fällt. Einfach Schluss. Warum auch weitermachen. Ein Riss, der einem die Brust und den Kopf aufreißt … raus aus dem Fluß. Ein Schluss gegen das wohlige Zurücklehnen. Schweiß und Zittern statt Gemütlichkeit.

Mittwoch 26.06.

Blindness / Die Stadt der Blinden

(Fernando Meirelles, BR/CA/J 2008) [DVD, OmU]

nichtssagend +

Zumindest schön anzusehen war er. Wenn auch bei mir nichts hängen blieb. Außer ein paar Bilder von Danny Glover, aber die wohl auch nur, weil ich sie schon so oft gesehen habe. Das ist an sich nichts schlechtes, also Dezenz, aber dann sollte auch etwas Interessantes erzählt werden. Aber BLINDNESS verwaltet nur altbekannte Bilder von egoistischen, gierigen, widerlichen, aber auch aufopfernden Menschen. Tja. Ganz nett.

Montag 24.06.

Watchmen / Watchmen – Die Wächter

(Zack Snyder, USA 2009) [DVD, OF]

gut

Vll habe ich Glück gehabt, dass ich den Film sah, bevor ich das Comic las. So bleiben große Teile dieses Ultimate Cut von dreieinhalb Stunden doch ganz gut. Der gute Zack mag es halt etwas stampfender und blutiger, als es Alan Morre vll mag, aber das geht schon in Ordnung, solange keine Subtilität und Handhabung eines Subtextes erwartet wird. Bei der Musik nervt es unsagbar, wie er jede totgenudelten Hit aus der Untotenkonserve holt und zum millionenstenmal die selben Popsongs instrumentalisiert. Höchsten der leise Einsatz von EVERYBODY WANTS TO RULE THE WORLD (vll sogar nur ein Instrumental), während Adrian die Öl-Lobby zurechtweist, überrascht. Muss ihm jemand eingeredet haben, weil hier sonst alles in your face ist. Solange alles auf den finalen Twist zu schraubt, gibt sich Snyder auch alle Mühe seine Fetische für Bewegung und Blut durchs Bild zu schleifen. Was recht interessant ist. Sobald er sich aber dem Ende nähert, läuft ihm die eh fast schon aalglatte Inszenierung durch die Hände und verteilt sich auf dem Boden. Schulterzucken. So ist es halt. Sobald die Geschichte auserzählt wird, sobald alles in geregelte, langweilige Bahnen gelenkt wird, wird WATCHMEN wirklich mehr als flüssig, um es mal mit Charlie Chan zu sagen. Endpunkte, Entscheidungen sind nicht die Dinge von Snyder, nach WATCHMEN zu urteilen. Es ähnelt dem Abbremsen vor einer Wand, vor der er Angst hat, anstatt durchzurasen. Nur die Geschichte des BLACK FREIGHTER, wenn auch ebenfalls gegen Ende verschenkt und nur die Versprechungen einlösend, die 50 Minuten gegen den Wind zu riechen waren, rettet die Ödnis gegen Ende. Sie lässt noch sowas wie Ambivalenz erkennen. Etwas anderes als das alles umfassende Liegenlassen der Geschichte.

Sonntag 23.06.

Ju-on / Ju-on – The Grudge

(Shimizu Takashi, J 2002) [DVD] 2

gut

JU-ON leidet an Schock-Diarrhö. Könnte gesagt werden und es würde stimmen. Jump-Scars lauern hinter jeder Ecke. Jede Kamerabewegung kann überraschend ein grusliges Kinder auftauchen lassen. Das Sounddesign rollte einem die Finger- und Fußnägel hoch. Und Spiegel zeigen sowieso andere Menschen als davor stehen. Aber irgendwann ist es die Regel und keine Ausnahme mehr. Erschreckende Dinge allerorts. Wohlgehütet sitzen wir dann im Schockzug und können es uns gemütlich machen … wenn wir nicht auf diesem Glitsch, der hier effektvoll über uns ergossen wird, ausgerutschen und tatsächlich die Unsicherheit der Realität zu spüren bekommen.

Sonnabend 22.06.

Tôkaidô Yotsuya kaidan / The Ghost of Yotsuya

(Nakagawa Nobuo, J 1959) [DVD, OmeU]

großartig

Iemon Tamiya tötet erst aus Liebe. Dann weil er von einem Mitwisser erpresst wird. Und später weniger aus Gier, sondern weil es einfach egal geworden ist. Zum Schluss tötet er Menschen, weil er von den Geistern seiner Opfer verfolgt wird. Je apathischer er sich in seine Rolle im Leben fügt, desto hysterischer wird er innerlich. Sein Gewissen ist zunehmend traumatisiert. Je weniger er auf die Welt achtet, weil sie nur noch ein riesiger Schmerz für ihn ist, desto mehr gewinnt sein Gewissen die Herrschaft. Von der Realität wechselt er so in eine Traumwelt. Eine Welt in der das Gute siegt, komme was möge. In der Tote der Gerechtigkeit zum Sieg verhelfen und die Bösen abstrafen. In der Getötete wunderbarerweise gar nicht tot sind, sondern als Helden wiederkehren. Doch es ist nicht ein Wille zur Belehrung des Zuschauers oder eine blauäugige Hoffnung auf einer gerechte Welt, die Iemon Tamiya in diesen gerechten Pfuhl der entrückten Bilder stößt. Er ist es selbst. Er und seine Phantasie. Er wie wir. Möglicherweise

Ju-on / Ju-on – The Grudge

(Shimizu Takashi , J 2002) [DVD]

(gut)

Ca. 50% des Films verschlafen. Traurig sowas.

Donnerstag 20.06.

Joshuu sasori: Kemono-beya / Female Prisoner Scorpion: Den of the Beast

(Ito Shunya, J 1973) [DVD, OmU]

großartig +

Sie starrt und starrt und starrt. Kurz lächelt sie. Nicht das eine Menschwerdung wieder einsetzt!? Ito beginnt den Film sehr spröde und nimmt nur langsam Fahrt beim Schangeln auf. Hätte er auch ganz sein lassen können. Fand den Kontrast zu JAILHOUSE 41 sehr spannend. Schade. Aber auch so ein Wahnsinnsfilm.

Mittwoch 19.06.

The Black Panther

(Ian Merrick, GB 1977) [blu-ray, OmeU]

fantastisch

Repetitiv scheitert Donald Neilson, am Leben, an seiner Familie, an seinen Verbrechen. Er trainert im Wald und will aus sich einen edlen Supersoldaten formen, der über dem Abschaum steht, der ihn umgibt. Er schließt sich im Keller ein und schmiedet ausgeklügelte Pläne, wie er Postämter überfallen kann. Voller Eleganz verfolgt die Kamera seine getriebene Suche nach Respekt, nach Erfolg über die Gesellschaft, die ihn ausgespuckt hat. Er will der enttäuschenden Trettmühle der Arbeitswelt entkommen und krampfhaft seine Achtung vor sich selbst erhalten, die er nur schwerlich erhalten kann … mit Training und Plänen. Doch er ist der geborene Verlierer. Seine Pläne scheitern immer wieder am selben Punkt, nur wird er nicht klug daraus. Er verkrampft nur mehr. Nie sind die Safeschlüssel, der Postämter zuhand. Immer geht er nachts die selben Treppen hinaus, um sie von den Postbeamten zu holen und immer wieder richtet er nur ein lächerliches Blutbad an. Nichts erreicht er und verliert sich in immer ambitionierteren Plänen, die ihn aber nur auffressen werden. Und wir leiden mit … leiden durch diesen protofaschistischen Hampelmann mit all seiner anmaßenden Großkotzigkeit und mit diesem armen Wicht.

Comedown

(Menhaj Huda, GB 2012) [blu-ray, OmU]

ok

Dienstag 18.06.

The Wild, Wild World of Jayne Mansfield / Die wilde Welt der Jayne Mansfield

(C.W. Broun Jr., J. Holt, A. Knight, USA 1968) [DVD]

radioaktiv

Mondo infantile. Ein frivoler Mann phantasiert, was das materialisierte Klischee von Jayne Mansfield wohl in Angesicht von französischen Nudisten, eines Pariser Männerstrichs, Travestie-Shows, Transvestiten- und Schwulenbars, Tittenshows, des Forum Romanums oder des Eifelturms denken würde. Ein Mansfield Sound-Alike spricht dies über Urlaubsaufnahmen, Filmausschnitte und Spielszenen an besagten Orten ein, da die echte Jayne zu diesem Zeitpunkt schon gestorben war. Das Ergebnis ist ein aberwitzig verdrießlicher laissez fair-Konservatismus. „Geschlechter sollten kein Grund zur Verwirrung sein und an einem Menschen auf 50 Meter erkennbar sein, aber Männer die als Frauen besser als ich selbst aussehen, sind ja auch mal ganz putzig.“, denkt sich dieses Phantom von Jayne Mansfield grob über den Daumen gepeilt. Sie wird an den Herd und als liebende Mutter phantasiert, voll Romantik, unfähig eine Schlampe zu sein, aber trotzdem noch keck genug um nacktem Fleisch aufgeschlossen gegenüber zu stehen. Dieser Versuch einer „natürlichen“ ungezwungenen Sexualität mit konservativen Rollenklischees unter einen Hut zu bringen, könnte so auch von einer THC-benebelten Bild-Redaktion stammen. Die zeitweise Ausbeutung der Familie nach dem Tod ist scheußlich. Aber der Rest presst einen wie die Druckwelle einer Atomexplosion in den Sessel, droht einen Augen und Ohren zu verbrennen und lässt einen an der Welt verzweifeln. Der wilden, wilden Welt dieses einfältigen wie schmierigen Phantoms einer echten Frau.

The Dark Knight Rises

(Christopher Nolan, USA 2012) [blu-ray, OF] 2

ok

Nolan interessiert sich für zwei Dinge. Einmal will er selbst die kleineste Nebenfigur wie aus einem hochtrabenden, symbolsichüberfrachteten Theaterstück reden lassen (und verwechselt das anscheinend mit Tiefe) und andererseits aus seinem dritten Batman-Film ein Remake von Rocky III machen. Alles andere wirft er irgendwann lieblos weg und weiß nichts mit anzufangen. In dem Sinne:

Rising up, back on the street
Did my time, took my chances
Went the distance, now I’m back on my feet
Just a man and his will to survive

So many times it happens too fast
You change your passion for glory
Don’t lose your grip on the dreams of the past
You must fight just to keep them alive

It’s the eye of the tiger
It’s the thrill of the fight
Rising up to the challenge of our rival
And the last known survivor
Stalks his prey in the night
And he’s watching us all with the eye of the tiger

Monntag 17.06.

Mysterious Mr. Moto / Mr. Moto und der Kronleuchter

(Norman Foster, USA 1938) [DVD, OmeU]

großartig

Im exotischen Dschungel von London kommt Mr. Moto vollends zu sich. Sadistisch spielt er mit den Leuten. Er verlacht sie, aufgrund ihrer Minderwertigkeit. Er verlacht sie, indem er sich vor ihnen verbeugt, sich auslachen lässt, während er weiß, dass es nur Tiere sind, denen er unendlich überlegen ist. Slowley, slowley, catchee monkey.

Sonntag 16.06.

Thank You, Mr. Moto / Mr. Moto und der China-Schatz

(Norman Foster, USA 1937) [DVD, OmeU]

gut

Ein tatsächlicher Asiat in einer Sprechrolle, was ist hier denn los?

Mr. Moto Takes a Chance / Mr. Moto und der Dschungelprinz

(Norman Foster, USA 1937) [DVD, OmeU]

großartig

„If I was casting a horror picture, I’d have him play the murderer!“. Schon im zweiten gedrehten Film der Moto-Reihe, auch wenn er erst als Vierter veröffentlicht wurde, wird es ausgesprochen: Mr. Moto ist ein/wirkt wie ein Psychopath. Und trotzdem ist er der Held einer ganzen Reihe, als ob es das Normalste der Welt wäre.

Nightbirds

(Andy Milligan, GB 1970) [blu-ray, OmeU]

großartig

Zwei Liebende. Keiner weiß wieso und warum, sie zusammen sind. Am wenigsten der Zuschauer. Sie selbst glauben es vll zu wissen, glauben wohl an Liebe, aber es ist ein düsterer Sumpf, in dem sie sich befinden. Dinks kindliche Theatralik und Dees zynische Abgeklärtheit passen nicht zusammen, aber sie schwirren umeinander, bis es Antworten gibt, die niemand haben wollte.

Sonnabend 15.06.

Kaii Utsunomiya tsuritenjô / The Ceiling at Utsunomiya

(Nakagawa Nobuo, J 1956) [DVD, OmeU]

gut

Think Fast, Mr. Moto / Mr. Moto und der Schmugglerring

(Norman Foster, USA 1937) [DVD, OmeU]

gut +

Peter Lorre, seines Zeichens deutscher Exilant in Hollywood, spielt einen japanischen … ja was überhaupt, richtig klar wird es nie, er hängt auf jeden Fall überall seine Nase rein, wo es ihm passt … Detektiv, Abenteuerer und Importeur/Exporteur. Ziemlich dröge irgendwo. Kaum irgendwas erwähnenswertes, außer eben Peter Lorres enigmatische Performance. Er ist überzivilisiert. Zurückhaltend, gut erzogen, zumindest scheinbar von grenzenlosem Oppurtunismus, aber hinter der Fassade manipuliert er. Er spinnt Netze und spielt mit seinen Mitmenschen wie Marionetten. Weiß alles schon im voraus und ist Richter und Henker in einem. James Bond One-Liner nach dem Ableben eines Feindes sind nichts gegen die kaltblütige, sarkastische Herablassung, die Mr. Moto in seiner netten, unschuldigen Art über seine Gegner ergießt. Zudem ein unbesiegbarer Kampfkunstexperte. Er ist vielleicht die unangenehmste Person im ganzen Film, denn er ist besser als die ihn umgebenden Larven und er weiß es, zudem eben ein Deutscher, der einen Japaner spielt, also ganz offensichtlich ein Phantasiekonstrukt, der seltsamerweise von seiner Umgebung ganz normal behandelt wird, aber trotzdem der Held.

The Hitcher / Hitcher, der Highway Killer

(Robert Harmon, USA 1986) [DVD, OmU]

großartig +

Jim Halsey wird von einem Anhalter angemacht. Dieser greift ihm ans Knie und für Halsey steht fest, er ist ein wahnsinniger Massenmörder. Er deliriert sich das Entsetzen zusammen, das es ist von einem Verrückten geliebt zu werden. Da wir das Erzählte immer aus Halseys Sicht sehen, können wir uns nicht sicher sein. Ist John Ryder dieser Madman oder nur eine Phantasie, ausgelöst durch den Kampf, die eigene Heterosexualität zu erhalten? Auf jeden Fall aber ein blutiges Melodram, über eine verhängnisvolle Affäre.

Freitag 14.06.

Tosui yugi / Bondage Ecstasy

(Satō Hisayasu, J 1989) [VHS, OmeU]

ok

So sieht es also aus, wenn Satō einen fast straighten Pinkfilm macht. Selten gibt es seine optische Rasereien. Selbst die Düsternis ist halbgar. Alles irgendwie nett. Das minutenlange Unterhose zutschen nervt irgendwann und manchmal kam der Verdacht auf, dass er Sex zwischen Männern nicht so viel abgewinnen kann. Vor allem wenn der älterer Herr mit unansehnlicher Zahnlücke kichernd um sein gefesseltes Gegenüber springt und zu viel Zeit damit verbringt wie Rumpelstilzchen zu wirken.

Donnerstag 13.06.

Hentai byôtô: SM shinryo-shitsu / Pervert Ward: S&M Clinic

(Satō Hisayasu, J 1989) [VHS, OmeU]

großartig

Wieder lagert er Schicht um Schicht auf die Bilder auf, bis keine unmittelbare Wahrnehmung der Realität mehr möglich ist. Spiegelungen, extreme bis extremste Weitwinkelobjektive, Monitore, Doppelgänger, Glasscheiben, Messer. Selten sind die beiden Protagonisten in dieser Klinik unmittelbar zu sehen. Selten berühren sie sich auch mal unvermittelt. Stifte und Messer benutzt der liebe Onkel Doktor viel lieber, um seine Frau, ihre Zwillingsschwester und in ihnen seine einzige Patientin zu berühren, um sich ihrer nicht immer freibeweglichen Körper zu bedienen. Klaustrophobisch liegt die Enge der Klinik (womöglich einfach nur eine umgebaute Lagerhalle in einer schummrigen, modrigen Gasse, die von einem Getriebenen/Wahnsinnigen/Verletzten umfunktioniert wurde, vielleicht aber wirklich ein medizinisches Forschungszentrum) über den Handlungen. Seine Frau steht dem gespalten gegenüber. Ein Teil möchte wegrennen, der andere sich mit Skalpell an der Narbe bearbeiten lassen, an der sie von ihrer Schwester getrennt wurde, falls es diese Schwester überhaupt gibt, falls es die Narbe überhaupt schon gibt. Vll ist dieser zweite Teil aber ja wirklich die Schwester. Unmöglich zu sagen in diesem entgrenzten Ort der Andeutungen und der Dinge, die hingeschleuderte Symbole sein können oder einfach nur unreflektierte Obsessionen.

Mittwoch 12.06.

The Book of Eli

(Albert & Allen Hughes, USA 2009) [blu-ray, OmeU]

nichtssagend

Wie I AM LEGEND fällt THE BOOK OF ELI mit jeder Minute ab. Vll hält er sich länger in Bereichen auf, die Herzblut erahnen lassen, was das folgende Aufgeben des Films nur umso schmerzhafter machen. Sobald die gute Botschaft einsetzt, dass wer eine Lehre nur benutzen möchte oder nur als Buch anbetet, ein böser Mensch ist und scheitern muss, während die wahre Lehre nur im Herzen sein kann, sobald dies also nicht ganz eindeutig und vieldeutig auf den Zuschauer losgelassen wird, fällt THE BOOK OF ELI in sich zusammen. Lieblos wird sich nicht nur einem leblosen Hollywooddramaturgieeinerlei hingegeben, sondern auch einer entsprechenden Bildsprache. Regie und Drehbuch schrecken vor sich selbst zurück. Eli landet zwar in einem humanistischen Paradies, wo sogar wieder Pflanzen blühen, aber die bisher allumfassende Wüste, in der die Menschen lebten, kehrt im Ödland der Machart unerbittlich wieder.

Montag 10.06.

Before Sunset

(Richard Linklater, USA 2004) [DVD, OmU]

gut

Gerne hätte ich ihn gehasst, aber er hatte diese sommerliche Leichtigkeit … was bei 70 Minuten durchgehender Diskussion schon erstaunlich ist. Ich grübel seit dem ein bißchen, weil BEFORE SUNSET ja auch einfach nur ein Hörspiel hätte sein können, da die Kamera nur Ethan Hawke und Julie Delpy beim Laufen und reden zeigt. Optisch ist er wirklich nicht anwesend. Es gibt nichts was hängen bleibt, außer Ethan Hawkes Grinsen. Aber die Bilder sind doch wichtig, weil diesen Film keine Aspekte ausserhalb der beiden interessieren. Sozusagen ein sozialer Film, der nur an Menschen und ihrer Verhältnis zueinander interessiert ist. Wirklich an nichts anderem. Ohne jegliche Abstraktion von irgendwas. Reden und Kommunizieren, am Leben anderer Menschen teilhaben. Ohne bistimmte Situationen. Ein Fluss des Zusammenseins. Ich also Soziopath finde sowas ja immer verwunderlich. Jedenfalls sind Gesichter und Berührungen wichtig. Und er macht auch Spaß zu gucken, hat teilweise wunderschöne peinliche Momente, über die er sich nicht lustig macht, sondern sie wertschätzt. Das finde ich toll. Womit ich aber, ein Problem habe…

Before Midnight

(Richard Linklater, USA 2013) [DCP, OmU]

ok

…ist, dass irgendwas fehlt. Er plätschert so dahin und ist toll, aber wenn er vorbei ist, hält sich da nichts. Weshalb er mir nicht wirklich am Herzen liegen kann, weil er so vorbeischwebt. Das ist an sich nicht schlimm, aber Linklater scheint es zu stören, weshalb er seinen dritten Teil problembeladener macht. BEFORE MIDNIGHT ist nichts anderes als eine Neuauflage von SZENEN EINER EHE. Wie es der griechische Schriftsteller über Jesse Wallace‘ (Ethan Hawke) Romane verkündet: die ersten beiden waren schön, das dritte ist aber besser, weil ambitionierter. Warum Streitereien ein Film bedeutender, besser, komplexer machen sollen, wie es diese Aussage andeutet (bezieht sie sich doch eben auch auf die Filme), erschließt sich mir jedenfalls nicht. Er ist schon ein netter Sozialporno, an dem mich aber kleine Einzelheiten stören. Vor allem aber stoßen mir die Umstände, dass ich teilweise bemerkt habe, das ich nur auf die Untertitel starrte, weil es eh kaum was zu sehen gab, und diese kurze aber widerliche Überhöhung der Zwietracht, die größtenteils schön zusammengesetzt ist und mich am Schicksal von Menschen teilhaben lässt, die mir doch irgendwie nicht ganz egal sind, aber eben den Film nicht wirklicher und größer macht. (Wenigstens sind die endlosen Dialoge nicht so selbstverliebt, wie bei WAKING LIFE.)

Sonntag 09.06.

Joshuu 701-gô: Sasori / Female Prisoner #701: Scorpion

(Ito Shunya, J 1972) [DVD, OmU]

großartig

Goyôkiba: Oni no Hanzô yawahada koban / Hanzo the Razor: Who’s Got the Gold?

(Inoue Yoshio, J 1974) [DVD, OmeU]

gut +

Der erste Teil bleibt weiterhin in jeder Hinsicht unerreicht. Vor allem seine unfassbaren Ideen und sein Musikeinsatz liesen meinen Mund den Film lang offen stehen. Es fehlte aber auch hier wieder der Mut sich von diesem zu lösen und nicht genau dieselben Dinge wieder aufzubrühen. Wieder gibt es nichts Neues und im Grunde hätten sie wie bei RETURN OF THE STREET FIGHTER und THE STREET FIGHTERS LAST REVENGE einfach nur die Aufnahmen des ersten Teils wiederverwenden können. Dieser dritte Aufgauss hat sicherlich schon wieder mehr Esprit als der zweite, aber enttäuschend bleibt es trotzdem.

Joshuu sasori: Dai-41 zakkyo-bô / Female Prisoner Scorpion: Jailhouse 41

(Ito Shunya, J 1972) [DVD, OmU] 2

fantastisch

War der erste Teil noch ein mehr oder weniger klassischer Frauengefängnisfilm, entläßt Ito seine Darsteller nach dem frühzeitigen Ausbruch nicht nur aus dem Gefängnis, sondern auch aus dieser Welt. Eine Zwischenwelt öffnet sich und verschluckt sie. Geister und Dämonen ziehen durch diese. Aber sind es vll doch nur Menschen? Winde wehen, Lichter leuchten, Farben erstrahlen, eine diesseitige Physik scheint es nie gegeben zu haben. Oder ist es nur die entgrenzte Sasori, die sich über die Welt legt und die Realität verschluckt? Hysterie packt die Menschen und lässt ihre Stimmen an unseren Trommelfellen und an unseren Nerven sägen. Oder ist dies das Verdrängte, von dem der kalte, rationale Geist nicht wahrhaben will, wieviel Realität doch noch darin schwirrt? Sasori, im ersten Teil noch die härtere, no fun-Version von Newmans COOL HAND LUKE, ist hier vergangen. Sie ist nur noch ein Blick, ein alles durchdringender dämonischer Blick, der auf den Menschen ruht und ihnen ans Leder will, sobald sie es verdienen und wer hat es schon nicht verdient, und Schweigen, grenzenloses Schweigen, das die Menschen auf sich zurückwirft. Wenn die unterdrückten Tränen der Frauen sich einmal zu einem Strom sammeln, werden die Männer ertrinken, teilt uns ein Lied mit. Sasori ist die Brandung dieses Stroms, der rauschende erste Vorbote … der auch vor Frauen kein Halt macht. All diese Düsternis ist es, die Itos Inszenierung, welche die Welt in ein knallbuntes, wunderschönes Bonbon verwandeln würde, die Genießbarkeit verleiht. Und andersherum ist es Ito vor Ideen überflutende, lockere Inszenierung, die aus den pauschalen Inhalten ein Wunderwerk macht. Denn er schafft es Sympathien zu schüren, wo keine sein dürften. Er hält zu den Marginalisierten, zu diesen Frauen, die schlimmer Verbrechen begangen haben, denn er wirft nicht den ersten Stein. Er zeigt uns den schmalen Grad, der nur einen kurzen Anlass braucht um überschritten zu sein, der aus einem zivilisierten Menschen etwas macht, dass beschämende Sachen begeht. Das später nicht weiß, was denn los war, als es zum Messer griff, als es zuschlug, vll sogar als es Wärtern befiel zu foltern. So singt JAILHOUSE 41 ein Lied auf die Trauer, die es ist ein Mensch zu sein, aber auch ein wütendes, das von der kommenden Flut kündet.

Sonnabend 08.06.

Bloodsport

(Newt Arnold, USA 1988) [DVD, OmU] 3

gut +

Jean-Claude Van Damme als antinationalistischer Superman. Er ist Sohn europäischer Einwanderer, US-Amerikaner und das Ziehkind eines Japaners. Erst der Identitätsmix macht ihn stark gegen die meist zutiefst rassistisch besetzten Kämpfer aus anderen Nationen, die alle auf ihre Art degeneriert sind. Auch mal interessant. Als Jugendlicher war mir KICKBOXER (also KARATE TIGER 3) viel lieber. Vll kam ich mit dieser positiven Botschaft nicht zurecht. Vll waren auch die einen Tick brutaleren Spagatübungen ausschlaggebend.

Visioneers

(Jared Drake, USA 2008) [blu-ray, OmU]

nichtssagend

Ein Propagandafilm fürs Träumen, der einem aber jegliche Lust darauf nimmt. Oder: Gunter Gabriel schreibt eine neue Version von BRAVE NEW WORLD.

Freitag 07.06.

Edipo re / Bett der Gewalt

(Pier Paolo Pasolini, I 1967) [DVD]

gut +

Die heftige Symbolismuskeule am Ende hätte er sich sparen können. Die Mächte des Quatsches waren hier aber auch schon nicht mehr auf seiner Seite, wie es bei MEDEA noch war.

Lulu

(Walerian Borowczyk, BRD/F 1980) [DVD]

ätzend

Vll liegt es einfach nur an mir und dem sehr subjektiven, erschütternden Aufeinandertreffen meinerseits mit der Verfilmung der Stücke von Wedekind durch Uwe Janson. Als ich jenen vor einigen Jahren gucken wollte, brauchte ich drei Anläufe. Ständig brach ich unter dem Stück und seiner Inszenierung zusammen. Aber das wirklich aufreibende war etwas anderes. Denn selbst den dritten finalen Versuch, wo ich den ganzen Film schaute, konnte ich nicht gucken, ohne mir nicht zwischendurch einen runter zu holen. Simpel as that. Jessica Schwarz war den gesamten Film lang dermaßen sexuell aufgeladen, ohne das sie nackt zu sehen gewesen wäre oder es auch nur Anzeichen einer Sexszenen gegeben hätte. Gerade das machte es zur Tortur, keine dieser Befriedigungen am Horizont zu sehen. Begierde durch Vorenthalt. Eine quälende Begierde, die mich hat nachvollziehen lassen, warum die Typen sich in dem Film für sie zugrunde richteten, nur um die Chance zu haben ihre Schuhsohle zu lecken. Es war erschreckend und peinlich. Und wahnsinnig zu sehen, wie diese Frau zugrunde gerichtet wird, weil diese Typen, die sie umschwirren, sich ihr vollkommen unterordneteten und Lulu dadurch einen Stachel ins Fleisch getrieben bekommt, der sie unendlich reizt. Und wie sie diese Männer zunehmend wie die Wanzen behandelt, wie die sie sich benehmen. Ich war auch erst einmal verwundert, dass sie irgendwann auf der Straße landet. So einer kann das doch nicht geschehen, dachte ich. Aber naja. Bei Borowczyk davon nichts zu spüren. Seine Lulu ist eine Landpomeranze, die, wie mir scheinen will, jeden ran lässt, der ihr die richtige Süßigkeit schenkt. Warum alle wegen ihr durchdrehen … oder eher wie ferngesteuerte Geister dieser ordinären, uninteressanten Frau folgten (nur der Wille des Autors, dass sie müssten, war zu erkennen), blieb mir ein Rätsel. LULU bei Borowczyk ist auch voll von Kaspar Leroys. Schmierenkomödianten, die sich für ganz grosse Künstler halten, nur dass sie hier auch so behandelt wurden. Unerträglich. Kurzum ein Film so faszinierend und erotisch, wie ein Sack Kartoffeln, auf den jemand mit Kreide eine Mondgesicht gemalt hat.

Tôsatsu repooto: Insha! / Turtle Vision

(Satō Hisayasu, J 1991) [VHS, OmeU]

fantastisch

Langsam wird es unheimlich. Und der Pinktitel ist wieder wunderschön: HIGH SCHOOL GIRL NEXT DOOR: MELONS AND PEEPING.

Mittwoch 05.06.

Uwakizuma: Chijokuzeme / The Bedroom

(Satō Hisayasu, J 1992) [VHS, OmeU]

großartig +

PROMISCUOUS WIFE: DISGRACEFUL TORTURE ist diesmal der Name für die Pinkkinos. Im Gegensatz zu FILTHY WIFE: WET sind hier die Parallelen zur Handlung unübersehbar. Die Frage ist nur, ob das wirklich passiert, dass die Frau eines Mannes sich BELLE DE JOUR-artig in einem surrealen Alptraumbordell (vll ja eben auch Wunschtraum, aber das ist ja oftmals schwer zu sagen) verdingt. Durch die Überwachungskameras und die Psychopharmaka ist es nicht sicher zu sagen. Wie nichts sicher ist. Sitzt sie in einem Raum und schreibt dir Geschichte, die wir sehen. Ist sie in dieser öden, frustrierenden Ehe gefangen und phantasiert sich den Schmerz und die Leidenschaft in einem schwarzen Raum mit riesigem Bildschirmschnee im Hintergrund nur zusammen, um den dumpfen Schmerz der Realität zu entgehen. Die Freier mit Gasmaske, Latexhandschuhen und G-String vll alles nur ihre Phantasie. Vll ist sie aber auch in diesem Raum gefangen und denkt sich eine öde, beruhigende Realität als Ehefrau aus, um den Wahnsinn ihrer Gefangenschaft zu entkommen. Aber vll, ja vll ist auch alles Realität und in ihrem Kühlschrank ist tatsächlich der Eingang zu einem technoiden 90er Jahre Puff im psychotischen Design. Nichts ist sicher. Auch der an Total Recall erinnernde Ehemann, der auftaucht und ihr sagt, dass sie in einer Phantasiewelt lebt und bitte mit ihm in eine unbekannte Realität zurückkomme, ist kein Anker. Auch er ist nur Teil des immer mehr ausgefalteten Labyrinths, das keine Lösung kennt, sondern nur den Rausch, das Gefühl des Fallens. Dieser Bilderreigen aus Wahnsinn, Sex und Paranoia lädt zum Ertrinken ein. Folgen Sie ihm bitte.

Permissive

(Lindsay Shonteff, GB 1972) [blu-ray, OmeU]

fantastisch

Ein Film, der Anfang der 70er scheitern musste. Die Jugend träumte damals von Sex, Glamour & Rock’n’Roll. Band gegründet, Gitarre gelernt oder einfach der Lieblingsband nachgereist und sich in ihrer Sonne geaalt und alles wäre wunderbar. PERMISSIVE erzählt von diesen Träumen. Ist aber niederschmetternde Desillusion. Sie gleicht einer in absoluter Einsamkeit zugebrachten Nacht in einer zugigen Bahnhofshalle im Winter. Da muss erstmal geschluckt werden.

Dienstag 04.06.

Uma to onna to inu / Horse-Woman-Dog

(Satō Hisayasu, J 1990) [VHS, OmeU]

verstrahlt

Toller Film, größtenteils, aber Mensch-Tier-Sex ist nicht meins. Erigierte Pferdepenise werden in Japan auch verpixelt. Wissen auf das ich verzichten kann. Aber der Ekel ist ja im privaten Kämmerlein ab und zu spannend, erst vor anderen Menschen würde daraus Scham. Naja, auch nur ein Grund mehr rot zu werden.

Montag 03.06.

Iyarashii hitozuma: nureru / Love – Zero = Infinity

(Satō Hisayasu, J 1994) [DVD, OmeU]

fantastisch

FILTHY WIFE: WET ist der Name den Shintōhō Satōs mildem mittleren Alterswerk gab. Der eigentliche Titel ist aber nicht unbedingt näher am Geschehen. Kryptisch, poetisch kommentiere sie beide mehr den Inhalt, als dass sie ihn zusammenfassen. Denn auf den ersten Blick ist hier weder Liebe noch Null erkennbar und die verkommene Frau, die ab und zu tatsächlich nass ist, steht mehr am Rand und läßt sich verfolgen, wenn sie nicht gerade Menschen das Blut aussaugt. Im Mittelpunkt, falls es denn einen geben sollte, steht ein Mann, der Menschen verfolgt. Statt alleine zu Hause zu sitzen und nichts zu tun, geht er lieber in die Straßen und verfolgt wahllose Menschen bei ihren Gängen durch die Stadt. Mit dem Ziel vor Augen ist es gleich weniger verloren in dieser kalten Welt. Durch sein Tun gelangt er langsam aber sicher in das undurchdringliche Gestrüpp zwei blutiger Paare. Das eine spritzt sich gegenseitig ihr Blut und die beiden bekommen davon Rauschzustände, derweilen das andere anderen Menschen während bzw. nach dem Sex ihr Blut aussaugt. Die einen spielen mit HIV-Risiken, für die anderen ist es ein düsterer Abgrund, in dem sie rasend nach Wänden suchen, gegen die sie rennen können. Je länger LOVE – ZERO = INFINITY ging, desto weniger habe ich nachvollziehen können. Gut so. Satō näht aus ewig verzerrten Bildern, Videoaufahme, Spiegeln, abgefilmten Fernsehern und Handlungen in Sonnenbrillen eine (die?) Welt zusammen. Das Ergebnis erinnert an Frankensteins Monster. Ein Flickenteppich, der beunruhigend wirkt, aber unter der Oberfläche ganz normal ist, nicht perfekt, auf der Suche. Die Musik, von carpenterscher Bedrohlichkeit, fugt die entstehenden Nähte und Ritzen aus. Sie gibt die unbewußte, vll nur kurz aufblitzende Illusion von Einheit und Geschlossenheit, von Gewohntheit. Ein Film aus wohligem Unbehagen, manischer Raserei und ruhiger Entspanntheit gegenüber den Dingen, die da kommen werden. Zu retten ist eh nichts.

Sonntag 02.06.

Inbred

(Alex Chandon, GB/D 2011) [DVD]

nichtssagend

Liebe Fans von Hinterwälderhorror, sollten sie sich die deutsche DVD/blu-ray dieses leidlich faszinierenden Film zulegen wollen, dann rate ich ihnen von diesem Vorhaben zurückzutreten. Außer sie machen sich einen Spaß daraus zu raten, was tatsächlich passiert ist. Mit Schnittberichte in der Hinterhand kann nämlich nicht nur doch noch nachvollzogen werden, was denn wirklich geschah in den riesigen, blutigen Ellipsen, die ganze Menschen und ihre Schicksale verschluckten, dies kann auch zu einem überraschungsreichen Spiel gemacht werden.

Lifeforce / Lifeforce – Die tödliche Bedrohung

(Tobe Hooper, GB/USA 1985) [TV, OF]

großartig

Colonel Tom Carlsen: She’s resisting. I’m going to have to force her to tell me. Despite appearances, this women is a masochist. An extreme masochist. She wants me to force the name out of her. She wants me to hurt her. I can see the images in her mind. You want to stay? Otherwise wait outside!
Colonel Colin Caine: Not at all. I’m a natural voyeur.

Looper

(Rian Johnson, USA 2012) [blu-ray, OmU]

großartig

Weiß noch nicht, was ich mit ihm anfangen soll. Das rührselige Familiendrama im Herzen von LOOPER mag mir icht bekommen, in dem ansonsten tollen Film. Aber da ich ein Herz für Kinder habe, besonders wenn sie in der Nähe von Kornfeldern leben und übernatürlich begabt sind, sage ich ja zu LOOPER.

Mai
Freitag 31.05.

La morte negli occhi del gatto / Sieben Tote in den Augen der Katze

(Antonio Margheriti, F/I/BRD 1973) [DVD]

großartig

Coitus interruptus. Er steigt langsam an. Baut Charaktere, Stimmungen und Atmosphäre leidenschaftlich auf. Lässt sich dabei Zeit. Ein Film der ruhigen Extase … und dann … blubb … schießt das Ende an einem vorbei. Einige Morde in den Augend er Katze werden nur noch schnell erwähnt. Leicht unbefriedigt bleibe ich zurück, obwohl es vorher so wundervoll war.

Zorro contro Maciste / Zorro gegen Maciste – Kampf der Unbesiegbaren

(Umberto Lenzi, I/E 1963) [DVD]

gut

Lausbubengeschichten mit Pierre Price und Alan Steel, also mit einem vorpubertärer Held, dessen komplett schwarze Klamotte nur etwas dämonisches vorspielt, aber sonst nur aus Spieltrieb und Naivität besteht, und mit einem der großen italienischen brustbemuskelten Verzichter, der hier doch tatsächlich eine Frau zugeschustert bekommt, aber mehr weil ein Held am Ende eine braucht und nicht weil er im Film irgendwie amourös eingespannt wäre.

Mittwoch 29.05.

Nusumareta yokujô / Stolen Desire

(Imamura Shôhei, J 1958) [blu-ray, OmeU]

großartig

Imamuras Debütfilm zeigt etwas mehr, wo er herkommt, als wo er hingehen werden wird. Ein neorealistischer Heimatfilm unter japanischen Vorzeichen. Aber vorallem ein wunderbar beschwingter Heimatfilm.

Dienstag 28.05.

Lincoln

(Steven Spielberg, USA 2012) [blu-ray, OmU]

gut

John Williams‘ Musik gleicht (abermals) einem fremden Menschen, der einem immer wieder ungebeten die Hand in die Klamotten steckt und einen befummelt. Bei mir erzeugt das mehr Abwehr und Übelkeit als die gewünschte Stimmung. Ansonsten das Phänomen Spielberg das erste Mal verstanden. Er kann einfach unheimlich klar erzählen. Die Bilder sind meist im Zwielicht, die Unwägbarkeit der Situation spiegelnd. Die Gesichter sind meist voll Schatten oder nur als Silhouetten zu sehn. Die Farben meist in einem gelblichen Braun, Wärme und Geborgenheit ausstrahlend, sowie ein klein wenig Übelkeit und Krankheit beinhaltend. Denn Lincoln und den USA geht es nicht gut, auch wenn Märchenonkel Lincoln alle in den Arm nehmen möchte. Überarbeitet beziehungsweise ausgezehrt. Elegant fährt die Kamera auf Gesichter zu, nur um nach dem Schnitt von anderen weg zu ziehen. Trash wird hierzu niemand sagen. Seinen Lincoln lotet er auch von Beginn an ohne Umwege aus. Es startet mit Lincoln als Hoffnung (er erzählt mit afroamerikanischen Soldaten) und als Superstar (auf die ersten Soldaten folgen gleich die weißen Groupies). Er folgt als aufopfernder Vater, warmer Kommunikationspartner und kühler Überzeuger mit Überzeugungen usw usf. Er baut einen Propheten, wenn nicht gar Messias auf, der keinen Fehl und Tadel hat … außer vll den, der in den Blicken und dem Auftreten der zu Befreienden steckt. Denn über eins lässt Spielberg keinen Zweifel aufkommen, dass sie keine Mitsprache haben, dass über ihren Kopf entschieden wird, dass sie außenstehen und selbst von ihren Rettern nicht wie Gleiche behandelt werden (können). In all der Hoffnung dieser groß aufgefahrenen Geschichtsstunde, die auch mal auf Sitcomelemente zurückgreift und nur selten, aber doch kenntlich auf das Niveau einer MDR-Geschichtsverfilmung verfällt (allein der erste Auftritt von Sally Fields. Mir ist nicht klar, ob ihr Schauspiel hölzern und morsch ist, wie es die Überreste der Santa Maria sind oder ob solche Sätze nicht anders aufgesagt werden können.), in diese meist erhabene Geschichtsstunde kommt durch dieses Element der Überheblichkeit also eine … naja … erfreuliche Bitterkeit. Am schönsten fand ich aber, dass Spielberg nicht aus seiner Haut kann und den Tod eines von ihm zum Übermenschen aufgebauten Heiligen nur durch die Augen eines Kindes (des Sohnes von Lincoln) darstellen kann. Der Verlust einer Nation ist für Steven Spielberg der Verlust eines Vaters. Dadurch bleibt in mir das Gefühl bestehen, dass in dieser Unterhaltungsmaschine noch etwas Naivität steckt.

Sonntag 26.05.

Goyôkiba: Kamisori Hanzô jigoku zeme / Hanzo the Razor: The Snare

(Masumura Yasuzô, J 1973) [DVD, OmeU]

ok

Ein lauwarmer Aufguss des ersten Teils. Gerade von Masumura hab ich mir mehr erhofft.

Sonnabend 25.05.

Furyô anego den: Inoshika Ochô / Sex & Fury

(Suzuki Noribumi, J 1973) [DVD, OmeU]

großartig

Ike Reiko schlitzt sich durch eine Pop-Art-Version der Meji-Ära … meist halbnackt. Ihre tätowierte Brust wird der Alptraum der tätowierten Rücken der Mörder ihres Vaters. SEX & FURY ist aber auch das verbildlichte Glücksgefühl darüber, dass Japan Ende des 19. Jhd. / Anfang des 20. Jhd. nicht unter die Herrschaft der europäischen Kolonisatoren kam. Das filmische Äquivalent zum (hämischen) Tanzen in den Straßen.

The pervert’s guide to cinema, Part 2

(Sophie Fiennes, GB/A/NL 2006) [DVD, OmU] 3

großartig +

The pervert’s guide to cinema, Part 3

(Sophie Fiennes, GB/A/NL 2006) [DVD, OmU] 2

großartig +

Am Schluss steht das wichtige, bedeutende, herauszuschreiende Ergebnis: Quatsch gucken ist gut für Körper und Seele sowie für die Charakterbildung.

Freitag 24.05.

Nureta shumatsu / Wet Weekend

(Negishi Kichitaro, J 1979) [DVD, OmeU]

großartig

Reda presents Roman Pornos finest #4: Fast unmerklich wird WET WEEKEND bei zunehmender Dauer immer garstiger. Shimako hat eine Affäre mit einem verheirateten Mann, der sie skrupellos belügt – Hauptsache sie bleibt als Sexspielzeug erhalten. Altbekannt ist die Ausgangslage. Lange Zeit ist es auch ein weniger überdrehtes Komplementärstück zu DER WÜSTLING. Verzweiflung, Hass und vor allem das Gefühl von Ausweglosigkeit greifen aber langsam um sich und schleichen sich langsam unter die gemütliche Bettdecke. Shimako führt dies in die Arme einer apathisch-hippiesken Dreiecksbeziehung und WET WEEKEND in einen düsteren Abgrund, der zwischenmenschlichen Horror in erbarmungslose Blicke und locker dahingesagte Grausamkeiten gießt.

Les lèvres rouges / Blut an den Lippen

(Harry Kümel, B/F/BRD 1971) [blu-ray, OmU] 2

fantastisch

Beim ersten Mal als ich ihn sah, empfand ich ihn als passende Fortführung des Nachnames des Regisseurs. Miefig und kleinlich. Vll ein Film, der nicht mittags wirkt. Unter Licht betrachtet entfalltet er nicht seine Wirkung. Alleine die Musik schreit nach Nacht. Zwielicht scheint über die Charaktere. Düstere Verkommenheit strahlt aus ihren Knochen. Krankheit und Verfall verwandeln sie in geile Beklemmung und zwanghafte Eleganz. In einem Hotel, das wie alle guten Hotels aus der Zeit gefallen ist.

Donnerstag 23.05.

Rabu hoteru / Love Hotel

(Sômai Shinji, J 1985) [DVD, OmeU]

fantastisch

Reda presents Roman Pornos finest #3: Es ist ein Film nach einer Vorlage von Ishii Takashi. Nicht nur zu erkennen an den beiden ständig wiederkehrenden Namen Nami und Muraki, sondern auch an dem Wasser. Eine überlaufende Badewanne, Wasserspiegelungen an den Wänden, das Meer. Und mit Wasser hat ein Film eh schon gewonnen. Muraki hat Spielschulden und will Selbstmord begehen. Natürlich ist das der Freifahrtschein dafür noch etwas Dummes zu machen. Nun will er eine Prostituierte foltern, vergewaltigen und umbringen. Befreit von der Zukunft scheint alles möglich und vor allem das, was er sich vorher nicht traute. Als die Prostituierte ohnmächtig wird, springt LOVE HOTEL zwei Jahre in die Zukunft und reißt diese reißerische Geschichte auf. Muraki lebt noch und fährt Taxi. Sein Leben ist belanglos, aber er hat keine Wünsche mehr, die ihm diesen Umstand großartig zur Last machen würden. Vielmehr ist er froh, dass die Zeit des Lebens und damit des Schmerzes für ihn vorbei ist und er wie ein Zombie durch die Welt schlurfen kann. Doch dann trifft er sein Opfer wieder und das Leben kommt in Form einer fragilen Beziehung zurück. Sie umkreisen sich nicht weil sie alte Wunden aufreißen wollen, sondern weil sie ihre aktuellen geleckt haben möchten. Vor allem sie will ihr Leid in neuen, gewollten, vielleicht sogar schönen Schmerz ertränken. Und so umkreisen sie sich wie Motten das Licht und schrecken immer wieder und unbelehrbar zurück sobald sie merken, dass eine Berührung weh tut. Laut IMDB war es auch die erste Kameraarbeit von Shinoda Noboru. Die Kamera schwebt aber dahin, als ob er nie etwas anderes gemacht hat. Sie reißt die Räume auf und befreit das Bild von seiner Limitierung. Immer ist mehr zu sehen, zu fühlen, als tatsächlich im Bild ist. Er spielt mit Hinter- und Vordergrund. Es ist ungerecht, wäre der Regisseur Mizoguchi gewesen, würde es hiervon längst eine locker erhältliche blu-ray geben, so muss ewig danach gesucht werden.

Porcile / Der Schweinestall

(Pier Paolo Pasolini, I/F 1969) [DVD, OmeU]

nichtssagend

Pasolini murmelt in seinen nicht vorhandenen Bart. Schön bebildet und affektiert bis zum geht nicht mehr.

Mittwoch 22.05.

Children of Men

(Alfonso Cuarón, USA/GB 2006) [DVD, OmU]

ok

Also schön ist er ja, aber irgendwie wollte kein Funke überspringen. Die Dystopie lief einfach vor meinen Augen ab. Langweilte mich nicht, aber hängen blieb auch nichts. Vor allem fand ich sie nicht erschreckend. Nicht sonderlich. Tja, vll beim nächsten Mal.

Montag 20.05.

Seddok, l’erede di Satana / Seddok – Der Wüger mit den Teufelskrallen

(Anton Giulio Majano, I 1960) [DVD, OmU]

nichtssagend

Einige schöne Momente in einem Meer an Behäbigkeit und fehlender Fantasie. Als Drehbuchautor dreht Anton Giulio Majano bei ADDIO KIRA! noch völlig am Rad. Als Regisseur ödet er etwas vor sich hin.

L’avare / Louis, der Geizkragen

(Louis de Funès, Jean Girault, F 1980) [TV] 2

ok

Vielleicht der Schönste aller de Funès-Filme. Ein Augen- und Ohrenschmaus. Einzig Molières Stück treibt mich in den Wahnsinn. Wenn sich Leute 10 Minuten anschreien, weil sie an einander vorbei reden und über ganz andere Dinge reden als der andere, dass aber nicht verstehen, dann ist das schön und gut. Da es aber witzig sein soll, nervt es ungemein. Schlimmer fast als BRINGING UP BABY.

Dan Oniroku: shoujo mokuba-zeme / Girl and the Wooden Horse Torture

(Kato Fumihiko, J 1982) [VHS, OF]

radioaktiv

Reda presents Roman Pornos finest #2: Ein unfassbarer Film. Zart und widerlich. Beglückend und Anekelnd. Und ohne Untertitel öffnen sich Verstand, Herz und Bauch, weil es keine Erklärungen gibt. Weniger aufgezwungener Sinn, der zwangsläufig zu kurz greifen muss. Denn wer kann schon erklären, warum es Menschen gibt, die sich sowas zusammen phantasieren, und solche, die es ausleben. Und all das Wasser in dieser Traumwelt aus Fesseln, Dildos, Messern und Einläufen. Traumhaft schön. Die Romantik, die einen kurzzeitig von einem Remake mit Tom Hanks und Meg Ryan träumen lässt. Die unglaublich tristen Eltern, die ihre Perversionen in 70er Biedermeier-Einrichtungen offen ausleben. Ich bin sprachlos.

Monpti

(Helmut Käutner, BRD 1957) [DVD]

fantastisch

Es ist unfassbar wie lockerleicht deutsche Filme sein können. Selbst den Manierismus schüttelt Käutner nur so aus dem Ärmel. Wunderschön und herzzerreißend. Magisch tänzelt MONPTI durch ein Paris der Träume, in dem die Armut nicht ganz so schlimm ist, solange das Leben einem durch die Adern fließt. In der die Liebe albern und lächerlich ist, spielerisch und entzückend, ekstatisch und niederschmetternd, genau wie es die Menschen sind, die verschämt und euphorisch durch ein Leben taumeln, das einem nie Wegweiser bereit legen wird.

Sonntag 19.05.

Cobra / Die City Cobra

(George P. Cosmatos, USA 1986) [blu-ray, OmU]

radioaktiv

Kein Wunder das die europäischen Genrekinos in den 80ern eingingen. Wenn Filme wie COBRA, ein Poliziottesco auf Steroiden, über sie hinweg walzten. Bei all dem Wahnsinn und all der Raserei der Poliziotteschi sind sie doch auch immer freundlich und nett. Luftige Freunde von nebenan. COBRA ist mehr wie das Stahlwerk aus dem Finale. Eine dunkle, zermalmende Maschine, die keine Fragen zulässt. Doch keine perfekte Maschine. Eher eine bei der Muttern und Schrauben an den Seiten rausfliegen, der das Öl die Wände runterläuft. Es besteht auch hier keine Frage, Cobra ist einem feuchten, rasenden Schritt entsprungen. George P. Cosmatos macht aus Stallones bieder-faschistischen Geschichte eine Halluzination, die den Zuschauer packen, schütteln und fertigmachen möchte. Dabei zerschlägt sie soviel, dass selbst Moral risse erhält. Stallone, egal wie cool er durchs Bild läuft, schafft es nie der Recke zu sein, den er darstellen will. Er, der nur auf dem Kreuzzug gegen das Böse ist, weil seine Mitschüler ihn einst wegen seines Vornamen (Marion) hänselten, bleibt ein ärmlicher Schläger mit einer diabolischen Anerkennungssucht, der sozial nie über den kleinen, schüchternen Jungen vom Schulhof hinauskam. Dass er sich bei seinem Feldzug also offen auf die Seite der sozialdarwinistischen Selbstjustiz schlägt, bekommt er nichtmal mit. Denn er stellt keine Fragen mehr. Sein Tag ist strukturiert, weil er den Feind kennt und der sitzt links und rechts von ihm. In meiner Jugend als strahlender Moralist hätte ich COBRA ob der klar faschistoiden Marschrichtung mehr als widerlich gefunden. Heute sehe ich darin mehr einen Traum, der Traum der USA unter Ronald Reagan, der seine Schreckgespenster in bunten Farben an die Wand wirft und sich dabei in den kleinen Freiräumen und Ritzen selbst ad absurdum führt.

The Fly / Die Fliege

(David Cronenberg, USA 1986) [blu-ray, OmU] 2

fantastisch

Die Menschheit fragt sich, wo seine Potentiale erschöpft sind. Was ist mit diesem Körper, mit diesem Geist nicht noch alles möglich. Die Natur, die Wirklichkeit, die Welt, wer auch immer, antworten mit einem grinsenden Schweigen. Denn wo Verfeinerung aufhört und Degeneration beginnt liegt immer im Auge des Betrachters. Und da Seth Brundle (Jeff Goldblum) ein Mensch ist und damit fähig … oder verflucht … mehrere Positionen einnehmen zu können, weiß er nie auf welchem Weg er sich gerade befindet. Wird er die Krone der Schöpfung oder nur noch eine Schmeißfliege. Er taumelt im Zweifel und nur seine Geliebte Veronica Quaife (Geena Davis) ist sich sicher, dass da was nicht stimmt. Aber sie ist auch nur ein Mensch und kann sich die Vorteile eine riesige Fliege zu sein nicht vorstellen. David Cronenberg schaut durch eine Kamera und zeigt uns keine Botschaft. Er zeigt uns das Schweigen, das Unbehagen, das Unsichere. Was wir aus dieser schwebenden Schönheit mit seinem Schleim an den Rändern ziehen, das überlässt er uns.

John Dies at the End

(Don Coscarelli, USA 2012) [DVD, OmU]

nichtssagend

Ein Film voller Einfälle. Das ist ja schonmal toll. Aber keiner reizt mich länger als nötig auf die nichtssagenden Bilder zu schauen oder an sie (die Bilder und die Ideen) zu denken. Faszination ist was anderes.

Sonnabend 18.05.

Tai Ji 1: Cong Ling Kai Shi / Tai Chi 0

(Stephen Fung, CHN 2012) [DVD, OmU]

gut

It’s a Wild Wild Wes…East Ich habe tatsächlich gedacht, dass wirklich niemand mehr den Ansatz von WILD WILD WEST wiedersehen mag. Lag ich wohl falsch, weil ein riesiger Steampunk-Panzer durch das von Europa überrannten China zum Fin de siècle fährt. TAI CHI 0 konzentriert sich aber auf die alt eingesessene Geschichte, dass eine Tai Chi Zero sich in einen Tai Chi Hero verwandelt, nachdem er hart Kampfkunst erlernen muss … von einem Dorf, dass ihm keine Kampfkunst beibringen möchte. (Ganz China ist von Europäern besetzt. Ganz China? Nein! Ein von unbeugsamen Chinesen bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten.) Er muss sich erst würdig erweisen. Darin ist TAI CHI 0 schon fast altbacken. Es ist aber nur der erste Teil von zwei, weshalb nicht zuende erzählt wird. In China wurde auch die Kassenmagie der Zweiteiler entdeckt. Keine gute Zeit für Epen.

Britannia Hospital

(Lindsay Anderson, GB 1982) [DVD, OF]

großartig +

England in den Achtzigern ist ein Krankenhaus, dass nur Verrückten verwaltet, belagert und in Anspruch genommen wird. Reporter, Politiker, Wissenschaftler, Protestanten, Streikende umkreisen sich auf der Suche nach einem besseren Leben, die sie aber nur gegenseitig an ihre Kehlen führt.

The Warriors / Die Warriors

(Walter Hill, USA 1979) [DVD, OmU]

großartig

Warriors – come out to plaaay-i-ay. Warriors – come out to plaaay-i-ay.

Uccellacci e uccellini / Große Vögel, kleine Vögel

(Pier Paolo Pasolini, I 1966) [DVD, OmU]

großartig

Fabeln und Gleichnisse sind nicht meins. Warum auch das eine sagen, während das andere gemeint ist. Das ist so limitierend, da genau ein Sinn dahinter stecken soll … statt vieler Möglichkeiten. Gehobenes Rätselraten sozusagen, dass seine Bedeutsamkeit gegenüber einer einfachen Geschichte ausstellt. UCCELLACCI E UCCELLINI hat aber den Schalk im Nacken. Ein süffisanter Reigen gehobenen Ulks. Dazu Morricone Titelthema, welches das beste ist, was je einen Film einleitete.

À nos amours / Auf das, was wir lieben

(Maurice Pialat, F 1983) [DVD, OmeU]

großartig +

Glücklich zu sein ist schon schwierig genug, wenn der Einzelne nicht mit anderen Leuten zu tun hat, wenn er oder sie nicht an eine Familie oder sowas wie Liebe gebunden ist. À NOS AMOURS tostet deshalb voll Bitterkeit. Aber Pialat wäre nicht Pialat, wenn unter dem Groben und Niederschmetternden nicht noch eine bezaubernde Zartheit liegen würde.

Freitag 17.05.

Dan Oniroku: nawa to hada / Rope and Skin

(Nishimura Shôgorô, J 1979) [DVD, OmeU]

gut +

Reda presents Roman Pornos finest #1 (Er hat mich gewarnt, aber ich wollte unbedingt 10 Roman Pornos. Auf eigene Gefahr solle ich sie gucken, also so sei es): Dan Oniroku war wohl DER Bondage-Literat Japans, jedenfalls wird er so vermarktet. Sein Name taucht auch immer wieder in den Filmtiteln auf, weil es Zuschauer zog. Er mochte die Verfilmungen seiner Bücher und Geschichten wohl weniger. Die Geschichte ist einfach. Ein Yakuza-Clan ist hinterhältig und gemein. Er entführt Frauen, lügt und betrügt, prollt ohne Ende und foltert, foltert, foltert. Frauen. Männer. Jeden. Ehrenvolle Yakuzas, Geschäftsfrauen, Spieler und Kartendealerinnen können sich ihnen kaum erwehren. Und darum geht es ja auch nicht. Dem erwehren. Der Schauwert sind diese abscheulichen Menschen, die wie Kinder Menschen Einläufe machen, um sie entblößt und erniedrigt zu sehen. Es ist schrecklich, wie wenig schrecklich es ist, sowas zu sehen. Der Spaß daran ist der Schrecken von ROPE AND SKIN und der Schrecken der Spaß.

Ôdishon / Audition

(Miike Takashi, J 1999) [DVD, OmU] 2

großartig

Der zweite große Film aus der Zeit als sich Japan aufmachte internationale Horrorgroßmacht zu werden. Und wie alle auch, scheitert er an den Erwartungen, die er aufbaut. Zumindest etwas. Denn als sich der Schrecken aufbaut, gibt es ein Lächeln das schrecklicher ist als alle Brutalitäten und Grauen, die folgen werden. Ein junges, extrem zierliches Mädchen sitzt ungesund gekrümmt aussehend vor einem Sack und wartet darauf, dass das Telefon klingeln werde. Als es klingelt und der Hauptdarsteller sie verliebt anruft, bewegt sich der Sack und das Mädchen beginnt langsam an zu lächeln. Sie bewegt sich nicht, nur ihre Mundwinkel gehen hoch und sagen uns, dass sie weiß, dass sie gewonnen hat, dass sie schreckliches vorhat. Unaussprechliche Dinge sind hinter diesem Lächeln verborgen, die der Film nie wahr machen kann. Egal wie schlimm er werden wird.

Kyôsô jôshi-kô / Running in Madness, Dying in Love

(Wakamatsu Kôji, J 1969) [DVD, OmeU]

großartig

Donnerstag 16.05.

Il bisbetico domato / Der gezähmte Widerspenstige

(Franco Castellano, Giuseppe Moccia, I 1980) [DVD] 5

großartig

Über die Basketball-Szene am Ende könnte ich ewig staunen. Rein logisch, weiß ich was passiert, was zu sehen sein soll. Ich sehe es aber nie. Zu treibender Musik ist Adiano Celentano in fesch-verstrahlter Kleidung mit fesch-verstrahlten Bewegungen in fesch-verstrahlten Bildern zu sehen. Ab und zu fängt er einen Basketball und wirft ihn irgendwohin weiter oder zurück. Die Aufholjagd, die auf der Anzeigetafel ab und zu zu sehen ist, ist nirgends auch nur ansatzweise nachzuvollziehen. Ich sitze immer wieder gerne sprachlos davor, weil es wunderschön ist und weil ich rätsel und rätsel, was da zu sehen ist.

Morte a Venezia / Tod in Venedig

(Luchino Visconti, I 19871) [DVD] 2

fantastisch

Siechen, überall siechen. Mahlers kitschige Musik schwebt über Venedig und Gustav von Aschenbach (Dirk Bogarde) verfällt langsam. Krampfhaft klammert er sich an das Schöne und Gute, ohne einsehen zu wollen, dass es das Leben aus ihm saugt. Ganz Ästhet will er die Widrigkeiten des Lebens in zu bestaunenden Abstraktionen aufheben, auf das alles wunderbar und ohen Fehler ist. Doch so kann er nicht leben, so kann niemand leben. Er verzehrt sich nach einem Jüngling, aber will es nicht wahrhaben. Und just als er einknickt und sich seinen Obsessionen verschämt annähern möchte, bricht die Cholera in Venedig aus. Vll. Zumindest in seinem Kopf und das Siechen greift vollends um sich. Die Menschen sehen immer ekliger aus. Visconti ist da ganz anders. Er lässt sich völlig gehen. Unterhaltsames, kurzweiliges Erzählen hat er nicht mehr nötig, er ertränkt alles in seinem emotionalen Bombast und verstrahlt-künstlichem Kitsch. MORTE A VENEZIA schleicht dahin, siecht dahin … und es ist wunderbar. Ein Rausch der Lust. Nicht der gedankenverlorene Rausch, wenn zwei Liebende übereinander herfallen und rasend ihre Bedürfnisse befriedigen. Nein, nein. Visconti lässt sich Zeit und reizt alle seine Möglichkeiten aus, um den Höhepunkt anzuhalten, er schaltet immer wieder zurück um billige Befriedigung zu umgehen. MORTE A VENEZIA ist für mich pure Ekstase. (Visconti is squeezing my lemon ‚til the juice runs down my legs) … und Gustav von Aschenbach vielleicht einer der Filmcharaktere, der mir am nächsten steht. Obwohl es vll so scheint, wird er nicht von Visconti als öder Trauerklos vorgeführt, der auf sein Glück verzichtet. Er entwickelt in seiner Kläglichkeit doch eine Würde, die sich voll krampfhaft verzehrendem Ringen mit sich Selbst und den eigenen Wünschen noch die kleinsten sehnsuchtsvollen Blicke abwringen muss. Denn im Grunde liebt von Aschenbach das Leben zu sehr, als das er sich näherheran trauen würde.
*****
Die Vorführung von TOD IN VENEDIG wurde übrigens kurz nach Beginn des Abspannes von den Veranstaltern (FSR Philosophie und Kunstgeschichte oder so) abgebrochen. Sie standen dann vorne und sagten (ich paraphrasiere jetzt etwas, aber leider nicht sehr): „Na, wer ist denn jetzt nicht froh, dass es vorbei ist? Hehehe.(<-verschmitzt dahin gegrinst) Naja, ihr habt ja gesehn, dass der Film etwas langatmig erzählt war. Visconti war aber ja nicht dumm. Kann sich also jemand von euch vorstellen, warum er so langsam erzählt?" Voller ernst wollten die eine Diskussion wie in ner Deutschstunde mit 8.-Klässlern anfangen. Ich bin voll Angst geflohen. Statt mich gegen eine solche Filmrezeption und -diskussion zu wehren, nahm ich reiß aus und siechte dahin.

Montag 13.05.

In Bruges / Brügge sehen… und sterben?

(Martin McDonagh, GB/USA 2008) [DVD, OmU]

nichtssagend

Habe es mir zur Gewohnheit gemacht, dass ich mich nach einem Nürnbergbesuch mit etwas Mainstreamigem abdusche. Nicht als Erlösung, sondern einfach des Kontrastes wegen. Ist dann meist sehr spannend. Bei IN BRUGES fand ich mich ob der manipulativen Art kalt zurückgelassen. Ich konnte zu nichts und niemandem in dem Film eine Verbindung aufbauen, weil alles so falsch wirkte. Wie ein Guy-Ritchie-Film von jemanden, der über Guy Ritchie die Nase rümpft. Leider werde ich in naher Zukunft Brügge immer mit diesem leblosen Tralala in Verbindung bringen.

Sonntag 12.05.

Das Geständnis eines Mädchens

(Jürgen Büchmann, BRD 1967) [35mm]

(verstrahlt)

Manchmal finde ich es nicht nur sehr spannend, was sich Leute so ausdenken, sondern auch extrem wunderlich. Ich habe manchmal im Halbschlaf komische Gedanken, für die ich mich dann bei klarem Verstand schäme, vor allem weil sie so voller lächerlicher Kurzschlüsse waren. Toll finde ich, wenn andere Leute aus sowas ganze Filme machen und sie mit Dingen anfüllen, wo ich nicht nachvollziehen kann unter welchen Voraussetzungen sie Sinn ergeben. Riesen Spaß, der leider kurz vor dem Höhepunkt endete, da der letzte Akt fehlte. Jetzt fühle ich mich nur unvollständig durch das unvollständige Schicksal von Angela gewarnt.

2+5: Missione Hydra / Raumschiff Terra zum Planeten der Affen

(Pietro Francisci, I 1966) [35mm]

verstrahlt

Ein Film, den ich gerne mit einem bierernsten Physiker sehen möchte und erleben, wie er bei all den ernst vorgebrachten physikalischen Sätzen sich vor Schmerz windet. Ansonsten eine Verfilmung eines unbekannten Frühwerks Hegels über den chaotischen Kampf gesellschaftlicher Kräfte, der hier nicht zu einer Geschichte (der Gewinner) verkürzt oder verklärt wird, weil es keine Gewinner gibt. Außerirdische entführen Menschen und im Raumschiff kämpfen sie ums Steuer und reißen es ständig rum. Kein Kurs wird erkennbar. Das Chaos ist aber voller hüpfender, toller Lebensfreude.

El caníbal / Jungfrau unter Kannibalen

(Jesús Franco, E/F/BRD 1980) [35mm]

großartig

Es ist zwar schon sehr schade, dass der nackte Schwarze mit der körperlichen Behinderung brutal getötet wird … von weißen Widerlingen als Monster diffamiert. Ein brutales Kaleidoskop der Infamitäten, manisch wie ein Urwald voller Buschtrommeln vorgetragen.

Großstadtschmetterling

(Richard Eichberg, D 1929) [35mm]

gut

Da GROSSSTADTSCHMETTERLINGE alle Enden schließen möchte, nimmt er noch jeden Weg in Kauf. Er zieht sich so, aber er schippert nicht in den beruhigenden Hafen eines Happy Ends, sondern lässt Hai-Tang spüren, dass sie nicht dem Bild der westlichen Normativität entspricht und deshalb in der glamourösen Welt Europas kein Glück finden kann.

Pisutoru opera / Pistol Opera

(Suzuki Seijun, J 2001) [35mm]

ok

Ein ab der zweiten Hälfte etwas uninspirierter Peter Greenaway, der das Sequel zu BRANDED TO KILL macht.

Sonnabend 11.05.

Girl with an Itch / Mädchen zum Mitnehmen

(Ronald V. Ashcroft, USA 1958) [35mm]

fantastisch

Ein Dekolleté geht auf Reisen. Es verdreht den Männern die Köpfe (oder verdoppelt ihre Anstrengungen die Tugend gegen die unter Lust bibbernden Lenden zu erhalte) und macht die Frauen zu Furien. Es sind eben nur zwei Dinge, die sie für ihre unverschämt aufreizendes Auftreten, dass jeden Kopf nur mehr an Sex denken lässt, erntet: blinde Hingabe oder hilflosen Hass. Das ist natürlich nicht neu. Auch nicht das Setting der streunenden Femme fatale, die auf einer Plantage ankommt, den Besitzer bezirzt und in einen stammelnden Idioten verwandelt sowie das Umfeld in Chaos stürzt. Aber MÄDCHEN ZUM MITNEHMEN ist so prall in allem, dass er einer der ultimativen Vertreter seiner Zunft ist. So elegant mit seiner leichten, ganz leichten Schräglage zu den zu erwartenden Klischees der Handlung und mit seinen vor Lust, Sex und Gefühl triefenden Bildern.

Robot Jox

(Stuart Gordon, USA 1989) [35mm]

großartig

Bevor der Kalte Krieg real endete, war er im Film auch schon nur noch ein putziger Duell zwischen zwei Einzelkämpfern, die riesige Roboter steuern und sich mit denen zur Freude der Schaulustigen die Schnauze polieren. Niemanden tut das weh, außer den mitunter sterbenden Roboterfüher, Robot Jox. Es ist nur noch ein selbstverliebter Schaukampf fürs Ego und die Ehre. Bevor der Kalte Krieg also real endet, traut sich ROBOT JOX zu schauen, was da die letzten Jahre wirklich passiert ist, nämlich ein lächerlich bitterer Hahnenkampf. Dazu gibt es noch einige Einzelschicksale um Spionage, Ausgrenzung von Frauen, deren tendenzielle Bejahung und Aufschneidertum, mit Sci-Fi-Quatsch angereichert und bunt abgemischt.

Alien 2 – Sulla terra / Alien – Die Saat des Grauens kehrt zurück

(Ciro Ippolito, I 1980) [DVD]

verstrahlt

Sehr entspannt. Aliens, nie wirklich zu sehen, werden von Astronauten mit zur Erde geführt, wahrscheinlich. Dort fallen sie über die Menschheit her, wahrscheinlich. Wir sind mit Forschern in einer Höhle, deren Tropfsteine wahlweise wie Zähne oder Gitter aussehen. Es passiert etwas, wahrscheinlich. Es herrscht Klaustrophobie, die aber durch die langsame beruhigende Erzählweise immer etwas Angenehmes hat. Warum sich auch immer fürchten?

Wonder Women / Liebesgrüsse aus Fernost

(Robert Vincent O’Neill, USA 1973) [35mm]

großartig

Eine diabolische Chirurgin sammelt ein kleines aber feines All-Women-Kampfkommando um sich um berühmte Sportler zu entführen, die als Organspendelager für die monetär reichen und gleichzeitig körperlich zurückgestellten dieser Welt dienen sollen. Dieser düster-flippigen Damenpower stellt sich Hypermacho und Vorzeigetrübling Mike Harber entgegen … durch die Rainer-Brandt-Synchro zum Superhengst mit Spießerfresse geadelt. Kindergeburtstag in einem exploitativ-zusammenfantasierten Südostasien.

Megaforce

(Hal Needham, USA 1982) [35mm]

radioaktiv

Die Gesten des Films würden vielmehr für den Film sprechen, als es Wörter können. Das verstrahlte Lachen unter dünnen Stirnbändern, die Daumenküsse, die Hand, welche die Flugübelkeit und/oder den Liebeskummer in einem wehleidigen Gesicht versteckt, die Freude alte Freunde wieder zu sehen … ewig weiter könnte dies gehen, denn das Gerüst dieser kaum nachvollziehbaren Kolportagegeschichte, die nichts anderes zeigen will, als dass Militärs ja eigentlich ehrenvoll Kumpels sind, die nur durch den ewigen Feind Politik zu unschönen Situationen gezwungen werden … (also es geht um eine Spezialeinheit, die von einem Land, nennen wir es USA, hinter die Grenze geschickt wird um einen Terroristen mit seiner Panzerdivision (Henry Silva!) in einem angrenzenden Land zu ärgern und ihn vor die Grenze zu locken, um dort offiziell gegen ihn vorgehen zu können. Leider ist die Spezialeinheit zu explosiv in ihrem fröhlichen computerspielartigen Angriff, wie ihn nur die 80er Jahre hervorbringen konnten, dass dieses andere Land sich angegriffen fühlt. Die USA sagen deshalb, dass sie nichts mit der Einheit zu tun haben, die sich nun auf sich gestellt alleine nach Hause durchkämpfen muss. Der Terrorist entpuppt sich dabei als alter Freund vom Chef der Megaforce und alles ist und bleibt ein fröhlicher Wettkampf, der eben nur von der hinterhältigen Politik getrübt wird) … diese Grundstruktur wird also aufgefüllt mit einer unzählbaren Menge an Unfassbarkeiten, die den Zuschauer zwangsläufig strahlen lassen. Die Dialoge, die Gesichter, die Charaktere, dass kann alles nicht möglich sein, vor allem nicht in einem dermassen großen Hollywoodfilm, der dermassen ungerecht in Vergessenheit geraten ist, aber es ist Realität, dieser Film existiert wirklich so wie er ist. Unglaublich.

Die Vergnügungsspalte

(Heinz Gerhard Schier, BRD 1971) [35mm]

radioaktiv

IL DIARIO PROIBITO DI FANNY von Sergio Pastore in the Schmier-Mix. Heinz Gerhard Schmie…Schier schmiss 100 Minuten raus und mischte das Verbleibende mit nachgedrehten Szenen, die den netten Film in einen Sumpf aus Perversion und Froh-/Stumpfsinn stießen. Leider hat er nicht das Händchen eines Günter Hendel, um mit der Form den Wahnsinn des zu Sehenden noch zu potentieren, aber was zu sehen ist, zeigt uns die Menschheit am Abgrund. Sex, Witz und Dollerei, wie es sich niemand ausmalen kann, außer jemand der versucht nachzuvollziehen, was Menschen in die Kinos lockt und dabei seiner Phantasie und seinem nicht zuunrecht nicht ganz so gutem Bild von den bundesdeutschen Kinogängern freien Lauf lässt. So ein Film sollte als Sinnbild der menschlichen Schaffenkraft ins All geschickt werden. Hier ist der Mensch ganz Mensch. Hier kennt er kein Halten.

Freitag 10.05.

Kutabare akutô-domo – Tantei jimusho 23 / Down with the Wicked

(Suzuki Seijun, J 1963) [35mm, OmeU]

ok

An manchen Stellen habe ich nur darauf gewartet, dass Heinz Erhardt herein schlendert und ein Gedicht aufsagt.

Nikutai no mon / Gate of Flesh

(Suzuki Seijun, J 1964) [35mm, OmeU] 2

großartig +

Deutlich besser als vor kurzem zu Hause. Vielleicht lag es daran, dass a.) nicht DAS TOR ZUR HÖLLE davor lief, b.) ich ausgeschlafener war, c.) ich im Kino saß, d.) nette Menschen um mich hatte, e.) es 35mm war oder f.) sich zunehmend entfallten wird. Alles ist möglich.

Come rubare la corona d’Inghilterra / Argoman – Der phantastische Supermann

(Sergio Grieco, I 1967) [35mm]

verstrahlt +

Eine surreale Modenschau, subtil hinter der Handlung versteckt. Überdrehte Überspanntheit, die einem im Form eines Helden ins Gesicht lacht, der mit jedem Grinsen unter seiner Maske den Zuschauer um seine geistige Gesundheit fürchten lässt. Dabei aber auch entspannt und gelassen. Da wo andere Drehbuchautoren strenge Regeln aufbauen, die zwangsläufig im Film von Bedeutung sind, und wo sie geschliffene Plots erdenken, da franst ARGOMAN total aus, kümmert sich einen feuchten Kehricht darum. Argoman verliert nach dem Beischlaf für 6 Stunden seine Kräfte … vielleicht ist es auch nur nach dem Küssen oder dem Kuscheln, wer weiß, es ist nie zu sehen und wird nie ausgesprochen. Oft und lange wird dieser Fakt ausgebreitet. Ist es von Bedeutung? Für einen kleinen Moment vielleicht, aber sein Lachen, sein manisches Lachen schallt den Film lang, ohne von solchen Fakten in Bedrängnis gebracht zu sein. Wie ein Flummi in einer Gummizelle springt ARGOMAN hin und her und weiß, wie die verschiedenen Fassetten von naiven bis grenzdebilen Kinogängern zu unterhalten sind.

Brand of Shame / Django Nudo und die lüsternen Mädchen von Porno Hill

(Byron Mabe, USA/BRD 1968) [blu-ray]

nichtssagend

Ein Film wie ein verpuffender Atomwitz.

Donnerstag 09.05.

Rabu retâ / Love Letter

(Suzuki Seijun, J 1959) [35mm, OmeU]

gut

Eine kurze Liebesgeschichte, prall gefüllt mit Kitsch und mit tragikomischen Momenten von Tristesse und Verzicht an den Rändern. Wenn die junge Frau, verzweifelt ob ihres zwischenzeitlichen Unglücks, sich in eine düstere Grube schmeißt, die aus den geöffneten Armen eines leblos-muffigen Crooners besteht, dann wird die potentielle Fallhöhe von Schmerz erst wirklich spürbar.

Suppadaka no Nenrei / Naked Age

(Suzuki Seijun, J 1959) [35mm, OmeU]

großartig

Japans Jugend war 1959 schon länger unbändig und auf Motorräder in die Kinos gestürmt. Suzuki setzt deshalb auf höher, schneller, weiter bzw. jünger. Nur langsam fängt das Haar an zu sprießen, aber die Qual maroder, heuchlerischer Familien lässt den zivilen Ungehorsam schon mit Beginn der Pubertät wuchern. Reißerisch und vll mit dem süßesten Blick normativer gesellschaftlicher Verachtung in Form eines artigen Mädchen, den das Kino bereithält.

Kenka erejî / Lied der Gewalt

(Suzuki Seijun, J 1966) [35mm, OmeU]

großartig

Kiroku weiß nicht, wie er das Mädchen ansprechen soll, das er liebt, das ihn in Wallung bringt. Was macht er also mit der überschüssigen Energie? Er prügelt sich und schließt sich militärischen Männerbünden an, die sich Ehrenkodexe ausdenken und Krieg spielen. Wie kleine Jungen, die sie nicht mehr sind, schließen sie sich hermetisch von der holden Weiblichkeit ab. Selbst der Moment als er sich eigenhändig entjungfert und freudig strahlend mit heruntergelassener Hose seinen Schwanz auf die Tasten eines Klaviers haut und sich erleichtert, lässt ihn nicht einsichtig werden. Monumental wird sein männlicher Eifer, der die Geschichte Japans in den 30er Jahren einfängt und als wunderbare, wenn auch bittere Kasperparade erscheinen lässt.

Wenn du groß bist, lieber Adam

(Egon Günther, DDR 1965) [35mm]

(großartig)

Solange ich wach war, wunderbar. Herrlich verstrahltes Lehrstück gegen Lehrstücke und den Mief des realexistierenden Kommunismus. Ungehemmter Quatsch. Leider raffte mich Morpheus wie aus dem Nichts dahin.

Mittwoch 08.05.

McDull, prince de la bun

(Yuen Toe, HK 2004) [DVD, OmeU]

fantastisch

Vereint die heilige Dreifaltigkeit einer fröhlichen Kindheit. Es herrscht eine Unordnung, die, wenn sie sich materialisieren würde, kaum durchquerbar wäre. Alles liegt durcheinander auf dem Boden. Kein geschulter Pädagoge weit und breit, der Ordnung und Disziplin dem flexiblen Geist aufdrängen möchte. Wer Aufbereitung der Erzählung möchte, der wird hier vor die Wand der langen Weile fahren. Wer fühlt kann Poesie finden … oder den Quatsch ungefiltert erleben. Einzelne Teile des Quatsches werden wiederholt und wiederholt. Repetitiv mäandern die Witze unaufhaltsam dahin. Der völlig erwachsene Geist wird von den ständigen Wiederholungen Schmerzen bekommen. Wie Folter können sie sein und wie das himmelhoch jauchzende Glück des Endes des rationellen Verstandes. Und vor allem verschwimmen Realität, Fantasie, Erzählungen, eigene und fremde Flunkereien zu einer untrennbaren Melange, die mal leuchtet, mal schmerzhaft oder düster ist, aber immer von einer naiven Lust am Leben geprägt ist. Ein Feuerwerk.

Goyôkiba / Hanzo the Razor: Sword of Justice

(Misumi Kenji, J 1972) [DVD, OmeU] 2

fantastisch

Eine faschistische, menschenverachtende Phantasie in ausgelassenen Bildern und ungehemmter Unbekümmertheit. Ein Film zum gleichzeitigen Gruseln und Freuen. Und vor allem wenn Hanzo seinen rosabehelmten Liebeskrieger schlägt und foltert, auf dass er immer hart sei und von nichts mehr zu Fall gebracht werden kann, dann ist klar, wie göttlich lächerlich HANZO THE RAZOR: SWORD OF JUSTICE ist und alles wofür er steht. Vollendet durch das totale ins Leere laufen der Geschichte. Ein Feuerwerk.

Dienstag 07.05.

Un film comme les autres / Ein Film wie die anderen

(Jean-Luc Godard, F 1968) [DVD, OmU]

gut

Was soll ich nur damit machen? Eigentlich von ätzend bis gut alles, aber vor allem Minus.

Sonntag 05.05.

Mak dau goo si / My Life as McDull

(Yuen Toe, HK 2001) [DVD, OmeU]

großartig +

Wohl ein Animationsfilm für Kinder. Einen leichten Schwips kann dieser Irrsinn aus Niedlichkeit und süßer Geisteskrankheit hinterlassen.

Chroniques sexuelles d’une famille d’aujourd’hui / Frankreich privat – Die sexuellen Geheimnisse einer Familie

(Pascal Arnold, Jean-Marc Barr, F 2012) [DVD]

nichtssagend

Ehrlich, auffrichtig, ungekünstelt, ohne Scham. Das wurde wohl gewollt. Eine triefende Soße.

Sonnabend 04.05.

Side Effects

(Steven Soderbergh, USA 2013) [DCP, OF]

gut +

Ganz langsam anfangend schraubt sich SIDE EFFECTS hoch um sich in einem paranoiden Rausch zubeschließen. Rot unterlaufe Augen hat zwar niemand, aber die meisten handeln so. Soderbergh ruhige Gelassenheit, so toll sie aber zuletzt fast immer war, bremst hier einen Tick.

Passion

(Brian De Palma, F/D 2012) [DCP, OmU]

großartig +

„Was erlauben De Palma?!?“ werden die Filmförderbiedermänner und -frauen gerufen haben, als sie das erste Mal diesen Amoklauf sahen. Das Produkt eines raving madman, dem inzwischen scheinbar alles egal ist, der sich seinen schmutzigen, billigen Obsessionen ohne Skrupel hingibt. Schwindelig kann einem werden. Jenny J. dazu: „Ein Film für das Hofbauer-Kommando!“. Wie Recht sie hat. Die Frage bleibt aber, wie konnte das passieren, wie hat er den Produzenten gähnender Sicherheit sowas abringen können?

Chi wa taiyo yori akai / Akamoru – das dunkle, wilde Begehren

(Wakamatsu Kôji, J 1967) [35mm]

ok

Ich war auf Extase eingestellt und dafür war AKAMORU doch etwas sehr trüb. Hätte ich einen Enz Polit-Krimi erwartet hätte er mir vll mehr gegeben.

Freitag 03.05.

Spring Breakers

(Harmony Korine, USA 2012) [DCP, OmU]

fantastisch

Eine geradlinige Geschichte gibt es nicht. Wie in einem Kopf kreisen die Gedanken um einzelne Momente und arbeiten sich ins Herz des Wahnsinns vor. Bevor aber etwas gelernt oder erfahren werden kann, merken wir, dass wir oder das Subjekt dieser Erfahrungen wieder an etwas Festem vorbeigetaumelt ist. Es bleibt nur dieses dunkle Gefühl von Unwohlsein, davon sich fallen gelassen zu haben und zu spüren, dass etwas ganz schlimm schief läuft, aber was oder was zu tun ist, kann nicht mal im Traum ausgemacht werden. Vielleicht die Wiederkehr der 80er, endgültig, nur dass die geraden, klinischen Flächen bis zur Unkenntlichkeit gebrochen wurden.

Mittwoch 01.05.

Robin Hood

(Wolfgang Reitherman, USA 1973) [TV] 27

gut

Dredd

(Pete Travis, GB/ZA 2012) [blu-ray, OmU] 2

fantastisch

Auch ohne 3D sieht er noch echt verstrahlt aus.

April
Dienstag 30.04.

Akasen tamanoi: Nukeraremasu / Straße der Lust

(Kumashiro Tatsumi, J 1974) [VHS, OmeU] 2

großartig +

Irgendwie sehr unjapanisch erzählt … viel Cassavetes und ein bißchen Altman und Tremper… dann aber wieder so eigen und japanisch (was auch immer das nur heißen soll).

Remo Williams: The Adventure Begins / Remo – Unbewaffnet und gefährlich

(Guy Hamilton, USA 1985) [DVD, OmU]

gut

Wenn Fred Ward lacht, zum lachen gezwungen wird, wie Leute am Ende einer Sitcomfolge oder eines gediegenen Krimis nochmal alle herzlich lachen und den Zuschauer mit einer wärmenden Umarmungen in das kalte Leben entlassen, wenn er also so lacht, dann sieht er wie ein Psychopath aus, der nicht weiß, wie Herzlichkeit geht, der uns versucht zu täuschen, um an uns hinterhältig heranzukommen. Die Frage ist nur, ob er zu oft oder zu wenig so lacht.

Alpeis / Alpen

(Giorgos Lanthimos, GR 2011) [DVD, OmU]

ok

Die Klammer, die rhythmische Sportgymnastik hätte den ganzen Film dauern können, sollen. Das dazwischen ist schön, aber da kann ich nur mit den Schultern zucken.

Montag 29.04.

Gewalt! Gewalt: shojo geba-geba / Violent Virgin

(Wakamatsu Kôji, J 1969) [DVD, OmeU]

fantastisch

Ein Film, der im Originaltitel 4mal Gewalt stehen hat (geba ist die japanisierte Version des Wortes)… bei nur 5 Wörtern … und dann so poetisch ist … Manch einer mag es kaum glauben. Sicherlich sind die Vergewaltigungen und das Blut, die Kreuzigung und der Sadismus nicht so schön wie eine Blume, aber wie Origami bastelt und faltet Wakamatsu die Bestialitäten und bindet uns einen Strauß.

Sonntag 28.04.

Kaette kita yopparai / Rückkehr der drei Trunkenbolde

(Ôshima Nagisa, J 1968) [DVD, OmeU]

großartig +

THREE RESURRECTED DRUNKARDS macht, was viel zu wenige Filme machen, er wiederholt sich.

Sonnabend 27.04.

Les valseuses / Die Ausgebufften

(Bertrand Blier, F 1974) [DVD, OmU] 7

fantastisch

Erstmals nicht synchronisiert gesehen und es war schon zu merken, dass DIE AUSGEBUFFTEN nicht so liebevoll synchronisiert wurden, wie andere von Bliers Filmen, aber was da unnötig zusammengeschnoddert wurde, weil sonst noch jemand auf den Gedanken gekommen wäre, dass dies hier ernst gemeint ist, muss wirklich nicht sein. Ansonsten laufen sie immernoch ziellos die Straßen entlang. Manchmal rennen sie auch oder fahren, aber es bleibt immer dabei, dass sie mehr auf der Flucht sind … vor sich, dem spiesigen Frankreich, der Tristesse und den Konsequenzen ihres Handelns. Sie tanzen lockerleicht und unbekümmert auf einem Krebsgeschwür, das sie doch immer wieder packen wird, vor dem sie staunen und ungläubig/entsetzt gucken – wenn sie es überhaupt wahrnehmen, denn oft sind es sie, die da das Entsetzen hervorrufen – nur um schnell wieder reißaus zu nehmen.

Mittwoch 24.04.

The Black Pirat / Der Seeräuber

(Albert Parker, USA 1926) [DVD]

gut

Fairbanks nimmt sich zu wenig Platz für seine Schauspielkunst. Etwas mehr vom wunderbaren Fairbanks-Feeling, diesem überbordenden Schlingeltum, das jeden wie auch diesen Film zur Augenweide macht, hätte der dünnen Geschichte über edle Verzichter, deren Vorstellung von Liebe in der Nachahmung einer Statue sich umarmender Liebender zu bestehen scheint, gut getan. Dafür mit frühen Anzeichen von Gore und Schmier auf Seiten der bösen Piraten.

Dienstag 23.04.

Cherry 2000

(Steve De Jarnatt, USA 1986) [DVD, OmU]

ok

Ich mag meine Postapokalypse düster und nicht als bonbonfarbene Skurrilität.

The Wicker Man

(Robin Hardy, GB 1973) [DVD, OmU] 2

fantastisch

Wenn die Lust gegen die Wand trommelt, dann bricht der Schweiß auch beim König der Verzichter aus. Doch er verzichtet und verzichtet … auf Lockerheit, Schmier, Schuldlosigkeit, das Schöne im Leben und wird dafür von einer Horde Grashüpfer, die sich all dem fast ohne Rücksicht hingeben, bestraft. Singend und klopfend feiern sie ungeschliffen den Tod der Zivilisation. Ein düsterer, einnehmender Riesenspaß. You’ll simply never understand the true nature of sacrifice.

Sonntag 21.04.

Ore ni sawaru to abunaize / Black Tight Killers

(Hasebe Yasuharu, J 1966) [DVD, OmeU]

großartig

Gegen Ende erklärt eine Stimme aus dem Off die Zusammenhänge. Überflüssig. Die Geschichte ist nicht von Belang. Leuchtende Neonfarben, überdrehte Popart und hippelige Action, welche die Kinder dieser Welt nach Sichtung von BLACK TIGHT KILLERS im naiven Glücksgefühl der Imitation dieser wunderbaren Figuren wild durch Wohnzimmer, Wälder und Straßen springen lässt. In der Mitte eines Wirbelsturms stehen zwei Liebende. Nach einer kurzen Begegnung wird sie entführt und er jagt ihr nach. In ihm dreht es sich, vor allem um sie. Er hetzt hinter ihren Schemen her und wird von Entführern und leicht bekleideten weiblichen Ninjas gejagt, die wie die Fliegen sterben, sobald sie sich ihm anschließen. Seine Liebe verzehrt diese Gruppe schwarz bestrumpfhoster Mörder, die nichts mehr von Geistern haben, die lautlos ihre Taten vollbringen, sondern hip durch die Gegend tanzen. Ihr Tod wiegt diese Liebe auf, die in der Welt der Gier nicht mit Geld bezahlt werden kann. Doch es kann so oder so gesehen werden. Steckt diese Romantik unter einem Berg aus verrücktem Kitsch und nervöser Coolness versteckt oder ist sie der leuchtender Kern, der in leuchtenden Farben noch ausgestellt wird. Egal wie, BLACK TIGHT KILLERS schielt immer an der Liebe vorbei, auch wenn er sie in den Blick nehmen möchte.

Sonntag 14.04.

Hak se wui / Election

(Johnny To, HK 2005) [DVD, OmU] 2

großartig

Der letzte Film für mindestens eine Woche. Deshalb einen Film zum zum Vorbild nehmen … der zeigt wie richtige Geschäftsmänner sein müssen. Und wie idyllisch To die Triaden zeichnet, was für freundliche, ehrenwerte Männer, die es nun mal gibt und die doch ganz nett sind. Und wie er dieses Bild, kurz nachdem es fast so beruhigend und herzerwärmend wie ein Kamin im Winter geworden ist, zerstört und genüßlich in den Dreck zieht. Wie Primaten kämpfen sie um ihren Alphatiervormacht. In wunderbaren elegischen Bilder zeigt To Leute, die wie Paviane kaum mehr können als mit Scheiße nach den Touristen in den vorbeifahrenden Autos zu werfen. Auch ein schönes Bild für die menschliche Zivilisation.

Freitag 12.04.

Das Wirtshaus von Dartmoor

(Rudolf Zehetgruber, BRD 1964) [DVD]

gut

Der Name will uns täuschen. Auch sonst ist alles da. Wirklich alles. Die expressive Optik mit ihren faszinierenden Schattenspielen, die seltsamen Einfälle (ein Ast, der als Hebel funktioniert und einen Steg im undurchdringlichen Sumpf auftauchen lässt), die verschlungene Erzählung, die aus einfachen Geschichten verschlungene (Möchtegern-)Labyrinthe macht und natürlich die ganzen irrwitzigen englischen Namen, alles ist da. Selbst Heinz Drache. Nur Eddie Arent fehlt, der aber von Ralf Wolter ebenbürtig vertreten wird. Dies ist kein Edgar-Wallace-Film.

Der Nebelmörder

(Eugen York, BRD 1964) [DVD]

großartig

Der Film beginnt mit einem Off-Kommentar. Die Reportage-Welle schickt seine ersten Strahlen über den Horizont. Er bereitet darauf vor, dass ein Mörder, der im nebligen Wald zuschlägt, eine Kleinstadt in Angst und Schrecken versetzt, aber nicht darauf, was es für ein Dorf ist. Geifer läuft aus dem Mundwinkel des Schuldirektors, während er immer mehr über die nächtlichen Aktivitäten seiner schwangeren Tochter hören möchte. Die ganze alte Nazigarde scheint in den oberen Schalthebeln geblieben zu sein … es gibt keine Beweise oder Anzeichen dafür, aber sie strahlen es aus. Ihre überzivilisierten oder verklempt-perversen Zöglinge sind die natürlichen Herrscher des Schulhofes. In ihren Köpfen sind sie Könige, immer im Recht. Die Hysterie der Stadt legt es frei, in ihnen schlummern Widerlinge und hinter der Fassade der Idylle der Stadt ein modernder Sumpf.

Donnerstag 11.04.

Wild Cherry / Wilde Kirschen – The Power of the Pussy

(Dana Lustig, USA 2009) [DVD, OmU]

nichtssagend

Charakterlos und aalglatt. War Ed Wood (zumindest der in Burtons Film) noch so naiv von der Kraft des Kinos überzeugt, dass er glaubte alles machen zu können und es würde die Zuschauer verzaubern, weil es Kino war und es die Menschen verzaubern würde, wie er vom Kino verzaubert war, so entzaubert ist diese Naivität hier. Jeder Witz aus dem Werkzeugkasten der temporären Teenie-Komödie ist ohne Interesse an Originalität oder Zauber hingerotzt, als ob sich jemand noch ärgert, dass er oder sie noch so viel Anstrengung aufbringen muss, um an das wenige Geld ran zu kommen, was so ein Projekt verspricht.

Die Herren mit der weißen Weste

(Wolfgang Staudte, BRD 1970) [DVD]

verstrahlt

Hat EIN HERZ UND EINE SEELE nur gezeigt, dass der ottonormale Bundesdeutsche extrem bieder und eklig sein kann, so offenbart DIE HERREN IN DER WEISSEN WESTE, dass sie selbst in ihren kühnsten Träumen nur biedere Ulknudeln und kläglich selbstherrlich sein konnten/wollten.

Sonntag 07.04.

Die endlose Nacht – Nebel über Tempelhof

(Will Tremper, BRD 1963) [DVD]

großartig +

Riesige Reklametafeln überall. Sie drücken auf die Leute am Flughafen ein. Sie wollen sie locken, dabei den Reisenden aber nur das Geld entlocken. Die Atmosphäre am Flughafen Tempelhof ist folglich trist und unfreundlich. Die Leute sind gedrückt, auch weil sie ihre Flüge gestrichen worden sind, aber vor allem weil ihnen die Reisestätte keine Gastlichkeit bietet. „Das kann doch nicht sein!“ ruft die Frau von Ernst Kramer auch immer wieder als er ihr sagt, dass er von 19:30 Uhr bis halb vier am Flughafen in ner Kneipe war. „Das kann doch nicht sein!“. Es kann auch nicht sein, aber die Leute treiben, schweben, schlafwandeln über einen Flughafen, wo sich nur die redenden Protagonisten bewegen dürfen und durch festgenagelte Statisten laufen, die mehr Statuen sind. Nur wenn ein letzter Flieger landet, rasen sie alle wie Wahnsinnig durch die Halle. Aber es steigen nur Afrikaner aus. „Jetzt winkt der auch noch!“ Unverschämt. Erst als eine polnische Jazzband („Die spielen ja wie Amerikaner!“) auf Wunsch einen Ständchen in den Hallen, in der Nacht spielen fühlen sich die Nichtreisenden gewärmt. Anders als der Zuschauer von NEBEL ÜBER TEMPELHOF (wirklich der bessere Titel!), den Tremper ohne Schnulze das Leben ein Stück schöner macht.

Sonnabend 06.04.

Gunslinger / Sonntag sollst du sterben

(Roger Corman, USA 1956) [DVD, OF]

gut

Die Bombe zündet gleich zu Beginn. Ein Mann wird erschossen und bevor er den Boden berührt hat seine Frau, ohne eine Calamity Jane zu sein, schon die Winchester in der Hand und tränkt den Boden mit Blut. Sie tauscht Rock gegen Hose und lässt sich einen Stern an die Brust stecken. Niemand tötet ihren Mann, ohne die Konsequenzen spüren zu müssen. Der Antagonist zu dieser Protagonistin ist nicht minder weiblich, leitet den lokalen Puff und spekuliert blutig mit Ländereien. Ihr kecker Leberfleck zeigt es an, sie mag Sex und hat deshalb schon mal keine Skrupel. Zwischen ihnen steht John Ireland, der entsprechend seines Aussehens einen Lee Marvin für Arme spielt. Er soll für die unzüchtige Frau die sittsame umbringen, aber er verliebt sich in die Politesse, die mit zarter Hand und schnellen Kugeln für Recht und Ordnung sorgt. Im Gesicht ist GUNSLINGER ein Western, im Herz ein Melodrama, der zwar Rollenbilder nutzt, die Ronald Reagan das Herz aufgehen lässt, aber dermaßen trieft, dass da niemand länger schmollen kann. Highlight sind aber die drei tanzenden Huren mit den Schwimmerkreuzen, die in zierlichen Choreographien durch den Saloon tanzen.

Jigoku / Jigoku – Das Tor zur Hölle

(Nakagawa Nobuo, J 1960) [DVD, OmU]

großartig +

Dante, buddhistische Höllenvorstellungen und wilder Schangel brechen los und über alle Protagonisten herein. Ein höllischer Spaß. Narzisstisches Verantwortungsbewusstsein lässt Shirô sich für jedes Unglück in seinem Umfeld schuldig fühlen. Ein Gesandter der Hölle sorgt folglich dafür, dass in seinem Umfeld immer absurder Menschen sterben. Autounfälle, Mord, Selbstmord, Brückenstürze, Fischvergiftung, mutwillige Vergiftung, die Spirale zieht immer mehr an und Shirôs schlechtes Gewissen lässt seine Auge wild kugelnd zurück. 21 Uhr ist Geisterstunde und zu ihr bricht schließlich ein bizarres Sterbefeuerwerk los, dass auch Shirô mit sich nimmt und in die Hölle schleudert. Was hier passiert, lässt die absurden Morde und Abgänge, die einen aus dem Sessel bzw von der Couch fallen lassen, bieder erscheinen. Sichern sie ihren Unterkiefer.

Jigokumon / Das Höllentor

(Kinugasa Teinosuke, J 1953) [blu-ray, OmeU]

fantastisch

Farben. Was für FARBEN. Ein Rausch. Vielleicht ist es immer das Erste, was jemand über JIGOKUMON gehört haben wird. Es ist einfach unbegreiflich, diese Farben. Die Kimonos und Rüstungen und der ganze Rest leuchten in Farben, die einen Glauben machen, dass einem die Augen in die reichste aller Farbpaletten gefallen sind. Das Glück eines sonnigen Sommertages öffnet einen den Verstand. Was für Farben!?! Die nicht mal unnatürlich oder künstlich wirken. Farben der Welt durch die Brille eines realistischen Zaubers. Dazu, wie könnte es anders sein, Gefühle und Wahnsinn in zurückhaltenden, impressionistischen Bildern. Liebe macht aus Samurai Moritoh einen tollwütigen Hund, der nicht akzeptieren will/kann, dass seine Geliebte schon mit einem Mann verheiratet ist, der Buddha selbst sein könnte. Gütig, verständnisvoll und langweilig. Lady Kesa (Kyô Machiko ♥ wiedermal in ihrer perversen, gruseligen Unweltlichkeit) hat zu viel giri (grob: Pflicht, Verantwortungsbewusstsein) um zu zeigen, was in ihr passiert, ob sie bei ihrem Mann bleiben will, weil sie ihn liebt, oder vor dem immer mehr Testosteron getriebenen Moritoh Respekt oder Angst hat (was ja nicht heißen muss, das sie sich nicht nach ihm verzehrt) oder einfach ganz kühl entschieden hat, dass es nichts bringt sich mit dem Wahnsinnigen einzulassen. Hinter wehenden Vorhängen, den ewig wehenden Vorhängen liegt die Antwort.

Nikutai no mon / Gate of Flesh

(Suzuki Seijun, J 1964) [DVD, OmeU]

großartig

Schweiß. Viel Schweiß und der Verlust des Gespürs für Lust und Liebe in einer Dschungelwelt des direkten Nachkriegs Japans, dass von den USA mit Werten, Soldaten und politischer Einflussnahme okkupiert wird. Zu sehr werden die Frauen und Männer verletzt, wenn sie so etwas persönliches wie Sex nicht gegen Geld tauschen würden, so dass sie sich in die Ökonomie retten, wo ihre Gefühle außen vor sind. Trauen sie sich nur kurz aus ihrem Panzer raus, schwingen Peitschen, Messer und Pistolen ohne Mitleid. Der Scheiß bekommt so etwas von Tränen, Tränen des Körpers.

Akasen tamanoi: Nukeraremasu / Straße der Lust

(Kumashiro Tatsumi, J 1974) [VHS, OmeU]

(großartig +)

Die Augen waren größer als der Magen. Den Abend zu Ehren von Japans Straßen und Toren wollte ich nicht halbfertig abbrechen, obwohl ich schnell merkte, dass ich nicht mehr die Kraft hatte die Augenlieder aufzuhalten. Was ich sah, war aber wunderbar. Ein persönlicher, ruhiger Film voll Sex und Trauer am Abend der Schließung aller Bordelle im Rotlichtmilieu nach dem Verbot der Prostitution in Jahre 1958.

Freitag 05.04.

Ijô seiai kiroku: Harenchi / Der Wüstling

(Ishii Teruo, J 1969) [DVD, OmU]

fantastisch

Ein feministisches Manifest. Kein Stück Utopie verwässert ein grausames Bild. Die Frau hat nicht die Kraft sich von ihrem 5-jährigen Kind zu trennen. Das Kind läuft unter dem Namen Mann oder Liebhaber. Es sieht zwar aus wie 40, aber das jämmerliche Heulen mit der Bitte nach Liebe, das bockige Schweigen, wenn es sauer ist, der Spieltrieb und die Lust sich mit Frauenkleidern zu verkleiden (Austesten der Identität) legen das wahre Alter offen. Der Wüstling, trotz seiner ständigen Vergewaltigungen und brutalen Übergriffe, ist ein Kleinkind. Schwestern, wehrt euch! Schaut diese erstickende Groteske, die süffig mit wilder Kamera und aberwitzigen optischen Ideen die Kehle mit Ausgelassenheit netzt. Schaut ihr Frauen! Schaut ihr Männer! Seht die Fratze einer unschönen Welt mit Popart verzerrt.

Aimai / Ambiguous

(Ueno Toshiya, J 2003) [DVD, OmU]

großartig

Fünf Menschen wollen nicht mehr leben und zusammen sterben. Die zwei Männer unter ihnen sind eine Trübling- und Verzichterparade für sich. Grundsympathische Typen, denen die Welt zu viel Stress und Bollerei ist. „Heiraten wir jetzt?“ fragt der eine nach einem Quickie, in dem er ohne Zutun landete. Die Frauen leiden unter Männer, die nicht mit marschieren in dem Zug männlicher Schüchternheit und Zurückhaltung. Sie sind Opfer diverser Formen von Gewalt und unerfüllten Sehnsüchten. Kurze Schlaglichter wirft Ueno um sich und auf sie. Trocken, mit Sympathie und tänzerisch leichten Schritt zeigt er seine Verlierer wie sie befangen umeinander sitzen und, da sie nichts mehr zu verlieren haben, in der Lust landen … oder sie endgültig versiegen lassen.

Tootsie

(Sydney Pollack, USA 1982) [DVD, OF]

gut

Überraschung. Tatsächlich gar nicht so schlecht. Und das Faszinierendste ist, dass wenn dann der große Betrug des Meisterschauspielers Dustin Hoffman (What about acting?) herauskommt und fast alle schlecht auf ihn zu sprechen sind, wird er sich natürlich am Ende mit seiner Geliebten aussöhnen und mit ihrem Vater, der ihm in Frauenkleidern einen Antrag machte … das Faszinierendste ist also, dass die Versöhnung mit dem Vater, einem Haudegen und Kumpel, viel emotionaler verläuft als die kurze (very brief) Versöhnung mit der Herzallerliebsten. Liebe ist halt klar, aber als Mann, wenn auch in Frauenkleidern, einem eingesessen Hetero eine Erektion verpasst zu haben und lebend davon zu kommen, das ist anscheinend schon was.

The Tarnished Angels / Duell in den Wolken

(Douglas Sirk, USA 1957) [DVD, OmeU]

großartig +

Epische Trunkenheit. Masochistischer Selbsthass oder torkelnde Energie, im Alkohol wird das Leben vom getriebenen Post-WK1-Piloten Roger Schumann (Robert Stack) und dem Journalist mit der goldenen Zunge Burke Devlin (Rock Hudson) erst erträglich. Erst der schummrige Tunnelblick lässt sie mit sich klar kommen und sie im ewigen Scheitern verweilen, dem heroischen Scheitern das sie auf perverse Weise adelt. LaVerne Shumann (Dorothy Malone) hat den Alkohol dazu gar nicht nötig, ihre Gefühle in denen sie ertrinkt, reichen ihr.

Donnerstag 04.04.

Tôkyô X erotika: Shibireru kairaku / Tokyo X Erotica

(Zeze Takahisa, J 2001) [DVD, OmU]

gut +

Ein Ficker, der, wenn er nicht erzählt, dass er der Tod ist, schreit, wie toll er ist. Eine Mann im rosa Plüschhasenkostüm, der die Prostituierte hinhalten muss, weil er einfach nicht kommt. Viele tolle Momente, aber im Großen und Ganzen doch eine Wüste aus ödem Quietschesex und einer gestelzten düstersurrealenbuntpsychedelischen Geschichte über den Tod. Moderne pinku eiga bleiben nicht so meins.
*****
Edit: Nach einiger Zeit sitzen lassen verschwindet der trübe Versuch verstehen zu wollen. Vll hätte ich ihn mehr genießen sollen … mehr fühlen. Im Nachhinein finde ich ihn immer besser.

Mittwoch 03.04.

Carlos

(Olivier Assayas, F/D 2010) [DVD, OmeU]

gut

In seiner vollen 5 1/2 stündigen Pracht. Statt Heldenverehrung die aufgeräumte Aufdeckung, was Fassbinder mit DIE 3. GENERATION in Hysterie gezeigt hatte, dass der internationale Terrorismus bei all seinen Schrecken in den Siebzigern in den Händen von selbstverliebten, selbstgerechten, unmusischen und halbdebilen Clowns lag. Die zweite Hälfte vollzieht sich fast im totalen Stillstand, wo Carlos immer mehr in die Bedeutungslosigkeit gleitet, ohne zu erkennen, dass er für Jahre nur Herr eines lächerlichen Luftschlosses ist, in dem er sich selbst feiert und zunehmend nur noch Entscheidungen trifft, die seiner Eitelkeit schmeicheln, aber ihn immer mehr in die selbst gemachte paranoide Hölle schmerzender Eier schleudern.

Caligola / Caligula

(Tinto Brass, Bob Guccione, I/USA 1979) [35mm]

verstrahlt

Besser kann ich es nicht sagen: […] traurig angesichts der Tatsache, dass es ausgerechnet dieser zerquetschte, unpersönliche und körperlose Film-Elefant ist, für den man Brass kennt. Trotzdem hat das ganze etwas von einer verfressenen Mega-Sause, einer Eiswasser- und Honig-Dusche, einer burlesken Farce – starbesetzten, derartig verruchten und maßlosen Ultra-Bombast wird man so in einem Kinofilm vermutlich nie wieder zu sehen bekommen, was vielleicht, trotz des zwiespältigen Resultats, nahelegt, dass früher alles besser war (#12), als es tatsächlich passieren konnte, dass man einen “barocken Genussmenschen” (Zitat aus einer Kritik zu Brass’ PAPRIKA) und Erotomanen wie Brass einen Monumentalfilm drehen ließ, einen wahrhaftigen, verschwenderischen Sleaze- und Schangel-Blockbuster, vielleicht den einzigen, der überhaupt existiert. Christoph STB 2011

Dienstag 02.04.

SS Lager 5: L’inferno delle donne / SS Camp 5: Women’s Hell

(Sergio Garrone, I 1977) [DVD, EF]

verstrahlt

Der ist größtenteils ziemlich toll, aber er nimmt wie viele der Naziploitation KZ-Schocker die seichte Abbiegung Richtung Ende. Denn dort schaffen es die Frauen den erlittenen Sadismus zu rächen und die Nazis ebenfalls brutal für ihre Taten zu strafen. So löblich es auch ist, so ist es doch für meinen Geschmack eine fade Unaufrichtigkeit, denn es ist ein scheinheiliger und nur halbherziger Versuch zu verschleiern, dass der Film die ganze Zeit von der Geilheit lebt, welche die widerlichen Taten der Soldaten und „Wissenschaftler“ erzeugen. Statt sich für den Alptraum zu entscheiden, lügt er sich selbst in die Taschen und wird erträglich. Und erträglich sollten KZ-Filme nicht sein, denke ich … irgendwie.

Hi, Mom!

(Brian De Palma, USA 1970) [DVD, OF]

gut +

De Palma at his most godardian, maybe.

Sukeban gerira / Girl Boss Guerilla

(Suzuki Noribumi, J 1972) [DVD, OmeU]

großartig

Ein unvermittelt losbrechendes Delirium lässt GIRL BOSS GUERILLA gleich zu Beginn von der Leine. Verlegt sich danach aber eher auf Kalauer und Kampfszenen, die ein bißchen wie aus Ihrem nähstgelegenen Schlammring wirken. Aber was für Bilder, was für ein Spaß.

Montag 01.04.

Devushka s korobkoy / Moskau wie es weint und lacht

(Boris Barnet, UdSSR 1927) [DVD, OmeU]

gut

In THE GIRL WITH THE HAT BOX führt Barnet das erste Mal eigenständig Regie. Vor allem ist seine Liebe zu Chaplin zu erkennen. Wenig später wird er deutlich bessere Filme machen, aber schon hier ist seine Verspieltheit und seine intuitiv wirkende Art zu erkennen.

The Pillow Book / Die Bettlektüre

(Peter Greenaway, NL/UK/F/L 1996) [DVD, OmU] 2

großartig

THE FALLS sind endgültig zurück in Greenaways Werk. Schelmischer als in meiner Erinnerung. Wieder voller nummerischer Strukturen, Spielereien und anderen Nippes. Irgendwie scheint er langsam die Lust auf Filme zu verlieren, aber hier ist er immer noch voll Lust auf Spaß, Schmerz, Liebe, Sex, Malerei, Literatur, Film und Kram.

Lawrence of Arabia / Lawrence von Arabien

(David Lean, UK/USA 1962) [blu-ray, OmU]

fantastisch

Ich habe mich immer gedrückt. Zu lang war er für das Versprechen eines biederen Heldeneposes, der wieder nichtwestliche Geschichte nur über einen westlichen Mittelsmann erzählen will. Wie falsch lag ich. Wie falsch. Ein so reicher, umwerfender Film. Der nie einfache Lösungen bietet, der stattdessen in einer ambivalenten Niederlage endet, die einen Tränen in die Augen treiben kann. Persönlicher Wahnsinn und Verlorenheit in einer weiten Wüstenwelt, die immer zwischen Hölle und Paradies wandelt und einen Mann auf dem Weg zu sich selbst zeigt und der sich völlig von sich entfernt. Zudem ein riesiger Film darüber, wie es ist, die Welt verändern zu wollen, über Idealismus und Pragmatismus, ohne in dümmliche, einfache Formeln zu verfallen. Wie falsch ich lag. Sicherlich ist nicht alles super, von angemalten Männern und angeklebten Nasen bis zu … ach was weiß ich, irgendwas war sicher Mist, aber wow … Sicherlich mag ich persönliche, kleine Filme zur Zeit mehr, aber … ich musste an die Alhambra denken oder diese ganzen andalusischen Moscheen, die während der Reconquista nicht abgerissen wurden, sondern um die einfach Kirchen herum gebaut wurden. Vieles daran und darin kann einem Bauchschmerzen machen, aber wenn ich drin stehe, kann ich nur staunen und durch diese vergangene, immer noch vielsagende Welt der Schönheit laufen und davon beeindruckt sein, was Menschen ab und zu zustande bekommen.

März
Sonntag 31.03.

The Big Bird Cage

(Jack Hill, USA 1972) [DVD, OF]

ok

Kwaidan

(Kobayashi Masaki, J 1964) [DVD, OmeU]

großartig +

Selbst das Rascheln des Kimonos in der ersten Episode ist erstaunlich und wunderschön. Wunderschön wie die Bilder, die tiefen, rauschhaften Farben, der Schnitt und vor allem wie die einfachen, märchenhaften Geistererzählungen. Nur die asketische Langsamkeit, das Langziehen der wenig geistreichen Geschichten verhindert das KWAIDAN zu einer lächerlich schönen Postkarte wird.

Sonnabend 30.03.

Il figlio di Spartacus / Der Sohn des Spartakus

(Sergio Corbucci, I 1962) [VHS]

gut

Beim Sohn des Spekulatius spielen angemalte Italiener Nubier … zumindest solange bis diese trommeln und tanzen müssen. Dann dürfen Afrikaner ran. Das ist fast schon besser als die DSF-SexySportClips 2006 zur WM, als zu jeder Nation eine passende Trulla strippen durfte und bei der Elfenbeinküste usf. angemalte Tschechinnen die Hüllen fallen lassen durften.

The Raven

(Ulli Lommel, USA 2006) [DVD]

radioaktiv

Eine delirierende, hängende Platte unter der Kolonialherrschaft des Wahnsinns. Was zum Teufel?!!!!?

Yagyû ichizoku no inbô / Shogun Samurai

(Fukasaku Kinji, J 1978) [DVD, OmeU]

großartig

Manch einer würde eine Serie brauchen um diese Geschichte über den Bruderkampf um das Shogunat zu erzählen. Die Hauptfiguren und Stars drängen sich auf geringem Platz und sterben erfreulich schnell und unnostalgisch. Am Ende sagt ein Erzähler, dass alles nur ausgedacht war, vll auch nicht. Geschichte zum anfassen.

O Lucky Man! / Der Erfolgreiche

(Lindsay Anderson, GB/USA 1973) [DVD, OmeU]

großartig

Der bessere STADT DER FRAUEN, ROMA, SATYRICON usf.

Freitag 29.03.

Ercole sfida Sansone / Herkules, Samson und Odysseus

(Pietro Francisci, I 1963) [VHS]

großartig

Der deutsche Name schlägt ein Klassentreffen nahe, aber es ist ein Kindergeburtstag … mit Pappmachéschlachten, comichaft überzogene Helden und naiven Plotlines. Bevor die drei Helden ihre großen Abenteuer erleben, werden sie ganz unverbraucht von Francisci zusammengeworfen und müssen durch ein Verwechslungsabenteuer und epische Befreiungskämpfe. Im Zentrum steht aber der Vergleich zwischen Herkules und Samson. Wer ist der Stärkere? In einem Kampf der Giganten nehmen die beiden die sie umgebende Pappwelt auseinander. Ein Sieger kann aber nicht gefunden werden. Doch am Ende, wenn Herkules wieder gen Griechenland und einem Platz im Pantheon segelt, steht Samson am judäischen Strand und auf ihn wartet der Untergang in baldiger Zukunft, die Bibel hat es uns verraten. Und mitten in HERKULES, SAMSON UND ODYSSEUS wird verraten warum. Samson glaubt der intriganten Delilah alles, weil ihr wackelnder, prächtiger Körper ihm den Kopf verdreht. Herkules hingegen glaubt Frauen schon mal grundsätzlich nichts. Freudig rupft er lieber Hühnchen um zu essen oder schläft auf einer Wiese, als sich mit der mehr als willigen Delilah zu vergnügen. Nicht das er mal einen Blick auf Odysseus Knackarsch werfen würde, nein, er ist einfach ein freudiger Kumpel, der mit Lust nichts am Hut hat. Ein wahrer christlicher Held. Als die beiden sich also bekämpfen, sitzt Delilah hinter einer Säule und schaut verschmitzt. Samson mag sich bei ihrem Blick vielleicht denken, dass ihr Schritt beim Anblick seiner Kraft feucht wird, während Herkules nur ihre durchtriebene Abwägung ihrer Chance (zur Manipulation) sieht. Ein Manifest des Verzichts, der sich jedem Quatsch voll ernst hingibt, den er greifen kann.

You and Me / Du und ich

(Fritz Lang, USA 1938) [DVD, OmU]

gut

Lang zeigt den Geist des Kapitalismus der USA wie er ihn sieht und wie wenig er darüber urteilen kann. Alles in dem Film wird der Ökonomie untergeortet. Selbst der lächerliche Lehrteil, indem den Gangster vorgezählt wird, dass Verbrechen sich nicht lohnt, rein rechnerisch … auf einer Kindertafel die F-U-N verspricht, zeigt nur, wie wenig die Verbrecher sich einen Wert außerhalb des Geldes vorstellen können. Und das schreiende Kind, das den Film beschließt ist nicht das Happy End was es scheint, wie nichts in YOU AND ME ist, wie es scheint. Lang hat überall seine Falltüren gelegt.

Kamigami no fukaki yokubo / Profound Desires of the Gods

(Imamura Shôhei, J 1968) [blu-ray, OmeU]

fantastisch

If my films are messy, it is probably due to the fact that I don’t like too perfect a cinema. The audience must not admire the technical aspects of my filmmaking, like they would a computer or the law of physics. (Imamura Shôhei)
Vor allem ist PROFOUND DESIRES OF THE GODS anzumerken, dass sich Imamura bei diesem Film, in dem ein Ingenieur auf einer sehr südlichen Insel von Okinawa auf ein ursprüngliches Japan trifft, sein Paradies findet, dort versandet und sein altes Leben links liegen lässt, dass Imamura sich also auf dieser Insel verlor und seinen Drehplan über ein Jahr überzog. Detailliert, durchgedreht und wunderschön zeichnet er ein Paradies auf die Leinwand, dass immer seine Schattenseiten und Düsternisse hat, und dass genauso naiv sich selbst verliert, wie der Ingenieur, der denkt er könnte seine Umwelt ändern.

Donnerstag 28.03.

Ariel

(Aki Kaurismäki, FIN 1988) [DVD, OmU]

gut

Wo ist nur die Leichtigkeit von SCHATTEN IM PARADIES hin? Schöner Film, aber auch etwas krampfig die Figuren auf skurril gebürstet.

Dienstag 26.03.

Time of the Apes / 3001 – Die Zeit der Affen

(Fukazawa Kiyo Sumi, Okunaka Atsuo, J/USA 1987) [VHS]

großartig

Zusammenschnitt einer 26-teiligen Serie, der fast nur Anfang und Ende beinhaltet. So wird der Beweis geführt, dass die emotionalen Höhepunkte aus der Mitte einer Geschichte egal sind. Wozu haben wir denn sonst unsere Phantasie? Eine Geschichte wie ein Collage mit Patch-Work-Figuren ohne festen Charakter. Nichts fließt, alles ist assoziativ mit harter Kante zusammengesteckt. Dazu ein wildes Potpourri an Gesichtsfasching, unglaublichen Dialogen und Wendungen.

Montag 25.03.

Mala Noche

(Gus Van Sant, USA 1985) [DVD, OmU]

großartig

Der junge Gus Van Sant gibt sich einem ungestümen Impressionismus hin. Die Bilder reißen den Raum auseinander. Die Gefühle reißen die Menschen auseinander oder treiben sie auf die Knie vor der unerwiderten Liebe oder in unbefriedigende Ersatzbeziehungen. Doch Walt (Tim Streeter) ist ein Sonnenschein, der durch eine klamme Welt in Schwarz-Weiß tanzt … ohne Scham … oder besser, ohne seine Zeit an seine Scham zu verschwenden. Der angehimmelter Johnny (Doug Cooeyate) freundet sich aus irgendwelchen Gründen mit seinem penetranten und penetrant gutgelaunten Verehrer an. Eine rationell nicht nachvollziehbare Freundschaft entsteht, die irgendwo in dem Zwischenraum der zerrissenen Impressionen erklärbar, aber in ihnen nur warmes Gefühl von zerbrechlicher Zuneigung und unerklärlichem, zartem Glück ist.

Dark Night of the Scarecrow / Die Nacht der Vogelscheuche

(Frank De Felitta, USA 1981) [blu-ray, OF]

gut +

Eine böse Vorahnung lässt uns in den Film gleiten. Ein kleines Mädchen sitzt mit einem geistig behinderten Koloß in einer blühenden Wiese. Die Eichhörnchen und Hasen, die sich neben ihnen tummeln sind zwar nicht zu sehen, aber sie sind zu spüren. Die Sonne scheint und die Blumen blühen. Das ist nicht weiter schlimm, aber wir befinden uns in einem Film und deshalb schreit riesige Neonschrift aus den Bildern, dass etwas passieren muss. Ein kleines Mädchen ist das perfekte Opfer und ein Koloß, der nicht weiß wie stark er ist, der perfekte Täter. Ein STRAW DOG beißt einen in die Erinnerung. Doch diese Ahnung versetzt einen nur in den Kopf von Briefträger, Säufer und Protofaschist Otis P. Hazelrigg (Charles Durning), der nach einem Missverständnis die Welt endlich von der Bedrohung befreit. Das Mädchen ward von einem Hund angefallen und er kann sich nur einen Täter vorstellen. Der Koloß wird sein hilfloses Opfer. Als eine an ein Kreuz gebundene Vogelscheuche wird der geistig behinderte Riese von Hazelrigg und drei gleichgesinnten Aushilfsrednecks ohne Gnade exekutiert. Da wir uns auch irgendwo im Nirgendwo des Mittleren Westen der USA befinden, wird der Lynchmob um Hazelrigg nicht verurteilt, sondern ohne großes Zedern freigesprochen und von der jubelnden Gemeinde in die Freiheit entlassen. Hazelriggs Sicht auf die Welt wird DARK NIGHT OF THE SCARECROW annehmen. Blinder Hass auf die vier Übeltäter fordert Gerechtigkeit in Form ihres Todes. Die Welt muss von solch einer Bedrohung, von solchen Unmenschen befreit werden. Der Gehirnzerfressende Alkohol und das schlechte Gewissen taucht die Welt in Paranoia und fordert Leiche um Leiche. Je nach Labilität treten die 4 nach und nach ab, aber sie sind nicht die Einzigen. Die Opfer der Angst vor der Dunkelheit und den Schemen einer wiederkehrenden Vogelscheuche sind mannigfaltig, aber am Ende werden auf morbide Weise Blumen, Häschen und Eichhörnchen wieder die Welt beherrschen. Beunruhigend in seiner Beruhigung.

Sonntag 24.03.

Hellraiser: Bloodline

(Alan Smithee, USA 1996) [blu-ray, OF]

nichtssagend

Wo Alan Smithee draufsteht, da kann ja schonmal von vollster Zufriedenheit ausgegangen werden. Die Produzenten wollten Pinhead so schnell wie möglich auf der Leinwand haben, was Kevin Yagher nicht machte. Deshalb wurde er entbunden und vieles nicht zu Ende gedreht. Demenstprechend enden alle drei Episoden in der Blutlinie bevor etwas passiert oder zu sehen ist. Für diese mutwillige Verschwendung von Zelluloid sollten die Produzenten mal von Pinhead besucht werden, aber nicht von dem langweiligen aus ihrem Film.

Sonnabend 23.03.

Poultrygeist: Night of the Chicken Dead

(Lloyd Kaufman, USA 2006) [DVD, OF]

ok +

Ich komme mit vielen Dingen in POULTRYGEIST nicht klar: die drögen Musicaleinlagen, der American Pie-Humor und die Eintönigkeit. Wie hemmungslos er aber seinen Pups-, Kotz- & Ekelgore betreibt, muss einem aber den Atemverschlagen und gewinnt Sympathien. Wer hiernach ohne Probleme in ein Stück Huhn beißen kann, ist ein stärkerer Mensch als ich.

Roy Colt e Winchester Jack / Drei Halunken und ein Halleluja

(Mario Bava, I 1970) [DVD, OmU]

gut

Der deutsche Titel will ihn zu einem Aufguss von IL BUONO, IL BRUTTO, IL CATTIVO („Zwei glorreiche Halunken“) und VIER FÄUSTE FÜR EIN HALLELUJA machen. Ist er gewissermassen auch, aber eben total verstrahlt daran vorbei. Optik und Geschichte sind irgendwo plump, aber auch seltsam und faszinierend.

Crash

(David Cronenberg, CA/GB 1996) [DVD, OmeU] 3

fantastisch +

Die Kamera schwebt an den Szenen vorbei, zieht auf sie zu und über sie hinweg. Die Welt künstlich. Ein Traum von einem Film. Das Beste: Elias Koteas als animalisches Wunder. Er riecht ständig an seinem Gegenüber, läuft um es rum, möchte es packen, möchte gepackt werden, ist triefender Sex, mit seinen Narben und seinem Wahnsinn unwiderstehlich.

The pervert’s guide to cinema, Part 1

(Sophie Fiennes, GB/A/NL 2006) [DVD, OmU] 4

großartig +

Freitag 22.03.

Licence to Kill / Lizenz zum Töten

(John Glen, GB/USA 1989) [blu-ray, OmU]

großartig +

Ich werde mit Timothy Dalton als Bond nicht so richtig warm. Vll ist es sein verschmitzt-schüchternes Lächeln, weshalb er auf mich eher wie ein Nerd in Anzug wirkt, der eine Rolle spielt. Bei den Bond-typischen One-Linern fühlt er sich auch nicht wirklich wohl. LICENCE TO KILL macht in der ersten Hälfte ebenso am meisten Spaß, wenn er nicht den wiederkehrend Bond-Kram (Tauchszenen, Casino, ein schwarzer Fischer als Sidekick,…) bedient, sondern wenn sich der britische Agent seinen Rachegelüsten hingibt. Mit der Zeit entgleist LICENCE TO KILL aber zunehmend und verwandelt sich in die wilde Straßenschlägerei zweier tollwütiger Hunde. Glen ahnte vielleicht, dass es sein letzter Bond werden sollte, und lässt alles raus. Ein überdrehter Reigen in Farben, Gefühlen, Gore, Staunen und wahnsinnigen Einfällen. Und Professor Joe ist die tolldreisteste Figur, die sich je an den Rändern einer Geschichte herumgetrieben hat. Er ist die Sahnehaube.

Donnerstag 21.03.

The Trial / Der Prozeß

(Orson Welles, USA 1962) [DVD, OmU]

ätzend

Auf der Ebene der Bilder schangelt Welles bis zum abwinken. Es hätte ein Wahnsinnswerk werden können, würde er nicht so trüb affektiert Kafkas Prozeß zu einem Rundumschlag gegen die Übel dieser Welt uminterpretieren. Penetrant aufdringlich zwinkert er mit den Augen, dass auch jeder Depp versteht, dass seine offensichtlichen Symbole wirklich wichtige Aussagen treffen. Ein Ödland der Penetranz. Gestapo, Konzentrationslager, Atomwaffen, Christentum, jeder wird mit trauriger Musik und monolithisch schwülstiger Plumpheit zu einem weinerlichen Brei vermengt, der nur schwer bei sich zu behalten ist.

Metastasis – Shinchin taisha

(Matsumoto Toshio, J 1971) [web]

verstrahlt

Ein Film. Ein Klo. 8 Minuten. Viele Farben. Repetetive Musik. Jesses.

Chi trova un amico trova un tesoro / Zwei Asse trumpfen auf

(Sergio Corbucci, I/USA 1981) [blu-ray] 3

nichtssagend

Die Lack und Leder-Piraten sind super. Was eine verstrahlte Bande. Wahnsinn. Der ansonsten ganz nette Film hat aber einen Bauchschmerzen bereiteten Faktor, zumindest in der Synchro (auf den anderen Tonspuren scheint es nicht ganz so schlimm). Die Eingeborenen der Pazifikinsel und der japanische Soldat artikulieren sich durch Dinge, die kurz vor „Uga Buga“ liegen, und sie gebaren sich wie die letzten Trottel. Nur das der Zuschauer etwas zu lachen hat, werden sie in eine Jauchegrube der Herablassung gestoßen.

Mittwoch 20.03.

The Mole People / In den Klauen der Tiefe

(Virgil Vogel, USA 1956) [DVD, OmU]

ok

Eine hauchdünne, im Grunde nicht existente Geschichte die vorbei ist, eh irgendwas angefangen hat. Ein paar schöne Kostüme, etwas Altertumsschangel, Ansätze von Lovecraftigkeit mit den alten Wesen im Inneren der Erde, aber wie viele Universalmonsterfilme ist er von der Laufzeit und vom Inhalt kaum zu unterscheiden von einer Folge von RAUMSCHIFF ENTERPRISE in etwas bieder. Naiv, aber zuweilen öde.

Hana to dotô / The Flower and the Angry Waves

(Suzuki Seijun, J 1964) [DVD, OmeU]

großartig +

Der bisher schönste Suzuki-Film, den ich sah. Wunderschön geschnitten. Wunderschöne Bilder. Und dann die Geschichte mit seinen Fransen und unnötigen Figuren. Ein atmender Film.

Sonntag 17.03.

… e per tetto un cielo di stelle / Amigos

(Giulio Petroni, I 1968) [DVD, OmU]

ok

Italowestern-Komödie in der Giuliano Gemma und Mario Adorf die Prototypen für den späteren Erfolg vom Duo Spencer/Hill geben. Gemma spielt dabei einen notorischen Lügner, der es wohl selbst für nötig hält die Luft anzulügen, damit sie in seine Lungen kommt, und der jedem Rock nachrennt, der ihm zu nahe kommt. Adorf ist ein einfältiger Goldschürfer mit ner Faust aus Stahl, der naiv seinen Träumen nachhängt und jedem nachläuft, der seinem Geldbeutel gegenüber genug Interesse aufbringt. Morricones Musik ist wunderbar und gibt dem ganzen Spaß eine tragische Note, die ihm gut steht. Trübt aber zu lange träge vor sich hin.

I vigliacchi non pregano / Schweinehunde beten nicht

(Mario Siciliano, I/E 1969) [DVD, OmU]

großartig +

Elegant überdreht inszeniert. Wahnsinn greift in der Wüste um sich. Vigilanten töten eine Frau und der Ehemann (Gianni Garko) driftet gen delirierendes Gaunertum ab. Von Visionen und Flashbacks der Untat gejagt, verliert er den Kontakt zur Realität. Gleisend sieht er sich von allen Seiten bedroht, unfähig seine Irrtümer zu akzeptieren. Seine Freunde, von denen einer aussieht, wie von Morris in Stein gemeißelt, verlassen ihn und werden Gesetzeshüter, die sich in eine Stadt voll manischer Montagues und Capulets, wo niemand mehr die Fähigkeit zur Liebe hat, für Ordnung sorgen wollen. Die Geschichte hat dabei schweren Schiffsgang und wechselt ständig die Hauptaugenmerke, nur den im Hintergrund schwingenden Wahnsinn lässt sie immer wieder in den Vordergrund taumeln. Garko und seine Freunde werden schließlich wieder aufeinander treffen, trotz ihrer Zuneigung werden sie sich bekriegen und ihre Gesichter werden Fratzen des Hasses und Totems der Gerechtigkeit. Die Realität wird endgültig unter Brocken aus Phantomen verschüttet.

Gentleman Jo… uccidi / Shamango

(Giorgio Stegani, I/E 1967) [DVD]

nichtssagend

Verschießt das bisschen Originalität, das er besitzt, gleich zu Beginn. Danach trübt er sich eine Stunde lang aus. Django! Shamango! Fandango! Mango!

Batoru rowaiaru / Battle Royale

(Fukasaku Kinji, J 2000) [blu-ray, OmU]

großartig

Eine Mischung aus HERR DER FLIEGEN und DER TODESMARSCH (King/Bachmann-Roman, in dem Leute an einem Marsch in einer Dystopie teilnehmen, wo jeder erschossen wird, der unter 5 Meilen pro Stunde fällt, und der letzte Überlebende gewinnt) der das Adrenalin aus der Nase läuft. 42 Studenten. 3 Tage. Eine Insel. Ein Gewinner. Zwei Tote. 40 to go. Klassische Musik wie zum Hohn. In anderen Filmen stehen Gefängnisinsassen im Hof und lauschen den himmlischen Klängen. Hier stehen Soldaten in einem Schulhof, während Schüler mehr oder weniger gezwungenermaßen brutal übereinander herfallen, und strafen so jede Vorstellung von einer edlen Menschheit als widerliche Lüge ab. Erschreckend ist nicht die Brutalität, sondern die einleuchtende Logik von Mord und Totschlag. Die allgemeine Düsternis und der rabenschwarze Humor werden gegen Ende von Hoffnung und Sonnenschein aufgelöst.

Tokyo ken / Tokyo Fist

(Tsukamoto Shin’ya, J 1995) [DVD, OmU]

großartig

Schweiß. Muskeln. Krampf. Eifer. Hass. Schweiß. Muskeln. Wahnsinn. Triebe. Instinkte. Schweiß. Muskeln. Blut. Blut. Blut. Schweiß. Muskeln. Tsukamoto. Eine Geschichte voll Symbole, wenn du willst. Aber auch ohne. Schweiß. Muskeln. Schreie. Gier. Wollust. Schweiß. Muskeln. Piercing. Hämatome. Geilheit. Schweiß. Muskeln. Packender Wahnsinn, der nicht über seine Geschichte funktionert, sondern über Bilder von düsteren Begierden, Schweiß und Muskeln.

Sonnabend 16.03.

Direktøren for det hele / The Boss of It All

(Lars von Trier, DK 2006) [DVD, OmU] 2

gut

Zu Beginn erzählt Lars dem Zuschauer, dass hier nur eine nette Komödie auf ihn wartet, die nicht weiter bedenkenswert ist. Nur etwas konventioneller Spaß. Diese Ansage ist natürlich genauso der Hohn, wie die abschließenden Ansagen bei GEISTER, und vll der größte Spaß des Films. Ansonsten ist es eine riesen Lüge, denn wie in keinem anderen seiner Film werden hier die Ebenen verwoben und es ist wahrscheinlich möglich sich in den unendlichen Spiegelfechtereien ewig zu verlieren. Ein Film über Genres, Filmemachen, Schauspiel, Realität, Absurdität, Geschäftsstrukturen, Menschen in Machtstrukturen, zwischenmenschliche Kampffelder und ab und zu gibt es auch tatsächlich witzige Pointen. Aber vor allem macht es sich Lars wieder in Situationen unbequem, aus denen nicht nur die Protagonisten, sondern auch die Zuschauern fliehen wollen müssen. Ein bisschen ist Lars‘ Spaß wie der „Vergewaltigungswitz“ von Bobby Peru in WILD AT HEART All. Er hat sicherlich einen riesen Spaß dabei den (potentiellen) Zuschauer sich winden zu sehen, aber die andere Seite hat vll nicht in jedem Fall ein ähnlich großes Vergnügen. Das zusammen macht THE BOSS OF IT ALL vll zum anstrengendsten Film in seiner bisherigen Karriere.

Miami Supercops / Die Miami Cops

(Bruno Corbucci, I 1985) [blu-ray] 2

ok

Kein Wunder, dass es der letzte Film von Hill und Spencer, den sie für 9 Jahre zusammen gemacht haben. Nicht dass der Film kein Potential hätte, auch wenn er schon etwas wenig inspiriert ist, aber vor allem die beiden Hauptdarsteller vermiesen einem die Suppe. Bud Spender gibt einen faschistischen Schläger, der nicht mehr wie Plattfuß noch ein Herz aus Gold hat oder ironisch gebrochen wird. Hier ist er einfach nur ein Schwein. Terence Hill hat keine Lust mehr auch nur etwas Witz und Spaß rüber zu bringen. Manchmal sieht es aus, als ob ihn neben der Kamera jemand mit einer Schusswaffe bedroht, damit er weiterhin Faxen macht. Dafür gibt es mehr Schnellfeuerwaffen, die der Konkurrenz aus den USA die Stirn bieten sollen, aber die neue Härte will nicht schmecken. Wenigsten der Tomatengore, als Tomatensuppe die zerschossenen Gedärme der Gegner übernimmt, zeigt etwas einsichtige Ironie gegenüber der eigenen Veraltung und einzuhaltenden Familienfreundlichkeit.

Mittwoch 13.03.

The Master

(Paul Thomas Anderson, USA 2012) [70mm, OmU]

fantastisch

Es gibt diese Alben, bei denen sehr deutlich das Studio gehört werden kann. Es ist nicht nur eine körperlose Version des Liedes an sich zu hören, sondern auch die Band, wie sie im Studio steht und diese Version aufnimmt. Bei THE MASTER gibt es immer wieder diese Szenen und Sequenzen, in denen deutlich zu spüren ist, dass Menschen vor einer Kamera stehen und spielen. Besonders in der Szene als Joaquim Phoenix so tut als sei er Freddie Quell und ein letzter Ausbruch von Gewalt, lange unterdrückt, aus ihm herausbricht. Er fällt über einen Anhänger des Masters her, der gerade dessen Schreibstil kritisierte. Die Machart von THE MASTER, seine Herstellung ist deutlich zu spüren … und das ist nicht zu seinem Nachteil, sondern … ehrlich, vll ist es ehrlich. Wie bei diesen Studioalben wird er so greifbarer und verliert seinen ernst. Denn da rollt sich ein Schauspieler vor einer Kamera auf dem Boden und benimmt sich wie ein lächerlicher Idiot. Voller Ernst. Charmant. Schelmische Unbekümmertheit und Narrentum lassen die aufgeblasene Epik, die asketisch trockene Ästhetisierung aufweichen. Zudem erzählt er wunderschön assoziativ. Voller Ellipsen, Andeutungen und nicht Ausformuliertem … ohne seine Klarheit zu verlieren. Gleichzeitig bedeutungsschwanger und belanglos. Jonny Greenwoods Musik treibt es zudem an. Die Zeit verflog nur so. Und wenn ein Film mit einem epochal an Bedeutung überladenem Satz enden muss, dann gibt es vll keinen besseren als „Schieb ihn wieder rein, er ist rausgerutscht.“. In der Logik der Szene eine einfache Äußerung zwischen zwei Menschen, ist es auch der Schlüsselsatz der über Freddie Quell und The Cause entscheidet. Paul Thomas Anderson als eingebildeter Lausbub. Mit weitem Abstand sein bester Film. (Ach ja, die 70mm sind natürlich nur ein schlechter Witz und Wunschtraum. Selbstredend nur digital.)

Dienstag 12.03.

Mizu de kakareta monogatari / A Story Written with Water

(Yoshida Yoshishige, J 1965) [DVD, OmeU]

fantastisch

Die Menschen scheinen Schatten zu sein, die mit ihren materiellen Anhängseln Puppentheater spielen. Sie verstecken sich hinter ihnen und geben sich den Anschein von Normalität, Anstand und Nachvollziehbarkeit. Dahinter herrschen Abgründe und Meere. Langsam mäandert A STORY WRITTEN WITH WATER mit wunderschönen Bildern dahin, die einen ständig zur Pausetaste greifen und kontemplieren lassen wollen. Verschlossene Türen, fehlende Gegenschnitte, unheimliche Andeutungen bauen Geheimnisse auf, die in Momenten kumulieren, die mit wohligen/entsetzlichen Schauern elektrifizieren. Die Schönheit des Alltags, im krassen Gegensatz zu seiner scheinbaren Banalität, wird immer wieder in die Dunkelheit gezogen und von ihr zerfressen. Sie schlägt ihre Zähne in die Sicherheiten und die Bilder und lässt nichts übrig als Schemen und Ahnungen. Die Schönheit des Alltags, im krassen Gegensatz zu seiner scheinbaren Banalität, wird immer wieder in grelles Licht gezerrt. Von ihm geblendet, werden die klaren Kanten ausgelöscht. Zurück bleiben Ahnungen und Schemen. Badehäuser, Flüsse, Seen greifen nach den Leuten und bekommen sie in ihre Macht. Schweiß und anderen Körperflüssigkeiten fehlen, weil die verführenden Mächte der Lust und des Todestriebs außen in der Welt, im Wasser liegen und nach den Mitglieder zweier Familien packen, die aber auch nur eine sein könnte. Heirat, Fremdgehen, Aufsuchen von Prostituierten verdecken nur den allumfassenden Inzest mit seiner beklemmenden Gier. Irgendwann sehen wir eine stöhnende Frau aus Sicht des mit ihre schlafenden Mannes. Die Kamera erlöst uns mit einer Drehung um 180°, der die Frau auf den Kopf stellt und sie in Gleichgültigkeit zurücklässt. Sie wartet nur mehr das Ende des Rackerns des Mannes ab. Aber vor allem werden wir aus dem Hirn eines Fremden erlöst, aus den Klauen der, für den Zuschauer, körperlosen Gier. So wird der Zuschauer immer wieder hereingezogen und herausgestoßen. Verständnis und Fremdheit. Kaum zu trennen, was schöner, was erschreckender ist. Verzicht und Hingabe. Kaum zu unterscheiden, was beruhigender, was verzehrender ist. Die kurzweilig eskalierenden Kamerarasereien, welche die Vergangenheit mit Realität mit den Phantasien verbinden, schaffen keine Verwirrung, sondern die unwirkliche Vertrautheit eines Traumes. Doch wer mag an der Realität von dem allen zweifeln? Zu richtig, zu beunruhigend ist es … Und dann steht auch mal ein weißen Rauch spuckender Phallus im Wald.

Sonntag 10.03.

Thunder Bay / Die Todesbucht von Louisiana

(Anthony Mann, USA 1953) [DVD]

großartig

James Stewart spielt Captain Ahab, wie eigentlich immer. Vom Ehrgeiz zerfressen will er einen Ölbohrturm in einem Kaff in Louisiana bauen. Als erster will er unter Wasser bohren und nicht nur reich werden, sondern ein ruhmreicher Pionier. Ein Abenteurer ist er, der über jede Leiche geht, die es zu übergehen geht, wenn sie ihm im Weg steht. Ansonsten ist er aber ohne Fehl und Tadel. Wenn er am Ende im Ölregen lacht, alles in seinem Gesicht verschmiert, das Öl zwischen den Zähnen, dann ist liegt sein Wahnsinn offen. Das beängstigendste Happy End der Welt.

Tatort: Willkommen in Hamburg

(Christian Alvart, D 2013) [TV]

verstrahlt

Til Schweiger hat es geschafft und mich seit Ewigkeiten vor einen Tatort gelockt. Ich hätte viele Begründungen, warum ich nichts Besseres geschaut habe, aber es war einfach die Sensationsgier, die mich zur Wg vor den Fernseher lockte. Inszenatorisch recht interessant, auch wenn er mit seinem Blockbusteransprüchen immer mit einem Fuß in der Lächerlichkeit steht. Die Schießereien sind kurz vor A-TEAM. Schweiger gibt sich betont jugendlich und möchte in fast kompletter Verkrampfung den Tatort aufmischen. Der zweite Fuß wird so auch noch nachgezogen. Wenn es nicht ganz so witzig wäre, könnten einem Tränen vor Schmerzen über die Wangen laufen. Er merkt wahrscheinlich gar nicht, wie sehr er sein Potential als faschistischer Schläger verschenkt. Stattdessen bietet WILLKOMMEN IN HAMBURG einen feuchten faschistischen Tagtraum, in dem Schweiger nur Leute entgegen gestellt werden, die ihn gut aussehen lassen. Das Weltbild hier ist einfach. Nick Tschiller (Til Schweiger) hat Recht, immer, und alle anderen nicht. Simpel as that. Wer Schweigers letzte Fernsehauftritte gesehen hat, kann schwer glauben, dass dieses Drehbuch nicht aus seiner Feder stammt. Zwangsprostitution ist böse und wer nicht alles tut, um alle Geschändeten/Verblendeten zu befreien, der mit schlaffen Penis und verzickten Neid auf einen Rechtsstaat beharrt, der ist ein Doofie. Verbohrte Bürokraten, abtrünnige Polizisten, alle rattern nur Floskeln runter, die Til als einzig Gerechten, einzig Effektiven im weiten Land erscheinen lassen müssen, ihn, dem immer das Magazin vor allen anderen ausgeht, ihn, den alle missverstehen, ihn, der trotz dieser bösen, bösen Welt, die ihm alles in den Weg stellt, gewinnen wird … auf ganzer Linie. Pathetisch will WILLKOMMEN IN HAMBURG einem seine einfache, wahre Botschaft die Speiseröhre runterdrücken. Am Ende taucht Tschiller auch noch als Heiland aus der Dunkelheit auf … mit den verlorenen Kindern Israels (befreiten Zwangsprostituierte) im Rücken. Es hat nur noch gefehlt, dass er die Alster geteilt hätte.

Sonnabend 09.03.

Jab Tak Hai Jaan / Solang ich lebe

(Yash Chopra, IND 2012) [DVD, OmU]

ok

Bollywood-Einheitsbrei, der Shah Rukh Khan als Mischung aus Steve Urkel und James Dean präsentiert und kaum kitschig noch durchgedreht ist.

Freitag 08.03.

Herbstromanze

(Jürgen Enz, BRD 1980) [VHS] 5

radioaktiv

Der Fakt, dass ich beim Sehen ein HERBSTROMANZE-T-Shirt trug, welches ich vor kurzem geschenkt bekam, und am nächsten Tag die frisch eingetrudelte HERBSTROMANZEn 7“ hörte, mit Liedern aus der Hölle, welche jedem Gehirn den letzten Gnadenstoß geben müssen, hat mir schon etwas Angst gemacht.

Dì yù wú mén / We’re going to eat you

(Hark Tsui, HK 1980) [DVD, OmeU] 2

großartig +

The Producers / Frühling für Hitler

(Mel Brooks, USA 1968) [DVD, OF] 9

gut

Etwas träge und gewollt überspannt schleppt sich THE PRODUCERS mitunter leider etwas hin. Sobald aber das Herzstück „Springtime for Hitler“ erklingt und in voller Pracht über die Bühne fegt, dann ist alles vergessen, dann muss dieser Film geliebt werden. Komplett überdrehter Nazi-Camp, der einem alles aushaken lässt.
Don’t be stupid be a smarty
Come and join the Nazi Party

Donnerstag 07.03.

The Adventures of Priscilla, Queen of the Desert / Priscilla – Königin der Wüste

(Stephan Elliott, AUS/GB 1994) [DVD, OF]

gut

Mittwoch 06.03.

The Living Daylights / Der Hauch des Todes

(John Glen, UK 1987) [blu-ray, OmU]

gut

Hatte bisher keinen Timothy Dalton-Bond gesehen. Hatte immer eine Abneigung gegen ihn, weil er Rhett Butler in SCARLETT spielte und mich mit 12 die penetrante Werbung für die Schmonzette gegen ihn aufbrachte. Warum kann ich nicht mehr sagen. Aber selbst heute bleibt er mir seltsam fremd. Vll auch weil er teilweise wie bei GUTE ZEITEN, SCHLECHTE ZEITEN spielt. Dazu ist er wohl der instinktloseste Bond, der unbekümmert in jede Falle tappt. THE LIVING DAYLIGHTS schwankt währenddessen vor sich hin. Kommt kaum aus den Puschen um dann in Bratislava und vor allem Wien sich in großartigste Höhe empor zu schwingen. In Afgahnistan geht ihm dann wieder die Luft aus und nur Schangel-Waffenhändler Whitaker schafft es das Finale noch mit etwas Farbe zu versehen.

Dienstag 05.03.

Porgi l’altra guancia / Zwei Missionare

(Franco Rossi, I/F 1974) [DVD] 13

gut +

Missionare gehören zu den ekelerregendsten Menschen der Welt. Hatte Shinoda drei Jahre zuvor (siehe 15.02.) noch ein mitfühlendes Bild von Menschen gezeichnet, die an Menschen verzweifelten, die zwar Christen wurden, aber ihre heidnischen Bräuche und Devotionalien nicht ablegen wollten, kurz die nicht reine römisch-katholische Christen wurden (ein Problem mit dem wohl alle Missionare zu kämpfen hatten), da verzweifeln hier ein Schläger mit einem Herz aus Gold und ein entflohener Dieb in Sutane an der Kirche ihrer Wahl. In Lateinamerika hatten Missionare die Leute brutal unterworfen, weil sie die Macht und die Arroganz dazu hatten. ZWEI MISSIONARE ist vor allem eine Aufstellung von schönen Bildern, exotischen Landschaften und Kleidungen zu traumhaft fröhlicher Musik. Er ist etwas holprig und nicht der beste Hill/Spencer-Film, aber bei weitem nicht der schlechteste. Aber das Beste daran ist sein naiv-populistsicher Umgang mit der Welt, die sich fröhlich (wie fast immer im 70er Jahre Oevre der beiden) auf die Seite der Unterdrückten dieser Welt stellt, und das wunderbare Bild der katholischen Kirche. Korrupt und anmaßend. Hatte das Duo in DIE RECHTE UND DIE LINKE HAND DES TEUFELS und in VIER FÄUSTE FÜR EIN HALLELUJA noch religiöse Käuze in Schutz genommen, fallen sie hier von Glauben ab und stellen sich auf die Seite der Menschen und gegen die kalten Steine und eisernen Fesseln einer Kirche, die ihr Fundament schon lange auf ihre eigene Eitelkeit gebaut hatte. Nur der Filmdienst wollte es nicht wahr haben: Stupide Aneinanderreihung von Prügelszenen, geschmacklos in der missbräuchlichen Verwendung von Bibelzitaten und religiösen Formen.

Februar
Mittwoch 27.02.

Buta to gunkan / Pigs and Battleships

(Imamura Shôhei, J 1961) [blu-ray, OmeU]

großartig

Schweine überrennen Japan. Die Besatzung Okinawas durch das US-Militär, die aufgezwungene Demokratie aus der Fremde, die nur in Heucherlei endet, der Materialismus des Kapitalismus, Japan wird durch sie zum Schweinestall. Unschöne Gedanken an Republiken aus Weimar und ihre Dolchstoßlegenden und andere verklärende faschistische, monarchistische Propaganda können einem den Magen grummeln lassen, wäre das alte Japan nicht genau so lächerlich. Die sich in den Alkohol stürzenden Väter, die mit der Aufdeckung ihrer verlogenen militaristischen Kaiserglaube nicht klar kommen, die dem erbärmlicherweise (menschlicherweise?) sogar nachtrauern. Halbstarken-Gangs, die gerne Yakuzas wären streifen durch einen Moloch aus Prostitution und illegalem Schweinehandel. Frauen bleibt nur die Opferrolle, die Zuschauerposition in einem Leid, das sie und mit ihnen Japan überrennt. Ihnen bleibt nur die Flucht, die Suche eines eigenen Weges (auf den Hauptinseln). Eine Farce, mit der Imamura letztmalig seinem Vorbild Kurosawa Akira nacheifert, bevor er bei seinem nächsten Film lieber Imamura wird und nicht mehr alle Enden kunstvoll schließt.

Montag 25.02.

Mirage / Die 27. Etage

(Edward Dmytryk, USA 1965) [DVD]

ok

MIRAGE ist ein Hungerleider aus Haut und Knochen. Der Plot (das Skelett) ist wohl durchdacht und hat durchaus seine Vorzüge. Doch die WTF-Momente sind hohl und mit nichts unterlegt. Wohlfeine Bilder kaschieren die Nichtigkeit etwas, aber Gregory Peck taumelt durch den Film und weiß nicht wer er ist oder was ihm geschehen ist. Stockwerke und Firmen, die er kennt, verschwinden spurlos. Menschen, die er kennt erkennen ihn nicht. Menschen, die er nicht kennt, erkennen ihn. Alles ist spannend und verwirrend, aber es ist dermaßen egal, weil hier nur die schlaue Grundidee verfolgt wird, ohne die Figuren mit Leben zu füllen, ohne das jemand den Eindruck vermittelt, wirklich an etwas interessiert zu sein, etwas zu fühlen.

Bara no Sôretsu / Funeral Parade of Roses

(Matsumoto Toshio, J 1969) [DVD, OmeU] 2

fantastisch

Dass beim Machen eines Films etwas gefühlt werden muss, sagt jemand nach der Vorführung eines Experimentalfilms. Der Hauch eines Plots (das Skelett) dieses extrawilden Trips wird von jeder Menge Fleisch aufrecht gehalten. Die Bilder derwischen durch Raum und Zeit. Repetitiv ziehen Handlungen und Geschehen vorbei. Ständig Neues bricht über den Zuschauer und die Protagonisten herein. Experimentales, Zerhacktes, Doku- und Plansequenzen, wilder Tanz, Sex-, Drogen- und Bilderekstase, Kämpfe und Zärtlichkeit, Transvestiten, Che Guevara-Möchtegerns und ottonormale Maskenträger. Ein überschäumender Cocktail, der vll keine spannende Geschichte hat, aber dafür mit Leben überläuft.

Sonntag 24.02.

Scream and Scream Again / Die lebenden Leichen des Dr. Mabuse

(Gordon Hessler, GB 1970) [DVD]

ok

Ein Jogger bricht zusammen und wacht im Krankenhaus auf. Ein Bein ist im amputiert worden. Jedes Mal wenn er wieder erwacht, fehlt ihm eine weitere Extremität. In einer nicht genannten Militärdiktatur mordet sich ein Offizier langsam nach oben. In London geht ein Frauenmörder um, der seine Opfer ohne Blut hinterlässt. Und der zumindest in der deutschen Synchro so genannte Dr. Mabuse experimentiert mit neuen Wegen für Transplantationen. Das hat dann natürlich alles miteinander zu tun und all die Zombie-, Vampir-, Frankenstein- und INVASION OF THE BODY SNATCHERS-Elemente werden zu einem mauen Amalgam verbunden. Denn wäre da nicht die britische Polizei, dein Freund und Sleazer, dann wäre SCREAM AND SCREAM AGAIN nur der öde Versuch aus allen möglichen Thrills einen großen zu machen, der aber so enttäuschend ist, wie die geringe screen time von den angekündigten Stars Vincent Price, Christopher Lee und Peter Cushing.

Une histoire immortelle / Die Stunde der Wahrheit

(Orson Welles, F 1968) [DVD, OmU]

fantastisch

Wenn ich als Kind früher am Wochenende früh aufgestanden bin, dann bin ich eine Zeit lang bei chinesischen Märchen gelandet. Das war immer irgendwie seltsam und so ungewohnt. (Vor allem die Geschichte über einen Vertrauten des Kaisers, der alle Geheimnisse, alle Peinlichkeiten und alles Leid des Kaisers von ihm erzählt bekam und diese nicht weiter erzählen durfte blieb im Gedächtnis. Weil es ihn auffraß, erhielt er den Tipp, dass er seine Geheimnisse in ein Astloch in einen hohlen Baum sprechen sollte. Dies half ungemein. Eines Tages kam aber ein Instrumentenfabrikant und baute genau aus dem Baum des Vertrauten eine riesige Trommel. Bei einem Umzug durch die Hauptstadt wurde sie eingeweiht und bei jedem Schlag auf sie, offenbarte sie ohrenbetäubend für alle hörbar die peinlichen Geheimnisse des Kaisers.) UNE HISTOIRE IMMORTELLE ist genau wie diese Märchen damals. Die wunderschönen Bilder erschaffen eine unwirkliche Atmosphäre, die gleichzeitig vertraut und bizarr wirkt, banal und außergewöhnlich.

Blindfold / New York Express

(Philip Dunne, USA 1965) [DVD, OF]

ok

Der etwas weniger psychedelische Vorläufer von THE PRESIDENT’S ANALYST. Mit netten Scherzen, netten Geschehnissen und netten Accessoires, aber ohne Witz oder Faszinierendem.

Sonnabend 23.02.

…continuavano a chiamarlo Trinità / Vier Fäuste für ein Halleluja

(Enzo Barboni Clucher, I 1971) [DVD] 341

großartig +

Reisender Farmer: Wir sind unterwegs, um Arbeit zu suchen.
Der Kleine: Allein dafür müsste man dich über den Haufen schießen.

…continuavano a chiamarlo Trinità / Vier Fäuste für ein Halleluja

(Enzo Barboni Clucher, I 1971) [DVD] 342

großartig +

Die Pfanne lass hier.
*****
Das double feature to end all double features. Einmal in der Orginal-Kinoversion und hinterher die gekürzte 80er-Version mit der Rainer Brandt Synchro, die wohl die meisten kennen. Beide Varianten haben ihre Vorteile, aber inzwischen mag ich die Kinoversion mehr als die Rainer Brandt Synchro, weil da weniger Szenen entstellt werden, um Leute quatsch reden zu lassen, der nicht witziger ist, aber diversen Szenen ohne Sinn zurücklässt.

Freitag 22.02.

Taiyô no hakaba / Das Grab der Sonne

(Ôshima Nagisa, J 1960) [DVD, OmeU]

großartig +

Im Land der aufgehenden Sonne geht die Sonne unter. Wenn einmal nicht Nacht ist, steht sie nur hoch genug, um die Szenerie in ein kräftig dunkles Orange zu tauchen. Die Menschen schwitzen ohne Unterlass, auch wenn das leuchtende Rot nicht mehr direkt in ihre Augen scheint. Lediglich Abschaum treibt sich in den Straßen herum. Schluss ist mit dem Japan der zurückhaltenden Menschen, die still mit ihrer Existenz kämpfen. Gangster, Tagediebe, Schwätzer und Verlorene streifen durch die Gassen und versuchen lauthals zu leben … mit ihrer Gebrochenheit oder im verzweifelten bis sadistischen Versuch nicht gebrochen zu werden. Ihre alte Nation ist dahin und wird nie wiederkommen. Ôshima jedenfalls begräbt es schlussendlich.

Dawn of the Dead / Zombie

(George A. Romero, USA 1978) [DVD, OF]

großartig

Leider nur eine verstümmelte Version gesehen, in der selbst die Schüsse herausgeschnitten wurden. Traurig.

O Brother, Where Art Thou?

(Joel Coen, USA 2000) [DVD, OmU] 8

großartig +

Der Blues, der Gospel, die Country-Musik und die Bilder lassen mythische Südstaaten entstehen, die so vielleicht nie existiert haben, aber von dem Menschen immer geträumten und träumen. Die Fluten, die Teufel an den nächtlichen Kreuzungen, die Sümpfe und die Draisinen mit blinden Schwarze, welche die Zukunft weißsagen, Ausbrecher auf epischen Wallfahrt, singende Kapuzenträger, denen ein Stück Stoff wichtiger ist, als ein Menschenleben, brutale Bibelverkäufer und manisch depressive Verbrecherkönige. So hätte es sich vll auch Faulkner ausgedacht, wenn er sich auf den Weg gemacht hätte, eine naive Version von Homer zu geben. Der einzige bittere und nur schwer zu verkraftende Wermutstropfen ist der Plot, um Ausbrecher, die singende Superstars werden und den Süden durch ihre Melodien von ihrem Rassismus befreien. Das ist dann doch arg billig und lieblos ausgedacht. Da fällt es schwer Faulkner und Homer nicht gleich wieder aus dem Text zu streichen. Die Musik, der Mythos und die Bilder lassen mich aber fast blind für diesen brutalen Fehlgriff zurück. Es bleibt nur schade, weil das hier ein Meisterwerk hätte sein können.

Fatal Attraction / Eine verhängnisvolle Affäre

(Adrian Lyne, USA 1987) [DVD, OmU]

großartig +

Das Messer, das am Kleid kratzt, wie der Fingernagel am Schorf. Immer wieder wird die Wunde aufgerissen, immer wieder der Schmerz beschworen. Rechtsanwalt Michael Douglas hat eine Affäre. EIn Wochenende voll Sex, Sonne, Luft, ohne Verantwortung, kurz: voll Glück. Doch das kann nicht sein, er muss einen Preis zahlen. Der Alptraum des biederen Ehemanns, des Manns der Achtziger, ist diese emanzipierte Frau, die ihn kurzzeitig beglückt. FATAL ATTRACTION macht aus ihr eine Furie, welche die normale Welt und die althergebrachte Ehe bedroht, die mit aller Gewalt niedergestreckt werden muss. Ein Ende bietet sich an, in der dieser Rachegeist hinterhältig gewinnt, aber der Film sucht die Ruhe und den Tod dieser unangenehmen Frau. Alles andere wäre zu unangenehm, zu sehr wie der Finger, der am Schorf puhlt, zu sehr ein Ende, in dem die Machowelt impontent zurückgelassen wird. Alles andere wäre eine heuchlerische Lüge gewesen. Dies hier ist die Beschwörung der eigenen Macht, die in der Realität bedroht ist oder nie da war. Ein reaktionäres Machwerk, ein ekliger Film, aber auch ein wahrer über verängstigte Phantasie.

Donnerstag 21.02.

Zangiku monogatari / Erzählung von den späten Chrysanthemen

(Mizoguchi Kenji, J 1939) [DVD, OmeU]

gut

Der große Steingartenrecher auf seinem stilistischen Höhepunkt. Kaum eine bis keine Szene wird von einem Schnitt unterbrochen. Lange statische Einstellungen (meist in Totalen), die gelegentlich durch ruhige, einfache bis zauberhafte Kamerafahrten verändert werden, damit der Schnitt nicht kommen muss. Zurückhaltend und anmutig, ja, aber auch von einigen Kamerafahrten abgesehen, unsagbar nichtssagend inszeniert. Das Melodram dahinter über einen Schauspieler, der durch ein Trauertal der Entbehrung geht und nur durch seine opferbereite Geliebte vorm Untergang gerettet wird, ist voll Kraft und das Sehenswerteste hieran.

Mittwoch 20.02.

The Third Man / Der dritte Man

(Carol Reed, GB 1949) [DVD, OmU] 2

großartig

Vll auch einer der bekanntesten Welles-Filme, weil er zwar darin nur eine Nebenrolle spielt, aber diese zu dem macht, was an ihm unheimlich ist. Er, das Genie, der auf die einfachen Menschen nur noch herabblickt und Punkte sieht, die er ohne mit der Wimper zu zucken auslöschen kann. Diese Angst hat er, der Übermensch, der CITIZEN KANE gegen jede Chance beendete und dann auch noch die Filmwelt revolutionierte, in vielen seiner Zeitgenossen vll ausgelöst. Wenn auch nicht nur, aber diese Aura des übermenschlichen Wahnsinns mag von ihm ausgestrahlt worden sein und THE THIRD MAN lässt diese Vision durch die wunderschönen Schatten des Nachkriegs-Wien jagen und Joseph Cotten, Pulp-Autor von Gottesgnaden, mag gar nicht glauben, wie wahnsinnig sein ehemaliger Freund geworden ist.

Gosford Park

(Robert Altman, GB/USA/I 2001) [DVD, OmU]

gut +

Ein Mord wird kommen. Vorher wird es nicht gesagt, aber die unausgesprochenen Dinge am Bildrand sprechen eine deutliche Sprache, wenn sie auch nur selten den Mund auf machen. Das Gift auf dem Tisch vor dem Schuhe putzenden Diener, das verschwundene Messer in dem perfekt getrimmten altenglischen Adelshaus voll Edelmänner, -frauen, Emporkömmlingen und Dienern, die massive Anzahl von Gewehren für die Jagd, sie kündigen es an. Hausherr William McCordle (Michael Gambon) wird das Opfer sein. Nach und nach macht er sich alle zum Feind, nach und nach befummelt er jeden, der noch auf seiner Seite sein könnte. Doch der Mord ist Nebensache. In dem Haus hat sich die englische Gesellschaft der 30er versammelt und zeigt sich von allen Seiten. Altman macht, was er im Alter am besten konnte und zeigt eine gesamte Welt in atemberaubenden Nuancen an einem kleinen Fleck.

Taiji ga mitsuryô suru toki / The Embryo Hunts in Secret

(Wakamatsu Kôji, J 1966) [DVD, OmeU]

fantastisch +

My knife – it’s sharp and chrome
Come see inside my bones

*****
Ein Trip. Ein Trip in unaussprechlich schönen Bildern. Film, Photos, Collagen. Ein Trip in unaussprechliche Phantasien. Gewalt, Verachtung, Dinge, die nie jemand gefühlt, gedacht haben möchte, die aber immer da sind, da waren, da sein werden. Ein Trip an den Rand des Aushaltbaren. Meinesgleichen und ich. Ein Trip auf die dunkle Seite des Bewusstseins, wo der Wahnsinnige lauert, den niemand wahr haben möchte. Ein Trip, der nicht dabei verbleibt, diese unaussprechlichen Dinge angewidert und/oder ernst zu zeigen, sondern der sich ihrer annimmt. Der nicht sagt: „Dort! Seht hin!“, sondern der ihm nachfühlt und es nicht draußen und uns in Sicherheit lässt. Der es einlädt und sich ehrfürchtig windet. Ein unaussprechlich schöner, erschreckender Trip an den Rand des Aussprechbaren.
*****
My knife – it’s sharp and chrome
Come see inside my bones
All of the fiends are on the block
I’m the new king, I’ll take the queen
‚Cause in here we’re all anemic
In here – anemic and sweet…so…

Go get your knife, go get your knife
And come in
Go get your knife, go get your knife
And lay down
Go get your knife, go get your knife
Now kiss me

Oooh…well I can float here forever
In this room we can’t touch the floor
In here we’re all anemic
In here – anemic and sweet…so…

Dienstag 19.02.

Am zin / Running Out of Time

(Johnny To, HK 1999) [DVD, OmeU]

großartig

Am zin 2 / Running Out of Time II

(Law Wing-cheong, Johnny To, HK 2001) [DVD, OmU]

verstrahlt

Johnnie To steht über einem Fass, das mit neongrünem Glibber gefüllt ist, und wartet, dass der ihm aus der Hand geglittene Film wieder auftaucht. Als er es tut, hat dieser ein psychopatisch breites Grinsen im Gesicht. Hoffentlich war To genauso erschrocken wie der Zuschauer, der keine überschäumende Fröhlichkeitsparade erwarten konnte … eine Parade voll von Weißkopfseeadlern begleitete Zauberern, die nicht endende Fröhlichkeit und unendliche Plansicherheit besitzen, voll Gags aus dem ersten Teil, die ihre Grenzen an Albernheit auszureizen suchen, voll Polizisten voll Verständnis, voll Augenkrebs und meterlangem Schangel. Ein Film der einfach nur voll ist.

La noche de los mil gatos / Die Rache der 1000 Katzen

(René Cardona Jr., MEX 1972) [VHS]

verstrahlt

Lehnen Sie sich zurück. Genießen Sie … die Palmen, die warme, süße Luft, die halbnackten Körper, die schönen Gesichter, die Flüße, Pools und das Meer. Ab und zu wird ihnen Hugo Stieglitz zwar sagen, dass er Sie an seine 1000 Katzen verfüttern wird, aber haben Sie keine Angst, die Entspannung kommt in wenigen Minuten wieder und wird ewig dauern. Wieder die Palmen, die Luxusyachten, Nußschalen, Tempel, die Wiederholungen und die warme, süße Luft. Das schönste Urlaubsvideo der Welt aus denen ihnen verführerische Auge entgegen starren werden und in dem manchmal Haarsträubendes passieren wird, aber wie gesagt keine Angst. Genießen Sie.

Tenshi no kôkotsu / Ecstasy of the Angels

(Wakamatsu Kôji, J 1972) [DVD, OmeU]

großartig

Hatte Steven Russell zwei Filme weiter unten den ehelichen Beischlaf noch kurz unterbrochen, um mit seiner Frau seine Herkunft zu reden, so wird hier fleißig weiterdiskutiert, wie die Welt revolutioniert werden, wie die Terrorzelle organisiert werden muss, wie Einheit erzeugt werden soll, wo doch alle anderen in der Welt offensichtlich eine Macke haben.

Yabu no naka no kuroneko / Kuroneko

(Shindô Kaneto, J 1968) [DVD, OmeU]

großartig +

Ein Haufen Samurais vergewaltigen und töten zwei Frauen aufs brutalste. Sie kehren jede Nacht wieder und lauern am Rashômon-Tor Samurais auf, um sie in ihr Haus zu locken und ihnen ihr Blut auszusaugen. Raubkatzen der Nacht, deren Haus von der Kamera kaum festzuhalten ist. Der Wald zieht durch es durch und die Bilder zeigen Kulissen, die kaum greifbar scheinen. Irreale Bilder für die Ewigkeit.

Montag 18.02.

I Love You Phillip Morris

(Glenn Ficarra, John Requa, USA/F 2009) [TV]

gut +

Steven Russells (Jim Carrey) Leben ist eine Achterbahnfahrt. Vom vorbildlichen Leben mit Gott, Frau, Kindern und angesehenem Job zum Sex mit einem Schnauzbartträger der vehement die Ejakulation Stevens in dessen Arsch fordert mit einem Schnitt … mit einer Explizität, die wohl kaum jemand einem Hollywoodfilm selbst 2009 so zugetraut hätte. Sicherlich noch nicht in der Nähe eines Pornos, aber für eine deftige Pointe wird hier alles getan. Phillip Morris (Ewan McGregor) ist ein sympathischer Schatz, der in leuchtenden Farben und mit naiven Grinsen/naiver Entrüstung bösartige Herzenswärme versprüht, dass er einfach geliebt werden muss. Zwei Träumer treffen aufeinander, von denen der eine die Realität nicht sehen kann, während der andere sie nicht sehen will und sie sich lieber hinbiegt. Sobald Steven sich aber nur noch um das Geld kümmert und Phillip aus dem Film an den Herd gedrängt wird, da kommt der Ernst in die Geschichte, der trägt auch einen Bart, aber einen alten. Leider.

Sonntag 17.02.

Black Angel / Vergessene Stunde

(Roy William Neill, USA 1946) [DVD, OmeU]

gut

The Blood of Heroes / Die Jugger – Kampf der Besten

(David Webb Peoples, AUS/USA 1989) [DVD, OF]

gut

Große Teile des Films schlagen Menschen brutal aufeinander ein. Ohne erkennbare inszenatorischen Finesse. Einfach nur brutale, körperliche Gewalt. Zerrissene Bilder, die kaum zusammenzugehören scheinen. Die nur durch Blut zusammengekittet sind, nicht durch Inhalt und eine Geschichte. Doch wo DAY OF RECKONING alles überhöht und in einer Parallelwelt in Trance versetzt, da dümpelt JUGGER nur dahin.

Sonnabend 16.02.

Basic Instinct 2 / Basic Instinct – Neues Spiel für Catherine Tramell

(Michael Caton-Jones, D/GB/USA/E 2006) [TV]

ätzend

Ein Film wie ein vampirischer Schatten an der Wand. Untot zieht er seine Bahnen und saugt einem alles Leben aus. Nur die Dollarzeichen in den Augen der Autoren, der Darsteller, des Regisseurs lassen ihn nicht sterben und seine fürchterlichen Taten vollziehen. Ich fand es schwer das hier auch nur länger als 5 Minuten am Stück auszustehen, durchzustehen. Immer wieder weggeschallten und mich erholt und dann wieder zurück ins unfassbare Grauen. Warum?

Manhattan Baby / Amulett des Bösen

(Lucio Fulci, I 1982) [DVD]

großartig

Parapsychologe Adrian Mercato sagt, dass er gar nicht zu erklären braucht, was vor sich geht, weil es Professor George Hacker, dessen Tochter vom Bösen besessen ist, nicht verstehen würden. Der Zuschauer bekommt so ebenso eine Absage an eine Erklärung, eine Karte. Aber warum auch erklären und verstehen, was passiert, wenn es ungefiltert erlebt werden kann. MANHATTEN BABY ist eine wunderbare Trip durch Bilder und Stimmungen, der keinen Gedanken auf Rationalität verschwendet. Er will nur auf die Reise gehn…

Freitag 15.02.

Alien: Resurrection / Alien – Die Wiedergeburt

(Jean-Pierre Jeunet, USA 1997) [DVD, OmU]

nichtssagend

Joss Whedons Drehbuch ist vor allem eine Studie über die Unmöglichkeit der Kommunikation in der Postmoderne. Alle schmeißen mit abgestandenen One-linern um sich, die einerseits zeigen, dass sie so cool wirken wollen, wie die Menschen im Film, und andererseits, wie kläglich/normal sie wirklich sind. Verbunden mit der Optik und dem seltsamen, selten funktionierenden Witz Jeunets wäre das alles ganz spannend, wenn nicht plötzlich das halbmenschliche Alien mit dem Dackelblick auftauchen würde, dass selbst noch im Tod immer kurz davor steht „Mama?!?“ weh zu klagen. Mit ihm erleidet ALIEN: RESURRECTION einen unglaublichen Facepalm-Schiffbruch.

Die Schulmädchen vom Treffpunkt Zoo

(Walter Boos, BRD 1979) [DVD]

großartig

Petra (Katja Bienert) hat einen monumentalen Mutterkomplex. Kein anderer als Junkie Mick kommt ihr in Kopf, Herz und Schritt. Hilflos rennt dieser seinem H hinterher und schafft es nicht sich zu prostituieren oder anderweit Geld zu besorgen. Für ihn klaut sie Geld und guckt sich Frauen an, die auf gesattelten Männern durch eine Wohnung reiten. Alle anderen sind Luft für sie. Walter Boos nimmt sich aber allen an, den Zurückgelassenen und den Menschen am Rand, die vll nicht das Drama wie die Kinder vom Bahnhof Zoo zeigen, aber es in sich tragen. Boos spielt mit Jux und Klischees und zeigt eine Jugend auf der Suche, ohne sie unter die Lupe zu pressen. Überall stehen offene Enden und unausformulierte Dramen, welche die Geschichten über den Film hinaus Leben einhauchen.

Le sucre / Zucker, Zucker!

(Jacques Rouffio, F 1978) [DVD]

nichtssagend

Der deutsche Trailer verspricht ein Meisterwerk … der Film selbst ist nicht von dieser Welt.

La puritana / Act of Revenge

(Ninì Grassia, I 1989) [VHS]

ok

Leider ist LA PURITANA nicht so zügellos und kämpferisch wie die Hauptdarstellerin, sondern … puritanisch.

Chinmoku / Silence

(Shinoda Masahiro, J 1971) [DVD, OmeU]

gut +

Bei der britischen Verkaufsamazone gibt es eine Rezension, die mit „Japan 1, Christians 0“ betitelt ist. Was bleibt da noch über diesen Film zu sagen, der aussieht wie eine Mischung aus SHOGUN und einer dieser alten Dokus, die auf Bayern 3 alpha laufen?

Grand Hotel / Menschen im Hotel

(Edmund Goulding, USA 1932) [DVD, OmU]

gut

Donnerstag 14.02.

Una pistola per Ringo / Eine Pistole für Ringo

(Duccio Tessari, I/E 1965) [DVD, OmU] 2

großartig +

Das sehnsuchtsvolle Titellied ist wahrscheinlich auf Ringo (Guiliano Gemma) gemünzt, den unbesiegbaren Revolverhelden, der nicht haltlos durch den Westen zieht, weil er es möchte, sondern weil er keinen Platz findet, wo er nicht herausgefordert wird, wo er nicht einfach nur mit Kindern Himmel und Hölle spielen kann, wo er sich seiner Liebe hingeben kann. In dieser wunderschönen, schmerzhaften Melodie steckt aber auch die Verlorenheit der Schwachen, der Leibeigenen, die der Spielball der Mächtigen sind. Die Banditen, die sich auf einer Farm verschanzt haben und fast beiläufig alles bis dahin über den Haufen geschossen haben, töten die Feldarbeiter auf möglichst sadistische Weise, um sich zu unterhalten, und erkennen gar nicht, dass die Offiziellen in Form von Gesetzeshütern, Großgrundbesitzern, Bankbeamten usf. es nicht mal im geringsten juckt, dass dieser marginale Abschaum Blei fressen muss. Im Angesicht seiner Umwelt ist Ringos Gier noch die am wenigsten verlogene Moral. Duccio Tessari lässt die Kamera durch eine Welt schweben, in der alles verloren ist. Seine Bildern sind von Gewehren gerahmt. Brutalität kommt noch aus dem totesten Winkel. Und Morricones Thema zieht über diese perverse Welt hinweg und offenbart erst wie schlimm es um sie steht. Wer will da nicht am Ende lieber mit etwas Geld wegreiten, als sich diesen verlogenen Edelmütigen anzuschließen?

Sonntag 10.02.

Lovelace

(Rob Epstein, Jeffrey Friedman, USA 2013) [DCP, OF]

ok

Die zwei Seiten des kurzen, glamourösen Lebens der Linda Lovelace. Die Geburt einer Pornodarstellerin voll wenig ernstzunehmendem Spaß in einer comichaften Welt. Und danach der gleichzeitige Untergang einer Pornodarstellerin in einer düsteren Welt aus Gewalt, Missbrauch und grenzenloser Einsamkeit. Die Trennung dieser beiden Ebenen, soll wohl im zweiten Teil schockieren, aber all das wird so lieblos vorbereitet, dass es nicht nur abzusehen, sondern vor allem witzlos ist. Hank Azarias Fiffi hat aber einen Nebendarsteller-Oscar verdient.

Hayatboyu / Lifelong

(Asli Özge, TR/D/NL 2013) [DCP, OmeU]

ätzend

Ein Film, der mich überlegen lässt, ob ich zwischen „ätzend“ und „nichtssagend“ die Kategorie „Kunst“ einführen sollte. Doch dieser Langweiler, der Realismus, Kunst und Symbolismus auf so bornierte Art zur Karikatur entstellt, der sich für dezent hält, aber nur lächerlich offensichtlich ist, ist einfach nur ätzend.

Het mysterie van de Mondscheinsonate

(Kurt Gerron, NL 1935) [35mm, OmeU]

nichtssagend

Der Inspektor ist fast schon eine Satire auf die allwissenden, unerschütterbaren Schnüffler der Filmwelt und hat einige Lacher auf seiner Seite. Aber sonst schleppt sich HET MYSTERIE VAN DE MONDSCHEINSONATE größtenteils ideenlos dahin.

M

(Joseph Losey, USA 1951) [35mm, OF]

großartig

Interessante Version des Lang-Klassikers. Die Verlegung nach L.A. zieht einen leichten Mafia-, Polizeifilmeinschlag nach sich. Hat vll nicht dieselbe Kraft, wie das Original, aber der masochistische Kindermörder, der unkontrollierbare Mob, der sich selbst überschätzende Mobster und die erschreckend effektiv arbeitende Polizei machen auch die Version zu einem Erlebnis.

Edward Krasinski’s Studio

(Babette Mangolte, USA 2012) [digital]

nichtssagend

30 Minuten lang Bilder aus dem ehemaligen Studio von Edward Krasinski, das heute ein Museum seiner Werke ist. Ganz nett, wenn nicht der Ton wäre. So krampfhaft alltäglich, so verlogen, so ernsthaft, alles in eine leere Kunstsoße ziehend. Der Berlinale Kunstbetrieb bleibt mir weiterhin verschlossen.

Déjeuner chez Gertrude Stein / Lunch with Gertrude Stein

(Isabelle Prim, F 2013) [digital, OmeU]

nichtssagend

Eine etwas zu keimfreie Version hiervon.

Pièges / Mädchenhändler

(Robert Siodmak, F 1939) [35mm, OmeU]

großartig

Drei Episoden auf der Suche nach einem Frauenmörder. Der manische Erich von Stroheim, die den deutschen Titel gebenden Mädchenhändler und der tatsächliche Mörder, alle werden sie gejagt, während Maurice Chevalier immer wieder über die Liebe singt. Gegen Ende geht PIÈGES etwas die Luft aus, aber Siodmak hat bis dahin ein Feuerwerk des Wahnsinns und der Lebensfreude abgefeuert, dass dieses beruhigende Ende Zeit zum Luft holen lässt.

Sonnabend 09.02.

How Green Was My Valley / So grün war mein Tal

(John Ford, USA 1941) [35mm, OF]

gut

Wie in einem großen, barocken Familienroman ist HOW GREEN WAY MY VALLEY vollgestopft mit Geschichten, Konflikten und Liebe. Eine walisische Bergbaufamilie, ein Elternpaar mit 5 Söhnen und einer Tochter, muss erleben wie ihre Heimat immer mehr verkommt. Nachdem die Löhne der Kumpel gekürzt werden, zieht der Arbeitskampf im Tal ein. Die aufkommende Industrialisierung überzieht den Himmel und die Herzen der Menschen zunehmend mit Ruß. Sehnsüchtig schaut der jüngste Sohn Huw (Roddy McDowall) zurück und malt ein gleichzeitig naives wie komplexes Bild der Vergangenheit, der er mindestens mit einem Auge nachtrauert. John Ford wiederum lässt Huws Blick bildgewaltig vor dem Auge des Zuschauers auferstehen und vorbeiziehen (denn nichts bleibt wie es ist). Prallgefüllte 2 Stunden, die an einem vorbeifliegen, die viel anreißen, aber nur selten ausformulieren. 2 kunstvoll erzählte Stunden, die zuckersüß sind, wie ihr „Hauptdarsteller“, die vll ein wenig zu sehr vor den Schrecken zurückschrecken.

Ergens in Nederland

(Ludwig Berger, NL 1940) [35mm, OmU]

nichtssagend

Mitunter voller Ideen und tollen Szenen, die aber im großen trüben Ganzen etwas zu rar gesäht sind, in diesem föhlichen Schwank über das schöne Militärleben.

None Shall Escape

(André De Toth, USA 1944) [35mm, OF]

großartig

Ein Kriegspropagandafilm, der sich nicht nur in Platitüden übt. Der vor allem das Übel der Nazis nicht in Deutschland verortet, sondern im Menschen. Der nicht nur den Kampf in Europa fordert, sondern eine viel tiefer liegende Bedrohung auferstehen lässt.

Peter, das Mächen von der Tankstelle

(Hermann Kosterlitz, H/A 1934) [35mm, OmeU]

großartig

VIKTOR/VIKTORIA in gut. Ein Mädchen wird für einen Jungen gehalten, weil sie keinen Rock anzieht. Wer kennt es nicht. Das gibt natürlich viel Anlass für Verwechselungen und schlüpfrige Witzchen, doch statt betulicher und angestaubter Schenkelklopfer gibt es naiven Spaß.

Onna / Woman

(Kinoshita Keisuke, J 1948) [35mm, OmeU]

(großartig)

Ein zu kurze Nacht verhinderte, dass ich diesen dem Anschein nach tollen, seltsamen Film ganz genießen konnte. Schrecklich, bei einem so seltenem Werk auch noch.

Donnerstag 07.02.

Seppuku / Harakiri

(Kobayashi Masaki, J 1962) [blu-ray, OmU]

fantastisch

Kobayashis Anitsamurai-Samuraifilm. Einer dieser ehrenvollen Kämpfer, der nichts mehr vom Leben erwartet, der mit dem Bushidō abgeschlossen hat, sitzt in dem Hof eines Daimyōs. Der Hof gleicht einem Steingarten. In der Mitte eine Matte und rund herum Kiesel, die akurat gefegt wurden. Überall herrscht Ordnung und aufgeräumte Schönheit. Doch würde sich jemand die Mühe machen etwas Unordnung in die Steine zu bringen, etwas zu graben, würde er auf Blut treffen, auf abgeschnittene Zöpfe, auf verlorene Träume. Kobayashi macht sich diese Mühe und schaufelt mit knackigem Schwarz-weiß, Ballet-artigen Kämpfen, Zooms, Geraden und Schrägen meditativ im Herz seines Landes. Manchmal platzt es eruptiv aus ihm raus und der Gore überzieht die Leere, die hinter dem System auftritt. Wie so viele japanische Filme kämpft hier das Individuum gegen ein übermächtiges System von Ordnung und Schönheit und muss zwangsläufig scheitern. Doch im Kampf und Scheitern findet es seine Würde, die sogar Hoffnung ausstrahlt.

Mittwoch 06.02.

Flashdance

(Adrian Lyne, USA 1983) [DVD, OmU]

fantastisch

Eins dieser schönen Eszterhas-Drehbücher, die einen Plot umschiffen. Die ganzen Klischees eines Tanzfilmes werden bedient, aber wie nebenher. Sie sind egal. Unmengen an Charakteren und Typen tummeln sich in den riesigen Lücken der Geschichte. Diesen wunderschönen Lücken voll Licht, Wärme und Nässe. Asketen kommen hier nicht auf ihre Kosten. Jedes Bild ist wie gemalt und sagt mehr über die Menschen aus, als es die klischeehaften Dialoge könnten. Gefühle statt Ratio. Tanz statt System.

Dienstag 05.02.

Sacha l’ours

(Henri Desaunay, F 2012) [DVD, OF]

fantastisch

Ein melancholisch-sleaziger Bär, eine junge Frau, die im Wald lebt und noch nicht viel vom Leben mitbekommen hat, ein Jäger, der das Leben jagt, der lieber nichts mit Frauen hat, weil die Aura seiner Potenz dann in Gefahr sein könnte, ein Wald voll Expressionismus und düsterer Romantik, Wolken aus Watte, eins der exzentrischsten Häuser der Welt, die bisher beste Kurzfilmeinreichung des diesjährigen cellu l’art, die ich sah.

Hard Car – Desiderio sfrenato del piacere / Liebe auf Asphalt

(Giovanni Amadei, I 1990) [DVD]

großartig

Italien besteht nur aus einer Stadt, einem kurzen Autobahnstückchen, dass immer aus dem Fenster zu sehen ist. Ein Traum ohne irdische Grenzen. Ohne Hektik. Voll Wiederholungen, Wiederkehrungen.

Sonntag 03.02.

I bastardi / Der Bastard

(Duccio Tessari, I/F/BRD 1968) [blu-ray]

großartig

Mit der Pistole in der Hand zieht der zarte Schönling Guiliano Gemma durch wunderschöne Bilder und zeigt einem jeden, wie hinreißend Skrupellosigkeit sein kann. Entspannt und entspannend. Nichts passiert zwischen den kurzen Schlaglichtern von Gewalt, Degeneration und Verrat. Zumindest fast nichts. Eine schockgefrorene Familiensoup, eine zarte Liebesgeschichte und viel Landschaft füllen die Geschichte. Lange Aufnahmen von Nichtigkeiten, die wie eine Taschenlampe im Dunkeln sind. Ehe ein Gesamtbild entsteht, sind die Batterien alle. DER BASTARD trübt dahin und nimmt sich keine Zeit Zusammenhänge, Charaktere oder Geschehnisse zu erklären. Menschliches Miteinander als hysterisches Theater, dass keinen Fokus kennt. Was passiert, kann ein jeder selbst entscheiden.

Sonnabend 02.02.

The Man in the White Suit / Der Mann im weißen Anzug

(Alexander Mackendrick, GB 1951) [TV] 2

gut

Der zweiten Weltkrieg hat die Sensibilität dafür zerstört, dass (auch) Mode Menschen zum Kauf von Klamotten anleitet. Die anstehende Umweltkatastrophe hat niemand auf dem Schirm, in diesem Film mit wunderschönen Bildern, einem leuchtenden Anzug und etwas Witz.

If…

(Lindsay Anderson, GB 1968) [DVD, OmeU] 2

großartig +

Freitag 01.02.

Universal Soldier: Day of Reckoning

(John Hyams, USA 2012) [DVD, OmU]

großartig +

Ein Film wie ein Betonpfeiler. Hier gibt es nichts zu lachen. Terror, der sich in einen Alptraum verwandelt. Erst der Schrei nach Rache, dann der Verlust von allem, außer dem Quentchen Hoffnung, in einer Welt, die nur aus korrupten Politikern, Demiurgen und willenlosen Sklaven zu bestehen scheint, einen Weg der Freiheit zu finden. Einen Weg der gesäumt ist von zerschlagenen Schädeln, durchschossenen Schädeln und malträtierten Schädeln. Van Damme und Lundgren sind wie Wesen aus einer H.P. Lovecraft Geschichte, aus der Zeit gefallene Kreaturen, deren Herkunft vor der Bemessung der Zeit liegt, die nur noch als Nachtmahr durch die Köpfe von willenlosen Träumern geistern. Die über der Szenerie thronen und ihre Greifenkrallen in die Schädel, in die Augen von jedem schlagen, der ihnen zu nahe kommt. Schweißtriefende, muskelbepackte Männer schreien sie an, bejubeln sie, fühlen sich von ihnen in eine Freiheit geführt, die entgegen ihrer Euphorie ihnen ihren Willen, ihre Seele nicht wiedergeben wird, sondern sie in ihren Fesseln belässt. Nur Scott Adkins, charismaloser Hauptdarsteller ohne eine Spur von Leben, stolpert wie im Nebel durch den allgegenwärtigen Stacheldraht und scheint sich nur die Haut blutig zu reißen. Vll hat er wirklich Grund zur Hoffnung auf Freiheit, weil er keinen Geist zum versklaven hat. Ein Alpdruck, dessen Schatten von der Leinwand herunterkommt und mit Eisenketten nach dem Zuschauer greift. Leni Reifenstahl hätte sich angewidert abgewendet, von all dem Schmutz, der Hässlichkeit. Beklemmungen statt Verführung. Destilliertes Unbehagen mit Gewalt, Blut und Schädelstückchen. (Und die fürchterlichen Wimpernschläge bei den POVs werden zum Glück auch schnell sein gelassen. Die ENTER THE VOID-Hölle wird vermieden. Wer sieht sich denn blinzeln?)

Once Upon a Time in Mexico / Irgendwann in Mexico

(Robert Rodriguez, USA 2003) [DVD, OmU]

nichtssagend

Ich kann wohl nichts mit Robert Rodriguez‘ Kino anfangen. Johnny Depp als extrem eitler, schrulliger Pfau, ist nicht halb so schrullig und pfauig(?) wie die Inszenierung.

Januar
Dienstag 29.01.

Haywire

(Steven Soderbergh, USA 2011) [blu-ray, OmU] 2

großartig +

Nachts in den Irrgarten zu gehen ist noch schöner, weil sich dann vielmehr fallengelassen werden kann. Sagt zumindest Mathieu Kassovitz zu Gina Carano. Die ewigen Gänge von Barcelona und Dublin sind ebenso ein Irrgarten wie HAYWIRE selbst einer ist. Nicht weil die Geschichte so verschlungen erzählt ist, voller Ellipsen und Unklarheiten. Das ist eher noch der uninteressanteste Irrgarten. Aber wie die Bilder über die Leinwand schweben, da kann sich fallengelassen und verloren werden. Gerade deshalb kann der althergebrachte Plot, der schon tausendmal erzählt wurde, Auftragskiller wird von seinen Chefs verraten und rächt sich, dermaßen transzendiert. HAYWIRE ist bei aller kalter, klarer Erzählung einladend und ruhig. Oberflächlich sieht er aus wie ein Designermöbel aus Leder und Stahl, aber tatsächlich ist er aus Holz und atmet.

Montag 28.01.

Ghost World

(Terry Zwigoff, USA 2001) [TV] 4

gut +

Je älter ich werde, desto weniger glaube ich, dass ich wie Seymour enden werde. Das ist einerseits beruhigend, andererseits nimmt es GHOST WORLD seinen Schrecken, den er immer auf mich ausübte. Vielleicht gefällt mir diese Welt der Geister auch nicht mehr so wie früher, weil er immer mehr einfach nur noch nett ist. Aber trotzdem ein schöner Film über Abgeklärtheit als Schutz vor Verletzungen. Sarkusmus als Schutzschild gegen eine Welt, in der sich niemand geborgen fühlt. Und ein Film über einen Plattensammler, der einfach weiterkämpft für sein Recht auf Gefühle, auch wenn er eine Niederlage nach der anderen einsteckt. Ein Held, ein trauriger Held, der sein Leben mit Dingen füllt, weil er Menschen nicht versteht. Ein Held für Enid, die am Schneideweg steht.

Sonntag 27.01.

Das darf doch nicht wahr sein!

(Reginald Puhl, BRD 1973) [VHS]

radioaktiv

Ein hagerer alter Mann hüpft wie Rumpelstilzchen nackt um zwei nackt am Boden liegende junge Damen und wirft Walnüsse nach ihnen. „Ich knack noch jede Nuss“, ruft er wie ein Mantra. Erst am Ende dieser Szene, auf die voll Geduld minutenlang gehalten wird, wird es eine Erklärung dafür geben. Ich saß da und fühlte mich während DAS DARF DOCH NICHT WAHR SEIN!, als ob ich auch vor diesem Mann saß und Walnüsse auf mich geschmissen wurden. Nicht der Witz ist umzingelt, sondern er umzingelt einen. Ein Witz der abgestandene Kalauer wie gute, feiste Unterhaltung aussehen lässt. DAS DARF DOCH NICHT WAHR SEIN darf nicht wahr sein, aber er ist es. Der Bodensatz eines Richard Lester-Films, der untot vom Bildschirm flackert und einen an der eigenen geistigen Gesundheit zweifeln lässt. Wenn es die Aufgabe eines Filmes sein sollte, einen sprachlos entsetzt kichern zu lassen, dann ist dies ein wirklich guter Film.

Der Wilderer vom Silberwald

(Otto Meyer, BRD 1957) [DVD]

großartig

Rudolf Lenz als Verzichter vorm Herrn, der mit sanfter verständnisvoller Stimme und fest umschmiegender Hand die Probleme der Welt löst. Und die sind im Silberwald mannigfaltig. Manchmal sieht er aus wie in einem Noir, manchmal wie eine warme, gemütliche Wiege von Schönheit und Verderbnis. Der österrische/deutsche Wald als eigentümlicher Ursprung alles Guten und Bösen. Ein Zwischenwelt in der selbst naive berliner Jungen sich ohne Probleme wie Jerry Lewis fühlen können, triste Kinder noch trister als bei Godzillaangriffen sind und Schmerz und Liebe wie Splitter unterm Nagel vor sich hin altern.

How to Undress in Front of Your Man

(Gary Graver, USA 1970) [VHS]

verstrahlt

Das Sexabitur

(Jürgen Enz, BRD 1978) [VHS]

verstrahlt

Das ewige Rein-Raus-Spiel. Leider kann Enz gedankt werden, dass er vergleichsweise uneklig in seiner grenzenlosen Trübnis inszenierte. Es ist schon erstaunlich, wie er Sex wie einen Scheit Holz aussehen lassen kann.

*****
Nachdem Anna ihr Sexabitur gemacht hatte und ich 13 Filme in 3 Nächten gesehen hatte, endete der 9. außerordentliche Filmkongress des Hofbauer-Kommandos für mich … der Kongreß der Katastrophen. Vertreibung, von mir verursachte Eisteefluten über das HK-Archiv oder Feueralarm (wohl durch einen Witzbold). Aber auch der Kongress mit Verzicht und Sleaze in der realen Welt … einer Bar. Was wohl die Montagnacht bringt?
*****

Sonnabend 26.01.

Eisenhans

(Tankred Dorst, BRD 1983) [35mm]

ok +

Die Grenze zwischen BRD und DDR läuft hier durch eine Küche. Wie eine Wasserader lässt sie den Boden in ihr durch aufgeschwemmte Erde aufplatzen und verwandelt den eh schon unsterilen Ort in einen Sumpf. Im Niemandsland zwischen den Grenzen lebt der Eisenhans und ist ein ottonormaler Trampel, wie sie die Welt schon ewig bevölkern. Der einzige Unterschied ist seine etwas große Liebe zu seiner geistig behinderten Tochter. Immer wieder quellt auch die deutsche Miefigkeit aus ihm hervor. Dorst vergisst zu oft seine teilweise verträumte Bildsprache und lebt wie der Verlag der Autoren von der deutschen Provinzialität, die er voll Faszination und Ekel betrachtet.

Häschen in der Grube

(Roger Fritz, BRD 1969) [35mm]

fantastisch

Nach EISENHANS kam gleich der nächste Vater, der seine Tochter zu sehr liebt. Die imdb führt HÄSCHEN IN DER GRUBE als Komödie. FUNNY GAMES steht bei der hiesigen Müller-Drogerie unter Erotik. Wenn es noch mehr Beweise dafür braucht, dass Menschen Filme unterschiedlich sehen, dann weiß ich auch nicht mehr. Auf jeden Fall dafür, dass der Vater mit seiner pubertierenden Tochter des Nachts nackt im Bett liegt, ist der der Film lockerleicht und voller … ich mag es kaum aussprechen … Unschuld. Selbst wenn aus dem beiläufig erzählten Reisebericht zunehmend ein Coming-of-Age-Film voll surrealer Momente und Horrorelemente wird, weiß es Fritz mit traumwandlerischer Sicherheit das Erwachsenwerden als süßen Pflock ins Herz zu inszenieren.

Ichijo Sayuri: Nureta yokujo / Wet Desire

(Kumashiro Tatsumi, J 1972) [DVD, OmU] 2

großartig

WET DESIRE täuscht etwas über eine Stunde vor, das da eine Handlung wäre. Natürlich passieren Dinge, die in irgendeiner Verbindung stehen. Aber sie delirieren nur eine Geschichte in der eine Stripperin von Neid getrieben die Königin der Stripperinnen zu kopieren und zu verspotten versucht. Tatsächlich kommt sie nie aus der eigenen Egozentrizität hinaus und foltert sich und ihre Männer minutenlang in bedeutungslosen Szenen mit dem Gefängnis ihrer selbst, das sich in Sex und Straßenschlenderszenen offenbart.

*****
Wollte ich schon seit Jahren sehen und ich habe mich für ihn stark gemacht, nur um eine Minute vor dem Film zu erfahren, dass ich ihn bereits kannte. Wie das Leben so spielt.
*****

The Scavengers

(Lee Frost, USA 1972) [VHS]

gut

Rotten to the bone. Die Männer darin, wie der Film selbst. Die Frauen sind natürlich nur Tugend und Opfer in einer Welt der männlichen Verkommenheit. Warum nur dürfen sie nicht am allumfassenden Inferno teilnehmen?

Intimo profondo / Intime Affären

(Salvatore Bugnatelli, I 1989) [VHS]

großartig +

Bei meinem ersten Kongress kam ein Film namens TESTAMENT DER BEGIERDE. Ich verliebte mich sofort in Joe D’Amato, auch wenn ich es erst langsam merkte, was vor allem daran lag, dass ich einfach nur von diesem Film verstört war, in dem niemand sich an Gesetze des guten Filmemachens hielt, sondern seine eigene Vision der schäbigen Entspanntheit frönte. INTIME AFFÄREN setzt da im Grunde noch eines drauf, mit all den sexsüchtigen Maulwürfen, die wohl nur in der Phantasie dieses schamlosen Regisseurs all diese Frauen von ihrer sexuellen Allmacht überzeugen können. Auch der Einschub mit dem 2 Minuten-Thriller, der alles umdeutet, lässt nicht gerade auf hohe Kunstfertigkeit, sondern auf Frivolität schließen. Mit anderen Worten suuuper.

Natascha – Todesgrüße aus Moskau

(Hans D. Bornhauser, BRD 1977) [VHS]

(gut)

Nur das Anfang, die Mitte und das Ende dieses Amateurfilms gesehen, der nach einem Projekt einer 12. Klasse aussah … in Drehbuch und Inszenierung. Toll, nur der Wahnsinn hat etwas gefehlt.

Freitag 25.01.

Bobbie Jo and the Outlaw / Sie nannten ihn El Lute

(Mark L. Lester, USA 1976) [35mm]

großartig

Ein dreistes Rip-off von BONNIE AND CLYDE. Aber auch der bessere BONNIE AND CLYDE mit unserem liebsten ehemaligen Wunderkind-Erweckungsprediger. Er spielt einen jungen Aufschneider, der lieber von der Polizei gehetzt durch den ganzen Südwesten der USA hetzt, als bieder zu leben. Drüber nachdenken, was er tut, tut er nicht. An seiner Seite spielt die spätere „Wonder Woman“ Lynda Carter eine junge Frau, die sich lieber in der Hitze eines Aufschneiders sonnt, als bieder zu leben. Die Blut leckt und sich zunehmend selbst in die Glut schmeißt, um der Welt zu zeigen, wie viel aufregender es ist, Menschen zu töten, als Pommes an einem Drive-in zu servieren. Mit Schwester und einem anderen biedereren Aufschneider im Gepäck plündern sie die Läden und Banken dieser Welt auf der Suche nach Ehre, Liebe und dem ultimativen Kick … verfolgt von den Trüblingen dieser Welt in Form von Sheriff Hicks, diesem selbstherrlichen Anti-Lausbuben der Tristess.

For Men Only / Der Porno Graf von Schweden

(Pete Walker, Günter Hendel, GB/BRD 1968) [35mm]

gut

Spritzige Farce um den Modejournalist Freddie, der bei einem Medienmogul landet, der sich nach außen auf dem Kreuzzug gegen die Sittenlosigkeit seines Landes und seiner Zeit befindet, aber in seinem Herrenhaus wilde Partys mit unzähligen halbnackten Frauen feiert. Freddie landet dabei mitten in eine Verwechslungsparade voll ungebetener Gäste. Doch Pete Walkers Film war für die Deutschen zu kurz, weshalb Poet Günter Hendel FOR MEN ONLY mit eigenen Szenen und seinem eigenen Antlitz auffüllt, um WARTEN AUF GODOT sein filmische Äquivalent zu verpassen. „Wo ist Freddie?“ fragen sich die nicht in die Realität integrierten Partygäste und bekommen von einem Pfeife rauchenden Miefgott nur die Antwort, dass es niemand wisse. Niemand kann es wissen, da ein Riss durch die Welt geht, der die Menschen auf immer voneinander trennt, auch wenn sie sich so nah scheinen.

Joë Caligula – Du suif chez les dabes / Joe Caligula – Abgrund der Nackten

(José Bénazéraf, F 1966) [DVD, OmeU]

großartig +

Sobald Joë Caligula (Gérard Blain ein Jahr nach NEGRESCO**** zehn Jahre jünger) ins Bild kommt, setzt er eine Sonnenbrille auf. So langsam, elegisch, lässig wie möglich. Neurotisch sucht er seine Coolness zu zementieren, sobald er Augen auf sich fühlt. Und da er dies oft tut, muss er verschroben bemühte Gesten von Dominanz und Lässigkeit folgen lassen, die keinen Keim von Zweifel an ihm aufkommen lassen. Er zieht mit seiner Gang in den Krieg gegen die alteingesessene Gangsterwelt Paris‘, die bestehende Welt, gegen die eigene Uncoolness. Bénazéraf taucht seine Welt in Schweigen, Kälte und effekthascherische Taten, woraufhin sie zerrissen wird und selbst ihrem Hauptdarsteller die Tränen in die Augen treibt, die nicht mehr durch eine Sonnenbrille verdeckt werden. Es ist irgendwann einfach egal.

Linda / Die nackten Superhexen vom Rio Amore

(Jesús Franco, E/BRD 1981) [DVD]

gut

Das Karussell von Himmel und Hölle. Ein Puff, in dem kein Mensch glücklich sein kann, egal wie viel er stöhnt und frohlockt. Katja Bienert lebt zwischen den Qualen ihrer zur Hurerei versklavten Schwester Ursula Buchfellner in Bildern des Glücks und der Liebe. Welchen Wert das Glück des Einzelnen in einer grausamen, perversen Welt hat, könnte sich Jess Franco gefragt haben. Vielleicht wollte er auch nur ordentlich schmieren.

Mittwoch 23.01.

Yao jie huang hou / Bugis Street

(Yonfan, SGP/HK 1995) [DVD, OF] 2

fantastisch +

Was für Bilder! Was für Quatsch! Was für Gefühle! Was für Poesie! Was ein Film!

Dienstag 22.01.

Orson Welles – The One-Man Band

(Vassili Silovic, Oja Kodar, D/F/CH 1995) [DVD]

gut

Ausschnitte aus seinen nebenher geschossenen Filmen, ohne Budget aus dem Koffer heraus. Nur Ausschnitte aus einem verlorenen Film: THE OTHER SIDE OF THE WIND, und diese sind ultra. Es gibt Verhandlungen, dass er vll noch veröffentlicht wird, sicher ist es nicht. Aber es könnte sein mit Abstand bester Film sein. Als ob es ihn mit Cassavetes an die Straße nach Salina verschlagen hat.

Montag 21.01.

El páramo / The Squad

(Jaime Osorio Marquez, CO 2011) [DVD]

gut

Weder Zeit, noch Ort werden genannt. Ein Militäreinsatz, sonst ist nichts klar. Das Ziel erschließt sich nur langsam. Erstarrt blickt die Kamera/die Militärs an Gewehren entlang in einem immer dichter aufziehenden Nebel. Sie suchen nach Tätern. In einer gottverlassenen Einöde sind alle Soldaten aus einem Militärlager verschwunden. Nur eine Überlebende wird gefunden. Logbuch und kultische Überreste erklären sie schnell zur Hexe. Eine Hexe, die im Laufe des Films die Vorurteile, Traumata, Ängste, Eitelkeiten und den Hass der kleinen Truppe freisetzt. Die Gruppe wird zusehends minimiert und zusehends liegen die Nerven blank. Das Lager verwandelt sich in einen Kessel knallharter Klaustrophobie. Allen Beteiligten wird zusehends das Herz ersticken. So ist mehr noch als ihr Leben ihr Verstand bedroht. Vielleicht ist sie es. Gegen Ende, wenn sich die graue Landschaft immer mehr in eine Vorhölle verwandelt hat, durch die entmenschlichte Menschen mit Waffen streifen, dann hat „The Squad“ einen ruhigen, bedrohlichen Sog erreicht, den er viel zu lange vermissen lässt. Denn bei allen Stärken braucht er einfach zu lange um aus den Puschen zu kommen. Es ist ein brutaler Makel in einem sonst wunderbaren Film. Die Lust überhaupt weiter zu gucken, kocht die Hälfte des Films nur auf halber Flamme. Wer aber dran bleibt, der wird zusehen können, wie die langatmige Oberfläche zerberstet und der Herr der Fliegen die Regentschaft erringen wird. (Logikfetischisten werden sagen, dass er unrealistisch sei. Ich sage, ja, ist ja auch ein Film.)

Fake Orgasm

(Jo Sol, E 2010) [DVD]

nichtssagend

Wird als Doku über Identität und Geschlecht, über Normalität und Küstlichkeit (Schein) vermarktet, ist aber das selbstverliebte Portrait von Lazlo Pearlman, der die Welt von ihren falschen Vorstellung befreien möchte. Seine Welt ist bevölkert von Menschen, die seine Weisheit verstehen und von welchen, die es nicht tun. Antworten interessieren ihn nicht, weil er alle hat, außer auf die Frage, wie er seine eindimensionale Performance so verändern kann, dass sie schockierend bleibt, auch wenn Leute einmal verstanden haben, wer/was/wie er ist. Nicht das er grundherraus unsympatisch ist, ganz und gar nicht, und es ist auch nicht so, dass es nicht einige wunderbare Momente in seinen Performances gibt, aber die reichen nicht aus um einen Film zu tragen, in dem er sonst nur da sitzt und seine Weltsicht erklärt und höchstens Gesprächspartner zu lässt, die seine Sicht unterstreichen. Jeder Diskurs wird erstickt, sobald er den Mund aufmacht. Zumindest in diesem Film, der inhaltlich wie ästhetisch nicht über eine beliebige Talkshow hinauskommt.

Bonjour tristesse

(Otto Preminger, USA 1957) [TV]

((((großartig))))

Zu spät zu Hause gewesen und durch Essen und Reden zu viel verpasst, um ihn bewerten zu können, eigentlich auch um ihn hier eintragen zu können, aber dann sagte Sabrina Z., der ich den Film nahe gelegt hatte, folgenden Satz am nächsten Morgen: „Raymond (der ewig charmante David Niven, ein Wolf im Schafspelz, Anm.d.V.) hat mich schon an Reno (ewig uncharmanter Lüstling und Sexualverbrecher aus HERBSTROMANZE, Anm.d.V.) erinnert.“ (♥), so geht grenzenloser Filmdiskurs.

Sonntag 20.01.

Nude per l’assassino / Strip Nude for Your Killer

(Andrea Bianchi, I 1975) [DVD, EF]

großartig

Was für eine Schmierbombe, mit der hier die Hauptrolle besetzt ist. Wo andere strahlende Helden inszenieren, stellt Andrea Bianchi einen all-italian Papagallo in das Zentrum eines Plots, der den Inszenierten fast so egal ist, wie den Inszenatoren. Obwohl, Zentrum ist natürlich übertrieben. Ein Spannungsbogen nicht zu erkennen. Durch schmierige Momente schlagen sich die Menschen, die mehr mit ihrer Lächerlichkeit und Verlorenheit kämpfen, als mit einer Bedrohung, welche sie immer aus dem Schlaf ihres Kampfes um den Anschein von Würde und Normalität reißt … einem Kampf, den sie immer wieder gegen den Wunsch ihre Begehren und Bedürfnisse zu erfüllen verlieren. Ein toller Film, der von seiner Atmosphäre und seinen Bildern lebt, die sogar die ultratrübe englische Synchro ertragbar machen, vor der mich Christoph warnte, aber die ich trotzdem durchlitt, weil ich die shameless-DVD vor der Warnung kaufte, als ich kurzzeitig dachte, dass die niemals die Originalspur weglassen würden. Ach ja, mit Darth Vader als Bösewicht.

Sonnabend 19.01.

Masters of the Universe

(Gary Goddard, USA 1987) [TV] 5

nichtssagend

Ich hatte eigentlich wichtigere Dinge zu tun, aber als bei diesem alten Favoriten im Vorspann Courtney Cox erschien, war ich gefesselt. Aber das lies auch sehr schnell nach. Naja, es ist ganz nett, aber uff … etwas weniger Knuffigkeit und etwas mehr Quatsch wären nicht das schlimmste gewesen.

Blade Runner

(Ridley Scott, USA 1982) [blu-ray, OmU] 5

fantastisch

Dauernd eingeschlafen. Fürchterlich. Aber das erste Mal von ihm erwischt worden. Es hat klick gemacht. Endlich war er mal beim Sehen so gut, wie ich ihn immer in Erinnerung habe. (Der Final Cut übrigens.)

Freitag 18.01.

Si da ming bu / The Four

(Gordon Chan, CHN 2012) [DVD, OmU]

nichtssagend

X-Men auf Chinesisch, nur dass sich niemand dafür zu interessieren scheint, einen Film zu machen, der verständlich ist. Aus irgendeinem Grund habe ich die Actionszenen zu einem beachtlichen Teil nicht nachvollziehen können, sprich welche Strahlen gerade von wem gerade ausgestrahlt wurden und wen sie aufhielten bzw trafen. Dazu wurden die Handlungsstränge irgendwie sehr stiefmütterlich bezüglich ihrer Nachvollziehbarkeit behandelt. Es passiert etwas und das war auch nicht weiter spannend. Die Helden lebten in einem fröhlichen Kindergarten der Güte und ab und zu kamen Menschen, die ihnen und dem Staat böses wollten, vermehrt ein Großhändler (der Kapitalismus), und dann passierte was mit Farben…

La cage aux folles / Ein Käfig voller Narren

(Edouard Molinaro, F/I 1978) [VHS, OmU] 2

ok

Teilweise funktioniert LA CAGE AUX FOLLES wie ein Zoo. „Kommen Sie herein und schauen sie sich diese drolligen Transen und Tucken an.“ Das zerstört leider, dass diese die sympathischsten Menschen und am nacheiferungswertesten role models sind und auch ab und zu wie solche behandelt werden.

Mittwoch 16.01.

Hakuchû no tôrima / Violence at High Noon

(Ôshima Nagisa, J 1966) [DVD, OmeU]

fantastisch

Vll der beste Film Ôshimas nach TOD DURCH ERHÄNGEN. Vll auch nur verkopfte oder gar nicht durchdachte Faxen. Kann ich bei ihm nie sagen. Was war das denn nur wieder?! Was geht nur in diesen Menschen vor? Ich hoffe, ich werde sie nie verstehen und sie immer mit mir tragen. Und auf jedem Fall wunderschön geschnitten.

Sonntag 13.01.

Le monache di Sant’Arcangelo / Die Nonne von Verona

(Domenico Paolella, F/I 1973) [DVD]

ok

Revolver

(Guy Ritchie, F/GB 2005) [DVD, OmU]

nichtssagend

Hahahaha, was habe ich lachen müssen. Eigentlich ein herrlich gescheiterter Film, der versucht eine Guy Ritchie Con-Action-Comedy mit MATRIX REVOLUTIONS, THE FOUNTAIN oder ähnlich esoterischen Mumpitz zu kreuzen, was größtenteils in die Hose geht und einen unter seinen Ansprüchen zerberstenden Haufen Coolnessformeln schafft, der nur marginal verstecken kann, dass er im Grunde nicht weiß, was er tut. In THE GLAMOROUS LIFE OF SACHIKO HANAI wird Sachiko furchtbar intelligent. Da der Drehbuchautor aber keine Ahnung hat, was schlaue Menschen so sagen oder wie sowas für den Zuschauer verständlich dargestellt wird, schmeißt das Drehbuch nur mit Namen um sich und täuscht höchst kläglich Intelligenz vor: „Einstein hatte unrecht“ ruft Sachiko ohne nähere Erklärung. Bei solchen Aussagen muss sie jawohl schlau wie Bolle sein. So ähnlich funktioniert auch REVOLVER. Er wirft mit verschwurbelten Theorien um sich, dass es nur so eine Freude ist. Es macht schon einen riesen Spaß, diesen scheiternden Versuchen einer Aussage zu folgen, die sich immer überdrehter in den eigenen Schwanz beißen und einen ratlosen Guy Ritchie offenlegen, der etwas zu sagen hat, aber der keine Ahnung hat wie. Sehr sympathisch. Viel Ambition, kaum Materie, verpackt in einen Gangsterfilm, in dem der große letzte Con eine verschwurbelte Rätselreise ins Ich ist … so zielstrebig erzählt, wie der ungeübte Versuch bei schweren Seegang einer Linie zu folgen. Die Linie gerät zum Glück auch schnell gänzlich außer Sicht. Leider gefällt sich Ritchie aber dabei sich hinter fernöstlichen Kalendersprüchen zu verstecken, die alles möglichst bedeutsam und mysteriös erscheinen lassen sollen, statt zu sagen, was er will. Egal wie wenig er es formulieren kann (wobei es im Grunde aber auch recht simpel ist, so von wegen das Ich ist eine Illusion, ein Schemen, der einen eitel dazu bringt es und seine Eigenschaften zu verteidigen, wodurch es zu einem einengendem Gefängnis wird, voll paranoider Verteidigungsspiegelspiele, grob). Zudem endet REVOLVER aber mit einer filmischen Bankrotterklärung sondergleichen. Einem Tritt in die Eier des eigenen Films gleichen die PhD-ler, welche den Film beschließen und dem Zuschauer erklären, was der Film sagen wollte. Die vorgeschobene Antwortgala für die Q&A-Bühnen dieser Welt und ihrer ewigen Frage, was der Regisseur/Drehbuchautor usw. mit dem Film denn sagen wollten, sind eine grausames Gemetzel … mit möglichst vielen Doktortiteln wird rumgeschmissen, damit auch niemand an dem Inhalt zweifelt. Vll hatte Ritchie Angst vor den Lachern der Trashgemeinde. Schämen sollen sie sich.

Sonnabend 12.01.

Savage Streets / Savage Street – Straße der Gewalt

(Danny Steinmann, USA 1984) [DVD, OF]

gut

Ein Film der postuliert, dass alle (Hetero-)Männer nur in die Hosen aller Frauen wollen, seien es Schuldirektoren, Polizisten oder Mitschüler. Dementsprechend inszeniert er Frauen auch nur als Eye Candy, die Sachen tragen, die perfekt zum runterreißen sind. Linda Blair liegt auch super unmotiviert nackt in der Wanne. Kein Problem solange sie den Machotypen den Arsch aufreißt, aber weil der Spannungsbogen zu unspannend wäre, wenn sie diese einfach nur umbringen würde, muss sie sich anscheinend gegen Ende in eine schwache, mitleidserregende Heulboje verwandeln (eine Frau laut dem Film?). Skandal. Außerdem haben Frauen hier scheinbar die genetisch verursachte Unfähigkeit Fäuste zu bilden. Seltsam.

Koi no tsumi / Guilty of Romance

(Sono Sion, J 2011) [blu-ray, OmU] 2

großartig+

Endlich die Langfassung gesehen. Der Sinn der Kurzfassung erschließt sich mir auch gar nicht. Sonst ein Fest aus Regen, Feuchte, Näße, Klammheit, Tropfen, Matsch und Schlamm. Das ist immer gut.

Freitag 11.01.

RoboCop

(Paul Verhoeven, USA 1987) [DVD, OF]

großartig +

Das Sichten von Verhoeven-Filmen wird langsam zu einer Liebesgeschichte.

Jian yu feng yun II: Tao fan / Prison on Fire II

(Ringo Lam, HK 1991) [DVD, OmU]

gut +

Bleibt deutlich hinter dem ersten Teil zurück, aber es ist natürlich wieder toll, wie virtuos hier Pupswitze auf Weltniveau dargeboten werden.

Donnerstag 10.01.

Basic Instinct

(Paul Verhoeven, USA 1992) [blu-ray, OmU] 2

fantastisch

Es ist, glaube ich, ganz einfach einen Film zu machen, der mir gefällt: ab und zu sollten die Bilder ordentlich in rot getaucht sein, Hauptpersonen, die ordentlich kaputt sind und nur noch marginal mit dem Leben klar kommen, sind von Vorteil und die Unsicherheit, dass es unmöglich ist sicher zu sein, was bei jemanden hinter der Fassade passiert, sollte zu einer dreckigen Paranoia hoch gepflegt werden … und schon „fantastisch“. Er ist sicherlich nicht komplex, eher recht simpel, aber er spricht zumindest meine Basic Instincts so an, dass ich ihn einfach lieben muss. Außerdem eine tolle Hommage an Brian De Palmas Hitchcock Rip-Offs und Bullitt.

Mittwoch 09.01.

Nickelodeon

(Peter Bogdanovich, GB/USA 1976) [DVD, OmU]

gut

Bogdanovich „verrät“ zwar die Nickelodeons an das Kino (weil er nicht aus seiner Haut kann?), aber die überdrehte, kaum erzwungene Naivität dieses Juxes übers Stolpern, Hinfallen, blauäugig absurdes Kämpfen und Schießen zwischen Edisons Patentmafia und unabhängigen Filmemachern ist gerade für 1976 wenig postmodernes Zitat, sondern liebevolle Aneignung. Die frühen Filme müssen gewesen sein, wie sie waren, weil die Welt damals war, wie in den Filmen. So will uns Bogdanovich dankbarerweise vormachen.

Nicht fummeln, Liebling

(May Spils, BRD 1970) [VHS] 2

fantastisch

Hauptdarsteller/Pseudosoph Werner Enke bewahrt den Film mit seiner Schnodderigkeit davor zu bollerig zu werden. Ein Vorbild in glühenden Farben, das den Tag damit verbringen möchte, bis Mittag im Bett zu liegen und den Rest des Tages darüber nachzudenken, wie es im Bett lag. Alles andere ist viel zuviel Action, da der alte Schwung hin ist. Trotzdem wird er in die Wurstomanie seiner Umwelt gezogen und landet beim Film, im Knast und in einem der magischsten Vorspiele, welches das Kino je zu sehen bekam.

Dienstag 08.01.

Jack Reacher

(Christopher McQuarrie, USA 2012) [DCP]

gut

An Werner Herzog ist sicherlich kein Synchronsprecher verloren gegangen. Sein The Zec ist aber trotzdem das Highlight dieser Geschichte über den verlorenen Sohn des A-Teams. Jack Reacher ist der Einzige, der für Gerechtigkeit sorgen kann. Ein Superman ohne Fehl und Tadel, was nervig wäre, wenn es nicht ganz so slick und witzig inszeniert wäre.

Glen or Glenda

(Edward D. Wood Jr., USA 1953) [TV, OmU] 3

großartig +

Ein unverschämtes Potpourri so vieler Arten Filme zu machen. Die (unverschämt lange) Traumsequenz läßt an Buñuel denken. Sie ist auch deutlich besser als L’ÂGE D’OR zum Beispiel. Die ganzen Stummfilmmomente, manchmal auch mit Voice-over. Als Glens Schwester ihn in ihren Klamotten erwischt und wie in einem Film von 1924 vom Terror geplagt vor einem Vampir zurückweicht und die Situation mit dem Schnitt auf einen Wasserspender gelöst wird. Unverschämt. Lugosi als Wissenschaftler, Gott und Chor in einem, der von einem Sessel aus Wahnsinn ins Publikum wirft. Der unverschämte Einsatz von Archivaufnahmen, statt von der Botschaft ablenkenden Handlungen. Der wissenschaftiche Teil mit seinen irrwitzigen Theorien, voll Naivität, Liebe und dem kindlichen Schrei nach Gerechtigkeit. Wie soll sowas für den schlechtesten Regisseur aller Zeiten sprechen, wenn zum Beispiel Ron Howard bekanntermaßen auch Filme macht.

Montag 07.01.

Miami Vice (Staffel 1 Folge 19) The Home Invaders / Tödliches System

(Abel Ferrara, USA 1985) [DVD]

ok

Vor kurzem hat mir jemand gesagt, dass die beiden Ferrara-Folgen von MIAMI VICE zum Abfahrensten gehören, was das amerikanische Fernsehen in den 80ern bereithielt. Mal von ein paar Dialogen abgesehen, sehe ich aber kaum Unterschiede zu MORD IST IHR HOBBY.

Sonntag 06.01.

The Leather Boys / Die Lederjungen

(Sidney J. Furie, GB 1964) [DVD, OF]

fantastisch +

Wie nebenher gedreht. Diese unfassbare Leichtigkeit, die aber immer spielerisch alle Momente einfängt, wo einem das Herz bricht, wo das Leben schön ist, ein Abenteuer oder auch eine Qual … voll von ganzen Welten von Unausgesprochenem, die mal mehr, mal weniger offensichtlich sind. Vll einer der schönsten, unaufgeregtesten, wahrhaftigsten (was auch immer das sein soll) Filme über das Leben selbst.

Gli ultimi giorni di Pompei / Die letzten Tage von Pompeji

(Mario Bonnard, Sergio Leone, I/E/BRD 1959) [DVD] 2

großartig

Steve Reeves lächelt zu Beginn als er eine Frau rettet und sie ihm schon verliebt dankt. Dieses Lächeln ist wunderbar. Als ob er noch nie vom Konzept eines Lächelns gehört hat und es nun sofort umsetzen muss. Manch ein Schauspieler nutzt diesen Ausdruck um darzustellen, dass ihm eine Kokosnuss auf den Kopf gefallen ist. Solche Details ziehen einen zusammen mit all diesen Sätzen und Weisheiten (Wunden, die wehtun, töten einen nicht.), die zu Beginn am Laufband präsentiert werden, in dieses sympathische kleinen Welt der Naivität.

Bronson

(Nicolas Winding Refn, GB 2008) [blu-ray, OmU]

großartig

Filme, die auf wahren Begebenheiten beruhen, sind die Krätze des Kinos. Sie gehören zum Schlimmsten, Unausrottbarsten, was es an Filmen gibt. Zum Glück weiß Refn, dass er sich nicht auf der „Wahrheit“ seiner Geschichte ausruhen kann. Er behandelt es wie Fiktion … und wie. Ein Wirbelsturm der Ideen. Refn zeigt Bronson wie einen Helden, weil er es für einige auch ist, weil er es sein kann. (Leider.) Wegen seinem unzerstörbaren Willen? Weil er Ausdruck des eigenen Frustes ist? Weil er tut, was niemand machen will, aber vll wünschte?

Sonnabend 05.01.

Berberian Sound Studio

(Peter Strickland, GB 2012) [blu-ray, OmeU]

großartig

Toby Jones ist großartig. Wie er seinen Tontechniker Gilderoy immer apathischer dem Wahnsinn hinnehmen lässt, der ihm bei der Postproduktion eines italienischen Horrorfilms begegnet, macht einfach nur Spaß. Wie ein kleines Kind, das in dem audiovisuellen Sturm untergeht und es einfach hinnimmt.

Wong Fei Hung / Once Upon a Time in China

(Tsui Hark, HK 1991) [blu-ray, OmU]

großartig +

Tsui Hark ist für seine Verhältnisse aufgeräumt. Fängt wie ein klassischer Wuxia an und zieht dann beständig an, bis gegen Ende dieser emotionale Wahnsinn über die Leinwand stürmt, für den wir ihn alle lieben (sollten).

Y tu mamá también

(Alfonso Cuarón, MEX 2001) [DVD, OmU] 5

großartig +

Ich hatte große Angst den wieder zu sehen und zu entdecken, dass er schlimmes Walter Salles-Kino ist, war und sein wird. Aber ich muss es zugeben, dass ich ihn sehr mag, diese Geschichte mit ihren Leerstellen, reichen Details und zarten Unwägbarkeiten.

Freitag 04.01.

Beetlejuice / Lottergeist Beetlejuice

(Tim Burton, USA 1988) [TV] 5

großartig

A doppia faccia / Das Gesicht im Dunkeln

(Riccardo Freda, I/BRD 1969) [DVD]

großartig +

Brütende Hitze. Warme anschmiegsame Farben. Augenscheinlich wird ein Mörder gesucht. Doch hinter dem dünnen Plot sucht Klaus Kinski nach einem Halt in der Realität. Alles gleitet ihm aus der Hand. Getrieben rasst er durch die Szenerien, die zu verführerisch sind um wahr zu sein, die so schwammig scheinen, dass er scheinbar gleich durchgreifen könnte … durchgreifen in eine andere Welt, die hinter den Bildern voll Schrecken lauert, … Szenerien, die so fiebrig sind, dass einem nur starren und hoffen als Ausweg bleibt.

Hotel Desire

(Sergej Moya, D 2011) [DVD]

nichtssagend

38 Minuten voller schöner Momente. Ein Wohlfühlfilm voll keimfreien Sex, keimfreien Problemen und keimfreien Kitsch.

Chik loh go yeung / Naked Killer

(Clarence Fok Yiu-leung, HK 1992) [DVD, teilweise EF] 2

fantastisch

Nach der ersten Hälfte fällt er zwar etwas ab, aber was soll’s. Er fällt vom Niveau „Turm zu Babel“ und ist nie auch nur in der Nähe den Boden zu berühren.

Demonia

(Lucio Fulci, I 1990) [DVD]

gut

Bei DEMONIA kann wohl vor allem der Kampf eines Regisseuers betrachtet werden. Fulci kämpft mit dem Budget und den Möglichkeiten. Er verliert sich immer wieder auf Abzweigungen und lässt nie soetwas wie ein Zentrum der Geschichte erkennen. Oft ein König in der Kleidungen eines Bettlers, der auf seltsame Weise faszinierend ist (so können Geschichten erzählt werden? so können Filme aussehen?), aber zu oft trockneten mich die drögen Dialoge gen Ende zu sehr aus.

Donnerstag 03.01.

Der Fahnder (Folge 6) Der Dichter vom Bahnhof

(Dominik Graf, BRD 1985) [DVD]

großartig

L’Apollonide (Souvenirs de la maison close) / Haus der Sünde

(Bertrand Bonello, F 2011) [DVD, OmeU]

großartig +

Über LE PORNOGRAPHE hat jemand von den Cahiers du cinéma geschrieben, dass es sich um einen der wichtigsten oder tollsten Filme des französischen Films handelt. Ich mag dieses Etwas von Film sehr, aber das fand ich schon etwas arg überzogen. Bei L’APOLLONIDE würde ich solch ein Urteil nachvollziehen können. Diese ständigen unvorbereiteten Wechsel aus langer Weile, Überdruss, morbiden Dröhnen/Begehren, den kurzen, wunderschönen Momenten des Glücks, in denen sich selbst NIGHTS IN WHITE SATIN ganz neu und frisch anhört, und wirklich verstörenden Sekunden, die Wechsel zwischen all dem und mehr sind schweißtreibend, fesselnd und bemerkenswert.

Serbuan maut / The Raid

(Gareth Evans, RI/USA 2011) [DVD, EF]

großartig

Diese kleinen Indonesier hätte glaube ich auch dem T-1000 den letzten Nerv geraubt, weil kein Tritt in die Kniekehle und kein Schlag gegen den Kopf auch nur irgendein Anzeichen von Benommenheit oder Verletzung nach sich zog. Von der Körperlichkeit vll das Krasseste, was ich bisher im Actionkino sah. (Bin übrigens aus Versehen an ein Version ohne O-Ton geraten und es ist wirklich seltsam, dass 98% des Casts sich im Englischen wie Clint Eastwood anhört. Was soll das denn?)

Mittwoch 02.01.

Gegenschuss – Aufbruch der Filmemacher

(Dominik Wessely, Laurens Straub, D 2008) [DVD]

ok

Hach Gottchen. Eine nostalgische, wenig informative oder packende Klassenfahrt.

Bram Stoker’s Dracula / Bram Stokers Dracula

(Francis Ford Coppola, USA 1992) [blu-ray, OmU]

fantastisch +

Es kann sein, dass ich etwas fiebrig war, als ich diesen DRACULA nun das erste Mal in voller Länge sah. Nur ein klein wenig Fieber. Aber es hat gereicht um mich total ins Delirium von FRANCIS FORD COPPOLA’S DRACULA zu ziehen. Meine Phantasie ging mit mir durch. Überall waren diese phantastischen Möglichkeiten und dieser tief packende Wahn. Die Spiegel und Verwirrungen, die Schnörkel und die Lebensgier von Dracula und der alles verschlingende Tod um van Helsing. Wahnsinn.

The Girlfriend Experience / Girlfriend Experience – Aus dem Leben eines Luxus-Callgirls

(Steven Soderbergh, USA 2009) [DVD, OmU]

gut +

Assoziative Schnipsel aus dem Leben eines Callgirls, welche das Leben in der Finanzkrise, die Oberflächlichkeit der Menschen mit Geld oder die Verlorenheit des modernen Menschen einzufangen versuchen … oder so’n Schmarrn, aber vll einfach nur ein toller persönlicher Film sind. Ich plädiere für Zweiteres.

4:44 Last Day on Earth

(Abel Ferrara, USA/CH/F 2011) [blu-ray, OmU]

großartig

Ferrara lässt vor allem Platz um zu schwelgen, wie sich jeder selbst verhalten würde, wenn morgen früh die Welt untergehen würde. Das ist vll die größte Kraft von 4:44 LAST DAY ON EARTH, dass er einen bei allen Yogis, Lamas und Al Gores nichts vorsetzt, sondern nur zwei Menschen zeigt, die versuchen mit sich, der Leere und der fehlenden Zukunft klarzukommen und deshalb den Zuschauer auf sich zurückwerfen. (Vor allem fand ich toll, dass Cisco (William Dafoe) am Anfang schläft. Solche Gemütsruhe wünsche ich mir auch. Ich war dann auch überrascht, dass er sich darüber ärgert, gepennt zu haben. Was bleibt denn sonst zu tun?)

Miami Vice (Staffel 1 Folge 17) The Maze / Die Festung

(Tim Zinnemann, USA 1985) [DVD]

ok

Dienstag 01.01.

Der Fahnder (Folge 5) SOS am Sonntag

(Christian Görlitz, BRD 1985) [DVD]

ok +

Die trunkene Kalaueratmosphäre ist teilweise kaum zu ertragen. Doch immer wieder schleicht sich unerklärlich eine seltsame, geradezu surreale Party unkommentiert ein, die mit ihrer morbiden Dekadenz durch einen hypnotisierenden Tango für vieles entschädigt.

Ed Wood

(Tim Burton, USA 1994) [DVD, OF] 2

fantastisch

Mir ist jetzt erst aufgegangen, dass es nicht nur ein Film über Ed Wood ist und darüber, wie er es schafft alle seine Freunde taufen zu lassen, nur damit er Filme machen kann, sondern es ist viel mehr eine Liebeserklärung an Hollywood an sich. An die Abseitigkeiten, die Spielräume, den ganz normalen Wahnsinn, der hier ganz natürlich sein eigenes Biotop gebildet hat. Ein Landstrich der billigen bis teuren Träume, wo alles möglich scheint.

5 Antworten zu “STB Robert 2013”

  1. Silvia Szymanski on April 4th, 2013 at 22:48

    Schön, das über LAWRENCE VON ARABIEN. Auch das Zitat von Christoph über CALIGULA. Aber auch sonst. Fein, fein.

  2. Robert on April 8th, 2013 at 13:24

    Hast den LAWRENCE bestimmt schon gesehen. Ich glaube langsam, dass ich fast der einzige bin, der ihn noch nicht sah. Aber was für ein Film.
    und danke

  3. Sano Cestnik on Juni 19th, 2013 at 18:47

    Warte nur, bis du den dritten Sasori-Teil zu Gesicht bekommst, Robert! 😀

    Und ich werde dann wohl doch balder als erwartet die Begegnung mit Hisayasu Sato suchen. Es juckt mich in den Augen. Muss ja wohl die absolute Ultrakunst sein, der Mann.

  4. Robert on Juni 20th, 2013 at 11:42

    Der liegt schon bereit. Es dauert nicht mehr lange. Schaue mir hoffentlich dieses Wochenende spätestens die verbliebenen beiden Teile an. Eigentlich hatte ich keine Erwartungen mehr, an JAILHOUSE #41 kommt eh kein Film der Serie ran, habe ich naiv gedacht. Aber wenn du es so sagst, dann bin ich dann doch wieder deutlich mehr gespannt. Besonders bei deinem dreckigen Grinsen 🙂

    Guck Sato Sano! Christoph konnte er bisher ja scheinbar nicht so überzeugen, aber ich bin hin und weg. Vor allem habe ich es sehr lange nicht erlebt, dass ich von einem Regisseur tag aus tag ein Filme gucken kann und will. Und ich habe noch soviel zur Verfügung, es ist absoluter Luxus. Ich kann gucken und gucken und habe immer noch soviele zur Hand 🙂

  5. Sano Cestnik on Juni 20th, 2013 at 16:41

    Ob er dir noch besser gefällt als der zweite, weiß ich nicht, aber als ich und Andi den mal zusammen im Kino sahen, fielen wir aus allen Wolken. Und Andi hatte davor auch schon ausführlich von den Qualitäten des zweiten FIlms geschwärmt. 😉

    Auf Sato bin ich inzwischen schon merhmals durch einzelne begeisterte Reaktionen gestoßen worden, unter anderem durch Texte in der Splatting Image oder leuchtende Augen beim gegenüber, wen man den namen erwähnt. Scheint mir irgendwie ein offenes Geheimnis zu sein, dass der Mann tolle FIlme macht, aber vielleicht wollen die meisten Liebhaber des Japanischen Kinos denen ich begegnet bin, in Gesprächen doch lieber auf „seriöseren“ Pfaden wandeln, als über Erotikfilme zu sprechen.
    Es ist also langsam mal ein(!) Sato fällig – ich bin ja nicht so exzessiv dabei wie du, wenn mir ein Filmemacher gefällt. Hatte bei der diesjährigen Nippon Connection schon eine zu große Dosis Sogo Ishii erwischt, obwohl ich auch nicht alle gezeigten Sachen gesehen habe. Ich glaube das ist mir zu krass, zu intim, das überrollt und überfordert mich einfach, so eine intensive Begegnung mit einem bestimmten Kosmos. Deshalb arbeite ich mich da lieber immer nur Schrittweise über mehrere Jahre vor.

Kommentar hinzufügen