Brandheiß und exklusiv:
Erste Infos zu Hollywoods neuem Megaprojekt!
Für wissbegierige Jungregisseure wie mich ist es immer ein Grund zur Freude, wenn sich Hollywoods magischer Mantel der Geheimhaltung für kurze Zeit hebt. Noch besser, wenn man zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist und einen Blick darunter erhaschen kann, um den ganz großen Großfilmmachern einmal direkt auf die Finger zu linsen. Tatsächlich war mir Fortuna vergangene Woche holder denn je. Mein Kurzfilm „Einmal Glück zum mitnehmen, bitte“ lief auf einem kleinen Independent-Filmfestival in New York, USA. Und als wäre es für mich als Deutschen nicht ohnehin schon die größte Ehre gewesen, mein Werk im Land des Blockbusters zu präsentieren, erwartete mich obendrein noch ein überraschendes Treffen mit keinem Geringeren als Christopher Nolan (!!!). Und Ihr könnt mir glauben, in dieser kurzen Zeit habe ich mehr über das Schreiben von Drehbüchern und Drehen von Filmen gelernt, als in meinen letzten vier Semestern an der HFF zusammen.
Ich begegnete Chris (Filmemacher, oder „filmmakers“, wie Chris zu sagen pflegt, sprechen sich nämlich mit Vornamen an, wenn sie unter sich sind) im Rahmen einer sehr ungewöhnlichen Aktion. Während es ja durchaus branchenüblich ist, von einem frisch gedrehten Film ein „Preview“ (also eine Vor-Sicht) zu zeigen, so dass ein Testpublikum danach sagen kann, was Apfel ist und was Wurm, hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nie von einem „Preread“ gehört. Aber das macht ja nichts, man lernt ja. Jedenfalls wurden einige der filmmakers auf unserem Festival angesprochen und gefragt, ob sie nicht Interesse daran hätten, in einem Nebenraum das neue Drehbuch von Chris (Nolan) zu lesen und anschließend einen Fragebogen dazu auszufüllen. Es war quasi ein Angebot, das ich nicht ablehnen konnte (um eine kleine Anspielung für die Filmhistoriker unter Euch zu machen). Der Meister selbst war sogar kurz anwesend, musste jedoch leider nach einer schnellen – jedoch keinesfalls lieblosen – Danksagung an uns Pre-reader schon wieder gehen. Nichtsdestotrotz habe ich im Fragebogen danach alles mit der Höchstnote bewertet. Allzu viele Regisseure gibt schließlich nicht mehr, die dem einstmals großen amerikanischen Qualitätskino neuen Atem einhauchen, deswegen war es einfach meine Pflicht, ihn zu unterstützen. Als Kollege UND als Filmfan. Aber Ihr fragt Euch jetzt bestimmt alle, wie das Drehbuch war, oder? Was für eine Frage – natürlich genial! Der Film heißt „InTAXication“ und soll 2014 gedreht werden. Es handelt sich um einen komplexen Thriller, der einerseits die labyrinthische Psyche des Menschen thematisiert, im selben Atemzug aber auch ein düsteres Gesellschafts-Porträt zeichnet. Es riecht nach Oscar, würde ich sagen!
Das Drehbuch beginnt mit einem Mann, der ohne Gedächtnis in einem riesigen Büroraum erwacht. Alles ist voller Schreibtische und der Raum ist nur von vereinzelten Tischlampen beleuchtet. Alles glänzt metallisch und sieht irgendwie artifiziell aus. Der Mann geht raus auf die Straße, die ebenso verlassen scheint, wie das Büro. Es ist tiefste Nacht und es regnet. Der Mann fragt sich, wer er ist, wie er hierhergekommen ist und wo all die anderen Leute hin sind. Als er die Gegend erkundet, wird er plötzlich von mysteriösen Männern in grauen Anzügen attackiert. Sie sehen alle gleich aus – wie Klone! Im letzten Moment wird er von einer schönen, aber etwas spröden Frau gerettet. Sie führt ihn in ein Versteck, wo sie scheinbar mit einer Bande gewitzter, aber zivilisierter Rebellen haust. Offenbar handelt es sich um eine Gruppe von hochintelligenten Wissenschaftlern, die gegen eine böse Macht kämpft. Mithilfe einer Maschine können sie die Erinnerungen des Mannes teilweise wiederherstellen. Es stellt sich heraus, dass er Hank Maynard heißt und Buchhalter ist. Aber die Rebellen halten noch einen ordentlichen Schock für den armen Hank bereit: Terroristen haben sich in ein neues Computer-Programm für Steuererklärungen eingehackt und es so modifiziert, dass jeder, der es benutzt, in das Programm hineingesogen wird! Hank befindet sich also mitten im — InTAXication! Nachdem er die Information verarbeitet hat, schließt er sich den Rebellen an, die versuchen wollen, wieder in die Realität zu gelangen. Das will den Männern in Grau, die scheinbar ebenfalls von den Terroristen programmiert wurden, so gar nicht gefallen. Aber dann macht Hank eine Entdeckung, die alles auf den Kopf stellt! Die Rebellen haben ihn die ganze Zeit über angelogen. Er befindet sich gar nicht im Steuererklärungs-Programm! Er hat sein Gedächtnis bei einer Zeitreise verloren und befindet sich in Wirklichkeit in der Zukunft! Die Rebellen sind tatsächlich Vertreter der Regierung, die den nichtsahnenden Hank von ihrem faschistischen Regime ablenken wollen. Die Männer in grau, hingegen, stellen sich als Agenten der Zeit selbst heraus, die jede Anomalie im Raum-Zeit-Kontinuum vernichten, um zu verhindern, dass das Universum in sich zusammenfällt. Am Ende gelingt es Hank dann aber doch noch, die böse Diktatur zu stürzen und die Welt zu retten. Oder befindet er sich etwa doch im Steuererklärungs-Programm, das ihn mit der Zeitreise-Geschichte nur aufs Glatteis geführt hat?
Chris (Nolan) hat es mal wieder geschafft. „InTAXication“ wird ein atemberaubender, düsterer Thriller voller unerwarteter Wendungen. Bei allem Anspruch kommt aber natürlich auch die Action nicht zu kurz – keine Sorge! Ich jedenfalls freue mich ungemein, dieses ebenso spannende wie clevere Drehbuch schon jetzt genossen haben zu dürfen. Es gibt eben doch noch Momente, in denen man es nicht bereut, ein filmmaker zu sein.
Euer
Steffen Hildebrandt
Bildquelle: Napoleon Cole (unter CC-Lizenz).
Das ist ja toll, dass Nolan nach der Batman-Saga wieder weiterdreht, und die komplexere Richtung seiner Werke auch in Zukunft ausbauen möchte. INCEPTION hat mir ja schon sehr gut gefallen, und obwohl ich auf THE DARK KNIGHT RISES bisher verzichtet habe (fand den letzten Teil nicht so überzeugend), bin ich gespannt auf Weiteres. Interessanter Einblick hinter die Kulissen, übrigens!
Und ihr musstet keine Geheimhaltungsklausel unterschreiben? Nolan gilt doch als SEHR diskret in dieser Hinsicht…
Meines Wissens nicht. Aber vielleicht kann einer der Anderen mehr berichten.
ist das hier ernst gemeint?
Nö 🙂
Klar! 🙂