13. Hofbauer-Kongress, Aufriss #9
Ein ultimatives SGE-Glamour-Girl würdigen wir im zweiten Teil unseres SigiGötz-Entertainment–Specials. Die Rede ist von niemand geringerem als Olivia Pascal, Muse und Cover Girl vieler früher Ausgaben des Filmmagazins, was sie ihren denkwürdigen Auftritten in den Filmen von Namenspatron Siggi Götz zu verdanken hatte. Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre war sie der Inbegriff des hübschen Mädchens von nebenan und eroberte auf Plakaten und als Starschnitt(e) die Schlafstuben und feuchten Träume geschlechtsreifer Halbstarker, die sich großzügig revanchierten: 1978, 1979 und 1980 gewann sie den „Otto“ der Bravo, 1983 wurde sie von den Lesern der Illustrierten Quick zur schönsten Frau Deutschlands gewählt. Bevor sie nach BANANAS und IRGENDWIE UND SOWIESO als Kindermädchen in der SCHWARZWALDKLINIK und als Kriminalkommissarin bei SOKO 5113 landete und zum Fernsehstar avancierte, verhalfen ihr vor allem zahlreiche Auftritte in HK-relevanten Kinofilmen zu Popularität.
Siggi Götz ließ sie im heißen SUMMER NIGHT FEVER als Naschkatze über GRIECHISCHE FEIGEN und COLA, CANDY, CHOCOLATE herfallen, mit Karl Dall tanzte sie den SUNSHINE REGGAE AUF IBIZA, bei Jess Franco bedrohte sie DIE SÄGE DES TODES, bei Walerian Borowczyk geriet sie unter UNMORALISCHE NOVIZINNEN und vor ihrem Wechsel zum Fernsehen ließ sie sich tatsächlich noch in einem NÜRNBERGER BETT nieder. Ihre schönsten Auftritte hatte sie aber womöglich bei Hubert Frank, der sie auf DIE INSEL DER 1000 FREUDEN schickte, vorher aber zur BORDELLCHEFIN VON HONGKONG machte („Klosterschülerin in Europa, Playgirl in Asien“ frohlockte übersetzt der französische Untertitel). Der aus Tschechien stammende Frank drehte Anfang der 1970er eine ganze Handvoll in Deutschland angesiedelter Erotiklustspiele, bevor es ihn mit diesem Film in die Ferne zog. Im Zuge der Urlaubsfilme und einem durch den EMMANUELLE-Erfolg beflügelten Trend, offenherzige Nuditäten mit möglichst exotischen Schauplätzen zu verbinden, reiste er um die halbe Welt: Nach Spanien, Griechenland, Sri Lanka, Mauritius, auf die Philippinen und am Ende sogar nach Afrika.
Frank schweifte in die Ferne, um vor ungewohnten Kulissen seinen Heldinnen ihre Geheimnisse zu entlocken und ihrer Anmut zu huldigen. In seinen besten Momenten war er wie ein Schamane der Erotomanie mit dem Blick am rechten Fleck. Ein bisschen stellen wir ihn uns vor wie den Fotografen aus seinem Film TAIFUN DER ZÄRTLICHKEIT, der eine scheue Strandschönheit salbungsvoll zum Entblättern bringt: „Du weißt selbst, dass du schön bist! Die Exotik deiner Lippen, und wie du riechst! Der liebe Gott hat deine Schönheit nicht für dich allein gemacht!“
Olivia Pascal wird als elternlose Titelheldin zunächst in einer gestrengen Klosterschule der Glaubenserziehung unterworfen, beschäftigt sich aber im Griechischunterricht längst schon lieber mit „Erotik in Pompeji“, als ihr durch den Tod eines wohlhabenden Verwandten im fernen Osten plötzlich ein reiches Erbe in den fruchtbaren und furchtlosen Schoß fällt. Ein Erbe, das sich vor Ort als zwielichtiges Imperium entpuppt, bestehend aus Amüsierlokalen, Sexspelunken und Lustkellern, in denen Fleisch- und Lederpeitschen geschwungen werden, bis Striemen die Riemen bedecken. Mit naiver Unschuld und entrückter Neugier lässt Frank sie durch diese seltsame neue Welt gleiten, zwei Vergewaltigungsversuche unbeschadet überstehen und schließlich nicht nur im lesbischen Liebesspiel ein „erstes Öffnen junger Lippen“ erproben. Während sie in den Folgejahren unter anderen Regisseuren mitunter eher wirkte wie eine noch nicht vollends gespießte Knospe, blühte sie in Hubert Franks erotisch-exotischem Garten gleich im ersten Streich auf, weil seine erfahrenen Hände sie in die richtige Umgebung führten, wo „das Klima die Schenkel auseinandertreibt“ und das Licht des Weichzeichners vom versierten Kameramann Franz X. Lederle den zarten Flaum ihrer Scham mit lieblichem Glanz umschmeichelte.
Die Tendenz zum kunstgewerblichen Verwischungs-Kitsch wird dabei durch außer Rand und Band geratene Verfremdungseffekte transzendiert. Die maximale Stilisierung durch Zeitlupen, Weitwinkel, Spiegelungen, harte Schnitte und eine Ohrwurm-Untermalung vom unvergleichlichen Gerhard Heinz erzeugen einen hypnotischen Sog, der entfernt an manche Filme von Jess Franco erinnert. Wären nur nicht die Schamlosigkeit und die erschütternden Lebensauffassungen, die hinter dieser Produktion stehen und vor denen uns der Katholische Filmdienst pflichtgemäß warnt: „Die Darstellerinnen in diesem geschmäcklerisch-aufwendig ausgestatteten und fotografierten Film zeichnen sich durch schamlose Bereitschaft zur Entblößung und Darbietung an sexuelle Spiele aus, die männlichen Protagonisten durch schauspielerisches Unvermögen. Sex wird ausgespielt, Sadismus nur angedeutet, dafür in Wort und Bild der Religion (dem Aberglauben) und besonders dem katholischen Klosterleben zugeordnet. Die hinter einer solchen Geschichte stehende Lebensauffassung ist erschreckend.“ Ob uns das auch heute noch schockieren kann? Wir werden es erfahren, wenn das Hofbauer-Kommando für diesen sommerlichen Überraschungsfilm am Freitag, 25.7., ab 21:15 Uhr im Filmhaussaal die Pforten der strengen Klosterschule mindestens 35 Millimeter weit aufstößt, um den Blick auf fernöstliche Vergnügungsstätten frei zu geben.
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