13. Hofbauer-Kongress, Aufriss #13



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Glückszahl oder Unglückszahl – das ist immer wieder die Frage bei der Dreizehn. Beim 11. Kongress schien es Glück zu bringen, Katja Bienert ausgerechnet an einem Freitag, den 13. einzuladen, wo einer ihrer schönsten Filme endlich auf das richtige Publikum traf, nachdem er zuvor bei anderer Gelegenheit eher verschmäht worden war. Der 13. Kongress wiederum schien in der Vorbereitung eher vom Pech verfolgt. Erst entpuppte sich bei einer bereits eingeplanten und zunächst fast ungespielt aussehenden Kopie der letzte Akt als irreparabel verschimmelt und musste entsorgt werden, dann fielen kurz vor Programmfinalisierung plötzlich zwei weitere eigentlich schon zusagte Filme nach ärgerlicher Hinhaltetaktik der Produktionsfirma in letzter Minute aus und mussten ersetzt werden. Darunter ironischerweise auch jener Film, dessen Plakatmotiv die Grundlage für das Ankündigungsmotiv des 13. Kongresses bildete – zwar hätten wir auf eine Reduktionskopie ausweichen können, verzichteten aber nicht zuletzt aufgrund in diesem Fall zu befürchtender Tonprobleme darauf und entschieden uns, lieber offensiv damit umzugehen: Dann fehlt gerade der Titelmotivfilm eben einfach! Was soll’s, der Kongress wird nichtsdestotrotz umso fulminanter!

Denn an reizvollen Alternativen in der Programmgestaltung mangelt es uns natürlich nicht, und so war nach kurzer Rücksprache mit einem verlässlichen Archiv schnell attraktiver Ersatz gefunden. Noch dazu aus dem ansonsten bei diesem Kongress nicht vertretenen Frankreich, in dessen Süden MÄDCHEN DES LASTERS verkehren und eine heißblütige Bewohnerschaft lebt, wie das zeitgenössische Filmprogramm der Illustrierten Film-Bühne erklärt:

„An den Ufern des riesigen Thau-Sees, in der Nähe des Marktfleckens Bouzigues, lebt eine Bevölkerung, deren Lebensgewohnheiten ebenso rauh wie romantisch sind. Die Sorglosigkeit des Südländers täuscht nicht darüber hinweg, daß er das leidenschaftliche Temperament seiner Ahnen bewahrt hat. Und altüberlieferte Tradition schlägt ihre Brücken in die moderne Zeit.
Zwei Familien sind die gemeinsamen Teilhaber einer Muschelzucht. Von verschiedenem Charakter sind beider Söhne. Guillaume Féraud ist ein Träumer, ein Phantast in den Augen der anderen, das ewige Sorgenkind seiner Angehörigen. Eine seiner absurden Ideen war die Perlengewinnung. Seitdem seine Versuche mißglückten, hat ihn niemand mehr ernst genommen. Um dem Gespött zu entgehen, mußte er sich irgenwo anders Arbeit suchen. Henri Messardier ist sein krasses Gegenteil: ein Mann, der ins Leben paßt, ein Arbeiter von unermüdlicher Betriebsamkeit, ein charmanter Schürzenjäger. Keiner kann ihm böse sein. Auch Marinette, Guillaumes Schwester, sieht ihn sehr gern.“

Komplizierter werden die zwischenmenschlichen Geflechte, als das nahegelegene Dirnenviertel von Narbonne ins Spiel kommt. Um „Perlengewinnung“ anderer Art geht es dort auf den Hintertreppen, und statt einer Muschelzucht gibt es eher einen Pflaumenbunker. Auf dem schimmernden Asphalt, über den in enge Höschen geschnürte Pflasterziegen stolzieren, um für ein paar Groschen Zärtlichkeiten feilzubieten und ihre weiße Haut auf den schwarzen Markt zu tragen, ist auch Lina zu finden, ein sündiges Geschöpf der Halbwelt, aber auch „ein Mädchen von eigenartiger Schönheit und rätselvollem Charme“, wie die Film-Bühne schwärmt. Sie wirbelt das Leben von Guillame und Henri kräftig durcheinander, so dass es bald um alles geht: Liebe und Eifersucht, Totschlag und Zuchthaus, Heirat und Verzicht. Und mindestens ein Herz „blutet aus tausend Wunden“.

Onkel Fürchtegott, der Katholische Filmdienst, weiß über die Hintergründe zu berichten: „Luis Saslavsky, der in Paris tätige argentinische Regisseur des Films, hat erklärt, was ihn an dieser Liebesgeschichte reize, sei die Möglichkeit, in ihr die innere Wandlung eines Mädchens zu zeigen, „das (als Prostituierte) für solche Wandlung eigentlich völlig ungeeignet erscheint“. Der fertige Film gibt Saslavsky Recht – freilich nur in dem Sinne, daß man der langhaarigen Lina (Belinda Lee) ihr Vorleben bereitwilliger glaubt als ihre Selbstreinigung an der Seite des weltfremden jungen Mannes, der sie heiratete. Saslavsky ist ein gewandter Bildkomponist mit geübtem Blick für optische Effekte (Schauplatz: eine südfranzösische Muschelzucht), aber eben doch kein Fellini, auf dessen „Cabiria“ er sich kühnerweise beruft. Er brachte lediglich ein technisch gut versorgtes Melodrama zustande, in dem die konventionelle Pseudodramatik und Pseudopsychologie des Sittenfilms vorherrschen. Diese merkliche Oberflächlichkeit wirkt sich natürlich auch auf die moralische Absicht aus. In vielen Szenen verstimmt eine aufdringliche Vorliebe für unappetitliche Sexualität, die schon den Film „Der Schnee war schmutzig“ des gleichen Regisseurs so fragwürdig machte, und vergeblich sucht man bei den Personen der Handlung wie bei der Regie selbst eine Ehevorstellung, für die über bloße Regungen des Gefühls hinaus sittliche Werte verpflichtend wären. Im Ganzen jedenfalls legt der Film ein abratendes Urteil nahe.“

Unbeirrt von derlei Tunnelblicken, sehen wir bereits gespannt den köchelnden Turbulenzen entgegen, die sich am Samstag, 26.7. um 20 Uhr im Uferpalast entfachen werden, wenn es um heißblütige Brüder, wandlungswillige Freudenmädchen, „bloße Regungen des Gefühls“, „unappetitliche Sexualität“ und eifersüchtiges Begehren rund um eine Muschelzucht geht.

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Dieser Beitrag wurde am Donnerstag, Juni 26th, 2014 in den Kategorien Blog, Das Hofbauer-Kommando, Festivals, Hinweise veröffentlicht. Sie können alle Kommentare zu diesem Beitrag über den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können diesen Beitrag kommentieren, oder einen Trackback von ihrer eigenen Seite setzen.

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