Zitat der Woche



Speaking of fetishism, one thing that isn’t written of enough, is that of digital. Besides, the basic fundamental digital issue of choosing what is a „1“ or a „0“, there is, in the hands of many techs the fetishistic choice of amplifying visual and audio data that is beyond the normal scope of human vision and sound. Too many films have soundtracks with amped up audio details that only a dog would normally discern. HD video also has the tendency to bring out „details“ that the normal eye wouldn’t necessarily fix on. So, there is a counter to the fetishism argument as well.

Kommentar von User JoeS unter einem Twitch-Beitrag zu den Projektionsformaten von THE MASTER. Abgesehen davon, dass ich persönlich prinzipiell weder gegen Fetischismus noch gegen bewusste Künstlichkeit etwas habe, scheint mir gerade der erste Satz des Zitats eine sehr elementare, wichtige Anmerkung in dieser ganzen Diskussion. Das Zitat passt auch sehr gut zu einem Kommentar von Jochen kürzlich hier bei ET, der auf den Aspekt des Futurismus bei blindwütigen Digital-Befürwortern hinwies. Dass Film-Befürworter (bzw. auch lediglich Koexistenz-Befürworter) ständig mit Fetischismus- und Nostalgie-Vorwürfen konfrontiert werden, aber die (möglicherweise weitaus ausgeprägtere) Fetischismus- und Futurismus-Tendenz der Digital-Befürworter nahezu nie thematisiert wird, ist schon frappierend und hochgradig tendenziös.

Aus gegebenem Anlass noch ein weiteres den Nagel auf den Kopf treffendes JoeS-Zitat aus jener Diskussion:

I saw SAMSARA and THE MASTER (both shot on 65mm) in the EXACT SAME theater one week apart. SAMSARA was transferred in 8k and projected in 4K (idiotically, there are NO 70mm film prints – NONE). THE MASTER was shown in 70mm.
There really is no comparison. Film just looks softer, warmer and more realistic. Digital has a glossy plastic image.

I honestly respect Robert Harris for everything he has done for movie restorations, but, with all due respect – I think Harris has spent too much time transferring material to Blu Ray/HD. I cannot believe he honestly feels that digital looks better than 70mm film.

Finally, this reminds me of the early days of CDs. Everybody jumped up and down talking about how great it was to finally hear music without the dreaded surface noises, pops & scratches. All true. But, over time, there was a realization that analogue, for all its flaws, simply has a warmer more natural sound. A number of pros in the industry, both artists and technicians have admitted this in recent years. Hence, the recent uptick in LP sales. Still, a niche, but it IS superior sounding.

Jedes Wort möchte man unterstreichen. Vor allem, nachdem das versammelte Hofbauer-Kommando sowie Sano und weitere Freunde und Bekannte gerade drei beglückende Tage voller wunderbarer 70mm-Kinoerlebnisse beim Todd-AO-Festival in Karlsruhe hatten – trotz eines auf dem Papier zunächst eher nicht so wahnsinnig interessant aussehenden Programms, das dann allerdings eine ganze Reihe sehr schöner Überraschungen bei den Filmen (allen voran: WATERLOO von Sergei Bondartschuk, aber auch DER GROSSE WALL von Shigeo Tanaka, oder ein großartiger namenloser Sovscope-70-Demonstrationsfilm, etc.) und mitunter auch bei den Kopien (allen voran eine in Eastmancolor-untypisch prächtig erhaltenen Farben erstrahlende BRAINSTORM-Erstaufführungkopie) bot. Und gerade gestern kam es dort auch zu exakt jenem Vergleich: Nachmittags die von wunderschönen, filigranen Farb- und Lichtabstufungen durchströmte 70mm-Kopie von THE MASTER gesehen, und abends nach dem letzten Film noch um die Vorführung des 4k-Trailers von SAMSARA (ebenfalls auf 70mm bzw. 65mm gedreht, aber digital geschnitten und gezeigt) gebeten, um zwecks Vergleich im gleichen Saal einen kurzen Bildeindruck zu haben. Ernüchterung machte sich bei den Anwesenden breit: Das flache, sterile Plastik-Bild mit ebensolchen Farben kommt wirklich nicht einmal ansatzweise in die Nähe von 70mm. Es mag auch an der Fotografie und Ausleuchtung des Films selbst gelegen haben, zweifellos auch am leidigen massiven nachträglichen Colorgrading, und auch mag der Trailer womöglich ästhetisch auch nicht komplett dem fertigen Film entsprechen, aber mit einer halbwegs originalgetreuen Wiedergabe des 65mm-Aufnahmematerials hatte dieser bizarrerweise vielgelobte SAMSARA-4k-Bildeindruck wirklich nicht mal näherungsweise etwas zu tun. Trist und trüb kann einem da zumute werden, und ich war sehr froh, mir den Film nicht komplett in 4k angesehen zu haben, was ich kürzlich aus Neugier noch erwogen hatte. Dann lieber gleich digital drehen und tolle, originär-digitale Dinge damit machen anstatt analoge Filme nachträglich derart zu verunstalten. Es braucht letztlich auch keine großen, wenig zielführenden Vergleichsdebatten. „Respektiert einfach nur die Unterschiede!“, möchte man einmal mehr in aller Deutlichkeit fordern. Und in diesem Sinne auf noch viele weitere 70mm-Festivals (nicht nur, aber eben auch) in Karlsruhe hoffen!

Dieser Beitrag wurde am Montag, Oktober 8th, 2012 in den Kategorien Andreas, Blog, Festivals, Hinweise, Trägermedien, Zitate veröffentlicht. Sie können alle Kommentare zu diesem Beitrag über den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können diesen Beitrag kommentieren, oder einen Trackback von ihrer eigenen Seite setzen.

2 Antworten zu “Zitat der Woche”

  1. Intergalactic Ape-Man on Oktober 13th, 2012 at 07:08

    Das ist vielleicht nicht mal nur eine Sache des 70mm. Ich hatte schon öfter den Überraschungseffekt, daß mir Dinge, die mir im Kino film-optisch so gut gefallen hatten, auf DVD eben genau die beschriebene Plastik-Optik aufwiesen und so gleichwohl befremdlich wirkten wie ich auch nicht den gleichen Genuß nachempfinden konnte. Daß sowas gerade bei Leuten wie Tarantino passiert, die sich so filmaffin geben, macht das ganze umso tragischer.

  2. Andreas on Oktober 20th, 2012 at 14:50

    Sowas ist natürlich bitter, und du hast sicherlich recht, dass man solche „Mutationen“ in verschiedenen Kontexten antreffen kann. Da spielen ja auch viele Faktoren rein, von der Abtastung über Nachbearbeitungen bis hin zu den Modifikationen des Wiedergabegeräts. Einen Tarantino habe ich seit vielen Jahren nicht mehr zuhause gesehen (PULP FICTION vor fünf Jahren auf einem verstellten Beamer war allerdings auch unerquicklich), seine letzten beiden Filme dafür mehrfach im Kino. Es kann schon durchaus mit nachträglichen Bearbeitungen zusammen hängen, bei jemandem wie Tarantino aber vielleicht auch mit ungewollten Veränderungen durch die Bearbeitungsschritte.
    Interessant in dem Zusammenhang auch ein Interview mit Kenneth Lonergan – endlich mal jemand, der das Elend des digitalen Colorgradings anspricht, was durch überwiegend unsagbar einfältige Anwendung leider seit Jahren immer häufiger zu einem öde-standardisierten Look führt (siehe dazu auch die ersten beiden Kapitel dieses treffenden Beitrags):

    Indiewire: What do you think of recent developments in filmmaking technology, like digital and 3D?

    Lonergan: “I think it’s appalling. Except for ‘Hugo’ which is the only time I’ve seen 3D used [right]…and it’s incredible. [But] I’ve seen children’s movies in 3D and it’s horrible, only occasionally good. I mean, it’s very good that they can make dragons and dinosaurs and I like that kind of movie and I like science fiction movies very much, but I’m very much afraid that digital technology is going to destroy film completely and it just doesn’t look as good. I sat in a color timing session for the DVD and I was frightened by what you can do. Because it’s ‘Oh his face is a little dim, can you make it brighter?’ and then the light is wrong and now his shirt is wrong, and it’s like filling in a coloring book, and then the ambient light for the whole room is different, it’s gone, it’s not there… I also think this is one reason that now so many films have a stylized look, because in a computer it’s much easier to color time something if everything is blue or everything’s red, or everything’s saturated. But to capture real light, film does it still much better, and there’s a lot of people working very hard to destroy it forever so it will be a very short-lived thing. And perhaps I’m wrong and digital technology will be able to be as good as film some day, and I certainly enjoy watching the ships crashing into each other in the ocean and the fake CG, and the dragons in ‘Harry Potter,’ I love them, but I’m afraid film is like black and white – no one’s going to know how to do it in 20 years.”

    Quelle

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