Ein bisschen der neorealistische „Grosse Freiheit Nr. 7“. Helles, natürliches Licht, Schatten, die niemandem einen Schrecken einjagen, die geheimnislosen Kontraste der Wirklichkeit in ungewohnt schmucklosem Schwarz-Weiß. Die geschäftige Ruhe der 1950er Jahre dehnt sich aus auf Märkten, den Mündern der Schausteller, in Kneipen, einem Zeitenbild, dessen Lokalkolorit wie unsimuliert erscheint. Wenn Käutners Ode auf die Individualität Wunschbild aus dunklen Zeiten ist, drängt sich hier das Wort Abbild auf. Eine von oben herab den Pfad statt den Rhythmus des Gehetzwerdens zwischen Fischbuden nachmessende – eben nüchtern abbildende – Verfolgungsjagd wirft Ausschmückung dazu. Filmische Bewegung, Kranfahrten, die glanzvolle Raffinesse alter Meister. „Freddy, die Gitarre und das Meer“ ist ein Film der Gegensätze. Des Titelhelden gedrungener Körperbau und seine sanftmütigen Züge vor dem fürsorglichen Seelenleben – schon ganz für sich ein wunderbarer Kontrast. Alle löst Wolfgang Schleif sie gleich auf, Minus mal Plus ergibt bei ihm doch immer nur Plus – nicht Naivität, schiere Warmherzigkeit. Die ist eine Bulette auf die Faust und bloß maskiert hinter Peter Carstens schnoddrigem Seemannsgebell, der distinguierten Schmierigkeit Harry Meyens. Wirklich jedem zaubert sie früher oder später ein Lächeln ins Gesicht, die Musik, biegt sie die Minen alarmierter Nachtwächter und Kommissare kraft ihrer animierenden Wirkung ins Gegenteil. Weiterlesen…
„Der Samt, auf dem die Lust und die Laster der Menschheit liegen, ist so schwarz wie die Nacht.“
Die einzeln verstreuten Bewohner eines ägyptischen Dorfes am Nilufer ragen schweigend in einem Beinahe-Halbkreis der Kamera entgegen, in unterschiedlichen Entfernungen. Fast scheint es, als starrten sie, wissend, geradewegs in die Kamera. Einer von ihnen löst sich aus der Reihe, geht zu auf eine maurisch gebaute Burg, auf einem Hügel, der sich hinter dieser Versammlung erhebt. Im Bild ist das streng arrangiert, gewinnt dem Szenario den maximalen unwirklichen Effekt einer geheimnisvollen Zeremonie ab, weckt Reminiszenzen ans Monumentalkino, an Alejandro Jodorowskys MONTANA SACRA, natürlich den Italowestern oder auch, wie anderorts einmal von irgendjemandem behauptet, 2001: A SPACE ODYSSEE. Der Film verirrt sich später nie wieder zurück zu der Transparenz, zu dem Konkreten dieser Anordnung: Sie ist nur ein hinterlistiges und vielleicht auch generisches Prelude für die kommende Geschichte der neokolonialistischen geistigen Ausbeutung eines Landes durch die sexuelle Selbstausbeutung der Besatzer. Anders: Dieses Prelude verurteilt von vornherein alles Kommende zu einer Farce in seinem bis zur Grenze des Surrealismus überhöhten Exotismus. Ein erotisches Orientmärchen, das ist es nicht, was Brunello Rondi, der undurchsichtige und mysteriöse Schöpfer dieser riskanten Bilder möchte. Die Melodie klingt schließlich mit einem dissonanten Akkord aus: Wir stehen ganz plötzlich im Badezimmer der britischen Filmdiva Crystal, die in dieser Burg lebt, so, wie man es von einem Star im Exil erwartet. Das Klirren ihrer abgesetzten Teetasse beendet das Prelude. Was nun beginnt ist – ja, was ist es eigentlich? Weiterlesen…