100 deutsche Lieblingsfilme #68: Walzerkrieg (1933)

Entkörperlichte Hände wirken in rasanter Schnittfolge auf diverse Instrumente ein, oben, unten, rechts, dann links, während die Credits wie stramm durchgespielte Notenblätter in und aus der Kadragenmitte flattern. Der erste Walzerkrieg ist in Ludwig Bergers gleichnamiger Tonfilmoperette bereits entfacht, bevor wir überhaupt erfahren, wer hier wen bekämpft. Entsprechend angespannt dominieren zuvorderst Geigen sie von vorne bis hinten. Musik gibt den Ton an und sie nimmt ihn auch wieder weg. Ein beinahe 180°-Schwenk eröffnet den Reigen durch die Gesamtheit eines vereinsamten Biergartens hindurch, entlang am schleppenden Gang des diesen durchstreifenden Wirtes, dem untermalt von forschen Klängen eine fast unerträgliche Ruhe innewohnt, am Tisch des einsamen Gastes angelangt folgt endlich ein Schnitt. Auf der anderen Seite des Zaunes steppt der Bär. Blickdrehungen und Schnitte begreift „Walzerkrieg“ vor allem als Gegenüberstellungsmittel, zwischen Feiern, Kontrahenten am Instrument, ganzen Kapellen, den Druckstufen, die die Finger des jeweils anderen ins Spiel des so auf Gedeih und Verderb zum Partner Erklärten legen. Was Musik im Menschen anrichtet, davon handelt dieser Film. Den größten Spaß haben dabei jene, die ihren eigenen Takt bereits als seelisches Uhrwerk verinnerlicht haben – diebisch schleicht sich Willy Fritsch für ein Busserl von der Trommel fort und zählt über die Einwürfe seiner Liebsten hinweg die Takte bis zum nächsten Einsatz laut mit. Weiterlesen…

Auftakt einer Alfred Braun-Retrospektive in Köln! & 100 deutsche Lieblingsfilme #62: Spione im Savoy Hotel (1932)

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14. Hofbauer-Kongress, Aufriss #6

Schleppzug

Schon lange hegte das Hofbauer-Kommando den Wunsch, bei seinen unermüdlichen Bohrungen nach dem öligen Gold des filmgewordenen Begehrens auch einmal in die Gefilde des frühen deutschen Tonfilms vorzustoßen, der – was wir in Zukunft noch öfter zu demonstrieren gedenken – stets über eine „ganz eigene Grundschmierigkeit“ (Sano) verfügt, die nur mühsam vom Mieder zeitgemäßer Anständigkeit zusammengepresst wurde und sich beim unterschwelligsten Anlass zur Frivolität aus ihrem letztlich doch nur lax geschnürten Korsett herauszublähen drohte. Ja, das deutsche Kino war vor und während des zweiten Weltkriegs äußerlich von so aggressivem sexuellen Selbstbewusstsin und innerlich so tiefenschmierig wie danach ganze zwei Jahrzehnte lang nicht mehr. Zahlreiche spritzige Komödien um die Irrungen und Wirrungen der Liebe und das natürlich aufgrund lüstern schmunzelnder Ungeduld der Männchen und aufstachelnd scheinheiliger Hinhaltemanöver der Weibchen schwierige Miteinander der Geschlechter legen anschaulich Zeugnis dieses überaus delektablen Umstands ab. Am anderen Ende des ungeheuren Gefühlsspektrums florierte bereits gar ersprießlich das HK-kernrelevante und der zwischen Scham und Schaulust zerrissenen deutschen Seele intim nahestehende Genre des Sittenfilms in all seinen unterschiedlich seriösen und unseriösen Ausformungen. Weiterlesen…