Zitat der Woche

Gerade eben über einen interresanten und inzwischen auch kontroversen FSK-Beschluss bezüglich des deutschen Spielfilms Romeos gestolpert, den ich unseren Lesern an dieser Stelle nicht vorenthalten möchte:

Der Film handelt von dem Coming Out des transsexuellen Lukas und dessen Transformation von einer Frau zu einem Mann. Als Zivildienstleistender in Köln, der im Mädchentrakt des Zivi-Wohnheims untergebracht ist und von seiner besten Freundin Ine von Party zu Party „geschleift“ wird, muss er verschiedene Situationen meistern. In Köln weis außer seiner Freundin, der Leiterin des Wohnheims und deren Chef keiner von Lukas‘ Coming Out. Das bereitet ihm im Umgang mit den anderen Jugendlichen Schwierigkeiten und so manche peinliche Situation, in der er in Erklärungsnot gerät. Lukas verliebt sich in Fabio, der nicht unterschiedlicher zu ihm sein könnte. Fabio erwidert dieses Gefühl. Durch Lukas kleine Schwester erfährt Fabio allerdings, dass Lukas eigentlich ein Mädchen ist. Fabio kehrt Lukas den Rücken und fängt eine Liebelei mit einem Mädchen an. Doch Lukas gibt nicht auf und kämpft auf seine Art um Fabios Liebe. Der Film zeigt einen leidenden jungen Menschen, der auf seinem Weg der Geschlechtsumwandlung mit seinem Umfeld, mit Spott und Vorurteilen zu kämpfen hat. Damit behandelt der Film ein schwieriges Thema, welches für die Jüngsten der beantragten Altersgruppe, die sich in diesem Alter in ihrer sexuellen Orientierungsphase befinden, sehr belastbar sein könnte. Das Thema selbst ist schon schwierig für 12- bis 13-Jährige und die Schilderung einer völlig einseitigen Welt von Homosexualität im Film könnte hier zu einer Desorientierung in der sexuellen Selbstfindung führen. Die explizite Darstellung von schwulen und lesbischen Jugendlichen und deren häufige Partnerwechsel können verwirrend auf junge Zuschauer wirken, auch wenn der Film auf Bildebene nicht schamverletzend ist und niemanden diffamiert. Der Film spiegelt eine verzerrte Realität wider, die Kinder aufgrund keiner oder zu geringer Erfahrungen nicht erkennen können. Der Film bedient sich keiner zotigen Sprache und diskriminiert Homosexuelle nicht, so dass er für ältere Altersgruppen nicht als problematisch beurteilt wird. Für ältere Rezipienten ist die Filmgeschichte einordbar und verkraftbar.

Doppel-Zitat der Woche

„Die Sensationslust ist wie Fressgier. Wer einen appetitlichen Batzen verschlungen hat, den verlangt es nach neuer Kaubefriedigung. Mit der Schaubefriedigung ist es ähnlich. Die Lust am Nervenkitzel ist wie eine Droge, die immer wieder neu injiziert werden muß. Wer Sensationen gesehen hat, will Sensationelleres geboten bekommen.
Jetzt kommt von MONDO CANNIBALE eine Fortsetzung, gegen die der 1. Teil im nachhinein wie ein Grimm’s Märchen wirkt. Was hier zwei Männer im malaysischen Dschungeldickicht sehen und am eigenen Leibe erleben, läßt auch beim hart gesottenen Kinogänger ein eher flaues Gefühl im Magen hochsteigen. Nach 1 ½ Stunden zerreißender Spannung und schauriger Sensationen kann der Zuschauer das in bitterem Lachen aufkommende Gefühl genießen, wieder einmal 100%ig die eigene Nervenkraft getrimmt zu haben. Als Zeuge im Kinoparkett läßt es sich leichter leben, denn als Wissenschaftler, der unter Kannibalen fällt. Die Presse hält diesen Film für das mutigste und gefahrvollste Kinoabenteuer der letzten Jahre.“
– Werberatschlag des deutschen Filmverleihs zum Kinostart von Ruggero Deodatos MONDO CANNIBALE 2. TEIL – DER VOGELMENSCH.

Kunst und Schund. Ich weiß noch, wie ich einmal mit einem befreundeten Paar ins Kino gehen wollte. Bergmans Von Angesicht zu Angesicht hatten sich die zwei ausgesucht, die beide sehr diskussionsfreudig und problembewußt waren. Auf dem Weg zum Kino kamen wir an einem anderen Lichtspielhaus vorbei, einem richtigen Schmuddelkino, in dem gerade ein Horror-Sexfilm von Jess Franco lief. Die Aushangphotos reizten mich. Ich hatte Lust auf Kino und wollte nicht nur einen Film sehen. Also ging ich in den Franco-Film, das Pärchen in den Bergman. Ich brauchte noch meine Zeit, bis ich Bergman schätzen lernte, bis ich das Phantastische, die Poesie und den Horror entdeckte in Das siebte Siegel, Das Schweigen, Die Stunde des Wolfs. Die Kunst Francos hatte ich längst erkannt. Kunst und Kitsch sind relative Begriffe im Kino, vor allem dem phantastischen.“
– Aus: „Einleitung: Im Reich der Schatten“ in: Hans Schifferle: Die 100 besten Horror-Filme. Heyne Filmbibliothek, 1994, München. S. 11.

Zitat der Woche

Bei der Reichweite des Fernsehens von 95 Prozent ergibt sich daraus eine Zuwendung der deutschen Bevölkerung zum Fernsehen von knapp 100 Milliarden Stunden individuellen Zuschauens pro Jahr. Im Vergleich dazu nehmen sich die ca. 127 Millionen Kinobesuche im Jahr 2005 in Deutschland mit jeweils zwei bis drei Stunden Dauer relativ bescheiden aus: Bereits an anderthalb Tagen wird von der Bevölkerung mehr Zeit vor dem Fernsehgerät verbracht als in einem Jahr im Kino. Diese Nutzungszahlen markieren heute das Verhältnis von Kino und Fernsehen in Deutschland.

zitiert nach Knut Hickethier: Film- und Fernsehanalyse
4. Auflage, Verlag J.B. Metzler Stuttgart, 2007, Seite 12

Streets of Fire (1984)

Neulich den Soundtrack zu Walter Hills Streets of Fire als deutsche LP in einem Ein-Euro-Shop entdeckt, und zwei Tage später den Film in OmU von einer slowenisch-kroatischen DVD geguckt, die ich schon länger zu Hause herumliegen hatte. Nach 4 mehr oder weniger erfolglosen Versuchen innerhalb der letzten 10 Jahre, war es höchste Zeit Walter Hill endlich für mich zu entdecken. Ich muss gestehen, es hat geklappt. Auf dem Backcover der LP finden sich nachfolgende, in meinem Geburtsjahr von Walter Hill verfasste Zeilen zu seinem Film, und ich habe ihnen, außer ein paar Screenshots der gesichteten DVD, nichts hinzuzufügen.

STREETS OF FIRE, is, by design, comic book in orientation, mock-epic in structure, movie-heroic in acting style, operatic in visual style and cowboy-cliche in dialogue. In short: a rock ’n‘ roll fable where the Leader of the Pack steals the Queen of the Hop and Soldier Boy comes home to do something about it.

Since I much prefer films that make people remember things they’ve forgotten to those that try to discover something new, in STREETS OF FIRE, I tried to make what I would have thought was a perfect movie when I was in my teens – I put in all the things I thought were great then and which I still have great affection for, custom cars, kissing in the rain, neon, trains in the night, high-speed pursuit, rumbles, rock stars, motorcycles, jokes in tough situations, leather jackets and questions of honor. Weiterlesen…

SigiGötz-Entertainment Nr. 19 erschienen!



Mein Lieblingstext der neuen SGE-Ausgabe ist Hans Schifferles empathische cinephile Hymne auf DER FALL (1972), den letzten Film des Schweizer Regisseurs Kurt Früh. Als Appetitanreger habe ich mich aber für ein Zitat aus einem anderen Text entschieden, das vielleicht besser für sich steht und sich dabei womöglich auch ein wenig auf den letztes Jahr hier im STB-Kommentarbereich bereits angegangenen, wenngleich eigentlich nur kurz angerissenen und im Grunde noch ausstehenden großen ET-Diskurs über Trash(film)-Rezeption übertragen lässt: Weiterlesen…

Zitate der Woche

There is an odious fallacy that a great many people still believe, in regard to the moving picture. It is almost as widespread as that the cinema is in its infancy. By that I mean the belief that we must give the public what it wants. To me, that is absurd. As absurd as if the fashion dictators should attempt to suit women’s wishes in costumes. In reality, the opposite is the case, is it not?

– Maurice Tourneur im „Photoplay Magazine“, 1918



I would rather starve and make good pictures if I knew they were going to be shown, but to starve and make pictures which are thrown in the ash-can is above anybody’s strength. As long as the public taste will oblige us to make what is very justly called machine-made stories, we can only bow and give them what they want.

– Maurice Tourneur, 1920

Filmemacher in Deutschland

Sehr geehrter Herr Bundesgerichtshofpräsident, ich kann den Verdacht nicht loswerden, daß ich Ausländer bin.

aus: Vlado Kristl – Sekundenfilme. Frankfurt am Main. 1971

Zitat der Woche

In 1973, fresh out of Syracuse University, the video artist Bill Viola went to visit a friend in San Francisco who took him straight from the airport to a camping trip in the desert. “We drove down to Death Valley and arrived at Zabriskie Point at midnight under a full moon. In the next two days, my life was changed,“ Mr. Viola recalled recently. “I realized that, growing up in New York, I’d never seen 75 miles straight in front of me in all directions at once.

“Two things happen. Your self shrinks to an insignificant black speck on the face of the planet that could be flicked off at any moment, like a little bug. You become humbled by the scope. The second thing that happens is your self expands. When you engage something in vision, literally a part of you goes out 75 miles to touch that, and you realize that what you see is not separate from your self.“


zitiert nach Don Shewey: An Artist Finds Poetry in Videotape
aus der US-amerikanischen Tageszeitung The New York Times
veröffentlicht am 08. November 1987

Zitat der Woche

Zitat der Woche

“one wonders if Persona would [have] the same acclaim if it was called The Fuzzy Bear”

Zitat eines Mitglieds bei Mubi.com