17. Hofbauer-Kongress, Aufriss #10: „Vielleicht niemals, …





…. vielleicht morgen; aber gewiss nicht heute.“

Was man für verhalten willigen Verzicht aus dem Munde einer der klassischen Gestalten des HK-Universums halten könnte, bezeichnet manchmal auch das Credo eines entschiedenen Herzens, das nur in Freiheit lieben kann.

Für Radley Metzger war die Liebesweise des Zigeunermädchens Carmen (von ihrer Opernfigur stammen diese Worte) eine der drei, vier fundamentalsten Geschichten überhaupt und als einem der wenigen Männer brachte ihm die Annäherung an diese verhängnisvolle Frau auch Glück: Carmen, Baby wusste das willige Publikum stattlich in die Kinosäle zu locken und war schon ein erster Vorstoß in seine späteren expliziteren Feiern der weltmännisch-stilvollen Fleischerei. Über Pamela Manns Abenteuern und den Öffnungen der Misty Beethoven geriet sein Frühwerk über die Jahre etwas ins Hintertreffen, weshalb das Hofbauer-Kommando als „in memoriam“ an den am 31. März 2017 verstorbenen Meister seinen dritten Spielfilm aus den Tiefen eines deutschen Filmarchivs holt.

Näher an Prosper Mérimées literarischer Vorlage als an der romantisierenden Oper, ist Metzgers Carmen, gespielt von der gebürtigen Cottbuserin Uta Levka, eher ein Idealbild der herben, pragmatischen Verführung, die aber den augenfälligen Reiz ihres gelben Oberteils und ihrer Verheißungen darunter willig mit Alt und Jung teilt, wenn sie gleich zu Beginn des Films über das Pflaster eines Küstenortes stolziert (die malerische Bühne dafür ist das slowenische Piran). Versetzt in die lustversessenen 1960er Jahre, lässt sie ihren behänden Körper während einer psychedelischen Party beim Tanz auf einem Tisch und mit einer Flasche kreisen, worauf der bis dahin unbescholtene Polizist José endgültig für sie erbrennt.

Schwachheit, dein Name ist Mann! Für Stunden ephemerer Liebelei und tagelanges Entbehrungsleid opfert er seine bürgerliche Stellung und schmeißt sich verzweifelt in einen Todeskampf nach dem anderen, darunter mit dem noch jungen und schon großartigen Arthur „Art“ Brauss – doch zu welchem Ergebnis? Wer seinen Mérimée oder seinen Bizet kennt, kann die Erinnerung auffrischen und sich derweil an den von Hans Juras Kamera dargebotenen üppigen Farbrausch in Cinemascope verschwenden, der am Samstag, 6.1., um 21:00 Uhr gegen die Leinwand des Kommkinos brandet, wenn Carmen, Baby ruft.

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, Dezember 27th, 2017 in den Kategorien Blog, Blogautoren, Gary Vanisian, Hinweise, In eigener Sache veröffentlicht. Sie können alle Kommentare zu diesem Beitrag über den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können diesen Beitrag kommentieren, oder einen Trackback von ihrer eigenen Seite setzen.

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